Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.06.2017, Az. V R 34/16

5. Senat | REWIS RS 2017, 9289

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Gegenstand

Verein zur Förderung der Open-Source-Software als Zweckbetrieb


Leitsatz

Kongressveranstaltungen eines Vereins zur Förderung der Open-Source-Software können Zweckbetriebe i.S. von § 68 Nr. 8 AO sein, wenn dabei Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher und belehrender Art durchgeführt werden .

Tenor

1. Auf die Revision des [X.] werden das Urteil des [X.] vom 7. April 2016  10 K 2601/13 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 10. Juli 2013, soweit sie die Körperschaftsteuer 2010 und den [X.] 2010 betreffen, aufgehoben.

Die Bescheide des Beklagten betreffend Körperschaftsteuer 2010 vom 19. Dezember 2012 über den [X.] 2010 vom 10. Januar 2013 werden geändert.

Die Körperschaftsteuer 2010 wird antragsgemäß auf 0 € und der [X.] 2010 auf 0 € festgesetzt.

2. Betreffend Umsatzsteuer 2010 werden das Urteil des [X.] vom 7. April 2016  10 K 2601/13 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 10. Juli 2013 sowie der Umsatzsteuerbescheid vom 21. Mai 2013 aufgehoben und die Sache an das [X.] zurückverwiesen.

3. Die Entscheidung über die Kosten des gesamten Verfahrens wird dem [X.] übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei den Veranstaltungen "[X.]" und "[X.]" um steuerbegünstigte Zweckbetriebe handelt.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ursprünglich "CMS e.V. - Verein zur Förderung ... CMS", verfolgt gemeinnützige Zwecke (Förderung der [X.] und Berufsbildung sowie der Studentenhilfe). Gemäß § 2 der Satzung vom Dezember 2004 besteht der Vereinszweck darin, die Nutzung freier Software im Sinne der "Open Source Definition", die Möglichkeit der freien Kommunikation und die Bereitstellung von Informationen in Datennetzen zu fördern. Dies betrifft sowohl die allgemeine wie auch die berufliche Bildung, indem der Verein die Kompetenz und Akzeptanz der Bevölkerung mit dem Medium [X.] und der Bereitstellung von Informationen erhöht und selbstlos für die Allgemeinheit entsprechende Dienste, Informationen und Software zur Verfügung stellt.

3

Der Vereinszweck wird lt. § 2 Nr. 2 der Satzung insbesondere verwirklicht durch:

-       

Den Betrieb einer Plattform zum Informationsaustausch,

-       

[X.]rstellen und Anbieten von Informationen und Diensten in Datennetzen,

-       

Förderung des freien kreativen Umgangs mit dem Medium [X.],

-       

Unterstützung von [X.] im Hinblick auf technische Innovationen sowie von Kunst und Kultur,

-       

Öffentlichkeitsarbeit, Arbeits- und [X.]rfahrungsaustausch,

-       

Durchführung von öffentlichen Veranstaltungen wie Messen, Vortragsreihen und Workshops,

-       

[X.]inführung und Fortbildung von Mitgliedern und interessierten Nichtmitgliedern, insbesondere Jugendlichen, in die Thematik,

-       

Förderung von Bildung, Wissenschaft und kulturellem Austausch durch Schaffung öffentlicher Zugänge zu internationalen Diskussionsforen und Datennetzen,

-       

Herstellung von Kontakten zu anderen Gruppen und Institutionen, die sich vergleichbaren Zwecken widmen,

-       

Anleitung zum kritischen Umgang mit neuen Medien,

-       

Hilfestellung und Beratung bei technischen Fragen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten für Mitglieder und Nichtmitglieder.

4

Im Mittelpunkt steht das "CMS" bzw. das Nachfolgesystem "[X.]". Dabei handelt es sich um eine sog. freie Software, für die der Quellcode frei verfügbar ist und die ohne [X.]inschränkungen benutzt werden darf. Sie darf ohne Zahlungsverpflichtungen kopiert, verändert und weitergegeben werden. "[X.]" dient in erster Linie der [X.]rstellung von Webseiten mit veränderlichen, d.h. dynamischen Inhalten, die von mehreren Personen ohne vertiefte Kenntnisse über die Webseitenerstellung editiert werden können.

5

Der Kläger veranstaltet in der Regel einmal jährlich einen sog. "[X.]" und einen Kongress "[X.]". Dabei handelt es sich um Veranstaltungen für die "[X.]-Community", zu der Anwender und Programmierer gehören. Die Konferenzen bestehen aus Vorträgen, Diskussionen sowie gemeinsamer Programmierung im Zusammenhang mit dem CMS "[X.]"; in der Lounge finden Ausstellungen statt. Um die Gebühren für die Teilnehmer der Veranstaltung möglichst niedrig zu halten, wurde ein [X.] aufgesetzt. Der "[X.]" ist national auf die [X.] beschränkt, während die Veranstaltung "[X.]" international ausgerichtet ist.

