Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.01.2010, Az. 4 AZR 591/08

4. Senat | REWIS RS 2010, 10011

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Gegenstand

Auslegung einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel - Ablösung des BAT durch den TVöD


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 5. Juni 2008 - 3 [X.]/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch des [X.] auf Zahlung eines Urlaubsgeldes und einer Zuwendung.

2

Der Kläger ist seit dem 1. April 2000 bei der [X.]eklagten als Physiotherapeut beschäftigt. [X.] hatte die nicht tarifgebundene [X.]eklagte die städtischen Kurbetriebe übernommen, die bis dahin von der [X.] [X.] und der zu 98 Prozent der Gesellschaftsanteile im [X.]esitz der [X.] [X.] stehenden [X.] betrieben worden waren. Die von ihr bis 1998 abgeschlossenen Arbeitsverträge enthielten wie diejenigen ihrer als Mitglieder des [X.] ([X.]) tarifgebundenen [X.] weiterhin Verweisungen auf den [X.]AT bzw. den [X.]MT-G. Die im Zeitraum von Juni 1998 bis zum [X.] vereinbarten Arbeitsverträge verwiesen lediglich hinsichtlich des Anspruchs auf Urlaubs- und „Weihnachtsgeld“ auf den [X.]AT und waren im Übrigen frei vereinbart. Der am 25. Februar 2000 mit dem Kläger abgeschlossene Arbeitsvertrag lautet insoweit auszugsweise wie folgt:

        

„§ 3

        

Das Gehalt beträgt monatlich DM 2.780,00 brutto, ab 01.10.2000 beträgt das Gehalt monatlich DM 2.920,00 brutto und ist am Ende des Monats (Zahltag) für den laufenden Monat zu zahlen. Urlaubs- und Weihnachtsgeld wird in Anlehnung an die jeweils gültigen [X.]estimmungen des [X.]AT ([X.]undes-Angestellten-Tarifvertrag) gewährt“.

3

Weitergehende Verweisungen auf den [X.]AT oder andere Tarifverträge enthält der Arbeitsvertrag nicht. Eine entsprechende Formulierung findet sich in weiteren 118 Arbeitsverträgen bei der [X.]eklagten.

4

Am 1. Oktober 2005 trat der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst([X.]) in [X.]. Dieser sieht ein Urlaubsgeld und eine Zuwendung („Weihnachtsgeld“) in der bisherigen Weise nicht mehr vor. Stattdessen ist in § 20 [X.] der Anspruch auf eine Jahressonderzahlung geregelt. In dem zum gleichen Zeitpunkt in [X.] getretenen Tarifvertrag zur Überleitung in den [X.] ([X.]) sind in § 20 die Jahressonderzahlungen für die Jahre 2005 und 2006 gesondert geregelt. Für das gesamte [X.] richtete sich die Höhe der Jahressonderzahlung für im öffentlichen Dienst in den alten [X.]undesländern tarifgebundene [X.]eschäftigte im Ergebnis nach den bisherigen Tarifverträgen über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16. März 1977 (TV Urlaubsgeld) und über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (TV Zuwendung). Dementsprechend leistete auch die [X.]eklagte die Zahlungen in derselben Höhe wie zuvor. Für das [X.] bestimmte § 20 Abs. 3 [X.] zwar, dass eine Jahressonderzahlung nach § 20 [X.] zu leisten sei; in der Höhe jedoch wurde von den Tarifvertragsparteien abweichend von § 20 [X.] eine Einzelregelung vereinbart, die der bisherigen Summe der bis dahin geltenden Ansprüche auf Urlaubsgeld und auf die Zuwendung entsprach. Auch 2006 leistete die [X.]eklagte die Zahlungen in gleicher Höhe wie in den Jahren zuvor, allerdings - teilweise - als Urlaubsgeld nicht bereits im Juli des Jahres, sondern in einer einheitlichen Summe mit dem Novembergehalt 2006.

5

Für das [X.] zahlte die [X.]eklagte an den Kläger und dessen Kolleginnen und Kollegen mit den gleichen Arbeitsverträgen eine Jahressonderzahlung, die anhand von § 20 [X.] errechnet wurde. Diese Jahressonderzahlung betrug im Falle des [X.] 174,20 Euro weniger als die Summe der bisherigen Ansprüche auf Urlaubsgeld und Zuwendung („Weihnachtsgeld“).

