Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2017, Az. VIII ZB 41/16

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 9549

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:140617BVIIIZB41.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZB 41/16
vom

14. Juni 2017

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat am 14. Juni 2017
durch die Vorsitzende [X.]in Dr.
Milger, die [X.]in Dr.
[X.] sowie
die [X.] Prof.
Dr.
Achilles, Dr.
[X.] und Hoffmann
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des
Beklagten gegen den Beschluss des [X.] -
1. Zivilkammer
-
vom 4. Juli 2016
wird als [X.] verworfen.
Der
Beklagte
hat
die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens
zu tragen.
Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde:
2.299

Gründe:
I.
Der
Beklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts
[X.]
vom 29.
Januar 2016 aus einem für berechtigt erachteten Rücktritt von einem Kauf-vertrag über ein an den Kläger verkauftes Quad in der Hauptsache zur Rück-Gegen das ihm am 24.
Februar 2016 zugestellte Urteil hat der Prozessbevollmächtigte des [X.] mit einem an das [X.] adressierten und am frühen Nachmittag des 24.
März 2016 (Gründonnerstag) bei diesem
eingegangenen
Schriftsatz Berufung eingelegt, der nach Weiterleitung durch das Amtsgericht am 6. April 2016 bei dem Berufungsgericht eingegangen ist.
Auf den ihm am 14. April 2016 mitgeteilten Geschehensablauf hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten, der anschließend die Berufung noch innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet hat, am 28. April 2016 Wiedereinsetzung 1
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in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungseinlegung beantragt. Dies hat er unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung seiner Kanzleimitarbeiterin R.

dahin begründet, dass diese als langjährige, erfahre-ne und zuverlässige Rechtsanwaltsfachangestellte ihm am 24. März 2016 auf-tragsgemäß den [X.] zur Unterzeichnung vorgelegt habe. Nach dessen Unterzeichnung habe er die fehlerhafte Adressierung an das Amtsge-richt [X.] bemerkt und Frau R.

mit der Korrektur der Anschrift [X.]. Die neu ausgefertigte Berufungsschrift sei ihm daraufhin nochmals zur Unterschrift vorgelegt worden, während die unzutreffend adressierte Beru-fungsschrift am Arbeitsplatz der Mitarbeiterin verblieben sei. Diese habe verse-hentlich den falsch adressierten Schriftsatz in den Postversand gebracht und vorab gefaxt. Den richtig adressierten Schriftsatz habe sie der Dokumentenver-nichtung zugeführt.
Das Berufungsgericht, das
die Fristversäumung für nicht entschuldigt er-achtet
hat, hat den Wiedereinsetzungsantrag im angefochtenen Beschluss zu-rückgewiesen und gleichzeitig die eingelegte Berufung als unzulässig verwor-fen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte sein Wiedereinset-zungsbegehren unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4
ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs.
2 ZPO
nicht erfüllt sind. Die Rechtssache wirft weder entschei-dungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordert sie eine Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Das Berufungsgericht hat die Berufung des
Beklagten zu Recht als unzulässig verworfen, weil
es oh-ne Rechtsfehler die Frist zur
Berufungseinlegung für versäumt erachtet hat.
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3
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4
-

