Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2007, Az. 1 StR 349/06

1. Strafsenat | REWIS RS 2007, 4430

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[X.] vom 30. März 2007 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 27. Februar 2006 am 30. März 2007 beschlossen: 1. Das Verfahren wird auf Antrag des [X.] in den [X.] bis 3 der Urteilsgründe (Taten zum Nachteil der Nebenklägerin [X.]) vorläufig eingestellt (§ 154 Abs. 2 StPO). 2. Das vorbezeichnete Urteil wird im Ausspruch über die Gesamt-strafe mit der Maßgabe aufgehoben (§ 349 Abs. 4 StPO), dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 460, 462 StPO zu treffen ist. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO). 4. Soweit das Verfahren vorläufig eingestellt wurde, trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels einschließlich der notwendigen Auslagen der [X.], ist zugleich mit der Entscheidung über die Gesamtstrafe zu befinden. - 3 - Gründe: Die [X.] hat den Angeklagten wegen zwölf Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu drei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Opfer waren die [X.], seine Töchter [X.]und [X.] . 1 Die drei abgeurteilten Taten zum Nachteil von [X.] (geboren 1974) soll er 1985/86 begangen haben, hierfür wurde je eine Strafe von sechs Mona-ten, einem Jahr und einem Jahr und drei Monaten verhängt. Zu den abgeurteil-ten Taten zum Nachteil von [X.]

