Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.06.2008, Az. 5 StR 193/08

5. Strafsenat | REWIS RS 2008, 3477

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5 [X.][X.] vom 11. Juni 2008 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u. a.
- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 11. Juni 2008 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. September 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben, a) soweit der Angeklagte im Fall [X.] 16 verurteilt worden ist, und b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen. G r ü n d e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen, wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit [X.] Missbrauch eines Kindes, wegen sexuellen Missbrauchs von [X.] in 13 Fällen und wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision, die den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teil-erfolg erzielt und im Übrigen aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] - [X.] unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO ist. Die auf die Verletzung des § 265 i.V.m. § 154 Abs. 2 StPO gestützte Verfahrensrüge hätte hier lediglich Einfluss auf die Höhe der Gesamtstrafe, die schon wegen des Erfolgs der Sachrüge keinen Bestand hat. 1. Nach den Feststellungen des [X.] missbrauchte der Ange-klagte seine zu Beginn der abgeurteilten [X.] elf Jahre alte Stieftochter über einen Zeitraum von etwa vier Jahren. Die Tat [X.] 16 der Urteilsgründe hat das [X.] als sexuelle Nötigung unter Ausnutzen einer schutzlosen Lage (§ 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB) abgeurteilt. Diese Würdigung hält auf der Grundlage der Feststellungen rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 2 3 In Übereinstimmung mit dem [X.] erachtet der Senat das Vorhandensein einer schutzlosen Lage im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB für nicht tragfähig begründet. Voraussetzung für die Annahme einer solchen Lage ist, dass das Opfer die Tat aus Angst vor Gefahren für Leib oder Leben über sich ergehen lässt, weil es sich in einer hilflosen Lage be-findet und ihm Widerstand gegen den überlegenen Täter aussichtslos [X.] (BGHSt 51, 280, 284; BGHSt 50, 359, 365). Dabei reicht es aus, wenn die Schutz- und Verteidigungsmöglichkeiten des Opfers in einem sol-chen Maße verringert sind, dass es dem ungehemmten Einfluss des [X.] preisgegeben ist (BGHR StGB § 177 Abs. 1 Schutzlose Lage 5, 7, 8). Ein solches schutzloses Ausgeliefertsein lässt sich dem Urteil nicht entnehmen, da Feststellungen zu den äußeren Umständen des Tatgeschehens, etwa zum Tatort, zu den Fluchtmöglichkeiten oder zur Anwesenheit Dritter ebenso fehlen wie solche zur Aussicht auf Erfolg körperlichen Widerstands (vgl. BGHSt 50, 359, 362). Darüber hinaus ist nicht dargelegt, dass sich das Opfer aus Angst vor körperlicher Beeinträchtigung nicht gegen den Täter zur Wehr gesetzt hat. Nach den Feststellungen war die Nebenklägerin verängstigt, da sie fürchtete, —anschaffen gehenfi zu müssen. Das Tatbestandsmerkmal des [X.] - 4 - einer schutzlosen Lage erfasst aber nur solche Fälle, in denen ein möglicher Widerstand aus Angst vor körperlichen Gewalthandlungen unterbleibt. Es genügt hingegen nicht, dass das Opfer dies aus Angst vor der Zufügung an-derer Übel unterlässt (BGHSt 51, 280, 284; vgl. auch [X.], 533, 534). Eine solche Angst vor körperlichen Einwirkungen wird durch die [X.] nicht getragen. Die hinsichtlich der Tat zu [X.] 2 festgestellte [X.] mit einem Messer ist angesichts der bis zur Tat [X.] 16 verstrichenen drei Jahre ohne Gewalthandlungen nicht geeignet, die Furcht der Nebenklägerin vor der Wiederholung eines solchen Geschehens zu belegen. 2. Der Senat kann nicht ausschließen, dass ein neuer Tatrichter er-gänzende Feststellungen wird treffen können, die den Tatbestand des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB belegen. Er verweist die Sache deshalb insoweit zurück. Sollten sich solche Feststellungen nicht treffen lassen, wird neben der schon bisher rechtsfehlerfrei erfolgten Würdigung als sexueller Missbrauch von [X.] ein Schuldspruch wegen Nötigung (§ 240 StGB) sowohl im Hinblick auf das Aussetzen mit dem Ziel, —anschaffenfi zu gehen, als auch wegen der sexuellen Handlungen durch konkludente Drohung mit dem Zwang zur Prostitution in Betracht zu ziehen sein. 5 3. Die Aufhebung der Verurteilung im Fall [X.] 16 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Da die Urteilsgründe eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung ausweisen, wird der neue [X.] dieser erneut [X.] indes unter Berücksichtigung der bereits vorgenom-menen Reduzierung der aufrecht erhalten gebliebenen Einzelfreiheitsstrafen [X.] durch eine Kompensation Rechnung zu tragen haben. Dabei wird er nach den Maßgaben des Beschlusses des Großen Senats für Strafsachen des
6 - 5 - Bundesgerichthofs vom 17. Januar 2008 [X.] GSSt 1/07 (NJW 2008, 860) vor-zugehen haben. Das neue Tatgericht wird [X.], die sich ohne entsprechenden Hinweis auf die eingestellten Taten und ohne neue Feststellungen hierzu beziehen, zu vermeiden haben. Basdorf Raum Brause [X.]

Meta

5 StR 193/08

11.06.2008

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.06.2008, Az. 5 StR 193/08 (REWIS RS 2008, 3477)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3477

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