Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2009, Az. V ZR 30/08

V. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4248

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 27. März 2009 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja [X.] §§ 280, 281, 311 Abs. 2 Nr. 1, 434 Abs. 1, 437 Nr. 3 a) Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses gebräuchlich waren, später aber als gesundheitsschädlich erkannt worden sind, können einen Mangel der [X.] begründen, der ungefragt zu offenbaren ist; Fragen des [X.] müssen vollständig und richtig beantwortet werden. b) Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragschluss sind im Sachbereich der §§ 434 ff. [X.] nach Gefahrübergang grundsätzlich ausgeschlossen; das gilt jedoch zumindest dann nicht, wenn der Verkäufer den Käufer über die Beschaffenheit der Sache arglistig getäuscht hat. [X.], [X.]eil vom 27. März 2009 - [X.]/08 - [X.]
- 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Kläger wird das [X.]eil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 7. Februar 2008 aufgeho-ben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 2006 kauften die Kläger von den [X.]n für 85.000 • ein Hausgrundstück unter Ausschluss der —Gewähr für Fehler und [X.] Das Wohngebäude war im Jahr 1980 in Fertigbauweise errichtet worden. Den [X.]n war vor dem Vertragsschluss bekannt, dass in der Fassade [X.] verarbeitet wurden. Sie teilten dies den [X.] jedoch nicht mit, obwohl zuvor ein Kaufinteressent wegen der [X.] von seinen Kaufabsichten abgerückt war. Nach der Übergabe forder-ten die Kläger die [X.]n erfolglos auf, die Fassade im Wege der Nacherfül-lung zu sanieren. 1 - 3 -Die Kläger verlangen nunmehr Schadensersatz in Höhe von 38.455,34 • sowie die Feststellung, dass die [X.]n zum Ersatz weiterer Sanierungskos-ten verpflichtet sind. In dem (einzigen) Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem [X.] haben sie erstmals behauptet und unter Beweis gestellt, der [X.] zu 1 habe vor Vertragsschluss auf Nachfrage des [X.] zu 1 wahr-heitswidrig behauptet, er wisse nicht, aus welchem Material die Fassade sei. Dieses Vorbringen haben die [X.]n bestritten. 2 Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter. Die [X.]n beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels. 3 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht meint, die Kläger könnten von den [X.]n nicht nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 [X.] Schadensersatz in Höhe der Kosten einer Asbestsanierung verlangen. Die Verkleidung der Außenwände des Gebäudes mit [X.] stelle schon keinen Sachmangel dar, der Gegenstand einer Offenbarungspflicht hätte sein können. Die Nutzung des Hauses zu Wohnzwecken werde nicht beeinträchtigt. Als Erwerber eines älteren Fertig-hauses hätten die Kläger mit einer Asbestbelastung rechnen müssen. Auf die von den Klägern behauptete Nachfrage nach dem Material der Fassade und die darauf von dem [X.]n zu 1 gegebene Antwort komme es nicht an. Ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 280 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) scheide aus. Nach Gefahrübergang bildeten die [X.] der §§ 434 ff. [X.] eine abschließende Sonderregelung, soweit es um Merkmale der Sache gehe, die - wie hier die Freiheit von Asbest - einer Be-schaffenheitsvereinbarung zugänglich seien. 4 - 4 - I[X.] Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.]eils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 5 1. Die Verneinung von Ansprüchen nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 [X.] hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses gebräuchlich waren, später aber als gesund-heitsschädlich erkannt worden sind, können einen offenbarungspflichtigen Mangel der [X.] begründen. 