Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.06.2022, Az. 2 WDB 3/22

2. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2022, 5574

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Gegenstand

Betätigung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung durch eine Soldatin im Ruhestand in Gestalt der Leugnung der Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland


Tenor

Auf die Beschwerde der [X.] wird der Beschluss der 8. Kammer des [X.] vom 25. November 2021 geändert.

Der Antrag der früheren Soldatin, die mit Verfügung des [X.] vom 11. August 2021 angeordnete Einbehaltung von 30 % ihres Ruhegehalts aufzuheben, wird abgelehnt.

Tatbestand

1

[X.]as Beschwerdeverfahren betrifft die vorläufige teilweise Einbehaltung von Ruhegehalt, deren Anordnung das Truppendienstgericht aufgehoben hat.

2

1. Gegen die 1956 geborene und 2018 als Oberfeldarzt der Besoldungsgruppe [X.] in den Ruhestand getretene frühere Soldatin wurde mit Verfügung des [X.] ([X.]) vom 11. August 2021 ein gerichtliches [X.]isziplinarverfahren wegen Vorwürfen eingeleitet (Einleitungsverfügung), die teilweise mit den Anschuldigungen der darüber hinausreichenden Anschuldigungsschrift vom 21. März 2022 identisch sind.

3

2. Mit der Einleitungsverfügung war die Einbehaltung von 30 % des Ruhegehalts der früheren Soldatin angeordnet worden ([X.]). Ihr Antrag, sie aufzuheben, wurde mit Bescheid des [X.]es vom 9. September 2021 (Beschwerdebescheid) zurückgewiesen.

4

3. Mit der Anschuldigungsschrift wird die frühere Soldatin angeschuldigt, nach ihrem Ausscheiden aus dem Wehrdienst die ihr obliegenden [X.]ienstpflichten, sich nicht gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu betätigen, sowie nicht in unwürdiger Weise die Achtung und das Vertrauen zu verletzen, die für ihre Wiederverwendung als Vorgesetzte erforderlich sind, vorsätzlich verletzt zu haben, indem sie:

"1. Sie schrieb dem Oberbürgermeister der [X.] ..., mit Schreiben vom 27. Februar 2021 und dem Leiter des Finanzamts ..., mit Schreiben vom 27. Februar 2021, dem Finanzamt am 3. März 2021 zugegangen (Buchstaben a bis g), sowie nur an den Leiter des Finanzamts ... mit Schreiben vom 22. März 2021 (Buchstaben h bis m), womit sie wissentlich und willentlich zum Ausdruck brachte, dass sie die Legitimität und Souveränität der [X.] nicht anerkennt und sich unmittelbar gegen den Bestand der [X.] wendet und diese ablehnt:

a) 'Ich bin mein Allod [...] Besitzer [X.] Länder sind souverän'

b) '[X.] ist die bedingungslose Anerkennung meiner und die meiner Abkömmlinge vollständigen Souveränität durch das Handels-, Finanz-, und [X.] des im Auftrag weltweit agierenden Treuhandsystems, in [X.] 'Bund' und '[X.]' genannt [...] und deren [X.]okumentation gegenüber jedem Vertreter der scheinbaren Legislative, Judikative und Exekutive',

c) 'Meine Wohnsitzadresse ist mein mietzins- energiekosten und grundsteuerfreier Regierungssitz',

d) 'Wir und unsere Eltern/Vorfahren wurden vorsätzlich und arglistig getäuscht mit der Absicht, uns ohne unser Wissen in das Treuhandsystem zu integrieren bzw. uns gegen unseren Willen und ohne unsere bewusste Zustimmung im Vatikansystem zu halten',

e) 'Gemeinsam bauen wir dort eine intakte möglichst autarke Gemeinde nach dem Vorbild unserer Vorfahren ohne Vormundschaft in Selbstverwaltung auf',

f) '[X.]as Areal ist meine und das der [X.], eine Exklave, ein Staat im 'Staate' im Handels-, Finanz, und [X.]',

g) '[X.] dafür willkürlich zu strafen mit Hilfe von Angehörigen einer [X.] und/oder anderer Uniformträger, Geheimdiensten bzw. mit Hilfe von Schiedsgerichten, die allesamt auf Grundlage nicht gültiger Gesetze ohne hoheitliche Befugnisse agieren',

h) '[X.]as Finanzamt ..., [...], dem Sie vorstehen, firmiert u.a. unter der [X.]Nr. ... und ff. und ist damit eindeutig als privatwirtschaftliches Unternehmen identifizierbar',

i) '[X.]er 'Bund'/die '[X.]'/'Germany' unter [X.] Nr. ... und ff. finanziert sich u.a. aus unfreiwilligen Schenkungen, die er/sie/es sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen und vorsätzlicher Täuschung und arglistig, getarnt unter dem Begriff 'Steuerpflicht', nach Gesetzen von 1934 erpresst',

j) '[X.]er 'Bund'/die '[X.]' bzw. '[X.]' mit 'Länderkennung' bei der [X.] täuscht hoheitliche Rechte vor, die er/sie/es nicht hat',

k) '[...] da es seit mindestens 1956 keinen ordnungsgemäß gewählten Gesetz'geber' gibt',

l) 'Wie das Unternehmen '[X.]' mitteilte, ist das '[X.] nicht untergegangen. Es existiert fort, ist nur mangels Organisation nicht handlungsfähig.',

m) 'Sie als Funktionsträger des Unternehmens 'Bund'/'[X.]'/'Germany' sind nicht berechtigt, gültige Gesetze des nicht handlungsfähigen [X.] anzuwenden'.

