Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2013, Az. X ZR 40/12

X. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2534

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X [X.]
Verkündet am:

24. September 2013

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Fettsäuren
EPÜ Art. 54 Abs. 5; [X.] § 3 Abs. 4
-
Das nachträgliche Auffinden der biologischen Zusammenhänge, die der Wirkung eines Arzneimittels zugrunde liegen, offenbart keine neue Lehre zum technischen Handeln, sofern der verabreichte Wirkstoff, die Indikation, die Do-sierung und die sonstige Art und Weise, in der der Wirkstoff verwendet wird, mit einer bereits beschriebenen Verwendung eines Wirkstoffs zur Behandlung einer Krankheit übereinstimmen (Bestätigung von [X.], Urteil vom 9.
Juni 2011

X
ZR
68/08, [X.], 999 Rn.
44
-
Memantin).
[X.], Urteil vom 24. September 2013 -
X [X.] -
[X.]
-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 24.
September 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck, die Richterin [X.], [X.]
[X.] und [X.] sowie die Richterin Schuster
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 22.
November 2011 [X.] Urteil des 3.
Senats ([X.]) des [X.] abgeändert.
Das [X.] Patent 1
152
755 wird mit Wirkung für die [X.] in vollem Umfang für nichtig erklärt.
Die Anschlussberufung der [X.] wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
-
3
-
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des [X.]n Patents 1
152
755 (Streit-patents), das am 7.
Februar 2000 unter Inanspruchnahme der Priorität einer [X.] Anmeldung vom 17.
Februar 1999 angemeldet worden ist und die Verwendung essentieller Fettsäuren zur Vorbeugung von kardiovaskulären An-fällen betrifft. Patentanspruch
1 lautet in der erteilten Fassung in der Ver-fahrenssprache:
"Use of essential fatty acids containing a mixture of eicosapentaenoic acid ethyl es-ter ([X.]) and docosahexaenoic [X.] ([X.]) in the preparation of a me-dicament useful for preventing mortality in a patient who has suffered from a myo-cardial infarction where the content in [X.]+[X.] in such mixture is greater than 25% b.w; and the medicament is for oral administration."
In Patentanspruch 7 sind bei ansonsten übereinstimmendem Wortlaut die i-

und die Worte "the content in [X.]+[X.] in such mixture" ersetzt durch "the [X.] or [X.] content". Sieben
weitere Patentansprü-che sind auf die Patentansprüche 1 oder 7 zurückbezogen.
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus. Er sei zudem unklar formuliert und beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die Beklagte hat das Streitpatent in erster Instanz mit einem Hauptantrag und zwei Hilfsanträgen in geänderter Fassung verteidigt.
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit sein Ge-genstand
über die mit dem zweiten Hilfsantrag verteidigte Fassung hinausgeht, und die Klage im Übrigen abgewiesen.
1
2
3
4
-
4
-
Dagegen wendet
sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie weiterhin die vollständige Nichtigerklärung des Streitpatents anstrebt. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen und verteidigt das Streitpatent mit ihrem Haupt-antrag und einem ersten Hilfsantrag in Fassungen, die über die in erster Instanz verteidigte Fassung hinausgehen. Mit zwei weiteren Hilfsanträgen verteidigt sie das Streitpatent in der Fassung aus dem angefochtenen Urteil und in einer nochmals geänderten
Fassung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg und führt zur vollständigen Nichtigerklärung des Streitpatents. Die zulässige Anschlussberufung
der Be-klagten ist hingegen unbegründet.
I.
Das Streitpatent betrifft die Verwendung essentieller Fettsäuren zur Herstellung eines Medikaments zur Behandlung von Patienten, die einen Herz-infarkt erlitten haben.
1.
Im Stand der Technik war bekannt, dass bestimmte essentielle Fett-
i-sche Wirkung bei der Verhinderung und Behandlung von kardiovaskulären [X.] haben. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift hatte
sich die einschlägige Behandlung von Patienten, die bereits einen Herzinfarkt erlitten hatten, als ungenügend zur Verhinderung von (weiteren) Herz-Kreislauf-Erkran-kungen und insbesondere zur Verringerung der Sterberate erwiesen.
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-
5
-
Dem Streitpatent liegt vor diesem Hintergrund das technische Problem zugrunde, ein Medikament zur Verfügung zu stellen, mit dem die Sterberate in der genannten Patientengruppe verringert werden kann.
2.
Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in der Fassung, die es im angefochtenen Urteil erhalten hat und die die Beklagte im Berufungs-verfahren mit ihrem zweiten Hilfsantrag verteidigt, in Patentanspruch 1 eine Verwendung vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen
(die abwei-chende Gliederung des Patentgerichts ist in eckigen Klammern wiedergege-ben):
1.
Verwendet werden essentielle Fettsäuren
[1.1], die eine Mi-schung aus Eicosapentaensäureethylester ([X.]) und [X.] ([X.])
enthalten
[1.2].
2.
Der Gehalt an [X.] und [X.]
in der Mischung beträgt 85 [X.]
[1.5'].