6

In [X.] werden die "[X.]s" bzw. "[X.]" ausschließlich vom Kläger veranstaltet. [X.]ntsprechend den Vorgaben des internationalen Dachverbandes "[X.]" dürfen die Konferenzen "[X.]s" bzw. "[X.]" nur von Organisationen veranstaltet werden, die keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen. Darüber hinaus dürfen nur solche Sponsoren berücksichtigt werden, die positiv gegenüber dem Open Source Gedanken eingestellt sind. Die Organisatoren und die Vortragenden dürfen für ihre Tätigkeit keine besondere Vergütung erhalten.

7

Nach der [X.]innahmen-/Überschussrechnung für das [X.] (Streitjahr) betrugen die [X.]innahmen aus "[X.]"-Veranstaltungen insgesamt 51.906,46 € (… € aus Ticketverkauf und Sponsoring, weitere als nicht steuerbar deklarierte [X.]innahmen von ... € aus Umsätzen an ..., sowie ... € mit der Bezeichnung "...").

8

[X.] führte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) beim Kläger eine Außenprüfung durch, die zu der Auffassung gelangte, dass der Kläger mit den "[X.]"-Veranstaltungen und dem dazugehörigen Sponsoring einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gemäß § 14 der Abgabenordnung ([X.]) begründet habe und als Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstalter zu behandeln sei.

9

Auf dieser Grundlage erließ das [X.] am 19. Dezember 2012 Bescheide über Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer für 2010 sowie am 10. Januar 2013 den Bescheid über den [X.] für 2010.

Mit den [X.]insprüchen machte der Kläger geltend, dass es sich bei den "[X.]"-Veranstaltungen um Zweckbetriebe handele; hinsichtlich der Umsatzsteuer sei deshalb der ermäßigte Steuersatz von 7 % gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) anzuwenden. Während des [X.]inspruchsverfahrens erging am 21. Mai 2013 ein geänderter [X.] für 2010. Die [X.]insprüche blieben ohne [X.]rfolg.

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage ab. [X.]s führte im Wesentlichen aus, dass die Gewährung der begehrten Steuervergünstigungen nicht in Betracht käme, weil es sich bei den "[X.]"-Veranstaltungen des [X.] um wirtschaftliche Geschäftsbetriebe handele, die keine Zweckbetriebe i.S. von § 65 [X.] seien. Das Urteil des [X.] ist in [X.]ntscheidungen der Finanzgerichte ([X.][X.]) 2016, 1236 veröffentlicht.

Zur Begründung der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Nach § 68 Nr. 8 [X.] sei ein Zweckbetrieb gegeben. Die "[X.]"–Veranstaltungen seien insofern von belehrender Art, als sie der [X.] und Fortbildung in der Anwendung des [X.]-Computerprogramms dienten. Dies gelte zunächst für die auf den Veranstaltungen gehaltenen Vorträge, da hierdurch Kenntnisse und Fertigkeiten in Bezug auf das Computerprogramm selbst, aber auch im Hinblick auf die hiermit in Zusammenhang stehenden [X.] und Lebensbereiche vermittelt, vertieft und erweitert würden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das [X.]-Urteil und die [X.]inspruchsentscheidung vom 10. Juli 2013 aufzuheben und den Körperschaftsteuerbescheid für 2010 sowie den Gewerbesteuermessbescheid für 2010 dahingehend zu ändern, dass die [X.]inkünfte des [X.] aus Gewerbebetrieb jeweils mit 0 € angesetzt werden, so dass die Körperschaftsteuer und der [X.] jeweils auf 0 € festgesetzt werden und den [X.] für 2010 dahingehend zu ändern, dass als Bemessungsgrundlage Lieferungen und sonstige Leistungen in Höhe von ... € zum Regelsteuersatz und von ... € zum ermäßigten Steuersatz angesetzt werden,
hilfsweise, das [X.]-Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und [X.]ntscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das [X.] hält das Urteil der Vorinstanz für zutreffend. [X.]ntgegen der Auffassung des [X.] sei auch kein Zweckbetrieb i.S. von § 68 Nr. 8 [X.] gegeben.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des [X.] und zur Klagestattgabe, soweit dies die Körperschaftsteuerfestsetzung und die Festsetzung des [X.] für das Streitjahr betrifft (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Hinsichtlich der Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr wird das [X.] aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O).

