Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.07.2007, Az. 5 StR 347/06

5. Strafsenat | REWIS RS 2007, 2610

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5 [X.][X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 31. Juli 2007 in der Strafsache gegen wegen Untreue - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 31. [X.] 2007, an der teilgenommen haben: [X.] als Vorsitzender, [X.] Dr. Raum, [X.] Dr. Brause, [X.] [X.], [X.] Prof. Dr. [X.] als beisitzende [X.], Oberstaatsanwalt beim [X.], [X.]in als Vertreter der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, - 3 - für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 24. Oktober 2005 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. [X.] Von Rechts wegen [X.]
G r ü n d e 1 Das [X.] hat den Angeklagten wegen Untreue zu einer Geld-strafe von 240 Tagessätzen zu je 220 • verurteilt. Die mit Verfahrensrügen und der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten ist aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet. Der Erörterung bedarf lediglich Folgendes: 1. Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen ge-troffen: 2 Der Angeklagte war Mitglied des Vorstands der [X.]

[X.] Girozentrale [X.] (im Folgenden: L ). In dieser Funktion war er mitverant-wortlich für die im Jahr 2000 erfolgte Rückabwicklung eines notleidend [X.] Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Es handelte sich dabei um einen im Dezember 1993 von der [X.]unter der Bezeichnung —G.