2. Sie gab am 30. März 2021 gegen 15:30 Uhr sinngemäß gegenüber den Zeugen [X.] ... und Kriminaloberkommissar ... im Treppenhaus ihres Wohnhauses in der ... im Rahmen eines freiwilligen Gesprächs an,

a) dass die [X.] seit der [X.] nicht existent sei,

b) dass sie sich nicht mehr an [X.], den sie bei der Vereidigung als Soldatin leistete, gebunden sehe, weil die [X.] nicht existiere,

c) dass es seit mindestens 1956 keinen ordnungsgemäß gewählten Gesetzgeber gebe und die seitdem erlassenen Gesetze daher keine Gültigkeit hätten.

3. Sie übermittelte am 1. August 2021 im Rahmen der Anhörung vor Einleitung eines gerichtlichen [X.]isziplinarverfahrens an die [X.] für den Bereich des [X.] einen Abdruck des '...' mit einer 'direkte[n] Antwort von ... an einen Herrn ...' mit den folgenden Aussagen, womit sie zum Ausdruck brachte, dass sie sich diese Aussagen zu eigen macht und wissentlich und willentlich die Legitimität und Souveränität der [X.] nicht anerkennt und sich unmittelbar gegen den Bestand der [X.] wendet und diese ablehnt:

a) '[X.] ist seit Ende des [X.] kein souveräner Staat mehr, sondern ein militärisch besetztes Gebiet der alliierten Streitkräfte',

b) '[X.]ie [X.] ist und war nie ein Staat. Weder de jure noch de facto und zu keinem Zeitpunkt völkerrechtlich anerkannt',

c) '[X.]ie [X.] ist ein Verwalter ohne jegliche Befugnisse, seit 1990 eine Finanzverwalter GmbH im Auftrag der alliierten Siegermächte',

d) 'Es ist niemand rechtlich verpflichtet, irgendwelche Gelder oder Gebühren weiterhin zu zahlen. Zusätzlich verstößt die [X.] als private Finanzverwalter GmbH gegen geltende Anordnungen und Rechte der [X.] STREITKRÄFTE von 1947, die nach wie vor Gültigkeit haben und macht sich damit zum Erfüllungsgehilfen betrügerischer Manipulation',

e) 'Militärregierungsgesetz Nr. 2 - [X.] Gerichte: Niemand darf in der [X.] ohne Genehmigung der Militärregierung als [X.], Staatsanwalt, Notar oder Rechtsanwalt tätig werden',

f) 'Jeder Urteilsspruch, der bereits gefällt wurde oder hiernach in einem solchen Prozess gefällt wird, der ohne Einwilligung der Militärregierung des Sektors, in welchem sich das Eigentum befindet, eingeleitet wurde, ist nichtig und irgendwelche Maßnahmen zur [X.]urchsetzung eines solchen Urteilsspruchs ist ungültig',

g) 'Wie ist es möglich, dass eine Firma wie die [X.] zu Hoheitsrechen gelangen konnte',

h) 'Wenn aber die Anordnungen der Militärregierung nicht körperlich für jeden einzelnen Fall vorliegen, sind alle beteiligten Juristen an jedem bundesdeutschen Gericht nur privat haftende und privat handelnde Personen ohne Rechtsgrundlage, da die [X.] zu keiner Zeit ein Staat ist oder jemals war',

i) '[X.]ie [X.], auch Bananen Republik [X.] genannt ist kein völkerrechtlich anerkannter Staat und somit ohne jegliche Befugnisse, schon gar nicht gegen Bürger des [X.][X.]TSCHEN REICHES, eine solche Zwangsmaßnahme durchzuführen, sondern eine '[X.]-Finanzagentur GmbH' (HRB 51411 - im Handelsregister der [X.] Frankfurt am Main, eingetragen am 29. August 1990 - nachdem der territoriale Geltungsbereich des Grundgesetzes worden ist, sondern ein organisiertes [X.], vergleichbar mit der Mafia auf [X.], bestehend aus Banditen, Räubern und [X.]ieben'.

4. Sie übersendete zusätzlich zu dem genannten Abdruck unter Ziffer 3 im Rahmen der Anhörung vor Einleitung eines gerichtlichen [X.]isziplinarverfahrens einen Artikel mit der Überschrift '[X.] hat ungültiges Wahlgesetz' mit den folgenden Aussagen, womit sie zum Ausdruck brachte, dass sie sich diese Aussagen zu eigen macht und wissentlich und willentlich die Legitimität und Souveränität der [X.] nicht anerkennt und sich unmittelbar gegen den Bestand der [X.] wendet und diese ablehnt:

a) 'Seit 1956 gab es weder eine gültige [X.] noch eine legitimierte Bundesregierung und damit keinen legitimierten Gesetzgeber',

b) '[X.]er [X.] von heute ist nicht legitim',

c) '[X.]emgemäß sind die Länder der [X.] nicht rechtswirksam dem Geltungsbereich der [X.] beigetreten und auch nicht Bestandteil der [X.]',

d) 'Ein verfassungswidrig besetztes Parlament ist kein legitimierter Gesetzgeber und kann nach rechtsstaatlichen Grundsätzen keine Gesetze erlassen, die verfassungsmäßig in Ordnung sind. Auch kein neues Bundeswahlgesetz!!',

e) 'Eine Neufassung zur Herstellung einer der Verfassung entsprechende Gesetzeslage erscheint unmöglich, da der derzeitige Gesetzgeber nicht legitimiert ist.'