6 a) Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Sachmangel vorliegt, kommt es nicht auf das Baujahr des verkauften Hauses (hier 1980) an. Entscheidend ist vielmehr - wenn die Vertragsparteien wie hier keine Beschaffenheitsverein-barung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 [X.] getroffen haben -, ob der Rechtsverkehr im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (hier 2006) ein älteres Wohnhaus, dessen Fassade aus [X.] besteht, als uneinge-schränkt geeignet ansieht für die gewöhnliche bzw. die nach dem [X.] (§ 434 Abs. 1 Satz 2 [X.]). 7 Ob der bei Errichtung eines Gebäudes übliche oder als unbedenklich angesehene Einsatz bestimmter Techniken oder Materialien aufgrund des technischen Fortschritts oder besserer wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Bewertung der [X.] als mangelhaft führt, kann nicht schematisch für alle Fälle gleichermaßen beantwortet werden. Dazu sind die möglichen Sachver-haltskonstellationen - auch in ihren Auswirkungen - zu vielgestaltig. So kommt es etwa bei Altbauten mit Feuchtigkeitsschäden auf die Umstände des [X.] an (Senat, [X.]. v. 7. November 2008, [X.], [X.]. 13, juris, 8 - 5 -m.w.[X.]; vgl. auch Senat, [X.]. v. 16. Juni 1989, [X.], [X.]. 17, juris), weil die Verwendbarkeit der Sache je nach Art und Ausmaß der [X.] unterschiedlich in Mitleidenschaft gezogen wird und der Rechts-verkehr bei älteren Häusern von vornherein nicht die heute gültigen Trocken-heitsstandards erwartet. Demgegenüber ist das Vorliegen eines [X.] Mangels bei der Kontaminierung eines Grundstücks mit sog. Altlas-ten, deren Gefährdungspotential ursprünglich als nicht gegeben oder nur als geringfügig eingestuft, nunmehr aber als gravierend erkannt worden ist, zumin-dest in der Regel anzunehmen (vgl. Senat, [X.]. v. 20. Oktober 2000, [X.], NJW 2001, 64; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., [X.]. 213; vgl. auch [X.], [X.]. v. 19. März 1992, [X.], [X.], 1953, 1954 f.). Insoweit besteht zwar eine Gemeinsamkeit mit dem Einsatz von [X.], die ein gravierendes gesundheitsschädigendes Potential aufwei-sen. Das gilt umso mehr, wenn diese Materialien Stoffe enthalten, die selbst in geringen Dosen karzinogen wirken. Andererseits gilt es dem Umstand Rech-nung zu tragen, dass selbst Baustoffe mit bedenklichen Inhaltsstoffen je nach der Art ihrer Verwendung und Nutzung keine konkrete Gefährlichkeit aufweisen und sie ihre Funktion unproblematisch erfüllen können, solange es nicht zu ei-nem [X.] kommt - man denke etwa an eine von Mauern umschlos-sene und von außen nicht zugängliche Dämmschicht, die, solange die [X.] aufrechterhalten wird, keine gefährlichen Stoffe diffundiert. Vor diesem Hintergrund verbietet es sich nach Auffassung des Senats, allein auf das abstrakte Gefährdungspotential abzustellen (so aber der Sache nach [X.] 1998, 1474 f.). Andererseits greift es zu kurz, einen aufklärungspflichtigen Sachmangel erst bei Bestehen eines akuten Sanie-rungsbedarfs anzunehmen (so aber [X.], 51; 2007, 461, 462; vgl. auch [X.], [X.]. v. 15. Januar 2002, 9 O 2665/01, [X.]. 