Fonds fi plazierten geschlossenen [X.]. Die [X.]haftete den [X.]n ([X.]), zu 3 - 4 - denen auch der Angeklagte selbst und der gesondert Verfolgte [X.] gehör-ten, sowohl wegen positiver Vertragsverletzung als auch aus [X.], da die [X.] im Dezember 1993 mangelhaft beraten worden waren. Dem Angeklagten war aus einem Gutachten der [X.]bekannt, dass die Schadensersatzansprüche der Höhe nach auf das negative Interesse gerichtet waren, die [X.] also verlangen konnten, so gestellt zu werden, als hätten sie sich nicht an diesem Fonds beteiligt. Die Geschädigten waren für erlittene Nachteile zu entschädigen, sollten aber aus dem schädigenden Ereignis keinen Gewinn erzielen. Steuervorteile der Anleger waren bei der [X.] zu berücksichtigen. Gleichwohl schlug der Angeklagte im November 2000 im Rahmen der von ihm selbst mitentwickelten Gesamtrückabwicklungslösung vor, allen [X.]n als Gegenleistung für die Rückübertragung ihrer Gesellschaftsanteile einen Betrag in Höhe von 75 % des [X.] der Anteile zu zahlen. Dabei verschleierte er gegenüber den zur Entscheidung über die Fondsabwicklung berufenen übrigen Vorstandsmitgliedern den für die Bemessung des Kaufpreises wichtigen Umstand der unterlassenen Ge-genrechnung der Steuervorteile der [X.] und erweckte zusätzlich bewusst den falschen Eindruck, die [X.] müssten mit der Aber-kennung der Steuervorteile rechnen oder trügen ein dementsprechendes erhebliches Risiko. In der Folgezeit erhielt der hierin eingeweihte gesondert Verfolgte [X.], ein leitender Mitarbeiter der [X.] , für seinen Gesellschafts-anteil im Nominalwert von 130.000 DM einen Betrag von 97.500 DM (75 % des [X.]), obwohl er allein für das [X.] aus den Verlustzu-weisungen seiner Beteiligung einen Vorteil in Höhe von über 154.000 DM erzielt hatte ([X.], 182). 2. Das [X.] hat die Nachteilszufügung im Sinne des § 266 StGB darin gesehen, dass der Angeklagte bewirkt hat, dass bei der Festlegung der Bedingungen für den Rückkauf der Fondsanteile die von [X.] erlangten Steuervorteile nicht berücksichtigt wurden. Dabei hat die [X.] bei ihrer Schadensberechnung die Rechtsprechung des [X.] - desgerichtshofes in Zivilsachen zugrunde gelegt, nach der bei der [X.] des Schadensersatzes bei einer steuerbegünstigten Vermögensanlage unter Beachtung der Grundsätze zur Vorteilsausgleichung für die [X.] möglicher Steuervorteile, die ein [X.] bzw. Anleger durch den Kauf von Fonds- bzw. Kommanditanteilen erlangt hat, im Hinblick auf den häufig unverhältnismäßigen Aufwand einer exakten Errechnung der Steuervorteile (vgl. [X.], 499; NJW 1984, 2524; jeweils m.w.[X.]) regelmäßig kein Raum ist (vgl. [X.], 103, 113 ff.). Das [X.] hat aber die Voraussetzungen des allgemein anerkannten Ausnahmefalls bejaht, dass der Kapitalanleger durch seine Beteiligung ihm endgültig verbleibende so außergewöhnliche Steuervorteile erlangt hat, so dass ihm diese abwei-chend von der Regel billigerweise angerechnet werden müssen (vgl. [X.], 229, 230; 1986, 1102, 1104; NJW 1984, 2524). Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts einzuwenden. 5 a) Nach den getroffenen Feststellungen hat der gesondert Verfolgte [X.] für seinen Fondsanteil in Höhe von 130.000 DM allein für das [X.] aus den Verlustzuweisungen seiner Beteiligung einen Vorteil in Höhe von über 154.000 DM erzielt und bereits damit einen außergewöhnlich hohen Steuervorteil im Sinne der genannten Rechtsprechung erlangt. b) Der Anrechnung der Steuervorteile steht auch kein [X.] der Finanzbehörden gegenüber, so dass die Steuervorteile dem gesondert Verfolgten [X.] endgültig verbleiben. 6 aa) Die Rückabwicklung des Fonds stellte kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] dar, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hatte (vgl. Rüsken in [X.], [X.] 9. Aufl. § 175 Rdn. 54). Denn die Möglichkeit des [X.] gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 9 EStG im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG) steht nicht unter dem materiellrechtlichen Vorbehalt (vgl. hierzu [X.], 154), dass der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut be-7 - 6 - hält. Die Voraussetzungen des § 175 Abs. 2 Satz 1 [X.] lagen ebenfalls nicht vor. [X.]) Die Rückabwicklung des Fonds führte auch nicht dazu, dass die Fondsbeteiligung nachträglich als gewerblicher Grundstückshandel umzu-qualifizieren war. Bei einer Beteiligungsquote von [X.] wie hier [X.] unter 10 % sieht die Finanzverwaltung die Veräußerung der Anteile an einer [X.] nicht als gewerblichen Grundstückshandel an ([X.] f., 182; BMF-Schreiben vom 24. Februar 2004 [X.] IV A 6 [X.] [X.] [X.] 26/03, [X.], 434 Rdn. 14, 18). Demgemäß haben die Finanzämter auch keinem der von der [X.] gehörten [X.] nachträglich die Steuervorteile wieder aberkannt ([X.]). Vielmehr sind die betreffenden Steuerbescheide bestandskräftig geblieben ([X.]). 