Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2012, Az. 5 StR 499/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 6650

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5 StR 499/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 9. Mai 2012
in der Strafsache
gegen

wegen Betruges

-
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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 9. Mai 2012
beschlossen:

Auf die Revision des
Angeklagten wird
das Urteil des [X.] vom 9. Mai 2011 gemäß
§ 349 Abs. 4
StPO mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Wirt-schaftsstrafkammer des [X.] zurückver-wiesen.

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges in zwei Fällen, davon in einem Fall in 87 tateinheitlichen Fällen,
zu einer Gesamtfreiheits-strafe von drei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Seine hiergegen ge-richtete Revision hat mit
der Sachrüge Erfolg.

I.

Die vom [X.] getroffenen Feststellungen tragen den Schuld-spruch nicht.

1. Das [X.] geht von einem uneigentlichen Organisationsdelikt aus
(vgl. hierzu etwa [X.], Beschluss vom 29. Juli 2009

2 [X.], [X.], 39), das in 87
Fällen zu Betrugshandlungen gegenüber [X.] geführt hat. Es trifft aber lediglich

gestützt auf E-Mails des Ange-klagten

Feststellungen dazu, welche Maßnahmen er im Vorfeld unternom-men hat. Aus den Urteilsgründen ergibt sich
hingegen nicht, inwieweit der 1
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Angeklagte die

nach Auffassung des [X.]s gutgläubigen

Vermitt-ler beeinflusst hat bzw. hat beeinflussen lassen. Es lässt sich somit nicht er-kennen, ob und gegebenenfalls wie der Angeklagte an den [X.] der Vermittler kausal mitgewirkt hat. Da es bei der Annahme eines unei-gentlichen [X.] gerade auf die
Vorgaben
ankommt, die der Täter
gegenüber der von ihm beherrschten Organisation macht, bedarf es hierzu näherer Feststellungen.

Ebenso
ist die innere Tatseite des Angeklagten weder hinsichtlich der festgestellten Täuschungshandlungen gegenüber den Kunden noch in Bezug auf seine Vorstellungen über die fehlende Erfüllbarkeit der aus den Stromlie-ferungsverträgen
resultierenden Verpflichtungen der A.
GmbH belegt. Die von der [X.] angeführten E-Mails des Angeklagten legen
nahe, dass er zumindest zunächst an die Realisierbarkeit des Anlagenmodells ge-glaubt hat. Hierfür sprechen zum einen seine Berechnungen über die Anzahl der für eine Finanzierung notwendigen Anleger, zum anderen aber auch die dort dokumentierten Bemühungen gegenüber der [X.]. Zwar mag es auf der Hand liegen, dass sich alsbald die Hoffnungslosigkeit dieses Anlagemodells herausgestellt hat, gleichwohl
bedarf es einer [X.] Festlegung, wann und aufgrund welcher Umstände der Angeklagte nicht mehr von einer Realisierung hat ausgehen können und wie er eine sol-che Erkenntnis in eine Täuschung der Anleger umgesetzt hat.

Zur Prüfung der Seriosität seines Anlagemodells hätte sich das Land-gericht mit dem Konzept des Angeklagten näher befassen müssen. Um Rückschlüsse auf die innere Tatseite des Angeklagten ziehen zu können
(vgl. [X.], Beschluss vom 26. August 2003

5 [X.], [X.]St 48, 331, 348), ist es von [X.] Bedeutung, welche konkreten Maßnahmen zum Bau
der [X.] schon getroffen und in welchem Maße be-reits Investitionen in das Projekt geflossen waren. Je weniger der Angeklagte für die
Realisierung
aufgewendet
hat, umso eher drängt sich der Schluss auf, dass die Errichtung der [X.] gar nicht beabsichtigt war 4
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und es dem Angeklagten allein darum ging, die Gelder ohne Gegenleistung betrügerisch zu erlangen. In diesem Zusammenhang wären ferner nähere Feststellungen zur Verwendung der von den Kunden geleisteten [X.] notwendig gewesen.