(geboren 1982) kam es zwischen 1988 und 1991/92. Die Strafen hierfür betrugen einmal ein Jahr und sechs Monate, [X.] und drei Monate, zweimal ein Jahr, viermal zehn Monate und ein-mal sechs Monate. Die Anzeige war Ende 2002 erfolgt. 2 Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat das Verfahren hinsicht-lich der Taten zum Nachteil von [X.] W. gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt ([X.]). Hinsichtlich der Taten zum Nachteil von [X.] W. blieb die Revision erfolglos, § 349 Abs. 2 StPO (I[X.]). Lediglich der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe entfiel, § 349 Abs. 4 StPO; über die [X.] ist nunmehr im [X.] zu entscheiden, § 354 Abs. 1b StPO (II[X.]). 3 [X.] Der Angeklagte hat bestritten. Die Beschuldigungen seien erfunden, [X.] beruhten sie auf Hass. Eine erste Hauptverhandlung wurde abgebrochen und es wurden auf Antrag der Verteidigung Gutachten zu den Aussagen der [X.] eingeholt. 4 - 4 - In der erneuten Hauptverhandlung verweigerte [X.] W. die Aussage (§ 52 StPO). Sie legte in diesem Zusammenhang ein Schreiben ihrer Psychotherapeutin vor, die näher darlegt, dass dies auf der —aggressivenfi Be-fragung der Zeugin in der ersten Hauptverhandlung beruhe, in der sie —unge-schütztfi die —[X.] erlebt habe (zur Pflicht des Gerichts, bei einer Zeugenvernehmung auch Zeugenschutzaspekte zu beachten vgl. demgegenüber [X.]St 48, 372; [X.], 1519, 1520 f.; wistra 2007, 33 m.w.N.). Dem entspricht die Urteilsfeststellung, dass [X.]W. nach die-ser Verhandlung z. B. wegen —aktueller [X.] und —depressiver Störungfi länger stationär in einem Krankenhaus für Psychotherapie war. 5 Die [X.] vernahm zu früheren Angaben von [X.]W. auch die [X.], die 1992 in einem Verfahren über das Sorgerecht für die Schwestern für das Gericht ein —familienpsychologischesfi Gutachten erstattet hatte. Sie hatte sich für ihr Gutachten mit den Schwestern in der Wohnung der Mutter getroffen. [X.]W. wollte ein —extra [X.], zu dem es alsbald - offenbar unmittelbar in der Wohnung - kam. Dabei äußerte sie die Sorge, [X.] würde vom Vater ebenso sexuell missbraucht wie sie, oh-ne den ihr widerfahrenen Missbrauch näher zu schildern. 6 Die [X.] entnimmt diesen Angaben von [X.] —gewichti-ge [X.] für die Richtigkeit der Angaben von [X.] W. . 7 1. Hieran knüpft die Revision mit der Rüge der Verletzung von § 252 StPO an. 8 a) Bei einer Aussageverweigerung gemäß § 52 StPO können als [X.] zu früheren Angaben, die der die Aussage verweigernde Zeuge in amtlichem Rahmen zum Verfahrensgegenstand gemacht hatte, grundsätzlich nur [X.] gehört werden (vgl. zuletzt zusammenfassend [X.], Beschluss vom 9 - 5 - 27. Oktober 2006 - 2 StR 334/06 m. zahlr. N.), es sei denn, es hat sich dabei um —spontanefi Angaben gehandelt (vgl. zusammenfassend [X.] StV 1998, 360, 361 m.w.N.; vgl. auch [X.] in [X.]. § 252 [X.]. 20). b) Die [X.] geht davon aus, die Zeugin [X.] habe über ei-ne spontane und daher verwertbare Äußerung von [X.] W. berichtet. Dies folge nicht zuletzt daraus, dass das —extra [X.] auf deren Wunsch stattfand. Selbst wenn die Initiative zum Kontakt mit einer amtlichen Stelle vom (später die Aussage verweigernden) Zeugen ausgeht, führt dies aber nicht zwingend zur Verwertbarkeit der dabei gemachten Angaben ([X.] StV 1998, 360, 361 m.w.N.). Hier war [X.] W. bereits Verfahrensbeteiligte (§ 50b [X.]) oder - weil von einer Sorgerechtsentscheidung als inzwischen Volljährige nicht mehr betroffen - jedenfalls Auskunftsperson (Zeugin) für die Sachverständige im Verfahren bezüglich [X.] W. , als sie —im Rahmen der [X.] (so die Zeugin [X.]) das —extra [X.] wollte. [X.] spricht dessen enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit der übri-gen (amtlichen) Anhörung durch die Sachverständige nicht für die Annahme einer verwertbaren Spontanäußerung (vgl. [X.] StV 1998, 360, 361 zu dieser Abgrenzung, die sich —im Einzelfall – schwierig gestaltenfi kann < aaO>). 10 2. Der [X.] hält die Angaben der Zeugin [X.] des-halb für verwertbar, weil die aus dem Schreiben der Therapeutin ersichtlichen Gründe der Zeugnisverweigerung und der sonstige Verfahrensverlauf das [X.] von [X.] W. mit der Vernehmung von [X.] ergä-ben. 11 Der Senat kann dem letztlich nicht folgen. 12 a) Grundsätzlich können nichtrichterliche Vernehmungspersonen eines gemäß § 52 StPO die Aussage verweigernden Zeugen nach der [X.] - 6 [X.] des [X.] vernommen werden, wenn der die Aussage verweigernde Zeuge damit einverstanden ist ([X.]St 45, 203; [X.] NStZ-RR 2006, 181, 183; [X.], Beschluss vom 26. September 2006 - 4 [X.]). Dies kann aus der Sicht von solchen Zeugen sinnvoll sein, die einerseits wollen, dass die Wahrheit ans Licht kommt - von diesem Interesse geht § 52 StPO an sich gerade nicht aus (vgl. [X.]St 12, 235, 239 ; [X.] in [X.]. § 52 [X.]. 1) -, sich andererseits aber z. B. vor —retraumatisierenderfi (er-neuter) Vernehmung schützen wollen. In einem solchen Fall muss sich das Gericht allerdings schon im Hinblick auf die fehlende Möglichkeit der unmittelbaren Befragung des die Aussage ver-weigernden Zeugen des begrenzten Beweiswerts der Aussage der [X.] bewusst sein ([X.]St 45, 203, 208). 