Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.08.2014, Az. XI ZR 172/13

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 3613

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XI [X.]/13
Verkündet am:

5. August 2014

Weber,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 3, § 242 ([X.])
ZPO § 688 Abs. 2 Nr. 2, § 690 Abs. 1 Nr. 4
Zur Hemmung der Verjährung bei der Geltendmachung von Schadenersatz im Mahnverfahren.
[X.], Urteil vom 5. August 2014 -
XI [X.]/13 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat
gemäß §
128 Abs.
2 ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 13.
Juni 2014 eingereicht werden konnten, durch [X.] [X.], [X.]
Grüneberg
und
Maihold
sowie die Richterinnen Dr.
[X.] und Dr.
Derstadt
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 10.
Zivilsenats des [X.] vom 26.
März 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des [X.] auf Leistung von Schadenersatz wegen angeblicher Bera-tungspflichtverletzungen bei dem Erwerb von Bonuszertifikaten zur Wertpapierkennnummer

zum Nachteil des [X.] erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau im Revisionsverfahren noch auf Leistung von Schadenersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten in Anspruch.
1
-
3
-
Der Kläger und seine Ehefrau ließen sich am 24.
April 2007 von einer Mitarbeiterin der Beklagten über auf die Entwicklung des DowJones EURO-STOXX
50 bezogene Bonuszertifikate zur Wertpapierkennnummer

(künftig: Zertifikate) beraten. Am 26.
April 2007 einigten sich die Parteien über die Beschaffung von 600
Stück dieser Zertifikate. Die Zertifikate wurden am 2.
Mai 2007 zugunsten des [X.] und seiner Ehefrau eingebucht und später
mit Verlust veräußert.
Zwischen dem 17.
Juli 2009 und dem 26.
August 2009 haben die [X.] wegen eines Anspruchs gegen die Beklagte aus [X.] korrespondiert. Der Kläger hat am 7.
Juni 2010 Antrag auf Erlass eines Mahn-bescheids gestellt, mit dem er die Beklagte unter anderem auf ("kleinen") [X.] wegen einer [X.] im April 2007 in Höhe von 30.738

e-scheid ist der Beklagten am 14.
Juni 2010 zugestellt worden.
Im streitigen Verfahren hat das [X.] Versäumnisurteil gegen den Kläger erlassen und seine klageabweisende Entscheidung auf Einspruch [X.]. Die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht zurückge-wiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang zugelassene Revision des [X.], mit der er einen Schadenersatzanspruch in Höhe von (noch) 24.652,98

Zinsen sowie vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten weiterverfolgt.

2
3
4
-
4
-
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Auf-hebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, ausgeführt:
Etwaige Ansprüche des [X.] wegen einer [X.] im April 2007 seien jedenfalls nach §
37a WpHG in der bis zum 4.
August 2009 geltenden Fassung (künftig: aF) verjährt. Für den Beginn der Verjährung nach dieser Vorschrift sei der Abschluss eines Finanzkommissionsgeschäfts am 26.
April 2007 maßgeblich. Da die Parteien zwischen dem 17.
Juli 2009 und dem 26.
August 2009 über das Bestehen des Anspruchs verhandelt hätten, sei die Verjährungsfrist mit dem 6.
Juni 2010 abgelaufen. Die Zustellung des am 7.
Juni 2010 beantragten Mahnbescheids habe es nicht vermocht, eine noch-malige Hemmung der Verjährung herbeizuführen.

II.
Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Anspruch des [X.] sei [X.] verjährt, hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Dabei kann dahinstehen, ob zugunsten der Beklagten, was das Berufungsgericht ange-nommen hat, die kurze Verjährungsfrist des §
37a WpHG aF in Verbindung mit §
43 WpHG eingreift und welcher Zeitpunkt im konkreten Fall für den Beginn 5
6
7
8
-
5
-
der Verjährung nach diesen Vorschriften maßgeblich ist. Denn der Kläger hat die Verjährungsfrist in jedem Fall rechtzeitig (erneut) gehemmt.
1. Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass bei schwebenden Verhandlungen die Hemmung grundsätzlich auf den Zeitpunkt zurückwirkt, in dem der Gläubiger seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner geltend gemacht hat ([X.],
Beschluss vom 19.
Dezember 2013

