Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2002, Az. III ZR 237/01

III. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 3805

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[X.] DES VOLKESVERSÄUMNISURTEIL[X.]/01Verkündet am:4. April 2002F r e i t a gJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:ja BGB §§ 276 [X.], 675 Abs. 1Zur Haftung eines Vermögensverwalters wegen unzureichender Aufklärungbeim Erwerb von besonders risikobehafteten ("Marktenge") Aktien, die überdas [X.] [X.]-Computersystem gehandelt werden.[X.], Versäumnisurteil vom 4. April 2002 - [X.]/01 -OLG [X.] LG [X.]- 2 -Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mliche [X.] durch [X.] [X.] und die [X.]. [X.], [X.], [X.] und [X.] erkannt:Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] [X.]s Dsseldorf vom 11. Januar 2001 aufge-hoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,aucr die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das [X.] zurckverwiesen.Das Urteil ist vorlfig vollstreckbar.Von Rechts [X.] [X.] schloß am 30. Mai 1994 mit der beklagten [X.] einen Depotverwaltungsvertrag ab, der insbesondere [X.] und Verkauf von in- und auslischen Wertpapieren durch die [X.] Namen und [X.] Rechnung der [X.] zum Gegenstand [X.] 3 -In der [X.] vom 13. Juni 1994 bis 15. November 1995 zahlte die [X.]insgesamt 53.176,69 US-Dollar an die Beklagte, die diese Summe in mehrerenTranchen und in unterschiedlichen Wertpapieren anlegte. Der [X.] wurde dabei zum Ankauf von Aktien der Firma [X.] verwendet, dirdas [X.] [X.]-Computersystem gehandelt werden.Beim Verkauf der erworbenen Wertpapiere erhielt die [X.] im No-vember 1995 21.743,80 US-Dollar zurck. Sie verlangt den Verlustbetrag von31.432,89 US-Dollar nebst Zinsen ersetzt. Sie macht geltend, die Beklagte ha-be sie insbesondere im Zusammenhang mit dem Ankauf der [X.]-Aktien nichtausreicr die Risiken des [X.].Landgericht und [X.] haben die Klage abgewiesen. [X.] Revision verfolgt die [X.] ihr Zahlungsbegehren weiter.[X.] die Revision ist gemß §§ 557 a.F., 331 ZPO durch [X.], jedoch aufgrund sachlicher Prfung zu entscheiden (vgl. [X.]Z 37, 79,81 ff). Sie [X.] zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das [X.] 4 -I.Die Klage ist nicht dadurch unzulssig geworden, [X.] die [X.] Laufe des Berufungsverfahrens wegen Vermslosigkeit nach § 141 aAbs. 1 [X.] gelscht worden ist. Dischung hat keine [X.] in dem Sinne, [X.] dadurch die [X.] ohne weiteres ihre [X.] verliert (§ 50 Abs. 1 ZPO). Stellt sich nach der schung heraus,[X.] die [X.] doch noch Vermt, so findet eine Liquidation statt(§ 66 Abs. 5 Satz 1 GmbHG; vgl. auch [X.]Z 48, 303, 307). Dies ist hier derFall, da noch vor [X.] des Berufungsverfahrens ein Liquidator bestelltworden ist (§ 66 Abs. 5 Satz 2 GmbHG).II.Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage - nach [X.] Gutachtens eines [X.] [X.] Warentermin-, Termin-, [X.] Wertpapierhandel - im wesentlichen wie folgt [X.]:Den Aus[X.]ungen des [X.] sei insgesamt zu entnehmen,[X.] das [X.] als ordentlicher Markt zu bewerten sei, so [X.] eineweitergehende Aufklrung nach den [X.] der Rechtsprechung zu [X.] und [X.] bei [X.] nicht geboten gewesen sei. Der Um-stand, [X.] es an der [X.] wegen des weiten Auseinanderliegens von [X.] und [X.] im Einzelfall eher zu einer zeitweiligen Einschrn-kung der Handelbarkeit bestimmter Wertpapiere kommen kls bei her-kmmlichen [X.], stelle [X.] einen regelmûig ausschlieûlich am [X.] 5 -wachs interessierten Kapitalanleger keinen so ausschlaggebenden Gesichts-punkt dar, [X.] eine besondere Belehrung erforderlich sei.Eine Pflichtverletzung der [X.] ergebe sich des weiteren nicht [X.], [X.] die [X.] nicht r die Existenz des sogenannten Spread ([X.] zwischen Kauf- und [X.] einer Aktie) aufgeklrt worden sei undihr r keiren Angaben zum Besitz und zum [X.] [X.]