3.
Die Verwendung erfolgt zur Herstellung eines Medikaments [1.3] zur Verhinderung der Sterberate
bei Patienten, die
einen Herzinfarkt erlitten haben
[1.4].
4.
Das Medikament dient
a)
zur oralen Verabreichung [1.6]
b)
bei einer Dosierung von 0,7 bis 1,5
g täglich [1.7].
Die in Patentanspruch
4
beanspruchte Verwendung unterscheidet sich dadurch, dass die essentiellen Fettsäuren [X.] oder [X.] enthalten (Merkmal 1'), also nicht zwingend eine Mischung dieser beiden Stoffe verwendet werden muss.
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-
6
-
Nach dem mit der Anschlussberufung verfolgten Hauptantrag soll Merkmal 2 dahin geändert werden, dass der Gehalt an [X.] und [X.] 80 bis 100 [X.] beträgt (Merkmal 2'). Die Hilfsanträge I
und III
sehen gegenüber den jeweils vorangehenden Anträgen eine zusätzliche Änderung von Merkmal 4
b vor, nach der die Dosierung 1
g täglich betragen soll
(Merkmal 4
b').
II.
Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die in erster Instanz mit Hauptantrag und erstem Hilfsantrag verteidigten Fassungen des Streitpatents genügten nicht dem in Art.
84 EPÜ niedergelegten Gebot der Klarheit. Sie enthielten unterschiedliche Angaben zur [X.], nämlich zum einen die Bereichsangabe nach Merkmal 1 [1.2], zum anderen die (in den im Berufungsverfahren verteidigten Fassungen nicht mehr enthaltene) Vorgabe, dass die Verabreichung basierend auf einem Titer von 85 Gewichtsprozent erfolgen solle. Damit sei nicht ohne weiteres erkennbar, was tatsächlich unter Schutz gestellt werden solle.
Die mit Hilfsantrag
II
verteidigte Fassung des Streitpatents erweise sich hingegen als bestandsfähig. Insbesondere sei hinreichend deutlich, worauf sich die Dosierung beziehe, nämlich auf die in den Patentansprüchen genannte Fettsäuremischung. Mit der [X.] werde nicht ein Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers beansprucht, sondern die Verwendung von Fettsäuren, die in einer zweckmäßigen Konfektionierung hergerichtet seien.
Der Gegenstand des Streitpatents in der mit Hilfsantrag
II
verteidigten Fassung sei patentfähig. In der
Veröffentlichung
von Swahn et al. ([X.] [X.] Concentrate Decreases [X.] CIII and Increases Antithrombin
III in Postmyocardial [X.], [X.] (1998), 473-482, [X.])
seien Untersuchungen beschrieben, bei denen den 12
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-
7
-
beteiligten Patienten eine Fettsäurezubereitung in einer Dosierung von 4
g pro Tag verabreicht worden sei. In der US-Patentschrift 5
698
594 ([X.]) und
den internationalen Patentanmeldungen WO
87/03899 (BM5)
und WO
89/11521 (BM6)
würden [X.] nicht als Zielgruppe genannt. In den Veröffentlichungen von [X.] et al. ([X.] in fat, [X.], and fibre intakes on death and myocardial [X.]: diet and [X.] trial ([X.]), [X.] (1989), 757-761, ([X.]);
Diet and [X.] trial ([X.]): [X.], recruitment, and compliance, [X.] (1989), 558-567, ([X.])
werde die Verabreichung von Fischöl an solche Patienten beschrieben. [X.] der in Rede stehenden 3-Fettsäuren würden dort aber nicht erwähnt. Keine dieser Entgegenhaltungen habe dem Fachmann, einem Team aus einem Kardiologen und einem Pharmakologen mit langjähriger Erfahrung auf dem [X.], eine Anregung gege-ben, essentielle Fettsäuren mit der im Streitpatent angegebenen Zusammen-setzung und Dosierung zur Behandlung der genannten Patientengruppe in [X.] zu ziehen.
III.
Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren in einem
entscheidenden Punkt nicht stand.
1.
Entgegen der Auffassung der Klägerin genügen die in der Berufungs-instanz verteidigten Fassungen der Patentansprüche allerdings den
-
grund-sätzlich auch bei der Formulierung beschränkter Patentansprüche in [X.] zu beachtenden ([X.], Urteil vom 18.
März 2010

