Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.06.2015, Az. XI ZR 386/13

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9321

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

XI [X.]
Verkündet am:

23. Juni 2015

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 384 Abs. 3
Der Kommissionär haftet nach §
384 Abs.
3 [X.] wegen Nichtnennung des [X.] in der Ausführungsanzeige nicht, wenn das zur Ausführung des Kommissionsvertrags geschlossene Wertpapiergeschäft wegen fehlender Marktgerechtigkeit aufgehoben worden ist ("Mistrade").
[X.], Urteil vom 23. Juni 2015 -
XI [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23.
Juni
2015
durch [X.] Ellenberger, die Richter
Dr.
Grüneberg
und
Maihold
sowie die Richterinnen
Dr.
Menges
und Dr.
Derstadt

für Recht erkannt:

Die
Revision
des
[X.]
gegen
das Urteil des 13.
Zivilsenats des [X.] in [X.]
vom 4.
Oktober
2013
wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der
Kläger nimmt
die beklagte Bank als Kommissionärin aus der Eigen-haftung nach §
384 Abs.
3 [X.] in Anspruch.

Am 9.
Januar 2002 beauftragte der Kläger, der beruflich mit Wertpapie-ren und Derivaten handelt, die Beklagte als Kommissionärin
mit dem Kauf zweier von der S.

emittierter Optionsscheine. Die Beklagte er-warb daraufhin für den Kläger über die [X.] Broker AG bei der [X.] um 15.35
Uhr 20.000 Stück [X.] mit der [X.] zu je 0,84

Uhr 50.000 Stück [X.] mit der [X.] 709562 zu je 0,20

7
Uhr bestätigte ein Mitar-beiter der Beklagten, der Zeuge [X.]

, dem Kläger telefonisch die [X.]. Die Optionsscheine waren jeweils bezogen auf die Aktie der
1
2
-
3
-
[X.]
Versicherungsgruppe AG
mit einer Laufzeit bis zum 22.
März 2002 und einem Basispreis von 160

Die vom Kläger gezahlten Kurse entsprachen den in den vorangegangenen
Tagen veröffentlichten Kursen, die zwischen 0,80

0,19

betragen hatten.

Bei den
Kursveröffentlichungen
waren die Emittentin und deren Händler irrtümlich davon ausgegangen, dass das Underlying der Optionsscheine von der Aktie der [X.] Versicherungsgruppe
AG auf die Aktie der [X.] Rückversicherungs-Gesellschaft
AG ausgetauscht und dies in einem Nachtrag zum Verkaufsprospekt veröffentlicht worden sei, was aber tatsächlich beides nicht der Fall war. Ohne diesen Irrtum hätten die Optionsscheine einen Kurs-wert von 4,20

.

stellte diesen Irrtum noch am 9.
Januar 2002 um 17.00
Uhr fest und beantragte bei der [X.] Broker AG eine Fehlerberichtigung nach §
12b der Bedingungen der [X.]. Um 18.42
Uhr bzw. 18.44
Uhr wurde eine Korrektur der Preisaufstellungen für die beiden vom Kläger erwor-benen Optionsscheine vorgenommen und die für ihn von der Beklagten getätig-ten Geschäftsabschlüsse storniert.
Aufgrund dessen wurde eine vom Kläger am Morgen des 10.
Januar 2002 telefonisch erteilte Verkaufsorder hinfällig.

Der Kläger nahm zunächst die S.

als Emittentin der [X.] auf Schadensersatz in Anspruch. In der Berufungsinstanz vor dem Oberlandesgericht
Frankfurt am [X.] schloss er mit dieser
einen Vergleich, in dem sich diese zur Zahlung von 220.000

der Kläger von der Beklagten den Ersatz des weiteren
ihm entstandenen Scha-dens, den er einschließlich Zinsen sowie
Anwalts-
und
Gerichtskosten auf 446.395,71

ziffert, so dass er von der Beklagten unter Anrechnung der 3
4
-
4
-
Vergleichssumme die Zahlung von 226.395,71

Inso-weit hat er geltend gemacht, dass die Stornierung der [X.] gewesen sei, weil kein sogenannter Mistrade-Fall vorgelegen habe. [X.] hafte ihm die Beklagte aus §
384 Abs.
3 [X.], weil sie ihm nicht zugleich mit der Ausführung der Kommission den [X.] namhaft gemacht habe, mit dem er das Geschäft abgeschlossen habe.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungs-gericht wirksam auf einen Anspruch des [X.] aus §
384 Abs.
3 [X.] be-schränkt zugelassenen Revision (Senatsbeschluss vom 20.
Januar 2015