2. Die Täuschungshandlung gegenüber den Kunden hat das [X.] gleichfalls nicht widerspruchsfrei dargestellt. Es hat nämlich einerseits die Aussagen der Vermittler mitgeteilt, wonach auf Schulungen darauf hin-gewiesen worden sei, dass aus dem eingenommenen Geld die [X.] erst errichtet werden sollte ([X.]). Dies ist von den
(gut-gläubigen) Vermittlern offenbar auch den Kunden gegenüber so dargestellt
worden. Die
Vermittler haben

jedenfalls teilweise

angegeben, dass sie mitgeteilt hätten, die [X.] sei erst im Bau bzw. noch nicht fertiggestellt ([X.], 73, 77, 87, 91). Vor diesem Hintergrund ist die dann vom [X.] in
Bezug auf sämtliche Kunden getroffene Feststellung
nicht ohne weiteres nachvollziehbar, dass diese, wenn sie gewusst hätten, die gezahlten Gelder würden für die Errichtung einer in [X.] noch nicht vorhandenen [X.] verwendet, die Verträge nicht abgeschlossen hätten. Für die revisionsgerichtliche Kontrolle ist es bei einer solchen Sachlage
unverzichtbar ([X.]St aaO S. 344), dass die Tatsachen, die den Vermittlern und über die Vermittler den Kunden mitgeteilt wurden, ebenso in den Urteilsgründen herausgearbeitet werden wie der Internetauf-tritt der A. , auf den sich die Kunden zudem
bezogen.

3. Schließlich hält auch die Verurteilung in dem vom [X.] ge-sondert ausgeurteilten Einzelfall rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das [X.] hat den Angeklagten in einem von dem früheren Mitangeklagten U.
unmittelbar getätigten Abschluss als Mittäter angesehen. Auch hier [X.] aber tragfähige Feststellungen dazu, inwieweit der Angeklagte im [X.] auf diese konkrete Einzeltat eine gesteigerte Tatherrschaft hatte, die über die in den übrigen Fällen angenommene Organisationsmacht hinaus-ging.
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II.

Der Senat hebt die angefochtene Entscheidung insgesamt auf. [X.] der in sich nicht widerspruchsfreien und lückenhaften Feststellungen sieht er sich außerstande, diese
auch nur teilweise aufrechtzuerhalten. Dabei verkennt der Senat die tatgerichtlichen Schwierigkeiten bei der Sachaufklä-rung im vorliegenden Fall nicht. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Sollte es zu einem [X.] kommen, dann liegt die [X.] des Angeklagten wegen eines

freilich sämtliche Einzelakte umfassen-den

[X.] nahe. Die Frage des Vorliegens einer oder meh-rerer Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB ist nach dem Tatbeitrag des Angeklagten zu beurteilen ([X.], Beschlüsse vom 30. März 1994

1 [X.], [X.], 264; vom 1. September 1998

1 [X.], StV
2000, 196; vom 21. Mai 2008

5 [X.]). Dieser
kann aber
nur in den für die späteren Tätigkeiten der Mittäter einheitlich erteilten Vorgaben für die Vermittlung und in der Schaffung eines entsprechenden Anwerbesystems liegen. Die überflüssige und fehlerhafte Ausurteilung von tateinheitlichen Fäl-len

deren Anzahl hier im Übrigen nicht nachvollziehbar ist

sollte deshalb unterbleiben.

2. Die Annahme von gewerbsmäßigem Handeln im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB

deren knappe Begründung zudem in einem Spannungsverhältnis zur Nichtanordnung des Verfalls oder einer Feststel-lung
nach § 111i StPO steht

setzt voraus, dass sich der Täter selbst einen Vermögensvorteil verschaffen will, der für ihn eine fortlaufende und dauernde Einnahmequelle darstellt. Dieses [X.] kann deshalb nur dann erfüllt sein, wenn der Täter zumindest auf die ertrogenen Gelder zugreifen kann. Fließen diese Gelder an eine Kapitalgesellschaft,
ist nach der Rechtspre-chung des [X.] entscheidend ([X.], Beschlüsse
vom 5. Ju-ni
2008

1 [X.], [X.], 379; vom 19. Dezember 2007
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5 StR 543/07, [X.], 282), inwieweit der Täter sich das im Vermögen der Kapitalgesellschaft befindliche Geld verschaffen kann.

III.

Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 StPO Ge-brauch und verweist die Sache an eine Wirtschaftsstrafkammer des [X.]s Chemnitz zurück.

[X.] Schaal

Schneider König

11

Meta

5 StR 499/11

09.05.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2012, Az. 5 StR 499/11 (REWIS RS 2012, 6650)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6650

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