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe weiterhin Ansprüche auf Urlaubsgeld und Zuwendung nach den entsprechenden Tarifverträgen zum [X.]AT. Der tarifliche Übergang im öffentlichen Dienst vom [X.]AT auf den [X.] sei im Arbeitsvertrag nicht vereinbart. Dieser verweise lediglich auf den [X.]AT und die zu ihm vereinbarten Tarifverträge.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - beantragt,

        

die [X.]eklagte zu verurteilen, an ihn 174,20 Euro brutto nebst Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit [X.] zu zahlen.

8

Die [X.]eklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die arbeitsvertragliche Verweisung auf den [X.]AT den Übergang auf den [X.] beinhalte und sie deshalb nur zur Leistung der Jahressonderzahlung nach § 20 [X.] verpflichtet sei.

9

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Die [X.]eklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist nicht begründet. Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das erstinstanzliche Urteil zu Recht abgewiesen, weil der [X.] nicht besteht.

I. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Die [X.] im Arbeitsvertrag der Parteien sei dahin auszulegen, dass der Übergang vom [X.] auf den [X.] von den Parteien nachvollzogen werden sollte. Dies ergebe sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut, da die Klausel nur auf den „jeweiligen [X.]“ verweise. Es liege jedoch kein klassischer Tarifwechsel vor, sondern lediglich eine Tarifsukzession, wonach der [X.] an die Stelle des [X.] treten solle. Andernfalls würde auch der Charakter der [X.] verändert, da die in ihr vereinbarte Dynamik faktisch beendet und der bisherige Tarifzustand festgeschrieben würde. Im Übrigen gelten die „Sonderzuwendungsregelungen“ zum [X.] nicht mehr normativ, da sie durch eine andere Abmachung iSv. § 4 Abs. 5 [X.] ersetzt worden seien. Dies entspreche auch dem individuellen Hintergrund der Vertragsformulierung. Nachdem die Beklagte nach dem Betriebsübergang 1994 noch vier Jahre die bisherige vollständige Verweisung auf den [X.] vereinbart habe, seien ab 1998 nur noch die - insoweit allerdings mit den bisherigen Regelungen identischen - Klauseln zum Urlaubs- und [X.] vereinbart worden, um den Arbeitnehmern gleiche Sonderzuwendungen mit gleichem tariflichen Schicksal zu gewähren. An dieser Auslegung bestünden keine Zweifel, so dass die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB nicht zur Anwendung komme.

II. Diese Ausführungen des [X.]s sind in Ergebnis und Begründung im Grundsatz nicht zu beanstanden. Die im Arbeitsvertrag der Parteien vereinbarte Verweisung auf die Urlaubsgeld- und Zuwendungsregelungen des jeweiligen [X.] beinhaltet den Übergang auf die Anwendung der Tarifnormen des [X.] seit dem 1. Oktober 2005, namentlich die Regelungen über die Jahressonderzuwendung in § 20 [X.]. Das ergibt die Auslegung der vertraglichen Klausel.

1. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 25. Februar 2000 ist ein Formularvertrag. Seine Auslegung durch das [X.] kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden(st. Rspr., vgl. nur [X.] 19. Oktober 2004 - 9 [X.] - [X.]E 112, 214, 222; 30. August 2000 - 4 [X.] - [X.]E 95, 296, 299 mwN) . Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach [X.] und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, aber zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen ([X.] 26. September 2001 - 4 [X.] [X.]E 99, 120, 123 f.) . Dies gilt auch für dynamische [X.]n ([X.] 18. April 2007 - 4 [X.] - [X.]E 122, 74, 81).

2. Die Auslegung von § 3 des Arbeitsvertrages ergibt, dass die Vertragsparteien bezüglich des Urlaubs- und „[X.]es“ den Übergang vom [X.] zum [X.] grundsätzlich nachvollziehen wollten. Für den Anspruch des [X.] gibt es danach keine Grundlage.

a) Das [X.] ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Wortlaut der [X.] allein zu keinem klaren Ergebnis führt. Er weist eine Reihe von Unklarheiten auf, die es nicht ermöglichen, allein auf seiner Grundlage eine eindeutige Bestimmung des vereinbarten Inhalts der Klausel vorzunehmen.