16, juris). Vielmehr ist von einem solchen Mangel erst, aber auch schon dann aus-9 - 6 -zugehen, wenn die ernsthafte Gefahr besteht, dass Stoffe mit einem erhebli-chen gesundheitsgefährdenden Potential im Rahmen der üblichen Nutzung des [X.] austreten. Dabei liegt eine erhebliche Einschränkung der Nutzbar-keit eines Wohngebäudes auch dann vor, wenn übliche Umgestaltungs-, Reno-vierungs- oder Umbaumaßnahmen nicht ohne gravierende Gesundheitsgefah-ren vorgenommen werden können. Das gilt jedenfalls für solche Arbeiten, die üblicherweise auch von Laien und nicht nur von mit dem Umgang gefährlicher Baustoffe vertrauten Betrieben des [X.] vorgenommen werden. In solchen Bereichen muss ein verständiger Verkäufer in Rechnung stellen, dass Heimwerker mit gesundheitsgefährdenden Stoffen in Berührung kommen, ohne die zur Abwehr von Gesundheitsgefahren notwendigen Maßnahmen zu ergrei-fen, wenn sie nicht wissen, dass die verbauten Materialien gefährliche Stoffe enthalten. b) Gemessen daran liegt auf der Grundlage des Vorbringens der Kläger, wonach bei den von ihnen beabsichtigten Fassadenbohrungen zur Anbringung von Außenlampen und einer Überdachung krebserregender Asbeststaub aus-tritt, ein aufklärungspflichtiger Sachmangel vor. Dass mit Bohrungen an der Außenfassade eines Wohngebäudes auch durch Laien stets gerechnet werden muss, liegt auf der Hand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schränkt dies die Nutzbarkeit des Gebäudes zu Wohnzwecken in erheblicher Weise ein. Denn die Nutzbarkeit eines Wohnhauses umfasst über das bloße Bewohnen hinaus auch die Möglichkeit, jedenfalls im üblichen Umfang [X.], bauliche Veränderungen oder Renovierungen ohne gravierende Ge-sundheitsgefahren vorzunehmen. Die von dem Berufungsgericht als streitig festgestellte Behauptung der Kläger ist danach erheblich. 10 - 7 -2. Durchgreifenden Bedenken begegnet auch die Annahme des [X.]s, Ansprüche der Kläger wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 280 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) seien durch die Vorschriften der §§ 434 ff. [X.] ausgeschlossen. 11 a) Die Frage nach der Anwendbarkeit der genannten Anspruchsgrundla-ge ist entscheidungserheblich, weil das [X.] das Vorbringen der Kläger zu einer arglistigen Täuschung durch [X.] zu Unrecht als nach §§ 296 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO präkludiert angesehen hat und schon deshalb eine Bindung der Rechtsmittelgerichte nach § 531 Abs. 1 ZPO ausscheidet. [X.] im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung unterliegt nicht der Zurückweisung nach den Vorschriften der §§ 296 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO ([X.], [X.]. v. 1. April 1992, [X.], [X.], 1965; [X.]. v. 4. Mai 2005, [X.], NJW-RR 2005, 1007). Ob das [X.] die Zurückweisung rechtsfehlerfrei auf § 296 Abs. 1 ZPO hätte stützen können, bedarf keiner Ent-scheidung, weil das Rechtsmittelgericht die fehlerhafte Präklusionsentschei-dung nicht auf eine andere rechtliche Grundlage stellen darf ([X.], [X.]. v. 13. Dezember 1989, [X.], NJW 1990, 1302, 1304; [X.]. v. 1. April 1992, [X.], [X.], 1965; [X.]. v. 4. Mai 2005, [X.], NJW-RR 2005, 1007, 1008). 12 b) Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen auf die Grundsätze des Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 280 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) im Sachbereich der §§ 434 ff. [X.] zurückgegriffen werden darf, ist umstritten und bislang nicht höchstrichterlich geklärt (vgl. auch [X.], [X.]. v. 17. Januar 2008, [X.], NJW-RR 2008, 564, 565). 13 [X.]) Teilweise wird vertreten, Ansprüche aus kaufrechtlicher [X.] und solche aus Verschulden bei Vertragsschluss bestünden stets [X.] - 8 -einander. Es handle sich um unterschiedliche Haftungssysteme, die verschie-dene Zwecke verfolgten und unterschiedliche Voraussetzungen hätten ([X.]/[X.]/Faust, [X.], 2. Aufl., § 437 [X.]