-Aktie gemacht worden seien. Das Vorhandensein unterschiedlicher Kur-se [X.] An- und Verkauf oder einer (vermeintlichen) Marktenge stellten nur [X.] allgemein verbundene Risiken dar, aus denen sich [X.] einer besonderen Belehrung nicht ableiten lasse.Entgegen der Auffassung des [X.] [X.]auch kein Vorwurf daraus gemacht werden, [X.] sie die [X.] nicht auf [X.] einer [X.] hingewiesen und davon auch keinen Ge-brauch gemacht habe. [X.] Anhaltspunkte [X.], [X.] eine dahinge-hende Order vorliegend notwendig gewesen sei, licht vor.Diese Aus[X.]ungen halten der rechtlichen Nachprfung nicht stand.[X.] hat den zwischen den Parteien zustande gekom-menen Depotverwaltungsvertrag als Vermsverwaltungsvertrag qualifiziert,also als Gescftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter (§ 675Abs. 1 BGB). Diese von der Revision [X.] zutreffend erachtete Einstufung lûtkeinen Rechtsfehler [X.] 6 -Ist - wie hier - die Vermsverwaltung auf den An- und Verkauf [X.] ausgerichtet, so ist der Vermsverwalter bei [X.] jedenfalls vor Vollzug einer Anlageentscheidung dazu verpflichtet, [X.] ein zutreffendes Bild von den Chancen und Risiken der aus-zu[X.]enden [X.] zu vermitteln. Inhalt und Umfang der Informations- [X.] von den Umsts Einzelfalls ab. Dabei [X.] einerseits der Wissensstand des [X.] der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft, wobei das [X.] vorgegebene Anlageziel zu bercksichtigen ist, und andererseits dieallgemeinen Risiken, wie etwa Konjunkturlage und Entwicklung des Kapital-markts, und die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Gegebenhei-ten des Anlageobjekts ergeben (vgl. [X.]Z 123, 126, 128 f; [X.], Urteil vom9. Mai 2000 - [X.] - NJW-RR 2000, 1497, 1498 zu den [X.] einer Bank r einem Anlageinteressenten).Bei der [X.] handelt es sich nach eigenem Bekunden um eine"Durchschnittsanlegerin". Das Berufungsgericht hat, von der Revision [X.], dem Sachvortrag der [X.] nicht die Behauptung entnehmen [X.], sie sei r das mit dem Erwerb von Aktien allgemein vorhandene Risiko(insbesondere Kursrisiko) rhaupt nicht informiert worden.Aufgrund dessen ist bei der revisionsgerichtlichen Nachprfung zu un-terstellen, [X.] - zum einen - die [X.] keine Kenntnisse und Erfahrun-gen hinsichtlich des [X.]n Aktienmarkts, insbesondere des NAS-DAQ-Computersystems, [X.] hat, und - zum anderen -, [X.] ihr insoweit [X.] besonderen Hinweise oder Informationen gegeben [X.] 7 -Ausgehend hiervon hat das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung [X.] im Zusammenhang mit dem Ankauf von Aktien der Firma [X.] rechts-fehlerhaft verneint.1.In den Tatsacheninstanzen hat sich die [X.] vor allem auf [X.] des [X.] berufen, wonach derjenige, [X.] in am [X.]n OTC ([X.] (Billigaktien) vermittelt, gesteigerten Aufklrungspflichten unter-liegt. Dem liegt die [X.], [X.] [X.] den [X.] mit [X.] eine Marktenge typisch ist, die [X.] durch Broker [X.] stigt, und [X.] demzufolge [X.] den Anleger ein unkontrol-lierbares