Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2010, Az. IX ZB 121/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 6476

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[X.]BESCHLUSS [X.] ZB 121/07 vom 20. Mai 2010 in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], Raebel, die Richterin [X.], [X.] Pape und [X.] am 20. Mai 2010 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners werden der Be-schluss des 5. Zivilsenats des [X.] vom 4. Mai 2007 und der Beschluss des Vorsitzenden der 17. Zivil-kammer des [X.] vom 20. Februar 2007 aufge-hoben. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des [X.]eils des [X.] ([X.]) vom 22. Januar 2004 wird abgelehnt. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens aller Instan-zen. Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 3.000 • festgesetzt. Gründe: Das Bezirksgerichts [X.]/[X.] verpflichtete den Antragsgegner durch [X.]eil vom 22. Januar 2004 ([X.]), an der mit den Antragstellern gemeinsamen Grundstücksgrenze stehende Bäume zu entfernen, legte ihm die 1 - 3 - Kosten des Verfahrens auf und verurteilte ihn zur Zahlung einer außeramtlichen Entschädigung und einer "Motivierung". Eine gegen dieses [X.]eil fristgerecht eingelegte Berufung des Antragsgegners schrieb das Kantonsgericht [X.]/[X.] mit Bescheid vom 7. April 2004 ([X.]) ab, weil der Antragsgegner einen von ihm mit einem am 8. März 2004 zugestellten Schreiben geforderten Kostenvorschuss für das Berufungsverfahren innerhalb einer Frist bis zum 10. März 2004 nicht eingezahlt hatte. Zuvor hatte es einen Fristverlängerungsantrag des Antragstellers bis zum 26. März 2004 abgelehnt. Dieser hatte den Vorschuss daraufhin bis zum Erlass des [X.] auch nicht eingezahlt. Mit Beschluss vom 20. Februar 2007 hat der Vorsitzende einer Zivil-kammer des [X.] die Entscheidung des Bezirksgerichts [X.]/ [X.] hinsichtlich der dort festgelegten Zahlungsbeträge für vollstreckbar erklärt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg gehabt. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Antragsgegner weiterhin die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung. 2 II. Das gemäß § 15 Abs. 1 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsmittel ist zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und begründet. 3 1. Auf das vorliegende Verfahren findet das Übereinkommen von [X.] Anwendung, da die [X.] nicht Mitgliedsstaat der Europäischen Gemein-schaften ist (Art. 54b Abs. 2 Buchst. [X.]). 4 - 4 - 2. Der von dem Antragsgegner gerügte Verstoß gegen den [X.], der gemäß Art. 27 Abs. 1 Nr. 1 [X.] die [X.] hindern könnte, greift durch. Für den Verstoß eines ausländischen [X.]eils gegen den ordre public ist maßgebend, dass das [X.] der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der [X.] Regelungen und der in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellun-gen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheint (sogen. ordre public international - [X.]Z 50, 370, 375 f; 75, 32, 43; 118, 312, 330; [X.], [X.]. v. 21. Januar 1991 - [X.], NJW 1991, 1418, 1420; Kropholler, Europäisches Zivilrecht, 8. Aufl. Art. 34 EuGVÜ Rn. 13 ff). Die Beachtung der Grundrechte gehört zum Inhalt der [X.] öffentlichen Ordnung ([X.]Z 144, 390, 392 f). Diese ist verletzt, wenn eine Ent-scheidung unter Verstoß gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren zustande gekommen ist. 5 a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] darf der Zugang zum Gericht sowie zu den in den [X.] eingeräum-ten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtferti-gender Weise erschwert werden (vgl. [X.] 40, 88, 91; 41, 23, 26; 67, 208, 212 f; 69, 381, 385; 85, 337, 347; 88, 118, 123 ff). Art. 103 Abs. 1 GG verpflich-tet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu [X.] und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die von den Fachgerichten zu tref-fende Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben ([X.] NJW-RR 2004, 1150, 1151). 6 - 5 - b) Eine derartige Erschwerung, die im Prozessrecht keine Stütze hat, liegt vor, wenn Ausschlussfristen für die Einzahlung von [X.] derart knapp bemessen werden, dass es unmöglich ist, sie einzuhalten, und innerhalb der laufenden Frist beantragte Fristverlängerungen nicht gewährt werden. Dies ist hier der Fall. Das [X.] Berufungsgericht hat die Frist für die [X.] für die Berufungsinstanz so knapp angesetzt, dass der Antragsgegner in verfassungsrechtlich erheblicher Weise an der Wahrnehmung seiner Rechte gehindert war. Eine nicht verlängerbare [X.] von zwei Tagen, innerhalb derer der Vorschuss für die [X.] eines Berufungsverfahrens im Überweisungswege über eine Post- oder Bankverbindung in der [X.] eingezahlt werden muss, andernfalls das Ver-fahren "abgeschrieben" wird, ist mit dem [X.] Zivilprozessrecht [X.] unvereinbar. Es steht deshalb der Vollstreckbarerklärung einer ausländi-scher Entscheidungen entgegen, wenn es gegen diese Entscheidung im [X.] zwar eine weitere Instanz gibt, der Zugang zu dieser Rechtsmittelinstanz aber durch eine unzumutbar knapp bemessenen Frist für die Einzahlung des Vorschusses so erschwert wird, dass von einer Verletzung tragender rechts-staatlicher Grundsätze ausgegangen werden muss. Auch wenn gegen den Be-scheid des Bezirksgerichts [X.] für sich gesehen keine durchgreifenden Einwendungen bestehen, die die Nichtanerkennung der Entscheidung [X.] könnten, kann das [X.]eil wegen des unfairen Rechtsmittelverfahrens ge-gen diese Entscheidung nicht für vollstreckbar erklärt werden. 7 - 6 - [X.] Die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen erfolgt nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte [X.]. Nach letzterem ist die Sache zur Endentscheidung reif. Das [X.] hat deshalb in der Sache selbst zu entscheiden, § 17 Abs. 2 [X.], § 577 Abs. 5 ZPO. 8 [X.] [X.] Pape [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.]/07 - [X.], Entscheidung vom 04.05.2007 - 5 W 18/07 -

Meta

IX ZB 121/07

20.05.2010

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2010, Az. IX ZB 121/07 (REWIS RS 2010, 6476)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6476

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IX ZB 121/07

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