. 190; MünchKomm-[X.]/ [X.], 5. Aufl., § 311 [X.]. 143; [X.], [X.], 6. Aufl., § 7 [X.]. 35; Derleder, NJW 2004, 969, 974 f.; [X.], [X.], 209, 219 ff.; Häublein, NJW 2003, 388, 391 ff.; [X.], [X.], 1076, 1079; vgl. [X.], [X.], 416, 424 f.; [X.], [X.], 409; [X.] in [X.]/[X.] [Hrsg.], [X.], S. 231, 238 f.). [X.]) Eine zweite Auffassung lehnt einen Rückgriff auf die Regeln des [X.] bei Vertragsschluss nach Gefahrübergang stets ab, sofern es um Verhaltenspflichten des Verkäufers im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der [X.] geht. Der Käufer sei durch das Gewährleistungsrecht der §§ 434 ff. [X.] hinreichend geschützt. Das gelte auch bei vorsätzlichem Verhal-ten des Verkäufers ([X.]-[X.]/[X.], § 311 [X.]. 76; [X.]/[X.]/ [X.]/Sutschet, [X.], 2. Aufl., § 311 [X.]. 79; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 311 [X.]. 45 f.; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 311 [X.]. 38; [X.]/[X.], [X.], 68. Aufl., § 311 [X.]. 14 f.; [X.]/[X.], [X.]O, § 437 [X.]. 51a f.; [X.], [X.], 1026; [X.], [X.] [2002], 757, 782 f.; [X.]/Ebers, [X.], 462, 463; vgl. [X.]/Medicus, [X.], 3. Aufl., § 311 [X.]. 58 ff.; so wohl auch Hk-[X.]/[X.], 5. Aufl., § 311 [X.]. 14; [X.]/ [X.], [X.] [2004], § 437 [X.]. 67 ff.). 15 cc) Die wohl herrschende Meinung erkennt zwar grundsätzlich einen Vor-rang des Gewährleistungsrechts nach Gefahrübergang an, lässt hiervon aber Ausnahmen zu. 16 - 9 -(1) Ein Teil der Lehre meint, bei vorsätzlichem Verhalten hafte der [X.] auch aus Verschulden bei Vertragsschluss, weil der Verkäufer in diesem Fall nicht schutzwürdig sei und kein berechtigtes Interesse an der Möglichkeit der Nacherfüllung habe ([X.]/Grunewald, [X.]O, vor § 437 [X.]. 15 ff.; [X.]/[X.], [X.]O, § 437 [X.]. 34; jurisPK-[X.]/[X.], 4. Aufl., § 437 [X.]. 57; MünchKomm-[X.]/[X.], 5. Aufl., § 437 [X.]. 58; [X.]/[X.], [X.]O, § 437 [X.]. 75; [X.] in [X.]/Faust, [X.], [X.]. [X.]. 29; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., [X.]. 669; [X.], Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl., § 2 [X.]. 298; [X.]/[X.], Kaufrecht, 7. Aufl., [X.]. 861; [X.], [X.], 276, 282 [X.]. 77; [X.], [X.] [2002], 179, 228 [X.]. 165; [X.], [X.], 89, 92; [X.], NJW 2006, 1925, 1926; [X.]., NJW 2007, 1, 4; [X.], [X.], 199, 205 ff.; [X.], [X.] [2007], 564, 603; Schröcker, [X.] 2005, 63, 89 f.; vgl. auch [X.] 2005, 315, 317). 17 (2) Teilweise wird eine weitere Ausnahme für den Fall befürwortet, dass der Umstand, auf den sich das Verschulden des Verkäufers bei dem Vertrags-schluss bezieht, zwar zum Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung hät-te gemacht werden können, dies aber nicht geschehen ist. Einem Käufer, der von dem Verkäufer irregeführt worden sei und der deshalb keinen Anlass [X.] habe, eine Beschaffenheitsvereinbarung zu treffen, könne der Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss nicht abgeschnitten werden ([X.] 2005, 315, 317; MünchKomm-[X.]/[X.], [X.]O, § 437 [X.]. 59; Musielak, Grundkurs [X.], 10. Aufl., [X.]. 620; [X.] in E. [X.] [Hrsg.], [X.], 2002: [X.], [X.], 89 f.; Grigo-leit/[X.], [X.], 118, 126; [X.], [X.] 203 [2003], 818, 839 f.; [X.], [X.] 2004, 569, 572; Weiler, [X.] 2002, 249, 255; vgl. [X.]/[X.], [X.], § 437 [X.]. 116; [X.], [X.] [2007], 564, 603). 18 - 10 -dd) Der Senat entscheidet die Rechtsfrage dahin, dass nach [X.] zwar von einem grundsätzlichen Vorrang der §§ 434 ff. [X.] auszu-gehen ist, eine Ausnahme jedoch zumindest bei vorsätzlichem Verhalten gebo-ten ist. 19 (1) Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung der Konkurrenzfra-ge. Der Gesetzgeber hat die Problematik zwar gesehen, sie aber offenbar Rechtsprechung und Lehre zur Klärung überlassen (vgl. [X.]