Das [X.] hat zu Unrecht entschieden, dass es sich bei den vom Kläger durchgeführten Veranstaltungen "[X.]" und "[X.]" um keine Zweckbetriebe handelt, weil insoweit die Voraussetzungen von § 68 Nr. 8 [X.] vorliegen, so dass die begehrte [X.] und Gewerbesteuerbefreiung zu gewähren ist. Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des [X.] erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG erfüllt sind.

1. Entgegen der Auffassung des [X.] liegen hinsichtlich der Veranstaltungen "[X.]" und "[X.]" die Voraussetzungen für die Gewährung der begehrten Körperschaftsteuer– und Gewerbesteuerbefreiung vor.

a) Der Kläger ist als gemeinnützig anerkannter eingetragener Verein gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ([X.]) grundsätzlich von der Körperschaftsteuer befreit und gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 [X.] nur mit seinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben steuerpflichtig, soweit es sich nicht um [X.] der §§ 65 bis 68 [X.] handelt (§ 64 Abs. 1 [X.]). § 3 Nr. 6 des [X.] ([X.]) enthält eine entsprechende Regelung für die Befreiung von Gewerbesteuer.

b) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des [X.], die den [X.] binden (§ 118 Abs. 2 [X.]O), sind die vom Kläger durchgeführten Konferenzen "[X.]" sowie "[X.]" wirtschaftliche Geschäftsbetriebe i.S. von § 14 [X.], was im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

c) Das [X.] hat zu Unrecht für die mit den streitbefangenen Konferenzen zusammenhängenden Einnahmen des [X.] die besonderen Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 8 [X.] nicht beachtet und deshalb unzutreffend die Annahme von Zweckbetrieben verneint.

aa) Nach dieser Vorschrift, die im Verhältnis zu der allgemeinen Regelung in § 65 [X.] als spezielle Norm vorrangig ist (vgl. z.B. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 24. September 2014 V R 11/14, [X.], 388, Zeitschrift für das gesamte Mehrwertsteuerrecht 2015, 418, Rz 37, m.w.N.), sind Volkshochschulen und andere Einrichtungen auch Zweckbetriebe, soweit sie selbst Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durchführen; dies gilt auch, soweit die Einrichtungen den Teilnehmern dieser Veranstaltungen selbst Beherbergung und Beköstigung gewähren.

Ausweislich der Gesetzesbegründung hat die Bestimmung im Verhältnis zu § 65 [X.] lediglich klarstellenden Charakter, soweit es um die Rechtsfrage geht, ob von einer entsprechenden Einrichtung Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durchgeführt werden (BTDrucks 8/2827, S. 79).

bb) Im Streitfall liegen die Voraussetzungen von § 68 Nr. 8 [X.] vor.

Bei dem Kläger handelt es sich zwar nicht um eine Volkshochschule oder um eine allgemein anerkannte Einrichtung der Erwachsenenbildung (vgl. z.B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 68 [X.] Rz 36, m.w.N., und [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 68 Rz 15, m.w.N.), wohl aber um eine andere steuerbegünstigte Einrichtung i.S. von § 68 Nr. 8 [X.] (vgl. dazu z.B. [X.] in [X.]/[X.], [X.]/[X.]O, § 68 [X.] Rz 11). Die [X.] des [X.] umfassen nach § 52 Abs. 2 Nr. 7 [X.] die Förderung der Erziehung, [X.] und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe.

Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des [X.], die nach § 118 Abs. 2 [X.]O den [X.] binden, steht im Übrigen fest, dass der Kläger mit seinen Kongressen Veranstaltungen belehrender Art i.S. von § 68 Nr. 8 [X.] durchgeführt hat, an die im Übrigen keine besonderen inhaltlichen Anforderungen zu stellen sind (vgl. z.B. [X.] in [X.], [X.] § 68 Rz 27, m.w.N.). Somit genügt es, dass bei den streitbefangenen Veranstaltungen überwiegend Vorträge gehalten werden, die naturgemäß belehrenden Charakter haben. Die Durchführung der Kongresse steht auch im Einklang mit den in § 2 der Satzung des [X.] ausdrücklich genannten Maßnahmen zur Verwirklichung der [X.], wonach u.a. die "Fortbildung von Mitgliedern und interessierten Nichtmitgliedern" im Mittelpunkt steht.