5. Sie schrieb am 24. August 2021 im Rahmen eines Antrags auf Aufhebung der in der Einleitungsverfügung vom 11. August 2021 bestimmten Kürzung Ihres Ruhegehalts um 30 Prozent an den Beauftragten für die Angelegenheiten des militärischen Personals der Leitung des [X.] als Einleitungsbehörde, womit sie wissentlich und willentlich zum Ausdruck brachte, dass sie die Legitimität und Souveränität der [X.] nicht anerkennt und sich unmittelbar gegen den Bestand der [X.] wendet und diese ablehnt:

a) '[X.]ie [X.] wurde am 17. Juni 1990 mit Streichung des Art. 23 GG (Geltungsbereich GG) durch den Außenminister der [X.] James Baker beendet.'

b) 'Nicht ein einziges Gesetz oder eine Verordnung, das jemals von der [X.] von 1949-1990 und von der B[X.][X.]ESREPUBLIK ab 1990 bis zum heutigen Tag erlassen worden ist, hat irgendeine Rechtskraft.'

c) '[...] alle Gesetze und Rechtsverordnungen sind seit mind. 1956 rechtsungültig und nichtig da es in der [X.] keinen legal gewählten Gesetzgeber ([X.]) gab.'

6. Sie übersendete zu dem Schreiben unter Ziffer 5, einen Artikel mit der Überschrift '[X.] [X.](i)[X.]', mit den folgenden Aussagen, womit sie zum Ausdruck brachte, dass sie sich diese Aussagen zu eigen macht und wissentlich und willentlich die Legitimität und Souveränität der [X.] nicht anerkennt und sich unmittelbar gegen den Bestand der [X.] wendet und diese ablehnt:

a) '[X.]ie [X.] ist kein Staat, sondern eine Firma! Auf ... können Sie sich davon überzeugen, dass die [X.] ein [X.] ist, bestehend aus 47.000 in [X.]elaware ([X.]) registrierten Firmen.'

b) '[X.]ie [X.]-Gesetze sind ungültig! Alle, von der Regierung und den Behörden der untergegangenen '[X.]' seit ihrem Erlöschen, getätigten Rechtsgeschäfte und Verwaltungsakte sind danach, mangels hoheitlicher Rechte, rechtswidrig und ungültig! Mit den [X.] haben die Alliierten der [X.] in 2006 und 2007 sämtliche Gesetze entzogen, die hoheitliche Befugnisse verkörpern.'"

5

4. Auf Antrag der Soldatin hat die 8. Kammer des [X.] die [X.] und den Beschwerdebescheid mit Beschluss vom 25. November 2021 aufgehoben (Aufhebungsbeschluss):

6

Zwar begegne der der [X.] in tatsächlicher Hinsicht zugrunde gelegte Sachverhalt keinen Bedenken; der Verwaltungsakte seien die Schreiben der früheren Soldatin mit den aufgeführten Zitaten zu entnehmen und sie habe die Äußerungen gegenüber dem Oberbürgermeister und dem Finanzamt auch nicht bestritten. Jedoch fehle eine ordnungsgemäße Begründung. [X.]ie [X.] lege nicht dar, warum das vorgeworfene Verhalten gegen die nachwirkenden soldatischen Pflichten derart verstoßen solle, dass höchstwahrscheinlich das Ruhegehalt aberkannt werden müsse. Ebenso wie beim Beschwerdebescheid bleibe es bei der Behauptung. Es fänden sich keine Ausführungen dazu, inwieweit das Verhalten der früheren Soldatin geeignet sein solle, den ordnungsgemäßen militärischen [X.]ienstbetrieb zu beeinträchtigen. Gründe, die das höchstmögliche Einbehalten des Ruhegehalts als unverhältnismäßig erscheinen lassen könnten, habe das [X.] nicht erkannt. Es verweise lediglich darauf, dass die frühere Soldatin dafür keine Gründe vorgetragen habe. Eigene Erkenntnisquellen seien vor Einleitung nicht erschlossen worden. Vielmehr habe sich die [X.] erst danach bemüht, sich ein Bild von den finanziellen Verhältnissen der früheren Soldatin zu verschaffen. Eine Abwägung, aus welchen Gründen und in welcher Höhe eine Ruhegehaltskürzung angemessen sei, habe nicht stattgefunden. Später habe die [X.] dann zwar deren Geldsorgen zur Kenntnis genommen, daraus aber keine Schlüsse gezogen.

7

Im Übrigen ergebe sich weder aus der Einleitungsverfügung noch aus der Akte, warum von einem [X.]ienstvergehen ausgegangen werde, das höchstwahrscheinlich die [X.] nach sich ziehe. Erwägungen zur Maßnahmebemessung würden nicht dargelegt, insbesondere würden Milderungsgründe nicht erwogen, so etwa frühere dienstliche Leistungen oder Merkmale nach § 20 StGB.

8

Hinzu komme, dass der Gesetzgeber aus der Summe der [X.] des § 8 [X.] ausweislich des § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 [X.] nur besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen herausgegriffen habe. [X.]ie [X.] werde zu prüfen haben, inwieweit die bislang unauffällige frühere Soldatin tatsächlich einer verfassungsfeindlichen Gesinnung nachhänge. Es erscheine möglich, dass sie im [X.] aufgefundene Versatzstücke lediglich weitergegeben habe. [X.]ie von ihr übernommenen Äußerungen seien zum Teil einfach zu widerlegende Tatsachenbehauptungen, die unabhängig von einem möglichen Schutz durch die Meinungsfreiheit kaum geeignet seien, der freiheitlichen [X.] Grundordnung Schaden zuzufügen. Zwar teile die frühere Soldatin mit, es gebe die [X.] nicht und ihre Gesetze könnten keine Geltung beanspruchen; an den Grundprinzipien der Verfassung äußere sie aber keine Kritik. An manchen Stellen beziehe sie sich zudem auf das Grundgesetz, was vermuten lasse, dass sie die Verfassung überwiegend doch anerkenne. Zwar bezeichne sie das [X.] vereinzelt als Unternehmen; an anderer Stelle erkenne sie dessen rechtsprechende Autorität wieder an. Ein 'Betätigen' im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 [X.] allein darin zu sehen, dass sie sich an das Finanzamt gewendet habe mit dem Anliegen, von der Steuerpflicht befreit zu werden, ändere daran nichts. Letztlich sei entscheidend, ob ihr eine tatsächlich verfassungsfeindliche Gesinnung nachgewiesen werden könne.