8 9 cc) Auch eine Steuerbarkeit der an die [X.] geleisteten [X.] als der Einkommensteuer unterliegende Einkünfte besteht nicht. Eine solche ergibt sich hier auch nicht aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG oder § 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG (vgl. [X.], 2042, 2043 f.; NJW 2006, 499; [X.] 2002, 796, 797 f. = [X.], 425, 429 f.; [X.] 1986, 747, 748 = [X.], 176, 178; [X.] in [X.], EStG 26. Aufl. § 9 Rdn. 24 ff., 65, 67; § 21 Rdn. 65 —[X.]; [X.]/Wagner, [X.] 2003, 753, 760 f.; jeweils m.w.[X.]; vgl. auch [X.] 1993, 96, 97; 1993, 748, 749). Insbesondere handelte es sich bei den zugewendeten Beträgen nicht um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Denn die [X.] dienten nicht der Erstattung von Werbungskosten (vgl. [X.], 499, 500). Vielmehr handelte es sich bei den Beträgen um das Entgelt für den Rückerwerb der Fondsanteile zur Abwendung der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und damit im Ergebnis um die Rückzahlung der Anschaffungskosten für den Anteilserwerb der [X.] (vgl. [X.] 2002, 796, 797 m.w.[X.]). Die Zahlungen sind auch nicht als Entschä-digungen im Sinne von § 24 Abs. 1 Buchstabe a EStG im Rahmen der Ein-- 7 - kunftsart Vermietung und Verpachtung zu qualifizieren. Denn nach den Ur-teilsfeststellungen dienten sie nicht als Ausgleich für einen durch ein [X.] Ereignis eingetretenen Verlust von Einnahmen, welche die [X.] ohne das Ereignis bezogen hätten (vgl. [X.] 1987, 386, 387; [X.] in [X.], EStG 75. Ergänzungslieferung Juli 2002, § 24 Rdn. 12; [X.] in [X.] aaO § 24 Rdn. 4 m.w.[X.]), sondern waren Gegenleistung für die Rückübertragung der Einnahmequelle Fondsanteil auf den ursprünglichen Veräußerer (vgl. [X.], 499, 500 f.). [X.]) Die Freistellung der [X.] von der anteiligen quotalen Haftung führte bei diesen, die für die vor ihrem Eintritt in die Gesellschaft entstandenen Verbindlichkeiten ohnehin nicht hafteten (vgl. [X.], 1803, 1805), nicht zu steuerpflichtigen Einkünften im Sinne von § 8 Abs. 1, § 21 EStG. Es fehlte am Zufluss von [X.] als steuerbegründendem Erfor-dernis des [X.] (vgl. [X.] in Kirchhof, EStG 5. Aufl. § 8 Rdn. 22) im Rahmen der Überschusseinkunftsart (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG) Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG). 10 c) Schließlich ist auch kein Fall gegeben, bei dem nach der neueren Rechtsprechung des [X.] eine Anrechnung der Steuervor-teile dann ausscheidet, wenn der Geschädigte sich an einem anderen steu-erbegünstigten Projekt beteiligt hätte, falls er ordnungsgemäß unterrichtet worden wäre (vgl. [X.], 2042; [X.], Urteil vom 24. April 2007 [X.] XI ZR 17/06, zur Veröffentlichung in [X.]Z vorgesehen). Allein die generel-le Annahme, im Regelfall hätte der Geschädigte eine andere steuerbegüns-tigte Anlage getätigt, kann die Nichtanrechnung der Vorteile nicht rechtferti-gen. Vielmehr kommt es auf die Prüfung im Einzelfall an, wie sich die Ver-mögenslage des Geschädigten bei Abstandnahme von der [X.] entwickelt hätte. Hier hat das [X.] ausdrücklich festgestellt, dass keiner der [X.] behauptet hat, ihm hätte eine andere konkrete Al-ternativanlage zur Verfügung gestanden ([X.]). Auch sonst bestehen nach den Urteilsfeststellungen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass 11 - 8 - [X.] in eine vergleichbare Geldanlage investiert hätte. Im Jahre 1993 be-standen erhebliche Schwierigkeiten, den Fonds zu plazieren. Er musste im Zeitraum vom 21. bis zum 31. Dezember 1993 vertrieben werden und wurde deshalb bekannten Persönlichkeiten aus dem Bankenbereich angeboten, die sich auf einer relativ schmalen Informationsbasis kurzfristig zu einer solchen Anlage entschließen konnten ([X.]). [X.] Brause [X.] [X.]

Meta

5 StR 347/06

31.07.2007

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.07.2007, Az. 5 StR 347/06 (REWIS RS 2007, 2610)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2610

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