Entgegen der Auffassung des [X.] ergibt sich Gegenteiliges nicht aus der --einschränkenden-- Rechtsprechung des [X.] zum originären Steuerbefreiungstatbestand in § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG, dem die Regelung in § 68 Nr. 8 [X.] nachgebildet ist. Zwar hat der [X.] entschieden, dass bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG nicht alle Kurse zur Erlernung von Fähigkeiten oder Fertigkeiten "wissenschaftlicher oder belehrender Art" in den Anwendungsbereich dieses Steuerbefreiungstatbestandes fallen, sondern nur solche Kurse, die als Erziehung von Kindern und Jugendlichen, als [X.] oder Hochschulunterricht, als Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung zu qualifizieren sind ([X.]-Urteil vom 27. April 2006 V R 53/04, [X.]E 213, 256, [X.], 16, Rz 24, m.w.N.). Unabhängig davon, ob der Kläger mit den streitbefangenen Veranstaltungen möglicherweise auch diese Voraussetzungen erfüllt, sind diese einschränkenden Rechtsgrundsätze nicht auf § 68 Nr. 8 [X.] zu übertragen, weil beide Bestimmungen nicht deckungsgleich und deshalb jeweils für sich zu betrachten sind (vgl. z.B. [X.], a.a.[X.], § 68 Rz 35, m.w.N., und [X.]/[X.], a.a.[X.], § 68 Rz 15 unter Bezugnahme auf [X.]-Urteil vom 8. März 2012 V R 14/11, [X.]E 237, 279, [X.], 630).

d) Das [X.] ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung ist aufzuheben. Die Sache ist insoweit spruchreif. Der Klage ist im Hinblick auf die begehrte Körperschaftsteuer– und Gewerbesteuerbefreiung in vollem Umfang stattzugeben.

2. Entgegen der Auffassung des [X.] können bezüglich der streitbefangenen Veranstaltungen auch die Voraussetzungen der begehrten Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG erfüllt sein. Der [X.] kann insoweit nicht durcherkennen, weil die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen des [X.] nicht ausreichen, um das Vorliegen aller gesetzlich festgelegten Bedingungen zu bejahen.

a) Nach dieser Bestimmung ist auf die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 [X.]), der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt die Steuerermäßigung nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 [X.] bezeichneten Zweckbetrieb ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht.

b) Im Streitfall ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen unter [X.], dass der Kläger mit seinen Veranstaltungen die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs i.S. von § 68 Nr. 8 [X.] erfüllt.

c) Ausgehend von den bisherigen Feststellungen des [X.] lässt sich aber nicht abschließend beurteilen, ob der Zweckbetrieb möglicherweise in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, was der begehrten Steuersatzermäßigung im Streitfall entgegenstehen könnte.

Entscheidend ist insoweit, ob der Kläger mit den Leistungen seines Zweckbetriebs in Wettbewerb zu anderen Unternehmern tritt, die vergleichbare Leistungen ohne Anspruch auf Ermäßigung am Markt anbieten. Welcher Art die Vorleistungen sind, die der Zweckbetrieb zur Erbringung seiner eigenen Leistung beansprucht, ist insoweit nicht von Bedeutung ([X.]-Urteil in [X.]E 237, 279, [X.], 630, Rz 31). Für diese weite Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG spricht dabei, dass der ermäßigte Steuersatz nur insoweit anzuwenden ist, als er zu keiner oder einer nur geringen Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung führt (Urteil des Gerichtshofs der [X.][X.] vom 3. März 2011 [X.]/09, [X.]:[X.], Rz 52).

Das [X.] hat die Frage des Vorliegens von Wettbewerbsverzerrungen --ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu [X.] ausdrücklich offen gelassen und keine weiteren tatsächlichen Feststellungen getroffen. Es wird bei seiner erneuten Entscheidung auch berücksichtigen müssen, dass die Regelung in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG entsprechend den unionsrechtlichen Vorgaben eng auszulegen ist ([X.]-Urteil vom 24. September 2014 V R 11/14, [X.], 528, Rz 44 ff.).

d) Das [X.] ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung ist aufzuheben. Das [X.] wird im zweiten Rechtsgang Gelegenheit haben, die fehlenden tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nachzuholen.

Sollte sich dabei ergeben, dass der Kläger ggf. selbst [X.] und Übernachtungsleistungen erbracht hat, wäre ggf. außerdem das Vorliegen der Steuersatzermäßigung i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG zu prüfen.

3. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V R 34/16

21.06.2017

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 7. April 2016, Az: 10 K 2601/13, Urteil

§ 14 AO, § 65 AO, § 68 Nr 8 AO, § 3 Nr 7 GewStG 2002, § 5 Abs 1 Nr 9 KStG 2002, § 4 Nr 22 Buchst a UStG 2005, § 12 Abs 2 Nr 8 Buchst a UStG 2005, KStG VZ 2010, UStG VZ 2010, GewStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.06.2017, Az. V R 34/16 (REWIS RS 2017, 9289)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9289

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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