zustzliches Risiko besteht, welches in keinem Zusammenhang mitder Ungewiûheit r den wirtschaftlichen Erfolg der emittierenden [X.] steht. Deshalb ist r die besonderen Gefahren der Spekulation [X.] umfassend aufzuklren, was angesichts der schwierigen wirt-schaftlichen Zusammschriftlich zu geschehen hat ([X.], [X.] vom 22. Januar 1991 und Urteil vom 5. Mrz 1991 - [X.] - NJW1991, 1108 f; 1947 f).Diese Rechtsprechung ist, wie das Berufungsgericht zu Recht ange-nommen hat, hier nicht einschlig.Nach den Aus[X.]ungen des [X.], denen das Berufungs-gericht insoweit gefolgt ist, ist der [X.] Stock Market aufgrund der [X.], der Überwachung und der Vielzahl professioneller Market Maker(Broker/[X.]) nicht mit dem den Entscheidungen aus dem Jahre- 8 -1991 zugrundeliegenden (sonstigen) OTC-Markt vergleichbar. [X.] im allgemeinen von [X.] nur gesprochen werden, wenn [X.] der Aktie weniger als 5 US-Dollar betrt (vgl. [X.], [X.] 1995,2253, 2254 f). Im hier in Rede stehenden [X.]raum lag [X.] der [X.]-Aktie,ungeachtet aller Schwankungen, deutlicr diesem [X.] Umstand, [X.] die [X.] die [X.] erworbenen [X.]-Aktien nicht als[X.] im Sinne der Rechtsprechung des [X.] angese-hen werden k, rechtfertigt indes nicht den vom Berufungsgericht - ver-fahrensfehlerhaft - gezogenen [X.], [X.] insoweit rhaupt keinebesonderen [X.] und Beratungspflichten bestanden haben.a) Zwar hat der Sachverstige, dem das Berufungsgericht [X.] ist, angegeben, [X.] aufgrund der reguliertrwachten Handel-sttigkeit, der elektronischen Verffentlichung [X.]e usw. die Kursbildungam [X.] Stock Market lich verlaufe wie die Kursbildung an einer Pr-senzrse. Gleichwohl bestehen nach Darstellung des [X.] beim[X.] Stock Market Besonderheiten; so sei es durchaus mlich, [X.] ander [X.]-Computerrse kein Handel in einer bestimmten Aktie stattfinde,weil Angebot und Nach[X.]age (Differenz = Spread zwischen Ankaufspreis/Ask-Kurs und [X.]/Bid-Kurs) zu weit auseinander stehen. Dieser Spread-Risikofaktor sei insbesondere dann von Bedeutung, wenn es sich - wie bei der[X.]-Aktie - um einen Wert mit relativ geringem Handelsvolumen handele; [X.] ergebe sich eine nicht zu untersctzende Marktenge, die schon bei [X.] geringen Umstzen zu stark schwankenden Kursen [X.]e. Damit sei eineManipulation [X.]e schon mit relativ geringen Mengen an Aktien mlich.Dabei sei bei dem am 13. Juni 1994 vollzogenen Ankauf von 1.900 [X.]-Aktien- 9 -auffllig, [X.] der der [X.] in Rechnung gestellte Kaufpreis um mehr als11 % r dem Schluûkurs dieses und des vorangegangenen Handelstagesgelegen habe.Mit diesen Aus[X.]ungen des [X.] hat sich das Berufungs-gericht, wie die Revision zu Recht rt, nicht hinreichend auseinandergesetzt.[X.] hinaus hat das Berufungsgericht die vom [X.] sowohlmit den Eigenheiten der [X.]-Aktien als auch mit den Eigenheiten des Marktplat-zes [X.] in Zusammenhang gebrachten Risiken im wesentlichen als sol-che angesehen, mit denen der Anleger auch im "normalen" Parketthandel kon-[X.]ontiert werde bzw. die zu den allgemeinen Risikofaktoren dieser Kapitalanla-geform rten, ohne [X.] ersichtlich ist, woher das Berufungsgericht [X.] [X.] diese von der Bewertung des [X.] abweichendeBeurteilung des Sachverhalts nimmt.b) Die in diesem Zusammenhang vom Berufungsgericht angestellte [X.], Beschrkungen der Disponibilitt einer Aktie stelle [X.] einen regel-mûig ausschlieûlich am Wertzuwachs interessierten Kapitalanleger