. 14/6040 [X.] f.). Im Übrigen lässt sich den Materialien lediglich entnehmen, dass die Heranziehung der Grundsätze über das Verschulden bei Vertragsschluss [X.] beim Unternehmenskauf zugunsten der kaufrechtlichen Regelungen zurückgedrängt werden sollte ([X.]O S. 242). Das spricht eher für als gegen eine abschließende Sonderregelung durch die §§ 434 ff. [X.]. 20 (2) Systematische und teleologische Erwägungen erhärten die Annahme einer Sperrwirkung. 21 (a) Nach ständiger Rechtsprechung war das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Schuldrecht von einem grundsätzlichen Vorrang der Bestimmungen der §§ 459 ff. [X.] a.F. geprägt, der nur bei Vorsatz entfiel (vgl. [X.] 136, 102, 109; Senat, [X.] 60, 319, 320 ff.; 114, 263, 266; [X.]. v. 10. Juli 1987, [X.], NJW-RR 1988, 10, 11; [X.]. v. 3. Juli 1992, [X.], [X.], 2564, 2566; [X.]. v. 5. Oktober 2001, [X.]/00, NJW 2002, 208, 210). Zwar ist das für diese Lösung seinerzeit ins Feld geführte Argument - die Be-schränkung des § 463 [X.] a.F. auf Vorsatz dürfe über die Anwendung der Grundsätze des Verschuldens bei Vertragsschluss nicht unterlaufen werden -, nunmehr obsolet geworden; das geltende Recht billigt gewährleistungsrecht-liche Schadensersatzansprüche nunmehr schon bei Fahrlässigkeit zu (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 Satz 2, 276 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Auch erscheint es zumindest 22 - 11 -zweifelhaft, ob die von der regelmäßigen Verjährung nach §§ 195, 199 [X.] abweichenden Verjährungsfristen (§ 438 [X.]) die Annahme einer Sperrwir-kung stützen können, weil es für den hier in Rede stehenden Sachbereich nahe liegen dürfte, § 438 [X.] auf Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss entsprechend anzuwenden (vgl. auch [X.], [X.]O S. 88; [X.] in [X.]/ [X.], [X.]O, [X.]. 666). Indessen bestehen auch hiervon abgesehen kaufrecht-liche Besonderheiten, die die Annahme einer Sperrwirkung gebieten. So steht dem Verkäufer grundsätzlich das Recht zur Nacherfüllung zu (§ 439 [X.]), und Ansprüche wegen eines Mangels sind grundsätzlich schon bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Käufers ausgeschlossen (§ 442 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Diese Sonderregelungen würden unterlaufen, wenn die Regeln über das Verschulden bei Vertragsschluss daneben stets anwendbar wären. Der Gesetzgeber hätte in [X.] etwas weithin Überflüssiges normiert. Davon kann nicht ausgegangen werden. (b) Der Annahme einer Sperrwirkung steht nicht entgegen, dass [X.] aus Verschulden bei Vertragsschluss und solche aus § 437 [X.] an unter-schiedliche Haftungsgrundlagen anknüpfen. Denn bei der gebotenen teleo-logischen Betrachtungsweise ist nicht die formale Anknüpfung - Verletzung vor-vertraglicher (gesetzlicher) Verpflichtungen bei § 311 Abs. 2 Nr. 1 [X.], [X.] der Sache bei § 437 [X.] - von entscheidender Bedeutung, son-dern der Umstand, dass der Gesetzgeber die Verletzung vorvertraglicher Ver-pflichtungen im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der [X.] dem späteren Vertrag zuordnet (vgl. [X.], [X.] 2004, 569, 571). Es [X.] nämlich keinem Zweifel, dass Schadensersatzansprüche wegen Liefe-rung einer anfänglich mangelbehafteten Sache, die an einen vor Abschluss der Vertrages liegenden Umstand anknüpfen (§ 311a Abs. 2 [X.]), nach § 438 [X.] verjähren (vgl. nur [X.], [X.]O). Für behe[X.]are Mängel, die sich auf ein anfängliches Leistungshindernis gründen, kann