aa) Aus dem in der [X.] namentlich genannten Tarifvertrag ergibt sich kein Anspruch des [X.]. Nach § 3 des Arbeitsvertrages kann der Kläger „Urlaubs- und [X.] … in Anlehnung an die jeweils gültigen Bestimmungen des [X.]“ verlangen. Der [X.] selbst enthält und enthielt jedoch keine Bestimmungen zu „Urlaubs- und [X.]“ und verweist auch nicht auf andere Bestimmungen, aus denen sich ein solcher Anspruch ergibt. Würde man hier allein dem Wortlaut folgen, hätte der Kläger von Anfang an keinen Anspruch gehabt.

bb) Auch die Art der Leistung selbst ist in der vertraglichen [X.] nicht präzise bezeichnet. Selbst wenn man das „Urlaubsgeld“ dem hier anscheinend gemeinten Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte([X.] Urlaubsgeld) zuordnen könnte, ist ein „[X.]“ in keinem zum [X.] ergangenen Tarifvertrag als solches geregelt. Die Parteien gehen - im Ergebnis wohl zu Recht - davon aus, dass damit die Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte ([X.] Zuwendung) gemeint ist. Auch dies ist jedoch bereits eine Auslegung der [X.] und entspricht nicht unmittelbar dem Wortlaut einer ausdrücklichen vertraglichen Bestimmung.

cc) Eine andere Norm oder Regelung, aus der sich ein Anspruch des [X.] auf die genannten Leistungen ergeben könnte, ist im Arbeitsvertrag weder genannt noch ausdrücklich in Bezug genommen. Diejenigen Tarifverträge, die hierfür in Betracht kommen und nach denen er jahrelang Leistungen erhalten hat, nämlich der [X.] Urlaubsgeld und der [X.] Zuwendung, sind im Arbeitsvertrag nicht aufgeführt.

b) Die Auslegung des Wortlauts im systematischen Zusammenhang der Klausel ergibt jedoch mit der notwendigen Eindeutigkeit, dass die Parteien mit der [X.] auf die jeweiligen tariflichen Regelungen von kalenderjahrbezogenen Sonderzahlungen im kommunalen öffentlichen Dienst Bezug genommen haben, wovon auch das [X.] im Ergebnis zutreffend ausgeht.

aa) Die Parteien haben nicht den [X.] als solchen, sondern die jeweiligen tariflichen Sonderzahlungsregelungen des öffentlichen Dienstes in ihrem Arbeitsverhältnis anwenden wollen.

(1) Die Parteien haben einen Anspruch des [X.] auf „Urlaubs- und [X.]“ normiert. Als Urlaubsgeld wird dabei gemeinhin eine zusätzliche, über das Urlaubsentgelt hinaus gezahlte Vergütung bezeichnet, die einer gesonderten Rechtsgrundlage bedarf([X.] in [X.] [X.] 13. Aufl. § 102 Rn. 137). Sie kann - je nach Ausgestaltung der Rechtsgrundlage - auch unabhängig vom Urlaubsantritt gewährt und damit Gratifikationscharakter haben ([X.] 6. September 1994 - 9 [X.] - AP [X.] § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 50 = EzA [X.] § 11 Nr. 34). Als „[X.]“ wird häufig eine zusätzlich zu dem vertraglichen laufenden Arbeitsentgelt zum Ende des Kalenderjahres zu leistende Sonderzahlung bezeichnet; sie entspricht einer Gratifikation ([X.] aaO § 78 Rn. 1 ff.). Gemeinsam ist diesen Ansprüchen, dass sie auf das Kalenderjahr bezogene Sonderleistungen des Arbeitgebers darstellen, die einmalig gezahlt werden und für die es einer gesonderten Anspruchsgrundlage bedarf. Die Zahlungsverpflichtung der [X.] ergab und ergibt sich dabei allein aus § 3 des Arbeitsvertrages der Parteien; eine andere Anspruchsgrundlage ist im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich genannt, obwohl es mit dem [X.] Urlaubsgeld und dem [X.] Zuwendung zwei Tarifverträge gab, die jeweils den Geltungsbereich der unter den [X.] fallenden Arbeitsverhältnisse aufwiesen und nach denen der Kläger auch jahrelang bezahlt worden ist.