9

[X.]ie Einleitungsverfügung mache auch ein Verhalten gemäß der zweiten Alternative des § 23 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zum Gegenstand des Verfahrens. [X.] jedoch ein früherer Offizier - wie die frühere Soldatin - die Altersgrenze von 65 Jahren und könne er deshalb nicht mehr als Vorgesetzter verwendet werden, entfalle diese fortwirkende Vorgesetztenpflicht.

5. Mit ihrer gegen den ihr am 20. [X.]ezember 2021 zugestellten Beschluss erhobenen Beschwerde vom 17. Januar 2022, mit der sie zugleich beantragt, den Beschluss außer Vollzug zu setzen, trägt die [X.] im Wesentlichen vor:

Es handele sich bei den vorgeworfenen Aussagen gegenüber dem Leiter des Finanzamts ... und dem Oberbürgermeister der [X.] ... um ein [X.]ienstvergehen. [X.]ie frühere Soldatin betätigte sich damit aktiv gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. [X.]ie Aussagen seien der "Reichsbürger"-Ideologie zuzuordnen. [X.]ie Bezeichnung der [X.] als "Unternehmen" sei objektiv betrachtet die Leugnung des staatlichen Bestandes. [X.]ie frühere Soldatin kommuniziere offen, dass sie die [X.] nicht als Staat anerkenne, sondern als Unternehmen ohne Hoheitsrechte ansehe. [X.]ie Behauptung, es gebe seit mindestens 1956 keinen ordnungsgemäß gewählten Gesetzgeber, zeige, dass sie die geltenden [X.] Grundsätze der [X.] ablehne. [X.]iese Aussagen habe die frühere Soldatin im weiteren Verlauf des [X.]isziplinarverfahrens umfangreich wiederholt.

[X.]ie frühere Soldatin betätige sich auch gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, indem sie dem Finanzamt schreibe, dass sie zukünftig keine Steuern zahlen werde. Überdies fordere sie von dem Oberbürgermeister der [X.] ... Souveränität für ein unabhängiges Gebiet, das sie in Selbstverwaltung führen möchte.

Es liege auch ein als [X.]ienstvergehen geltendes Verhalten gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 [X.] vor. Bedenken hinsichtlich der Altersgrenze für die Wiederverwendbarkeit als Voraussetzung für ein als [X.]ienstvergehen geltendes Verhalten gingen fehl. Zum Zeitpunkt des [X.]ienstvergehens sei die frühere [X.] gewesen, so dass sie grundsätzlich noch herangezogen hätte werden können. Auch wenn sie mittlerweile tatsächlich nicht mehr herangezogen werden könne, entfalle damit die Tatbestandsverwirklichung nicht rückwirkend.

[X.]ie für die Kürzung des Ruhegehalts genannte Begründung sei rechtsfehlerfrei. Es handele sich bei der Kürzung des Ruhegehalts vorliegend um eine summarische Entscheidung, bei der gerade nicht - wie bei der Entscheidung in der Hauptsache - alle Umstände eingehend abzuwägen seien, die für die Bemessung der [X.]isziplinarmaßnahme in Betracht kommen könnten. Es genüge die Feststellung, dass die frühere Soldatin das [X.]ienstvergehen mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit begangen habe, das mit einem ausreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit zur Verhängung der [X.] führen werde. [X.]er Einleitungsverfügung lasse sich durch die aufgelisteten Vorwürfe entnehmen, was der früheren Soldatin vorgeworfen werde. Eine weitergehende Begründung, weshalb die [X.] im Raum stehe, sei angesichts der Rechtsprechung des [X.] zur disziplinaren Ahndung von Verhaltensweisen, die der Reichsbürger-Ideologie zuzuordnen seien, nicht erforderlich.

[X.]ie Entscheidung, das Ruhegehalt zu kürzen, sei nicht ermessensfehlerhaft. Umfassende Erwägungen dazu seien im konkreten Fall ausnahmsweise nicht erforderlich gewesen. Aufgrund des gravierenden Vorwurfs liege eine Ermessensreduktion auf Null vor. Es bestünden bei dem vorgeworfenen Verhalten keine Umstände - insbesondere nicht in der Person der früheren Soldatin oder ihren früheren dienstlichen Leistungen - durch die die Schwere dieses Vorwurfs abgemildert und das zerstörte Vertrauensverhältnis wiederhergestellt werden könne.

[X.]er [X.] sei ebenfalls rechtsfehlerfrei, weil weder vorgetragen, noch ersichtlich sei, weshalb die konkrete Höhe unverhältnismäßig sei und welche finanziellen Lasten insoweit zu berücksichtigen gewesen seien.

[X.]er Bundeswehrdisziplinaranwalt hat sich dem angeschlossen und ergänzt, aus dem Beschluss des [X.] vom 29. Januar 2019 - 2 W[X.]B 1.18 - ergebe sich, dass bei Betätigung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung die Überschreitung der Altersgrenze von 65 Jahren der [X.]urchführung eines wehrdienstgerichtlichen Verfahrens nicht entgegenstehe.