14 b) Der Senat hat jedoch Bedenken gegen die Annahme, hier liege eine solche Einverständniserklärung vor. 15 aa) Diese ergeben sich allerdings nicht aus der von der Revision im Rah-men ihrer Erwiderung auf den Antrag des [X.] (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) angesprochenen Frage nach der Notwendigkeit einer Belehrung des Zeugen —über die Möglichkeit der `gespaltenen´ [X.] Der Senat bemerkt in diesem Zusammenhang: 16 (1) Kann ein Zeuge nach seinem Willen eine bestimmte prozessrechtlich bedeutsame Erklärung abgeben und gibt er sie ab, so kann die Wirksamkeit dieser Erklärung schwerlich davon abhängen, ob der Zeuge - zumal wenn er bereits gemäß § 52 Abs. 3 StPO belehrt und auch noch anwaltlich beraten ist - zuvor über die Möglichkeit der Abgabe einer solchen Erklärung belehrt worden ist oder nicht. 17 - 7 - (2) Im Übrigen wäre es eine Frage des Einzelfalles, ob der Zeuge über die Folgen einer solchen Erklärung zu belehren ist. Geht die Initiative zu der genannten Erklärung von einem solchen Zeugen aus, wird in seiner Erklärung, er sei mit der Verwertung seiner früheren (nichtrichterlichen) Aussage einver-standen, jedenfalls regelmäßig zugleich die Erklärung liegen, er wisse, dass diese Aussage ohne sein Einverständnis nicht verwertbar ist. Worüber er in ei-nem solchen Fall sinnvollerweise noch zu belehren wäre, liegt nicht auf der Hand. 18 (3) Ob in Fällen, in denen ein Zeuge nicht von sich aus in dieser Rich-tung initiativ wird, etwa die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) gebieten kann, dass das Gericht den Zeugen über die genannte Möglichkeit und ihre rechtlichen Konsequenzen belehrt, kann hier offen bleiben. 19 [X.]) Der Senat teilt jedoch die Auffassung der Revision, dass eine so be-deutsame Erklärung eines Zeugen eindeutig sein muss. Aus der Sicht der Ju-gendkammer kam es hier auf eine solche Erklärung nicht an, da sie die Aussage [X.] aus anderen Gründen (Spontaneität) für verwertbar hielt. Klare Anhalts-punkte dafür, dass von oder für [X.]W. zum Ausdruck gebracht worden wäre, dass sie (unabhängig von alledem) auf jeden Fall mit der Verwertung ihrer Angaben gegenüber der Gutachterin einverstanden sei, ergeben sich weder aus der Niederschrift der Hauptverhandlung noch aus den Urteilsgründen. Im Revisi-onsverfahren hat die Staatsanwaltschaft von einer Revisionsgegenerklärung (§ 347 StPO) abgesehen, ebenso wenig hat sich die [X.] zu einer dienstlichen Äußerung veranlasst gesehen. Auch seitens [X.] W. s selbst, die am Verfahren weiterhin als Nebenklägerin beteiligt ist, wurde hierzu nichts erklärt. Unter diesen Umständen hat das Revisionsgericht nicht zu prüfen, ob nach seiner Auffassung eine nicht ausdrücklich abgegebene Erklärung mit der 20 - 8 - Interessenlage der Zeugin vereinbar und dem Verfahrensablauf zu entnehmen sein könnte. 3. Nach alledem und unter Berücksichtigung auch seiner sonstigen, im Schreiben an die Verfahrensbeteiligten vom 28. Februar 2007 enthaltenen [X.], nimmt der Senat auf Antrag des [X.] die dem Angeklagten vorgeworfenen, inzwischen über 20 Jahre zurückliegenden Taten zum Nachteil von [X.] W. von der Verfolgung aus und beschränkt die Strafverfolgung auf die Taten zum Nachteil von [X.] W. (§ 154 Abs. 2 StPO). Eine Fallges-taltung, bei der § 154 Abs. 2 StPO deshalb nicht anwendbar wäre, weil die [X.] des Angeklagten eindeutig feststeht (vgl. [X.] NJW 1997, 46; [X.] wistra 2007, 31, 32), liegt hier nicht vor. 21 I[X.] Der Senat hat erwogen, ob diese Verfahrensbeschränkung den Bestand des Schuldspruchs hinsichtlich der Taten zum Nachteil von [X.] W. oder der hierwegen verhängten Einzelstrafen gefährden könnte. Entgegen der [X.] der Revision war dies zu verneinen. 22 1. Die [X.] hält die Angaben von [X.] W. für glaubhaft. Die Revision meint, in diesem Zusammenhang käme der Aussage B. eine —Schlüsselrollefi zu. 23 Der Senat kann dem nicht folgen. 24 S. W. hat nicht behauptet, sie wisse, dass ihre Schwester miss-braucht werde, sondern sie hat gegenüber [X.] die Befürchtung oder Vermutung geäußert, dass es hierzu gekommen sein könnte. Die Annahme, des-25 - 9 - halb hätte die [X.] die Aussagen von [X.] W. geglaubt, liegt schon im Ansatz nicht nahe. Sie findet - auch unter Berücksichtigung des gesam-ten hierauf bezogenen Revisionsvorbringens - auch in den Urteilsgründen keine erkennbare Stütze. Die [X.] hat vielmehr unter anderem zu [X.] und Glaubwürdigkeit von [X.] W. insgesamt drei Gutachter ge-hört; sie hat festgestellt, dass sie gegenüber einer Reihe von Ärzten und Thera-peuten, die sie ambulant und stationär behandelt haben, immer wieder, schriftlich und mündlich, teilweise bis ins Detail sexuelle Missbrauchshandlungen geschildert hat, die der Angeklagte an ihr vorgenommen hat. Zwischen den Schwestern war sexueller Missbrauch durch den Angeklagten Thema eines Gesprächs in einer Eisdiele; hierüber hat [X.] W.