(2) Da - wie dargelegt - der [X.] selbst keinerlei Ansprüche auf derartige Leistungen normiert und auch nicht auf ergänzende Tarifverträge verweist, aus denen sich diese Leistungen ergeben, kann nach dem Wortlaut der [X.] dort der [X.] nicht in seiner Funktion als konkretes Normenwerk gemeint sein, in dem bei Vorliegen bestimmter Tatbestandsmerkmale bestimmte tariflich geregelte Rechtsfolgen eintreten sollen. Der Begriff des [X.] ist hier nur als Synonym für den Ausgangspunkt eines tariflichen Bezugssystems gebraucht worden, das - an ganz anderer Stelle und unabhängig von der Geltung des [X.] - die Leistungsverpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung der versprochenen Leistungen regelte.

Kann aber der [X.] hier nicht als konkreter Tarifvertrag gemeint sein, sondern dient er lediglich als Charakterisierung eines Tarifwerkes, so ist - insbesondere im Zusammenhang mit der sich aus den Worten „jeweils gültigen“ ergebenden, von den Parteien also erkennbar gewollten Zeitdynamik - naheliegend, dass die Verweisung diejenigen jeweiligen jahresbezogenen Sonderzahlungen zum Gegenstand der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen der [X.] machen wollte, die sich aus den für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifregelungen ergeben.

bb) Die von den Parteien vertraglich vereinbarte Dynamik beschränkt sich dabei zeitlich nicht auf solche Regelungen, die vor der Tarifreform des öffentlichen Dienstes vereinbart worden waren.

(1) Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende tarifliche Regelungswerk ergibt sich der Wille der Parteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie dynamisch an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst auszurichten(vgl. [X.] 16. Dezember 2009 - 5 [X.] - Rn. 14, [X.], 401). Dabei gehen sie davon aus, dass jedenfalls grundsätzlich in diesem Bereich auch weiterhin Tarifverträge abgeschlossen werden und die Arbeitsbedingungen von den Tarifvertragsparteien der Entwicklung jeweils angepasst werden. Dies gilt im Besonderen für die Dynamik von arbeitsvertraglichen Bezugnahmen auf das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes, weil dieser seit jeher nicht nur durchgehend tariflich geregelt ist, sondern die tariflichen Bedingungen wie in kaum einem anderen Wirtschaftszweig ungeachtet der individuellen [X.] maßgeblich den Inhalt nahezu aller Arbeitsverhältnisse bestimmen. Dieselben Tarifvertragsparteien, die den [X.], den [X.] Urlaubsgeld und den [X.] Zuwendung abgeschlossen hatten, haben die bisherigen tariflichen Regelungen nicht mehr für angemessen gehalten und diese Tarifverträge über [X.] - mit einer Übergangsregelung für zwei Jahre - abgelöst und dabei im Bereich dieser Leistungen eine neue, erstmalig auch unmittelbar manteltariflich geregelte einheitliche Jahressonderzahlung vereinbart.

(2) Für die Annahme, die Arbeitsvertragsparteien hätten die weitere Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst nicht nachvollziehen und damit eine im Ergebnis „eingefrorene“ Regelung in Bezug nehmen wollen, bedarf es deshalb regelmäßig weiterer und nachhaltiger Gesichtspunkte.

(a) Ein solcher kann etwa dann vorliegen, wenn die neuen Tarifverträge für ein entsprechendes tarifgebundenes Arbeitsverhältnis gerade nicht gelten sollen. Die Tarifvertragsparteien haben über die weitere Wirkung des von ihnen früher gemeinsam vereinbarten [X.] und der ihn ergänzenden Tarifverträge teilweise unterschiedliche Regelungen getroffen(vgl. hierzu für den [X.] § 2 Abs. 1 [X.]Ü-[X.] [X.]. Anlage 1 Teil A Nr. 1 und Teil B Nr. 28 und 32; für die Länder § 2 Abs. 1 [X.]Ü-Länder [X.]. Anlage 1 Teil A Nr. 1 und Teil B Nr. 18 und 22; für die [X.] § 2 Abs. 1 [X.]Ü-[X.]). Die dabei allgemein geregelte Ersetzung des [X.] und der - hier interessierenden - [X.] Zuwendung und [X.] Urlaubsgeld ist durch eine Reihe von Ausnahmen eingeschränkt worden. So gilt der vorherige Tarifzustand beispielsweise weiter für Beschäftigte von [X.], [X.] und bestimmten Wasserwirtschaftsverbänden, allerdings mit der Rückausnahme des Wegfalls der Weitergeltung, wenn diese durch ausdrückliche Vereinbarung in einem landesbezirklichen Tarifvertrag dennoch in den Geltungsbereich des [X.] einbezogen würden, § 2 Abs. 5 [X.]Ü-[X.].