1. Wenn -
wie
nach dem im Rechtsbeschwerdeverfahren als richtig zu unterstellenden Vorbringen des Beklagten -
der Rechtsanwalt nach Beanstan-dung der Adressierung einer von seiner sonst zuverlässigen Angestellten [X.] vorbereiteten Berufungsschrift sich den neu erstellten Schriftsatz mit zutreffender Adressangabe zur erneuten Unterschrift vorlegen lässt und die [X.] mündlich anweist, die korrigierte Fassung zu versenden, sind zwar nach der Rechtsprechung des [X.] zusätzliche Vorkehrungen
nicht erforderlich, die sicherstellen, dass im weiteren Verlauf der fehlerhafte Schriftsatz auch tatsächlich vernichtet sowie der korrigierte versandt und nicht etwa umgekehrt verfahren werde. Insbesondere kann ein (Organisations-)
Verschulden des Rechtsanwalts nicht darin gesehen werden, dass er den unzu-treffend adressierten und von ihm unterschriebenen Schriftsatz nicht selbst ver-nichtet oder mittels Durchstreichens
als ungültig gekennzeichnet hat, auch wenn solche Maßnahmen für den Rechtsanwalt keinen großen Aufwand [X.] und zu mehr Sicherheit führen ([X.], Beschluss vom 22. Juli 2015 -
XII ZB 583/14, [X.], 142 Rn. 16 mwN). Allerdings ist es -
auch das ist
höchstrich-terlich
geklärt und darauf kommt es im Streitfall entscheidend an -
bei einer sol-chen mündlich erteilten Anweisung stets erforderlich, dass ausreichende [X.] dagegen getroffen werden, dass die Erledigung in Vergessenheit gerät, indem gleichzeitig zumindest die klare und präzise Anweisung erteilt wird, die Erledigung sofort und vor allen anderen Arbeiten vorzunehmen ([X.], [X.] vom 23. Januar 2013 -
XII ZB 559/12, NJW-RR 2013, 572 Rn. 9 f.; vom 22. Juli 2015 -
XII ZB 583/14, aaO Rn.
13; vom 15. Dezember 2015 -
VI [X.], [X.], 1558 Rn. 10; jeweils mwN).
2. Dass letztgenannte Anweisung vom Prozessbevollmächtigten des [X.] erteilt worden ist, ist weder vorgetragen noch sonst, insbesondere auch nicht aus der Ablaufschilderung in der eidesstattlichen Versicherung seiner [X.]

, ersichtlich. Wäre die Anweisung erteilt worden, hätte sich die 4
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-
5
-

Mitarbeiterin R.

indes
nicht
zunächst
darauf beschränken dürfen, die korri-gierte Berufungsschrift an ihren Arbeitsplatz mitzunehmen und zur Akte zu le-gen, um sie dann nach der Mittagspause versandfertig zu machen. Sie hätte vielmehr den Versand der korrigierten Berufungsschrift sofort nach Rückkehr an den Arbeitsplatz vornehmen und gleichzeitig den fehlerhaft adressierten Schrift-satz zur Vermeidung von Verwechslungen vernichten müssen.
Das Erfordernis der genannten Anweisung zur sofortigen und vorrangi-gen Erledigung hat zudem im Streitfall umso mehr bestanden, als nach der ei-desstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin R.

am 24. März 2016 wegen der verkürzten Arbeitswoche ein erhöhter Arbeitsanfall zu verzeichnen und sie bei ihrer Arbeit durch ständige Telefonate mit Mandanten unterbrochen
worden
war. Denn es erfordert besondere organisatorische Sorgfalt des Rechtsanwalts, wenn er bei gehöriger Beobachtung seiner Kanzleiabäufe erkennen kann, dass seine Mitarbeiterin durch mehrere Aufgaben und einen erhöhten Arbeitsanfall abgelenkt ist und deshalb aufgrund der besonderen Umstände die Gefahr [X.], dass sie die ihr übertragenen Aufgaben, jedenfalls was die mit [X.] zu behandelnden Fristsachen anbelangt, nicht fehlerfrei erledigen kann (vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. Dezember 1988 -
VIII ZB 35/88,

6
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6
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NJW
1989, 1158 unter [X.]; vom 26. August 1999 -
VII ZB 12/99, NJW 1999, 3783 unter 3 [X.]; vom 3. Dezember 2007
-
II ZB 20/07, NJW-RR 2008, 576 Rn.
16).
Dr. Milger
Dr. [X.]
Dr. Achilles

Dr. [X.]
Hoffmann
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 29.01.2016 -
2 C 1428/14 -

LG [X.], Entscheidung vom 04.07.2016 -
1 [X.]/16 -

Meta

VIII ZB 41/16

14.06.2017

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2017, Az. VIII ZB 41/16 (REWIS RS 2017, 9549)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9549

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XII ZB 583/14 (Bundesgerichtshof)


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VIII ZB 41/16

XII ZB 583/14

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VI ZB 15/15

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