Xa
ZR
54/06, [X.], 709 Rn.
55 -
Proxyserversystem) -
Anforderungen des Art.
84 EPÜ.
Aus dem Wortlaut der Patentansprüche kann zwar nicht ohne weiteres entnommen werden, welche Bezugsgrößen für die Angaben zu Konzentration und Dosierung in den Merkmalen 2 und 4
b
maßgeblich sind. Die fehlenden Angaben lassen sich aber, wie das Patentgericht zutreffend
entschieden hat,
17
18
19
-
8
-
den auf diese Merkmale bezogenen Ausführungen in der Beschreibung ent-nehmen.
a)
Die in Merkmal 2 angegebenen Prozentwerte für den Gehalt an [X.] und [X.] beziehen sich auf das Gesamtgewicht aller als Wirkstoff verwendeten essentiellen Fettsäuren.
In der Beschreibung des Streitpatents wird für den Anteil von [X.] und [X.] ein Bereich von 25 bis 100 Gewichtsprozent als vorzugswürdig angege-ben. Als besonders vorzugswürdig wird ein Anteil von 85 Gewichtsprozent her-vorgehoben (Abs.
28). Auf dieser Grundlage werden zwei konkrete Formulie-rungsbeispiele für eine Kapsel mit einem Gramm Wirkstoff und der zusätzlichen Angabe "[X.] + [X.], 85
% titer"
angeführt (Abs.
33). Als Inhaltsstoffe der ersten
Formulierung werden unter anderem 525
mg "[X.]-ethyl
ester" und 315
mg "[X.]-ethyl ester" angegeben. Für die zweite Formulierung werden 1.000
mg [X.] aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren angeführt, wovon 850
mg auf "[X.] von 3-poly-ungesättigten Fettsäuren ([X.], [X.])" ent-fallen. Für beide Formulierungen sind mehrere Hilfs-
und Zusatzstoffe angege-ben, darunter Gelatine (246
mg bzw. 233
mg) und Glycerin (118
mg bzw. 67
mg).
Aus dem Zusammenhang dieser Angaben ist zu entnehmen, dass sich die im Patentanspruch aufgeführten Werte einerseits nicht auf die essentiellen Fettsäuren in freier Form, sondern auf deren [X.] beziehen und anderer-seits nicht auf das Gesamtgewicht einer Kapsel einschließlich Zusatz-
und Hilfsstoffen,
sondern auf den Wirkstoffgehalt, also auf das als Wirkstoff verwen-dete Gemisch von
[X.]n essentieller
Fettsäuren. Die für die erste Formu-lierung angegebene
Gesamtmenge an [X.] und [X.] beträgt zwar nur 840
mg und macht damit bezogen auf ein Gramm nur einen Anteil von 84 Gewichtspro-zent aus. Aus dieser geringfügigen Abweichung
kann jedoch nicht gefolgert werden, dass dem als besonders vorzugswürdig hervorgehobenen Wert von 85 20
21
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-
9
-
Gewichtsprozent eine andere Bezugsgröße zugrunde liegt, zumal dieser Wert im zweiten [X.] exakt eingehalten ist.
Im unmittelbaren Zusammenhang mit diesen Ausführungen werden
für die Dosierung ein Bereich von 0,7
g bis 1,5
g pro Tag als vorzugswürdig und ein Wert von 1
g pro Tag als besonders vorzugswürdig hervorgehoben (Abs.
29). Diese Angabe bezieht sich aus den bereits dargelegten Gründen ebenfalls auf den im Medikament enthaltenen Wirkstoff.
b)
Aus den Ausführungen des Patentgerichts zur Unzulässigkeit der in erster Instanz mit Hauptantrag und erstem Hilfsantrag verteidigten Fassungen ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nichts Abweichendes.
Das Patentgericht hat diese Fassungen als unzulässig angesehen, weil sie einerseits eine Bereichsangabe (85 bis 100 Gewichtsprozent), andererseits aber einen festen Wert (85 Gewichtsprozent) als "Titer" vorsahen. Diese Unge-reimtheit weist
die in erster Instanz mit Hilfsantrag
II
verteidigte Fassung nicht auf.
Das Patentgericht hat sie deshalb zu Recht als zulässig angesehen. Für die übrigen in der Berufungsinstanz verteidigten Fassungen, die ebenfalls nicht mehr die Angabe eines "Titers" enthalten, gilt nichts anderes.
2.
Entgegen der Auffassung der Klägerin geht der Gegenstand des Streitpatents in den in der Berufungsinstanz verteidigten Fassungen nicht
über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus.
a)
Hinsichtlich der Hilfsanträge II
und III, die eine Festlegung auf den Wert von 85 Gewichtsprozent enthalten, ergibt sich dies schon daraus, dass dieser Wert bereits
in der ursprünglichen Anmeldung als besonders [X.] angegeben ist (vgl. WO
00/48592, S.
5 Z.
6).
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-
10
-
b)
Der mit dem Hauptantrag und mit Hilfsantrag
I
beanspruchte Bereich von 80 bis 100 Gewichtsprozent ist in der ursprünglichen Anmeldung zwar nicht ausdrücklich genannt. Er kann ihr
aber ebenfalls unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend entnommen werden.
Ebenso wie in der Beschreibung des Streitpatents wird auch in der [X.] als vorzugswürdig ein Bereich von 30 bis 100 Gewichtsprozent und als besonders vorzugswürdig ein Bereich von 85 Gewichtsprozent angegeben. [X.] ist zu entnehmen, dass der obere Teil des zuerst genannten Bereichs be-vorzugt wird, dass aber auch eine geringfügige Unterschreitung des als beson-ders geeignet eingeschätzten Werts von 85 Gewichtsprozent noch als vorteil-haft angesehen wird. Dass dieser Wert keine starre Grenze darstellt, ergibt sich zudem
aus dem bereits erwähnten und auch in der Anmeldung wiedergegebe-nen ersten [X.], bei dem der Anteil von [X.] und [X.]
zu-sammen 84 Gewichtsprozent ausmacht.
c)
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist den ursprünglich einge-reichten Unterlagen nicht zu entnehmen, dass sich die dort genannten Men-genangaben von 0,7
g bis 1,5
g und vorzugsweise 1
g nur auf einen Wirkstoff-gehalt von 85 Gewichtsprozent beziehen.
Der genannte, auch in der Anmeldung nur als vorzugswürdig, nicht aber als zwingend einzuhalten angeführte Bereich weist mit 0,8
g eine Spannbreite auf, die mehr als 100
% des niedrigsten Werts beträgt. Daraus lässt sich [X.] für den im Berufungsverfahren noch zur Beurteilung stehenden Bereich von 80 bis 100 Gewichtsprozent unmittelbar und eindeutig entnehmen, dass eine prozentuale
Änderung des Gehalts an [X.] und [X.] nicht zwingend eine
Änderung der insgesamt zu verabreichenden [X.] nach sich ziehen muss. Angesichts dessen ist die Kombination der Merkmale 2 und 4
b in allen im Berufungsverfahren verteidigten Fassungen in den ursprünglichen Unterla-gen als zur Erfindung gehörend offenbart.
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-
11
-
3.
Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ist der Gegenstand von Patentanspruch
1 in der Fassung des angefochtenen Urteils nicht patentfähig.
a)
Zu Recht hat das Patentgericht allerdings die in Merkmal
4
b
enthal-tene Dosierungsanleitung bei der Beurteilung der Patentfähigkeit berücksichtigt.
Der Senat hat in einer früheren Entscheidung ausgeführt, für von der [X.] des Stoffs gelöste, reine Dosierungsempfehlungen komme ein Patent-schutz nicht in Betracht ([X.]Z 170, 215, 220
f. = GRUR 2007, 404 Rn.
16