(b) Auch kann sich im besonderen Einzelfall aus dem Wortlaut des Arbeitsvertrages oder sonstigen gewichtigen Umständen folgern lassen, dass es speziell und ausschließlich der [X.] und die vor der Tarifreform hierzu abgeschlossenen Tarifverträge sein sollten, die nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien den Inhalt des Arbeitsverhältnisses bestimmen sollten(so etwa bei [X.] 10. Juni 2009 - 4 [X.] - [X.], 154, mit der Bezugnahme auf die Vergütung mit ausdrücklich genannten familienbezogenen Bestandteilen, die beim Übergang auf den [X.] bzw. [X.]-L entfallen sind).

(3) Solche abweichenden Gesichtspunkte sind im Streitfall nicht ersichtlich.

(a) Der Kläger ist nicht in einem Bereich tätig, in dem für die dort tarifgebundenen Arbeitsverhältnisse der [X.] Urlaubsgeld und der [X.] Zuwendung nach wie vor gelten.

(b) Anders als in der Senatsentscheidung vom 10. Juni 2009(- 4 [X.] - [X.], 154) kann aus dem Wortlaut der hier vereinbarten [X.] („… in Anlehnung an die jeweils gültigen Bestimmungen des [X.] …“) nicht geschlossen werden, diese beziehe sich nicht auf die Nachfolgeregelungen zum [X.]. Wie oben dargelegt, haben die Parteien den Begriff „[X.]“ nicht zur Bezeichnung eines konkreten Tarifvertrages verwendet, sondern als Synonym für das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes. Auch haben die Parteien die beiden Tarifverträge [X.] Urlaubsgeld und [X.] Zuwendung im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich benannt, was sonst möglicherweise als Indiz für deren - unmittelbare - Anwendbarkeit auch nach der Tarifreform im öffentlichen Dienst oder für eine lückenhafte Vertragsregelung hätte gewertet werden können.

cc) Die von der Verweisung im Arbeitsvertrag der Parteien erfassten Tarifregelungen über die genannten Sonderzahlungen sind solche, die im kommunalen öffentlichen Dienst gelten. Dies sind nach der Tarifreform die Regelungen in § 20 [X.]/[X.] und § 20 [X.]Ü-[X.].

(1) Allgemein ist davon auszugehen, dass nicht tarifgebundene Arbeitsvertragsparteien, die ihre materiellen Arbeitsbedingungen dynamisch an einem Tarifvertrag orientieren, denjenigen Tarifverträgen folgen wollen, die von den Tarifvertragsparteien des ursprünglich in Bezug genommenen Tarifvertrages abgeschlossen werden. Die übereinstimmende Orientierung von Arbeitsvertragsparteien auf die Entwicklung eines Tarifvertrages oder Tarifwerks ist insbesondere, wenn sie nicht tarifgebunden sind, zumindest auch geprägt von dem Vertrauen in die konkreten Tarifvertragsparteien, so dass den von diesen abgeschlossenen (Folge-)Tarifverträgen im Zweifel eine größere Arbeitsvertragsnähe zuzumessen ist. Kommen hierfür mehrere Tarifvertragsparteien in Betracht, weil es sich um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag handelte, der von den bis dahin gemeinsam abschließenden Tarifvertragsparteien jeweils unterschiedlichen Folgeregelungen unterworfen wird, soll im Zweifel der Folgetarifvertrag angewandt werden, der von denjenigen Tarifvertragsparteien abgeschlossen worden ist, denen die Arbeitsvertragsparteien aus beiderseitiger Sicht am nächsten standen, und der damit typischerweise gelten würde, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden(zur Inbezugnahme von Vergütungsregelungen des [X.] [X.] 16. Dezember 2009 - 5 [X.] - Rn. 26, [X.], 401).

(2) Die Parteien des hier auszulegenden Arbeitsvertrages haben sich nicht an den Tarifbedingungen der Arbeitgeber von [X.] und Ländern, sondern an denen derjenigen Arbeitgeber orientieren wollen, die Mitglied eines Mitgliedsverbandes der [X.] sind. Dies drängt sich bereits deshalb auf, weil der von der [X.] 1994 übernommene Betrieb bis dahin von einer kommunalen Körperschaft bzw. einer juristischen Person des Privatrechts mit 98-prozentiger Beteiligung der [X.] geführt worden war und diese ebenfalls Mitglieder des [X.] waren. Ein Bezug zu einem anderen Folgetarifwerk des [X.] musste für die Arbeitsvertragsparteien auch deshalb ausscheiden, weil die Unterhaltung eines örtlichen Kurbetriebes durch den [X.] oder ein [X.] offenkundig nicht in Betracht kommt.

dd) Die weiteren von der Revision angeführten Gesichtspunkte führen zu keinem anderen Ergebnis.