keinen [X.]seine Entscheidung so ausschlaggebenden Gesichtspunkt dar, [X.] hieran eineBelehrungspflicht angekft werden k, ist, wie die Revision zutreffendgeltend macht, ebenfalls nicht tragfig.Weder aus dem Sachvortrag der Parteien noch aus dem Wortlaut desDepotverwaltungsvertrags lût sich entnehmen, [X.] es der [X.] bei ihrerKapitalanlage vorrangig auf einen lang[X.]istig zu erzielenden Wertzuwachs an-kam. Daher geht es nicht an, den Liquidittsaspekt bei der Festlegung der voneinem Vermsverwalter r einem durchschnittlichen Kapitalanleger- 10 -geschuldeten Aufklrung und Beratung zu vernachlssigen (s. zu diesemAspekt Schade, in: [X.], Prospekthaftung und Anlageberatung, 2000, § 7Rn. 128 ff; vgl. [X.], Urteil vom 22. Januar 1991 aaO S. 1109).c) Insgesamt kann daher die Verneinung einer Pflichtverletzung keinenBestand haben. Dabei braucht der Senat nicht allgemein dazu Stellung zunehmen, rhaupt und mit welcher Intensitt einem Vermsverwalteroder Anlageberater schon deshalb besondere [X.] und [X.] obliegen, weil der Erwerb von Aktien in Rede steht, die im [X.]-Computersystem gehandelt werden (s. dazu [X.] aaO S. 2253 f). [X.] die Beklagte vor dem Hintergrund der vom Berufungsgericht nicht ver-fahrensfehler[X.]ei widerlegten Aus[X.]ungen des gerichtlichen Sachversti-gen der [X.] nicht ohne zustzliche Aufklrung und Beratung anraten, das[X.] Aktienkfe zur Verfstellte Geld so umfangreich wie geschehen(ca. 60 % des eingesetzten Kapitals) in - nach Einsctzung des Sachverstn-digen im Anlagezeitraum als "mit besonderen Risiken belastet" einzustufen-den - [X.]-Aktien anzulegen.d) Hinzu kommt, [X.] nach Behauptung der [X.] die Beklagte nichtnur jede spezifische Risikoaufklrung und -beratung im Zusammenhang mitdem Erwerb von [X.]-Aktien unterlassen hat, sondern darr hinaus die Kle-rin mit auf angebliche Insiderinformationen und Marktanalysen gesttzten [X.] zum Ankauf von [X.]-Aktien geradezu "rredet" hat. ZurSttzung dieses mit [X.] versehenen Vorbringens hat sie darrhinaus von der [X.] vertriebene [X.]briefe vorgelegt, in denen "[X.] in die ([X.]-)Aktie massiv" empfohlen wurde. Auch mit diesem [X.] 11 -trag, der, wie die Revision zu Recht rt, Substanz aufweist, hat [X.] Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht auseinandergesetzt.3.Wie ausge[X.], hat sich der Sachverstige eingehend mit der Situati-on der [X.]-Aktie im Jahr 1994 befaût. Daher kann keine Rede davon sein, [X.]- wie das Berufungsgericht gemeint hat und von der Revision als aktenwidrigbeanstandet wird - das Urteil des [X.], das Setzen einer [X.] sei geboten gewesen (= [X.] bzw. Gewinn-Siche-rungs-Stopp), auf allgemeinen Vorstellungen (Standardrepertoire eines jedenAnlageberaters) und nicht auf einer Bewertung des konkreten Sachverhaltsberuht hat.[X.] Abweisung der Klage kann keinen Bestand haben. Das [X.] ist aufzuheben.Zu einer eigenen Sachentscheidung ist der Senat nicht in der Lage. [X.] den Parteien ist streitig, ob die [X.] die mit dem Erwerb der [X.]-Aktien verbundenen Risiken aufgeklrt worden ist. Dies bedarf der [X.] den Tatrichter. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurckzu-verweisen.[X.][X.][X.][X.]Drr

Meta

III ZR 237/01

04.04.2002

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2002, Az. III ZR 237/01 (REWIS RS 2002, 3805)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 3805

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