6. [X.]as Truppendienstgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem [X.] zur Entscheidung vorgelegt. Zugleich hat es das disziplinargerichtliche Verfahren mit Beschluss vom 20. Mai 2022 im Hinblick auf das vorliegende Beschwerdeverfahren ausgesetzt. In ihm hat die frühere Soldatin im März 2022 Stellung genommen und ihr übermittelte Schriftsätze mit dem Hinweis "Fiktion!" zurückgesendet.

Entscheidungsgründe

Die nach § 114 [X.] zulässige Beschwerde ist begründet.

[X.] hat die Einbehaltensanordnung und den Beschwerdebescheid zu Unrecht aufgehoben. Sie sind im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung ([X.], Beschluss vom 16. Dezember 2020 - 2 [X.] 9.20 - [X.] 450.2 § 126 [X.] 2002 Nr. 13 Rn. 11) bei der im vorläufigen Verfahren gemäß § 126 Abs. 5 Satz 3 [X.] nur summarisch möglichen Prüfung der Sachlage rechtmäßig.

1. Die Einbehaltensanordnung in Gestalt des [X.] begegnet im Ergebnis keinen formal-rechtlichen Bedenken. Sie beruht auf der Ermächtigungsgrundlage des § 126 Abs. 3 [X.] und wird den - gemessen an den nach § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG entsprechend heranzuziehenden - Begründungsanforderungen noch gerecht. Danach sind in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben.

a) Die Begründung der Ausgangsentscheidung muss nicht auf alle denkbaren oder im Verfahren angesprochenen, wohl aber auf alle für die Entscheidung im konkreten Fall wesentlichen Fragen eingehen. Dies schließt regelmäßig die Angabe der Rechtsgrundlage und Darlegungen ein, weshalb nach Einschätzung der Behörde die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsgrundlage auf der Basis des von ihr ebenfalls dargelegten Sachverhalts vorliegen. Dabei ist eine davon zu unterscheidende Frage des materiellen Rechts, ob die Begründung die Entscheidung rechtlich tatsächlich trägt (vgl. [X.]/[X.], VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 39 Rn. 18 und 18 a).

Diesen Mindesterfordernissen ist das [X.] noch gerecht geworden, da sich aus [X.] der Sachverhalt ergibt, aus dem es gestützt auf den unter [X.], 1. Absatz, erwähnten § 126 Abs. 3 [X.], unter [X.], 2. Absatz, die Schlussfolgerung zieht, dass die Voraussetzungen für eine Einbehaltung des Ruhegehalts vorliegen. Durch den Verweis auf § 23 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erschließt sich jedenfalls für eine frühere Soldatin noch hinreichend deutlich, dass der Dienstherr ihr einen Verstoß gegen die politische Treuepflicht vorhält.

b) Soweit es Ermessensentscheidungen betrifft, soll die Begründung darüber hinaus gemäß § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

Dass das [X.] sein Ermessen bezüglich der konkreten Höhe der Ruhegehaltskürzung erkannt hat, folgt aus der Feststellung in der Einbehaltungsanordnung, die frühere Soldatin habe im Rahmen ihrer Anhörung keine Gründe vorgetragen, die die Kürzung des Ruhegehalts um 30 % unverhältnismäßig erschienen ließen. Eine solche Überprüfung erübrigt sich nämlich nur bei gebundenen Verwaltungsentscheidungen. Zur finanziellen Situation hat die frühere Soldatin zudem erst im Rahmen des gerichtlichen Antragsverfahrens unter dem 9. November 2021 (per Mail) Stellung bezogen.

Zwar finden sich weder in der Einbehaltungsanordnung noch im Beschwerdebescheid Darlegungen, aus denen sich das Bewusstsein des [X.]es ableitet, selbst beim Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 126 Abs. 3 [X.] die Einbehaltung des Ruhegehalts nicht zwingend anordnen zu müssen; jedoch hat das [X.] in seiner Beschwerdeschrift zum Ausdruck gebracht, umfassende Ermessenserwägungen wegen einer einzelfallbezogenen Ermessensreduktion auf Null nicht mehr für erforderlich gehalten zu haben. Ein etwaiger Begründungsmangel ist dadurch entsprechend §§ 39, 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG geheilt worden (vgl. [X.], Beschluss vom 26. April 2022 - 2 [X.] 4.22 - Rn. 11), jedenfalls hätte dieser Verfahrensmangel die Sachentscheidung ausweislich des [X.] offensichtlich nicht beeinflusst (§ 46 VwVfG).

2. In materieller Hinsicht setzt eine Einbehaltensanordnung nach § 126 Abs. 3 [X.] neben einer rechtswirksamen Einleitungsverfügung die Prognose voraus, dass im gerichtlichen Disziplinarverfahren voraussichtlich auf die [X.] erkannt werden wird. Zudem muss das behördliche Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt worden sein (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Dezember 2020 - 2 [X.] 9.20 - [X.] 450.2 § 126 [X.] 2002 Nr. 13 Rn. 17). Auch diesen Anforderungen wird die Einbehaltensanordnung gerecht:

a) An der Rechtswirksamkeit der Einleitungsverfügung bestehen keine Zweifel.

b) Im gerichtlichen Disziplinarverfahren wird der früheren Soldatin bei summarischer Prüfung voraussichtlich das Ruhegehalt aberkannt werden (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 [X.]), weil sie wissentlich und willentlich, mithin vorsätzlich, gegen das gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 [X.] bestehende Verbot, sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu betätigen, verstoßen hat ([X.], Urteile vom 6. September 2012 - 2 WD 26.11 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 39 Rn. 52 und vom 18. Juni 2020 - 2 WD 17.19 - [X.]E 168, 323 Rn. 44 m. w. N.). Dabei ist bei dieser Variante eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 2 [X.] ohne Belang, dass sie das 65. Lebensjahr überschritten hat ([X.], Beschluss vom 29. Januar 2019 - 2 [X.] 1.18 - [X.] 449 § 23 [X.] Nr. 1 Rn. 12). Ob ein zusätzlicher Verstoß auch gegen die Alternative 2 der Norm vorliegt, kann somit dahingestellt bleiben.