Carvedilol
II). Gegenstand jener Entscheidung war ein Patent, dessen [X.] unter anderem vorsah, dass das Medikament in einer bestimmten Dosis verabreicht wird. Als zulässig hat der Senat in derselben Entscheidung einen Patentanspruch
angesehen, der stattdessen vorsah, dass das Medikament zur Verwendung in der in Rede stehenden Dosierung hergerichtet ist ([X.]Z
170, 215, 225
f. = GRUR 2007, 404 Rn.
51
-
Carvedilol
II). Diesen Anforderungen werden die im Streitfall zu beurteilenden Patentansprüche gerecht.
b)
Die Veröffentlichung von [X.] et al.
(BM
8) gab dem Fachmann [X.] entgegen der Auffassung des Patentgerichts Veranlassung, die in Patent-anspruch
1 geschützte Verwendung in Betracht zu ziehen.
aa)
In [X.] wird eine mit der Abkürzung
"[X.]" bezeichnete klinische Studie beschrieben, in der untersucht wurde, welche Auswirkungen eine Ände-rung von Ernährungsgewohnheiten auf die Sterberate und das erneute Auftre-ten eines Herzinfarkts bei männlichen [X.] unter 70 Jahren hat. In der Studie wurden drei Maßnahmen untersucht: die Reduzierung der Fettauf-nahme bei gleichzeitiger Erhöhung des Anteils an mehrfach ungesättigten Fett-säuren (Fett-Empfehlung), der Verzehr von fettem Fisch (Fisch-Empfehlung) und die erhöhte Aufnahme von Getreidefasern ([X.]). Jedem der untersuchten Patienten wurden
nach dem Zufallsprinzip 0 bis 3 dieser [X.] aufgegeben. Personen aus der [X.], die eine Abneigung ge-32
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36
-
12
-
gen Fisch
hatten, erhielten die Anweisung,
täglich drei Kapseln des [X.] "[X.]" einzunehmen. Als Ergebnis der Studie wird berichtet, keine der Maßnahmen habe zu einer signifikanten Änderung bei der Anzahl der auf-getretenen Reinfarkte geführt. Bei der Fett-
und der [X.] seien auch keine signifikanten Unterschiede bei der
Zahl der tödlichen Herzinfarkte erkennbar. Bei Patienten mit Fisch-Empfehlung sei das [X.] hingegen um 29
% geringer als bei Patienten ohne diese Empfehlung. Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Maßnahmen seien nicht zu beobachten gewesen.
bb)
Damit sind die Merkmale 1,
3 und 4a des Streitpatents offenbart.
Das Medikament "[X.]", das als Wirkstoffe Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure in Form von Triglyceriden enthält, wurde in der [X.]-Studie zur Behandlung von Patienten eingesetzt,
die bereits einen Herzinfarkt hatten. Ziel der Behandlung war jedenfalls auch die Verringerung der Sterbera-te. Dieses Ziel wurde nach der in [X.] wiedergegebenen Einschätzung -
anders als bei Befolgung der Fett-
oder der [X.] -
sowohl durch erhöhten Verzehr von Fisch als auch durch Einnahme
von [X.] erreicht.
[X.])
Die in [X.] offenbarte Dosierung von Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure liegt zumindest bei den Patienten, die anstelle von Fisch ausschließlich das Medikament "[X.]" eingenommen haben, bei 0,9
g pro Tag und damit innerhalb des in Merkmal 4
b definierten
Bereichs. Dies wird in [X.]
zwar nicht ausdrücklich aufgezeigt. Die dort offenbarte
Behandlungsvor-gabe
führte aber zwangsläufig zu einer solchen Dosierung.
(1)
In [X.] wird angegeben, Patienten mit Fisch-Empfehlung und Abnei-gung gegen Fisch seien täglich drei Kapseln (0,5
g) [X.] verabreicht worden ([X.]
S.
758 liSp oben). Die Angabe "0,5
g" bezieht sich dabei entgegen der Auffassung der [X.] nicht auf die Gesamtmasse
einer verabreichten Kap-37
38
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40
-
13
-
sel, sondern auf die pro Tag verabreichte Menge des darin enthaltenen Wirk-stoffs
[X.], also Eicosapentaensäure
in Form von Triglyceriden.
Dies ergibt sich zwar nicht ohne weiteres aus den Angaben in [X.]. Diese lassen nicht eindeutig erkennen, worauf sich die Mengenangabe "0,5
g" be-zieht. Der Fachmann hatte aber Anlass, zur Klärung dieser Frage ergänzend die in [X.] (S.
761 Fn.
13) zitierte, aus demselben Autorenkreis stammende
Veröffentlichung [X.]
heranzuziehen. Dort wird die in der [X.]-Unter-suchung verabreichte Menge an [X.] mit 0,5
g pro Tag angegeben
([X.]
S.
559
reSp oben).
Dies entspricht im Wesentlichen der Wirkstoffmenge, die in drei Kapseln zu je 1
g [X.] enthalten sind. In einer solchen Kapsel sind als Wirkstoffe 180
mg
[X.], 120
mg [X.] und 1,75
mg Tocopherol (Vitamin
E) ent-halten (Guide pratique des Médicaments, 18e Edition, 1998, [X.], S.
876). Drei dieser Kapseln entsprechen mithin einer täglichen Dosis von 540
mg [X.]. Dies lässt sich ohne weiteres mit der Angabe "0,5
g" in Einklang bringen.
Entgegen der Auffassung der [X.] ist diese Angabe auch nicht aus sonstigen Gründen als unplausibel anzusehen. Zwar ist sowohl in [X.] (S.
758 reSp unten) als auch in [X.] ergänzend angegeben, bei Patienten mit Fisch-Empfehlung habe die tatsächliche Aufnahme von [X.] nach sechs Monaten durchschnittlich 2,3
g und nach zwei Jahren durchschnittlich 2,4
g pro Woche betragen, was einer täglichen Dosis von rund 0,35
g
(= 350
mg) [X.]
entspricht. In diesen Durchschnittswert sind indes auch -