ihrer Mutter - wie diese als Zeugin bekun-det hat - in dem Sinne berichtet, dass [X.]

die Frage —nicht eindeutig bejaht oder verneintfi habe, aus [X.] s Reaktion vermute sie ([X.] W. ) jedoch [X.] Übergriffe. All dies hat die [X.] ebenso berücksichtigt wie [X.] und Detailreichtum der Angaben, ihre Bestätigung in objektivierbaren Randberei-chen und den Eindruck, den [X.] W. als Zeugin in der Hauptverhandlung auf die [X.] gemacht hat. Auf dieser Grundlage hat die [X.], auch unter Berücksichtigung von Gesichtspunkten, die möglicherweise gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben sprechen könnten, mit eingehenden und sorgfäl-tig begründeten [X.] Erwägungen die Überzeugung von der Richtig-keit der Angaben [X.] W.
s gewonnen. Unter diesen Umständen ergibt eine Gesamtschau der Urteilsgründe ohne Weiteres, dass die Angaben der Zeugin [X.]über die Angaben, die [X.] W. ihr gegenüber gemacht hat, wenn überhaupt, allenfalls ein zusätzliches bestätigendes Indiz aufzeigen, von dem die Überzeugungsbildung hinsichtlich der Täterschaft des Angeklagten nicht abhing (vgl. auch [X.] NStZ 2007, 235, 236 m.w.N.). Auch im Übrigen ist der Schuld-spruch hinsichtlich der Taten zum Nachteil von [X.]