aa) Da im Zusammenhang mit gerichtlichen Überprüfungen von Maßnahmen nach § 126 Abs. 3 [X.] für eingehende Beweiserhebungen kein Raum ist, beschränkt sich die Prüfung des Sachverhalts auf die Frage, ob anhand des bisherigen Ermittlungsergebnisses unter Berücksichtigung der vorhandenen Beweismittel und von Rückschlüssen, die durch die allgemeine Lebenserfahrung gerechtfertigt sind, zumindest der hinreichend begründete Verdacht eines Dienstvergehens besteht, das voraussichtlich zur Aberkennung des Ruhegehalts führen wird.

bb) Zur Feststellung einer solchen Wahrscheinlichkeit scheiden deshalb zwar einerseits solche Vorwürfe der Einleitungsverfügung aus, an denen die [X.] selbst nicht mehr festhält, wie dies bei dem unter Ziffer 3 der Einleitungsverfügung erwähnten Verhalten der Fall ist. Dies folgt aus der Anschuldigungsschrift, die ein solches Verhalten nicht mehr anschuldigt und die nunmehr zur Grundlage für die Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme wird ([X.], Beschluss vom 31. März 2020 - 2 [X.] 2.20 - [X.] 450.2 § 126 [X.] 2002 Nr. 11 Rn. 16).

cc) Andererseits reichen im vorliegenden Fall die übrigen Vorwürfe der Einleitungsverfügung und der Anschuldigungsschrift für die Annahme aus, dass die [X.] zu verhängen ist. Die schriftlich dokumentierten und von der früheren Soldatin auch nicht bestrittenen Äußerungen begründen aktuell einen hinreichenden Verdacht eines Verstoßes gegen die nachwirkende politische Treuepflicht nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 [X.].

(1) Nach dieser Vorschrift ist es einem Offizier oder Unteroffizier auch nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst untersagt, sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu betätigen. Der Gesetzgeber hat in § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 [X.] für frühere Offiziere und Unteroffiziere die Betätigung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung dem Dienstvergehen gleichgestellt. Damit hat er aus dem für aktive Soldaten geltenden Pflichtenkreis des § 8 [X.] einen Teilbereich auch für die Zeit nach dem [X.] mit einer Sanktionsdrohung versehen. Diese richtet sich nur gegen den nach § 10 Abs. 1 [X.] besonders verpflichteten Personenkreis und betrifft auch nur aktive Handlungen, die in besonders intensiver Weise gegen die politische Treuepflicht verstoßen. Der Gesetzgeber greift mithin aus der Summe des Pflichtenkreises gemäß § 8 [X.] nur die besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen heraus und sanktioniert nur sie über das [X.] hinaus. Damit macht er deutlich, dass er der Erfüllung dieser Pflicht für den betroffenen Personenkreis auch über das [X.] hinaus hohe Bedeutung beimisst. Er trägt damit dem schützenswerten Interesse Rechnung, dass auch Reservisten für die [X.] untragbar werden können, wenn sie elementare Pflichten verletzen und so die Grundlage des Vertrauens in ihre Integrität und Zuverlässigkeit als Grundlage ihrer Wiederverwendung schwer beeinträchtigen oder gar zerstören ([X.], Urteil vom 6. September 2012 - 2 WD 26.11 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 39 Rn. 52).

Der fortwirkenden Verbundenheit eines Reservisten mit der [X.] im gegenseitigen Treueverhältnis entspricht es, dass auch seine Grundpflicht, die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht zu bekämpfen, über die Grenze der [X.] hinaus bestehen bleibt. Betätigt er sich gleichwohl gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, besteht ein Interesse daran, einen ehemaligen Unteroffizier oder Offizier aus den Reihen der Reservisten einer [X.] formell auszuschließen. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 23 Abs. 2 Nr. 2 [X.], die moralische Integrität des Reserveoffiziers- und Reserveunteroffizierkorps zu gewährleisten ([X.], Urteil vom 24. Februar 1981 - 2 WD 72.80 - [X.]E 73, 148 <151>). Daher kann auf der Grundlage dieser Vorschrift auch nach Überschreitung der Altersgrenze von 65 Jahren bei Betätigung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im wehrdisziplinargerichtlichen Verfahren der Dienstgrad gegen den Willen des Betroffenen aberkannt werden ([X.], Beschluss vom 29. Januar 2019 - 2 [X.] 1.18 - [X.] 449 § 23 [X.] Nr. 1 Rn. 12).

[X.] ein früherer Unteroffizier oder Offizier die verfassungsmäßige Ordnung nicht mehr und betätigt er sich vorsätzlich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die [X.] (vgl. [X.], Urteile vom 6. September 2012 - 2 WD 26.11 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 39 Rn. 52, vom 18. Juni 2020 - 2 WD 17.19 - [X.]E 168, 323 Rn. 44 f. und vom 12. Mai 2022 - 2 WD 10.21 - Rn. 44 zu aktiven Soldaten). Bezieht er - wie hier - soldatenrechtliche Versorgungsbezüge, ist dies nach § 65 Abs. 1 [X.] die Aberkennung des Ruhegehalts. Sie führt nicht zum völligen Verlust einer Altersabsicherung, sondern zur Nachversicherung in der Rentenversicherung (§ 65 Abs. 2 [X.]). Die damit verbundene Verschlechterung der Alterssicherung ist eine grundsätzlich verhältnismäßige Sanktion dafür, dass sich ein ehemaliger Berufssoldat im Ruhestand von seiner Treuepflicht löst und vorsätzlich gegen die verfassungsmäßige Ordnung betätigt.