und zum überwiegenden Teil -
Daten von Teilnehmern eingeflossen, die sich von Fisch ernährt haben. Die
Vorgabe für diese Personen -
mindestens zwei Portionen Fisch pro Woche (200 bis 400
g) -
weist eine relativ große Bandbreite auf, die zusätzlich dadurch [X.] wird, dass die auf diese Weise aufgenommene Menge des Wirkstoffs [X.] nicht nur vom
Gewicht, sondern auch von der konkreten Zusammenset-zung der
Fischportion abhängt. Zudem kann nicht ohne weiteres davon ausge-gangen werden, dass diejenigen Teilnehmer, die [X.] eingenommen haben, die [X.] stets regelmäßig befolgt haben. Vor diesem Hinter-41
42
-
14
-
grund erscheint es weder widersprüchlich noch aus sonstigen Gründen auffäl-lig, dass der in [X.] und [X.] angegebene Durchschnittswert für die tatsächli-che Aufnahme des Wirkstoffs unterhalb der in [X.] wiedergegebenen Vorgabe liegt.
Die Annahme der [X.], die Mengenangabe "0,5
g" habe sich auf die Gesamtmasse einer [X.]-Kapsel bezogen, erscheint demgegenüber [X.]. Wären pro Tag nur drei Kapseln zu je 0,5
g vorgegeben
worden, hätten höchstens 270
mg [X.] zugeführt werden können. Bezogen auf den Gehalt an [X.] läge diese Vorgabe am unteren Rand des Bereichs, der für [X.] als Mindestwert vorgegeben war. Dies wäre mit der Gefahr verbunden ge-wesen, dass selbst bei kleinen Abweichungen von der Vorgabe eine nach der Versuchskonzeption nicht ausreichende Wirkstoffmenge zugeführt worden wä-re. Die Vorgabe läge zudem unter dem Durchschnittswert von 0,35
g [X.]. Die-ser Durchschnittswert hätte also nur dann erreicht werden können, wenn gera-de diejenigen Teilnehmern, die Fisch gegessen haben, überdurchschnittlich
hohe Mengen an [X.] zu sich genommen hätten. All dies ist zwar theoretisch nicht auszuschließen. Diese theoretische Möglichkeit
reicht indes nicht aus, um die in [X.] enthaltene Angabe "0,5
g [X.] pro Tag" ernsthaft in Zweifel zu zie-hen. Den Angaben in [X.] und [X.] ist vielmehr zu entnehmen, dass der Wirkstoff [X.] in der [X.]-Studie in dieser Dosierung verordnet wurde.
(2)
Die in
[X.] offenbarte Behandlung mit [X.] führte mithin dazu, dass den betroffenen Patienten pro Tag 540
mg [X.]
und zusätzlich 360
mg [X.] verordnet
wurden. Die Gesamtmenge dieser
Wirkstoffe beträgt folglich 900
mg. Dies liegt
innerhalb des in Merkmal 4
b
definierten
Bereichs von 0,7
g bis 1,5
g pro Tag.
(3)
Dass in [X.] nur [X.] als Wirkstoff ausdrücklich genannt wird, führt entgegen der Auffassung des Patentgerichts nicht zu einer
Einschränkung des [X.].
43
44
45
-
15
-
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob
der Fachmann am [X.] [X.] hatte, anhand der öffentlich zugänglichen Informationen über die Zusam-mensetzung des Medikaments "[X.]" oder über die in Fischgerichten übli-cherweise enthaltenen Fettsäuren nähere Erkundigungen darüber einzuholen, welche Wirkstoffe den Patienten mit Fisch-Empfehlung im Rahmen der [X.]-Studie im Einzelnen verordnet
wurden. Mit der in [X.] beschriebenen Verabrei-chung von [X.] ist unmittelbar und eindeutig eine Lehre offenbart, deren Befolgung zwangsläufig zur Verabreichung von Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure mit der bereits erwähnten Dosierung führt.
Dass in [X.] die biologischen Zusammenhänge der beobachteten [X.] nicht im Einzelnen
dargelegt werden, ist für die patentrechtliche Be-urteilung unerheblich. Das nachträgliche Auffinden solcher Zusammenhänge kann zwar eine Entdeckung von hohem wissenschaftlichem Stellenwert sein. Die Beschreibung einer solchen Entdeckung offenbart jedoch keine neue Lehre zum technischen Handeln, sofern der verabreichte Wirkstoff, die Indikation, die Dosierung und die sonstige Art und Weise, in der der Wirkstoff verwendet wird,
mit einer bereits beschriebenen Verwendung eines Wirkstoffs zur Behandlung einer Krankheit übereinstimmen ([X.], Urteil vom 9.
Juni 2011 -
X
ZR
68/08, [X.], 999 Rn.
44 -
Memantin).
dd)
Das zusätzliche, in [X.] nicht offenbarte Merkmal 2 und die in
Merkmal 1 vorgesehene Verwendung der Wirkstoffe in Form von [X.]n vermögen
die Annahme erfinderischer Tätigkeit nicht zu begründen.
Wie die Klägerin anhand der Produktbeschreibung des Präparats [X.] ([X.]) unwidersprochen aufgezeigt hat, war am [X.] ein Medikament
bekannt, das [X.] und [X.] in Form von [X.]n und mit einem Wirkstoff-gehalt von mindestens 85
% enthält.
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16
-
Die Verwendung eines solchen Medikaments anstelle von [X.] war durch die Ausführungen in [X.] nahegelegt. In [X.] wird im Zusammenhang mit [X.]n zwar nur [X.] erwähnt. Die beobachteten positiven Wirkungen werden jedoch nicht nur auf diesen Wirkstoff zurückgeführt, sondern auf Fischöle im Allgemeinen. Dementsprechend wird auch nicht näher [X.] zwischen Patienten, die Fisch gegessen, und solchen, die ausschließlich [X.] eingenommen haben. Vor diesem Hintergrund hatte der Fachmann Veranlassung, auch andere bekannte Wege zur Verabreichung von [X.] und ähnlichen Fettsäuren in Erwägung zu ziehen.