W. rechtsfehlerfrei (§ 349 Abs. 2 StPO). - 10 - 2. Die [X.] hat unter anderem auch die - angesichts der gege-benen besonderen Verfahrenslage - nicht unbedenkliche Erwägung angestellt, dass die Taten sich gegen —zwei Personen als Opfer gerichtet habenfi. Dies [X.] den Bestand der in Rede stehenden Einzelstrafen schon deshalb nicht, weil der Senat sie für angemessen i. S. d. § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO hält. 26 a) Dabei konnte nicht außer [X.] bleiben, dass bei Sexualdelikten zum Nachteil sehr junger Opfer, wie etwa Kindern, der bloße Zeitablauf zwischen den Taten und der Verfahrenseinleitung als bestimmender Strafzumessungsgesichts-punkt weniger Gewicht hat als sonst. Dies gilt nicht zuletzt für Fälle, wenn das vom eigenen Vater missbrauchte Kind erst im Erwachsenenalter [X.] zu der [X.] findet. Deshalb hat der Ge-setzgeber auch die besondere Verjährungsregelung in § 78b StGB getroffen (vgl. [X.] NStZ 2006, 393; 2006, 587, 588; NJW 2000, 748, 749; [X.], Praxis der Strafzumessung 3. Aufl. [X.]. 437). Die [X.] hat zwar bei der [X.] strafmildernder Gesichtspunkte aufgeführt, dass die Taten lange zurück liegen, die genannten gegenläufigen Gesichtspunkte aber nicht ausdrücklich [X.]. 27 b) Im Übrigen sind die im Urteil mitgeteilten [X.] nicht lückenhaft oder unklar und ermöglichen dem Revisionsgericht die Prüfung und Beantwortung der Frage, ob die Rechtsfolge angemessen ist. Ebenso wenig ist erkennbar, dass es hier im Einzelfall besonders auf den persönlichen Eindruck des Angeklagten ankäme (vgl. [X.] wistra 2007, 32, 33 m.w.N.). 28 c) Schließlich gibt es auch keine Anhaltspunkte für erst nach der [X.] eingetretene und dementsprechend nicht berücksichtigte Entwicklungen oder Ereignisse, die ein neuer Tatrichter nahe liegend feststellen und zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigen würde (vgl. [X.] StV 2005, 426). 29 - 11 - Allerdings hat die Revision - letztlich hilfsweise für den Fall, dass entgegen ihrem Antrag die Schuldsprüche doch Bestand haben - die Möglichkeit in den Raum gestellt, dass eine neue Hauptverhandlung —vielleicht den entscheidenden Anstoß zu einer Aussöhnung innerhalb der Familie W. gebenfi könnte. Es ist jedoch nicht näher ausgeführt und liegt auch nicht ohne Weiteres auf der Hand, warum eine Hauptverhandlung eine sonst nicht oder nur schwerer mögliche famili-äre Aussöhnung ermöglichen, anstoßen oder fördern würde. Darüber hinaus hat die Nebenklage nunmehr jedoch auch noch gegenüber dem Senat dahin Stellung genommen, dass —eine Aussöhnung – endgültig abgelehntfi werde. 30 d) Nach alledem hält der Senat unter Abwägung aller für die Strafzumes-sung bedeutsamer Urteilsfeststellungen und des gesamten hierauf bezogenen Vorbringens der Verfahrensbeteiligten die Einzelstrafen, die wegen der Taten zum Nachteil von [X.] W. verhängt wurden, für angemessen. 31 II[X.] Mit dem Wegfall der Strafen wegen der Taten zum Nachteil von S. W. fällt zwar nur der insgesamt geringere Teil der gegen den Angeklagten verhängten Einzelstrafen weg, der hier aber andererseits schon angesichts der Höhe der wegfallenden Einzelstrafen auch nicht ohne jede Bedeutung ist. Über die nur zahlenmäßige Verminderung der [X.] hinaus reduziert sich der Schuld-umfang aber auch deshalb, weil die Gesamtstrafe jetzt aus Strafen wegen Taten zum Nachteil nur noch eines Opfers zu bilden ist. Nach alledem gibt der Senat hier dem Antrag, trotz des Wegfalls einiger Einzelstrafen die bisherige Gesamtstrafe als angemessen aufrecht zu halten, keine Folge, sondern hebt das Urteil im [X.] über die Gesamtfreiheitsstrafe auf (§ 349 Abs. 4 StPO). 32 Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, gemäß § 354 Abs. 1b StPO zu entscheiden. Eine Verweisung auf das Beschlussverfahren nach §§ 460, 33 - 12 - 462 StPO kann auch dann erfolgen, wenn - wie hier - im Revisionsverfahren Ein-zelstrafen durch Verfahrenseinstellung wegfallen und nur deshalb über die [X.] zu befinden ist (vgl. [X.] NStZ 2005, 223). Der Hinweis der Revision auf eine mögliche Versöhnung durch eine neue Hauptverhandlung gibt dem Senat aus den bereits genannten Gründen (vgl. oben II 2 c) hier keine Veranlassung, von einer Verweisung auf das Beschlussverfahren abzusehen. 34 Die nachträgliche Gesamtstrafenbildung aus den verbleibenden, nunmehr rechtskräftigen Einzelstrafen obliegt somit dem nach § 462a Abs. 3 StPO zustän-digen Gericht (vgl. [X.] NJW 2004, 3788). 35 [X.]Wahl Kolz Hebenstreit Graf

Meta

1 StR 349/06

30.03.2007

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2007, Az. 1 StR 349/06 (REWIS RS 2007, 4430)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4430

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