(2) Nach diesen Grundsätzen ist davon auszugehen, dass die frühere Oberfeldärztin die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht mehr anerkennt.

Bereits Äußerungen der früheren Soldatin wie: es gebe seit mindestens 1956 keinen ordnungsgemäß gewählten Gesetzgeber mehr ([X.] 1 k) sowie 2 c)), die [X.] sei seit der [X.] nicht mehr existent ([X.] 2 a)), kein einziges Gesetz, das jemals von der [X.] Deutschland von 1949 - 1990 und von der [X.] ab 1990 bis zum heutigen Tag erlassen worden sei, habe irgendwelche Rechtskraft ([X.] 5 b)), sie sehe sich nicht mehr an [X.] gebunden ([X.] 2 b)) sowie Anlagen und die Übersendung von Stellungnahmen, in denen die [X.] nicht als Staat, sondern als Firma ([X.] 3 g), 6 a)), und ihre staatlichen Institutionen - wie etwa das [X.] - als Unternehmen ([X.] 1 l), 1 m)) bezeichnet werden, begründen bei objektiver Betrachtung den Anschein, die Existenz der [X.] und die Legalität ihrer Staatsorgane fundamental zu verneinen. Inwieweit sonstige Äußerungen objektiv und sachlich vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen, [X.] und politischen Geschehens, in dem sie gefallen sind, gedeutet auch im Lichte der Meinungsfreiheit (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juni 2020 - 2 WD 17.19 - [X.]E 168, 323 Rn. 31 sowie [X.], Beschluss vom 28. Januar 2022 - 2 [X.] 7.21 - NVwZ 2022, 794 Rn. 26) disziplinar von Bedeutung sind, braucht deshalb vorliegend nicht mehr aufgeklärt zu werden.

(3) Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand entspricht der von der früheren Soldatin erweckte Anschein auch ihrer tatsächlichen Gesinnung, so dass gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 [X.] die Aberkennung des Ruhegehalts die [X.] bilden würde. Zwar hat sie sich verbeten, als "Reichsbürger" bezeichnet zu werden und damit in der Sache von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die Tat zu leugnen oder ihren Unrechtsgehalt zu negieren oder zu relativieren ([X.], Urteil vom 2. Juli 2020 - 2 WD 9.19 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 80 Rn. 39 und Beschluss vom 28. Januar 2022 - 2 [X.] 7.21 - NVwZ 2022, 794 Rn. 27). Ihre Äußerungen sprechen jedoch - ungeachtet ihrer politisch-kategorialen Zuordnung zur rechtsextremen Szene (vgl. [X.], Kriminalistik 2022, 199 ff.) - für ein jedenfalls staatsnegierendes Verständnis, soweit dies die [X.] Deutschland als ihren Dienstherrn betrifft, der von ihr auch nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst - wenn auch nur nach Maßgabe des § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 [X.] - weiterhin politische Loyalität verlangen darf.

Ihre Äußerungen sind zahlreich und wegen ihrer mehrfachen Dokumentierung auch nicht von Spontanität geprägt. Auch ist der schriftsätzlichen Stellungnahme der früheren Soldatin im Beschwerdeverfahren keine Distanzierung von den getroffenen Stellungnahmen zu entnehmen, sondern im Gegenteil deren Verfestigung. Dies belegt etwa deren Aufforderung an die Geschäftsstellenverwalterin, sie möge eine rechtsgültige Gründungsurkunde der [X.] Deutschland, eine gültige Verfassung nach Art. 146 GG und einen gültigen unterschriebenen [X.] der souveränen [X.] Deutschland vorlegen. Die Kommentierung auf den zurückgesendeten Dokumenten "Fiktion" sowie die schriftsätzliche Äußerung vom 8. April 2022, [X.] sei der letzte souveräne Staat auf [X.] Boden gewesen, runden das Bild von einer früheren Soldatin ab, die aus Überzeugung agiert und schon wegen ihrer akademischen Vorbildung nicht unreflektiert im [X.] aufgefundene Versatzstücke übermittelt.

(4) Die Äußerungen stellen auch eine Betätigung im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 [X.] dar. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber für Offiziere und Unteroffiziere im Ruhestand einen Teilbereich aus dem für aktive Soldaten geltenden Pflichtenkreis des § 8 [X.] herausgenommen, indem er nur noch aktive Handlungen, die in besonders intensiver Weise gegen die politische Treuepflicht verstoßen, für disziplinarisch relevant erklärt hat ([X.], Urteil vom 6. September 2012 - 2 WD 26.11 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 39 Rn. 52; Eichen/Metzger/[X.], [X.], 4. Aufl. 2021, § 23 Rn. 36). Die frühere Soldatin hat sich nicht im privaten Umfeld geäußert, sondern gegenüber staatlichen Einrichtungen und dies - ausweislich der vorgelegten Dokumente - ebenso zahlreich wie nachdrücklich. Dabei hat sie sich kommunalen wie staatlichen Anordnungen wiederholt widersetzt.