Dem
in der Veröffentlichung von [X.] et al. ([X.] Acid Formulations, in: [X.] et al.
(ed.), [X.]:
Prevention and
Treatment in Vascular Disease, 1995, 217-226, [X.]) geschilderten Umstand, dass [X.] im Vergleich zu natürlichen Triglyceriden eine um 27
% gerin-gere Bioverfügbarkeit aufweisen, kommt dabei keine ausschlaggebende Bedeu-tung zu. Selbst wenn der Fachmann diesen Umstand berücksichtigt hätte -
was die Beklagte in anderem Zusammenhang wegen der den Ausführungen in [X.] zugrunde liegenden kurzen Verabreichungsdauer in Zweifel zieht
-
hätte sich ausgehend von den in [X.] offenbarten Werten eine Erhöhung der [X.] von 0,9
g pro Tag auf 1,23
g pro Tag ergeben. Auch dies liegt innerhalb des in
Merkmal 4
b definierten
Bereichs.
ee)
Die von der [X.] angeführten späteren Veröffentlichungen von Morris et al.
(Fish Consumption and Cardiovascular Disease in the Physicians' Health Study: [X.], [X.] (1995), 166-175, [X.]) und [X.] ([X.], Journal of
the American Medical Association
279 (1998), 65-66, [X.]2) führen nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
In [X.] werden die Ergebnisse einer Langzeitstudie mit rund 22.000 männlichen Ärzten auf einen Zusammenhang zwischen dem [X.] von Fisch 50
51
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17
-
und Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht. Die Aufnahme von langkettigen 3-Fettsäuren,
nämlich Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure,
wurde anhand von in Fragebögen enthaltenen Angaben zum Verzehr bestimmter Fischarten ermittelt ([X.]
S.
167 liSp unten). Daraus ergab sich eine durch-schnittliche Aufnahme dieser Stoffe von 0,24
g pro Tag ([X.]
S.
168 reSp un-ten). Als Ergebnis der Auswertung wurde die Einschätzung geäußert, der Kon-sum von Fisch weise keinen Zusammenhang mit einem verringerten Risiko von Herzinfarkt, Schlaganfall oder Tod aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf ([X.]
S.
170
reSp unten).
In [X.]2 wird auf einen Artikel hingewiesen, in dem aus einer Analyse desselben Datenbestandes die Schlussfolgerung gezogen wurde, schon der [X.] von mindestens einer Fischmahlzeit pro Woche reduziere das Risiko eines plötzlichen Herztodes um 52
%. Dieser Einschätzung werden in [X.]2 die Ergebnisse einer andere
Studie gegenübergestellt, aus der sich ein solcher Zusammenhang nicht ergab ([X.]2
S.
65 liSp). Zudem wird auf Berichte [X.], die darauf hindeuteten, dass ein hoher [X.] von Fisch und mehr-fach ungesättigten 3-Fettsäuren das Risiko eines Herztodes erhöhe ([X.]2
S.
65 reSp vorletzter Absatz). Für die klinische Praxis wird in [X.]2 die Schlussfolgerung gezogen, der [X.] von Fisch einmal pro Woche könne zur Vermeidung von koronaren Herzerkrankungen beitragen und sollte deshalb Be-standteil einer gesunden Ernährung sein. Für Patienten mit Herzerkrankungen sei die Empfehlung gerechtfertigt, zwei Fischmahlzeiten pro Woche einzuneh-men ([X.]2
S.
65 reSp letzter Absatz).
Aus diesen Veröffentlichungen ergab sich für den Fachmann zwar, dass die in [X.] geäußerte Einschätzung gewissen Zweifeln unterlag. Diese Zweifel gaben dem Fachmann jedoch keinen Anlass,
die sich aus [X.] ergebende An-regung zu verwerfen. Auch in [X.] werden die dort aufgestellten Hypothesen nicht als sicher dargestellt. Trotz der in diesem Stadium nahezu unvermeidba-ren Unsicherheiten hatte der Fachmann
Anlass, bei der Suche nach erfolgver-54
55
-
18
-
sprechenden Medikamenten
Stoffe und Verwendungen in Betracht zu ziehen, für die sich bereits konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt der angestrebten Wirkungen ergeben hatten. Solche konkreten Anhaltspunkte wurden in [X.] trotz der dort und in nachfolgenden Veröffentlichungen geäußerten Vorbehalte aufgezeigt. Den in [X.] wiedergegebenen
Zweifeln kommt demgegenüber auch deshalb keine durchschlagende Bedeutung zu, weil die dort untersuchten Personen vor Beginn der Untersuchung keinen Herzinfarkt erlitten hatten ([X.]