(1) Ohne ausschlaggebende Bedeutung für eine Auslegung der arbeitsvertraglichen Verweisung ist die Frage, ob es sich um eine sogenannte statische, kleine oder große dynamische Klausel handelt. Bei der - auch im Streitfall von den Parteien und den Vorinstanzen verwandten - Kategorisierung handelt es sich lediglich um eine Typisierung und ein Hilfsmittel zur Auslegung, nicht dagegen um eine enumerative Aufzählung der Arten von [X.]. Schon bei der sog. kleinen dynamischen [X.] ist zwischen der Bezugnahme auf einen konkreten, namentlich bezeichneten Tarifvertrag und derjenigen auf das Tarifwerk einer Branche zu unterscheiden. Die letztgenannte Klausel wird zwar auch als kleine dynamische Klausel bezeichnet, beinhaltet jedoch auch einen möglichen Wechsel oder eine Erstreckung auf neu abgeschlossene Tarifverträge mit bisher nicht geregelten Gegenständen. In diesem Zusammenhang ist deshalb vorliegend von untergeordneter Bedeutung, ob es sich bei der Tarifreform des öffentlichen Dienstes um eine Tarifsukzession oder einen Tarifwechsel handelt. Diese Terminologie knüpft an die [X.]. strenge kategoriale Trennung von kleiner und großer dynamischer Verweisung an. Maßgebend ist jedoch ausschließlich der nach Auslegung gewonnene Inhalt der einzelvertraglichen [X.].

(2) [X.] ist ferner in diesem Zusammenhang entgegen der Auffassung der Revision die Rechtsprechung des Senats zur Gleichstellungsabrede(zB [X.] 18. April 2007 - 4 [X.] - [X.]E 122, 74; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - AP [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA [X.] § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40). Eine wirksame Gleichstellungsabrede ist dadurch gekennzeichnet, dass die Dynamik der Bindung an den einschlägigen Tarifvertrag mit der auflösenden Bedingung des Wegfalls der [X.] des Arbeitgebers an diesen Tarifvertrag versehen ist. Bei der Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede und deren Änderung geht es allein um die Frage, welchen Grad von Eindeutigkeit die Vereinbarung einer entsprechenden auflösenden Bedingung erfordert.

Im Übrigen ist im Streitfall die Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede und ihre Änderung obendrein auch deshalb ohne Bedeutung, weil es sich bei der hier streitigen Klausel auch nach der früheren Senatsrechtsprechung nicht um eine Gleichstellungsabrede handelt. Die Beklagte war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages nicht an die in Bezug genommenen Tarifverträge gebunden(vgl. hierzu [X.] 1. Dezember 2004 - 4 [X.] - [X.]E 113, 40).

c) An der Wirksamkeit der Klausel und der hier vertretenen Auslegung ändert sich auch unter dem Gesichtspunkt der Vertragskontrolle nichts. Der Kläger kann sich zur Begründung der vom ihm erstrebten Anwendung des [X.] Zuwendung und des [X.] Urlaubsgeld nicht auf § 305c Abs. 2 BGB berufen. Die Anwendung der Unklarheitenregelung würde voraussetzen, dass die Auslegung von § 3 des Arbeitsvertrages insoweit zumindest zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient([X.] 24. Oktober 2007 - 10 [X.] [X.]E 124, 259, 263). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

d) Die dem Kläger danach für das [X.] zustehende Jahressonderzahlung nach § 20 [X.] hat er - in der Höhe unstreitig - von der [X.] erhalten. Darüber hinaus gehende Ansprüche bestehen nicht.

III. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen, weil sein Rechtsmittel ohne Erfolg bleibt, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Schmalz    

        

    Weßelkock    

                 

Meta

4 AZR 591/08

27.01.2010

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Lübeck, 29. Januar 2008, Az: ÖD. 6 Ca 2540 b/07, Urteil

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 611 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.01.2010, Az. 4 AZR 591/08 (REWIS RS 2010, 10011)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10011

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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