nichts anderes [X.] - 12 -ten. Auf die Beschaffenheit der Sache bezogene Aufklärungspflichten sind [X.] in dem einen wie in dem anderen Fall grundsätzlich dem vertraglichen Re-gime unterworfen. (3) Allerdings besteht der Vorrang der kaufrechtlichen Regelungen nicht ausnahmslos. Auch unter der Geltung des neuen Schuldrechts ist eine Aus-nahme jedenfalls bei arglistigem (vorsätzlichem) Verhalten des Verkäufers ge-rechtfertigt. Kaufrechtliche Sonderregelungen, die umgangen werden könnten, greifen dann nämlich nicht ein. Die Verjährung richtet sich bei Arglist nach der regelmäßigen Verjährungsfrist (§ 438 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Der Verkäufer kann sich auf einen Haftungsausschluss nicht berufen (§ 444 [X.]). Er haftet auch bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Käufers (§ 442 Abs. 1 Satz 2 [X.]) und verliert im Regelfall die Möglichkeit der Nacherfüllung (Senat, [X.]. v. 8. [X.], [X.], NJW 2007, 835, 837; [X.], [X.]. v. 9. Januar 2008, [X.], [X.], 1371, 1373). Auch nach neuem Schuldrecht ist der arglistig handelnde Verkäufer nicht schutzbedürftig (vgl. auch Senat, [X.] 167, 19, 24). 24 3. Nach allem ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die für eine ab-schließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen noch getroffen werden müssen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Haftung wegen Verschuldens bei [X.] hängt davon ab, ob die Kläger aktiv getäuscht worden sind, die-jenige aus §§ 437 Nr. 3, 280, 281 [X.] zunächst von dem Vorliegen eines auf-klärungspflichtigen Sachmangels, der auf der Grundlage des - jedenfalls in dem Berufungsurteil als streitig dargestellten - tatsächlichen Vorbringens der Kläger zu bejahen ist. Mit Blick auf die erforderlichen Feststellungen zur Arglist ([X.] zu den Anforderungen etwa Senat, [X.]. v. 8. Dezember 2006, [X.], NJW 2007, 835, 836 m.w.[X.]) weist der Senat darauf hin, dass Fragen 25 - 13 -des Vertragspartners vollständig und richtig beantwortet werden müssen (vgl. nur [X.] 74, 383, 392; [X.], [X.]. v. 14. Januar 1993, [X.], NJW 1993, 1323, 1324). Allerdings wären Schadensersatzansprüche zu verneinen, wenn den Klägern die Verwendung von Asbest bekannt gewesen sein sollte. [X.] fahrlässige Unkenntnis schadete dagegen nicht. Dies folgt für beide [X.] aus § 442 Abs. 1 [X.]. Mit Blick auf die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss liegt jedenfalls bei arglistigen Täuschungen, die sich auf die Beschaffenheit der Sache beziehen, eine planwidrige Gesetzes-lücke vor, die durch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift zu schließen ist. [X.] [X.] Lemke

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 30.08.2007 - 5 O 104/07 - [X.], Entscheidung vom 07.02.2008 - 8 [X.]/07 -

Meta

V ZR 30/08

27.03.2009

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2009, Az. V ZR 30/08 (REWIS RS 2009, 4248)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4248

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 93/08 (Bundesgerichtshof)


V ZR 25/12 (Bundesgerichtshof)

Rücktritt vom Eigentumswohnungskaufvertrag: Mangelhaftigkeit des Hausgrundstücks bei Cyaniden im Grundwasser


V ZR 181/09 (Bundesgerichtshof)

Grundstückskaufvertrag mit Haftungsausschluss: Darlegungs- und Beweislast für den Arglisttatbestand; sekundäre Beweislast des Verkäufers


V ZR 228/09 (Bundesgerichtshof)


V ZR 78/14 (Bundesgerichtshof)

Erwerb eines Hausgrundstücks: Beschaffenheitsvereinbarung außerhalb des notariellen Grundstückskaufvertrages


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.