S.
166 reSp unten).
Eine weitere Untersuchung dieses Wegs bot sich darüber hinaus auch deshalb an, weil mit [X.] und [X.] mindestens zwei Medikamente in ge-eigneter Konfektionierung zur Verfügung standen. Diese waren damals zwar noch nicht für die hier in Rede stehende Verwendung zugelassen. Dennoch waren sie leichter verfügbar als andere Wirkstoffe, die für entsprechende [X.] eigens hätten hergestellt oder konfektioniert werden müssen.
4.
Für den Gegenstand von Patentanspruch
1 in den anderen von der [X.] verteidigten Fassungen gilt nichts anderes.
a)
Für die mit der Anschlussberufung verteidigte Fassung gemäß Hauptantrag ergibt sich dies schon daraus, dass deren Gegenstand weiter ist als derjenige der Fassung nach dem angefochtenen Urteil.
Merkmal 2' umfasst nicht nur Mischungen mit einem Anteil von 85 [X.], sondern Mischungen mit einem Anteil von 80 bis 100 Gewichts-prozent umfasst. Da schon die Kombination der Merkmale 1 bis 4 durch den Stand der Technik nahegelegt ist, gilt dies erst recht für die Kombination der Merkmale 1, 2', 3 und 4.
b)
Der Gegenstand der mit den Hilfsanträgen I
und III
verteidigten [X.] von Patentanspruch
1 beruht ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit. 56
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-
19
-
Die in Merkmal 4' beanspruchte Dosierung von 1
g täglich ist ebenfalls durch [X.] nahegelegt.
aa)
Wie bereits dargelegt führt die in [X.] offenbarte Behandlung zwar nur zu einer Dosierung von 0,9
g pro Tag. Der Fachmann hatte dennoch [X.], auch Dosierungen in Betracht zu ziehen, die diesen Wert zwar geringfügig überschreiten, aber noch innerhalb derselben Größenordnung liegen. Zwar gab es, wie bereits im Zusammenhang mit
[X.]2 aufgezeigt wurde, gewisse
Hin-weise darauf, dass eine höhere Dosierung nicht von Vorteil sein könnte. [X.] ergab sich aus [X.], dass die Dosierung innerhalb einer gewissen [X.] schwanken kann. Hinweise darauf waren
insbesondere aus Tabelle
II
zu entnehmen, die für die wöchentliche Einnahme von [X.] einen Durchschnitts-wert von 2,3
g bzw. 2,4
g pro Woche und eine Standardabweichung von 1,3
g bzw. 1,4
g ausweist. Angesichts dessen waren durch [X.] auch Dosierungen nahegelegt, die geringfügig oberhalb der dort verordneten Menge von 0,9
g [X.] und [X.] pro Tag liegen.
bb)
Anlass für eine geringfügig höhere Dosierung hatte der Fachmann zudem auch deshalb, weil in verschiedenen anderen Veröffentlichungen eine Dosierung zwischen 1
g und 4
g pro Tag beschrieben ist.
In den Unterlagen zu dem Medikament "[X.]"
([X.]) wird eine tägli-che Dosis von sechs Kapseln zu je 1
g empfohlen. Dies entspricht insgesamt 1,8
g [X.] und [X.].
In den Unterlagen zu dem Medikament "[X.]" ([X.]) wird eine tägliche Dosis von einer bis drei Kapseln zu je 1
g empfohlen, zur Einstellung der Dosis und bei der Erhaltungstherapie zwei bis drei Kapseln zu je 0,5
g. Die Empfeh-lung umfasst damit einen Dosierungsbereich von 1
g bis 3
g pro Tag.
Diese An-gaben beziehen sich, wie sich aus der Liste der Inhaltsstoffe ergibt, auf die Menge der [X.] von mehrfach ungesättigten Fettsäuren.
61
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-
20
-
In der Veröffentlichung von Swahn et al. ([X.]) wird für die Behandlung von Patienten, die bereits einen Herzinfarkt erlitten hatten,
eine tägliche Dosis von 4
g angegeben ([X.]
S.
473), wovon 3,5
g auf 3-Fettsäuren entfallen ([X.]
S.
474 reSp unten).
[X.])
Zusammen mit den in [X.] offenbarten Werten ergab sich für den Fachmann damit ein durchgehender
Bereich von [X.] Hinweise darauf, dass es innerhalb dieses Bereichs zu grundlegend unter-schiedlichen Wirkungen kommen könnte. Angesichts der zum Beispiel in [X.] und [X.]2 geäußerten Vermutung, eine hohe Konzentration sei wahrscheinlich nutzlos und möglicherweise sogar schädlich, bestand kein Anlass, noch höhere Dosierungen in Betracht zu ziehen oder sich ausschließlich am oberen Ende des üblichen Bereichs zu bewegen.