IX
ZR 120/11, [X.], 687 Rn.
2
f.). Nach seinen Feststellungen haben die Parteien zwischen dem 17.
Juli 2009 und dem 26.
August 2009 über den An-spruch des [X.] verhandelt und war die Verjährungsfrist gemäß §
203 Satz
1 BGB in diesem Zeitraum gehemmt. Der 17.
Juli 2009 und der 26.
August 2009 gehörten als die Tage, in deren Verlauf der [X.] entstand und wegfiel, zur Hemmungszeit ([X.]/[X.], BGB, 73.
Aufl., §
209 Rn.
1). Damit lief die Verjährungsfrist des §
37a WpHG aF

deren Anlaufen mit dem Berufungsgericht am 26.
April 2007 unterstellt (vgl. §
187 Abs.
1 BGB, [X.] vom 8.
März 2005

XI
ZR 170/04, [X.]Z 162, 306, 310)

nicht mit dem Ende des 26.
April 2010 (§
188 Abs.
2 Fall
1 BGB), sondern nicht vor dem Ende des 6.
Juni 2010 ab.
2. Da allerdings der 6.
Juni 2010 ein Sonntag war, genügte es entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zur (erneuten) Hemmung der [X.] nach §
204 Abs.
1 Nr.
3 BGB, dass der Kläger den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids am darauf folgenden Montag, dem 7.
Juni 2010, bei [X.] einreichte. Insoweit gilt §
193 BGB entsprechend ([X.], 345, 348
f.; [X.], Urteil vom 3.
Februar 1978

I
ZR 116/76, [X.], 461, 464; Urteil vom 6.
Dezember 2007

III
ZR 146/07, [X.], 490 Rn.
13). Die verjährungs-hemmende Wirkung trat nach §
167 ZPO bereits mit Antragstellung am 7.
Juni 2010 ein, weil der Mahnbescheid am 14. Juni 2010 und damit demnächst zuge-stellt wurde.
9
10
-
6
-
3. Dass der Kläger im Mahnverfahren wegen §
688 Abs.
2 Nr.
2 ZPO le-diglich den "kleinen" Schadenersatz geltend gemacht hat, auf den er, nachdem er einen Anspruch auf "großen" Schadenersatz begründet hat, im Laufe des Rechtsstreits zurückgekommen ist, hindert den Eintritt der Hemmung nach §
204 Abs.
1 Nr.
3 BGB nicht. Ob die eine oder die andere Art des [X.] geltend gemacht wird, ist lediglich eine Frage der Schadensberechnung. Wechselt der Kläger die Art der Schadensberechnung, ohne seinen Antrag auf einen abgewandelten Lebenssachverhalt zu stützen, liegt keine Klageänderung vor ([X.], Urteil vom 9.
Oktober 1991

VIII
ZR 88/90, [X.]Z 115, 286, 289
ff. [X.]). Ein Missbrauch des Mahnverfahrens, der den Antragsteller bei der Gel-tendmachung von "großem" Schadenersatz im Einzelfall nach § 242
BGB daran hindern kann, sich auf die Hemmung der Verjährung zu berufen, wenn er eine Erklärung nach §
690 Abs.
1 Nr.
4 ZPO abgibt, obwohl er nach den Grundsät-zen der Vorteilsausgleichung die empfangene Leistung Zug um [X.] hat (vgl. [X.], Urteil vom 21.
Dezember 2011

VIII
ZR 157/11, [X.], 560 Rn.
7
ff.; zu weitgehend Schultz, NJW 2014, 827
ff.), fällt dem Kläger nicht zur Last.

III.
Das Berufungsurteil ist damit aufzuheben (§
562 ZPO) und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen (§
563 Abs.
1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung des Senats nach §
563 Abs.
3 ZPO kommt nicht in Betracht, weil das Berufungsgericht zum [X.] keine tragfähigen Feststellungen getroffen hat.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das Beru-fungsurteil nach §
540 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO neben der Bezugnahme auf die 11
12
13
-
7
-
tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil eine Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen enthalten muss. Bei der Abfassung der Ent-scheidung ist darauf zu achten, dass die für die revisionsrechtliche Nachprüfung nach §§
545, 559 ZPO erforderliche tatsächliche Beurteilungsgrundlage ge-währleistet ist.

[X.]

Grüneberg

Maihold

[X.]

Derstadt
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.06.2012 -
2-19 O 513/10 -

O[X.], Entscheidung vom 26.03.2013 -
10 [X.] -

Meta

XI ZR 172/13

05.08.2014

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.08.2014, Az. XI ZR 172/13 (REWIS RS 2014, 3613)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3613

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XI ZR 172/13

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