(5) Inwieweit ihr Handeln das Ergebnis einer unter Umständen (erheblich) eingeschränkten oder ausgeschlossenen Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit (im Sinne der §§ 20, 21 StGB) ist, wird das [X.] freilich im disziplinargerichtlichen Hauptsacheverfahren zu prüfen haben, um das Vorliegen eines klassischen Milderungsgrundes auszuschließen ([X.], Urteil vom 15. Juli 2021 - 2 WD 6.21 - juris Rn. 23). Das auf einer summarischen Sichtung beruhende und auf eine zeitnahe Entscheidung angelegte Verfahren nach § 126 Abs. 5 [X.] hat dafür keine genügenden Anhaltspunkte ergeben.

c) Die Einbehaltensanordnung weist auch keine Ermessensfehler auf.

aa) Dass das [X.] angesichts der Einzelfallumstände von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen ist und die Einbehaltensanordnung ausgesprochen hat, begegnet im Ergebnis keinen Bedenken. Die massiven sowie zahlreichen Äußerungen der früheren Soldatin selbst staatlichen Institutionen gegenüber verboten, von einer disziplinarischen Ahndung abzusehen, um nicht den Eindruck einer Bagatellisierung entstehen zu lassen. Überlegungen dazu, ob der Dienstbetrieb bei einem Verbleib im Dienst auch empfindlich gestört oder in besonderem Maße gefährdet wäre, bedurfte es bei der Ruhestandssoldatin nicht.

bb) Die Einbehaltensanordnung entspricht auch in ihrer Höhe dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die frühere Soldatin, die Ruhestandsbezüge des höheren Dienstes nach der Besoldungsgruppe [X.] erhält, hat zwar - zudem erst im gerichtlichen Verfahren - behauptet, ihr verblieben nach Abzug aller Kosten und einer Miete von etwa 1 100 € noch etwa 400 €; ungeachtet dessen, dass damit ihr Lebensunterhalt weiter gesichert ist (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Januar 2022 - 2 [X.] 7.21 - NVwZ 2022, 794 Rn. 33), bleibt damit offen, um welche der unter der Rubrik "Abzug aller Kosten" bezeichneten Ausgaben es sich konkret handelt. Sollte sich die Prognose bezüglich eines zur Aberkennung des Ruhegehalts führenden Dienstvergehens nicht bestätigen, würden die mit der vorliegenden Entscheidung verbundenen Folgen besoldungsrechtlicher Art zudem kompensiert werden (§ 127 Abs. 2 Satz 1 [X.], § 27 Abs. 9 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 BBesG).

cc) Die Verfahrensdauer führt noch nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Einbehaltensanordnung. Da die Anschuldigungen in objektiver Hinsicht durchgehend unstreitig sind, ist das [X.] gehalten, die seit März 2022 anhängige und angesichts der dargelegten Senatsrechtsprechung in rechtlicher Hinsicht durchschnittlich schwere Sache zeitnah zur Entscheidung zu bringen. Dies gilt umso mehr, als es die [X.] in den Blick nehmen muss, wodurch sich dessen Pflicht zur zeitnahen Erledigung verdichtet ([X.], Beschluss vom 31. März 2021 - 2 [X.] 13.20 - juris Rn. 28). Die Einbehaltensanordnung vom 11. August 2021 erreicht indes noch nicht ein Ausmaß, das zu ihrer ([X.] führen müsste (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Februar 2021 - 2 [X.] 10.20 - [X.] 2021, 262 <264>). Dabei ist der Zeitraum der mit Beschluss vom 20. Mai 2022 erfolgten Aussetzung des disziplinargerichtlichen Verfahrens nicht einzubeziehen. Zwar handelt es sich bei dem Verfahren nach § 126 Abs. 5 [X.] sowie dem dazu anhängigen Beschwerdeverfahren nicht um ein vorgreifliches Verfahren, weil die in ihm gewonnenen Erkenntnisse - im Gegensatz zum disziplinargerichtlichen Hauptsacheverfahren - nur vorläufigen Charakters sind; jedoch ist der Aussetzungsbeschluss nicht angefochten worden.

dd) Sollten weitere Ermittlungen die Prognose zu Gunsten der früheren Soldatin verändern, sich deren finanzielle Situation insbesondere angesichts der Zwangsräumung ihrer Wohnung massiv verschlechtern, oder sich das Verfahren unangemessen verzögern, ist bereits die Einleitungsbehörde gemäß § 126 Abs. 5 Satz 1 [X.] von Amts wegen gehalten, die Einbehaltensanordnung auf ihre Verhältnismäßigkeit zu überprüfen.

3. Dem vorläufigen Charakter des Antragsverfahrens entspricht, dass es sich bei ihm um einen Nebenbestandteil des gerichtlichen Disziplinarverfahrens handelt, so dass es einer Entscheidung über die Kosten des Verfahrens nicht bedarf. Diese werden von der zur Hauptsache ergehenden Kostenentscheidung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens miterfasst (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Dezember 2020 - 2 [X.] 9.20 - juris Rn. 52 m. w. N.).

4. Mit der vorliegenden Entscheidung erledigt sich der mit der Beschwerde verbundene Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit des truppendienstgerichtlichen Beschlusses gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 307 Abs. 2 StPO.

Meta

2 WDB 3/22

29.06.2022

Bundesverwaltungsgericht 2. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WDB

vorgehend Truppendienstgericht Süd, 25. November 2021, Az: S 8 GL 07/21, Beschluss

§ 8 SG, § 23 Abs 2 Nr 2 Alt 1 SG, § 23 Abs 2 Nr 2 Alt 2 SG, § 58 Abs 2 S 1 Nr 4 WDO 2002, § 126 Abs 3 WDO 2002, § 126 Abs 5 S 1 WDO 2002, § 39 Abs 1 S 2 VwVfG, § 39 Abs 1 S 3 VwVfG, § 45 Abs 1 Nr 2 VwVfG, § 45 Abs 2 VwVfG, § 46 VwVfG, § 20 StGB, § 21 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.06.2022, Az. 2 WDB 3/22 (REWIS RS 2022, 5574)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5574

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