Die Auswahl einer bestimmten Dosierung innerhalb eines bereits [X.] führt für sich gesehen grundsätzlich nicht zur Bejahung der Patent-fähigkeit. Auch in der Entscheidungspraxis des Europäischen Patentamts
kann die Auswahl aus der Lehre einer breiteren Vorveröffentlichung Neuheit nur unter
besonderen Voraussetzungen begründen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die im Anspruch definierte Dosierungsanleitung gegenüber dem bekannten Stand der Technik nachweislich eine besondere technische Wirkung hervorgebracht hat ([X.] ABl.
2010, 456 Rn.
6.3 -
Dosierungsanlei-tung/[X.] mwN). Solche Besonderheiten sind im Streitfall nicht ersichtlich. Die in der Beschreibung des Streitpatents geschilderten Wirkungen unterscheiden sich, was die Verringerung der Sterberate angeht, nicht wesent-lich von den in [X.] offenbarten Ergebnissen. Besondere technische Wirkungen der beanspruchten Dosierung werden vom Streitpatent ebenfalls nicht aufge-zeigt. Vor diesem Hintergrund kann eine geringfüge Steigerung der Dosis ge-genüber den in [X.] offenbarten Werten nicht zur Bejahung
der Patentfähigkeit führen.
Dass die im Streitpatent beschriebene Dosierung die Möglichkeit eröff-65
66
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-
21
-
net hat, eine arzneimittelrechtliche Zulassung zu erlangen, reicht für die An-nahme erfinderischer Tätigkeit nicht aus.
5.
Ebenfalls nichts anderes ergibt sich für den Gegenstand von Pa-tentanspruch
4 bzw. Patentanspruch
5 in den mit der Anschlussberufung ver-teidigten Fassungen des Streitpatents.
Der Gegenstand dieses Anspruchs unterscheidet sich von demjenigen des Patentanspruchs
1 nur dadurch, dass er auch solche Verwendungen um-fasst, bei denen nur [X.] oder nur [X.] als Wirkstoff zum Einsatz kommt. Sol-che Verwendungen sind ebenfalls durch [X.] nahegelegt.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob Patentanspruch
4 auch Mischungen von [X.] und [X.] umfasst -
mit der Folge, dass Patentanspruch
1 der Sache nach als Unteranspruch anzusehen wäre -
oder ob sein Gegenstand auf [X.] beschränkt ist, bei denen nur [X.] oder nur [X.] zum Einsatz kommt.
In [X.] sind zwar nur Anwendungen offenbart, bei denen der Patient zwangsläufig eine Mischung verschiedener Fettsäuren aufnimmt. Bei der [X.] der Ergebnisse wird aber weder zwischen einzelnen Fettsäuren unter-schieden noch die Vermutung geäußert, dass die beobachtete Wirkung gerade auf der kombinierten Aufnahme mehrerer Fettsäuren beruht. Dies gab dem Fachmann Veranlassung, die beiden in dem dort verwendeten Medikament enthaltenen Wirkstoffe [X.] und [X.] auch zur alleinigen Verwendung in [X.] zu ziehen.
Dass die alleinige Verwendung eines dieser Wirkstoffe zu be-sonderen technischen Wirkungen führt, wird auch vom Streitpatent nicht aufge-zeigt.
IV.
Der Senat hat gemäß §
119 Abs.
5 Satz
2 [X.] in der Sache zu [X.], weil diese zur Endentscheidung reif ist.
68
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72
-
22
-
Das Patentgericht hat aus dem Umstand, dass die Verabreichung von [X.] in [X.] nicht ausdrücklich erwähnt wird, unzutreffende rechtliche [X.] gezogen. Die von ihm getroffenen rechtsfehlerfreien Tatsachen-feststellungen ermöglichen es dem Senat dennoch, die Frage der Patentfähig-keit abschließend zu beurteilen.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
121 Abs.
2 und §
91 Abs.
1 ZPO.
Meier-Beck
[X.]
[X.]

[X.]
Schuster
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 22.11.2011 -
3 Ni 28/10 (EP) -

73
74

Meta

X ZR 40/12

24.09.2013

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2013, Az. X ZR 40/12 (REWIS RS 2013, 2534)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2534

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZR 40/12

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