XI
[X.], juris
Rn. 3
f.) verfolgt
der
Kläger
sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse

ausgeführt:

Dem Kläger stehe ein Zahlungsanspruch aus §
384 Abs.
3 [X.] nicht zu. Die Vorschrift sei zwar nach ihrem Wortlaut einschlägig. Sie sei jedoch auf-grund der Umstände des Falles und nach ihrem Sinn und Zweck nicht anwend-bar. Der Beklagten sei unmittelbar nach Ausführung des Geschäfts am Nach-mittag des 9.
Januar 2002 noch gar nicht bekannt
gewesen, wer Kontrahent 5
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8
-
5
-
des Geschäfts gewesen sei, so dass sie ihrer entsprechenden [X.] gar nicht habe nachkommen können. Dies habe der
Kläger

was er bei seiner Anhörung vor Gericht eingeräumt habe

auch gewusst. Zwar
sei es der Beklagten möglich gewesen, den Namen des anderen Vertragsteils in Erfah-rung zu bringen. Auch dies rechtfertige aber keine Haftung aus §
384 Abs.
3 [X.]. Denn diese
Vorschrift solle den Kommittenten davor schützen, dass ihm nachträglich ein weniger leistungsfähiger Vertragspartner untergeschoben [X.]. Diese Gefahr bestehe indes bei einem über die Börse abgewickelten Ge-schäft nicht.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des [X.] gegen die Beklagte aus §
384 Abs.
3 [X.] zu Recht verneint.

1. Nach §
384 Abs.
3 [X.] haftet der Kommissionär dem Kommittenten für die Erfüllung des Geschäfts, wenn er ihm nicht zugleich mit der Anzeige von der Ausführung der Kommission den [X.] namhaft macht, mit dem er das Geschäft abgeschlossen hat. Auf der Grundlage der

unangegriffenen

Fest-stellungen des Berufungsgerichts sind die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift allerdings nach ihrem Wortlaut erfüllt.

a) Zwischen den Parteien ist ein Kommissionsvertrag über die [X.] der streitgegenständlichen Optionsscheine zustande gekommen.

b) Bei der am 9.
Januar 2002 um 15.47
Uhr erfolgten telefonischen [X.] des Zeugen [X.]

über die Ausführung der beiden Geschäfte handelt 9
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12
-
6
-
es sich nach den für die Revisionsinstanz bindenden und von der Revisionser-widerung nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts um eine
Ausführungsanzeige im Sinne des §
384 Abs.
2 Halbs.
1 [X.]. Danach war die Beklagte verpflichtet, dem Kläger als Kommittenten auch den [X.], mit
dem sie die Optionsgeschäfte
abgeschlossen
hatte, zu benennen (vgl. [X.], Urteil vom 22.
März 1984

I
ZR 40/82, [X.], 930, 931). Dies ist nicht erfolgt.

2. Entgegen den Angriffen der Revision hat das Berufungsgericht aber zutreffend angenommen, dass die Vorschrift des §
384 Abs.
3 [X.] nach ihrem Sinn und Zweck vorliegend nicht anwendbar ist.

a) Die Selbsthaftung des Kommissionärs nach §
384 Abs.
3 [X.] soll den Kommittenten vor Spekulationen des Kommissionärs schützen, ihm nach der Anzeige der Ausführung des Geschäfts ohne Nennung des [X.] einen weniger leistungsfähigen Vertragspartner unterzuschieben oder das Geschäft mit dem leistungsfähigen Kontrahenten für sich oder einen anderen Kommitten-ten in Anspruch zu nehmen (vgl. MünchKomm[X.]/Häuser, 3.
Aufl., §
384 Rn.
98; [X.], [X.], 5.
Aufl., §
384 Anm.
57; [X.] in Großkomm. [X.], 5.
Aufl., §
384 Rn.
146; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/
Strohn, [X.], 2.
Aufl., §
384 Rn.
34; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 8.
Aufl., §
384 Rn.
21). Die Nennung des [X.] soll dem Kommissionär ermög-lichen, eigenverantwortlich die Leistungsfähigkeit des [X.] zu überprüfen oder
sich mit ihm in Verbindung zu setzen, um festzustellen, ob tatsächlich ein Ausführungsgeschäft zu den angezeigten Konditionen abgeschlossen worden ist (vgl. [X.] aaO).

Danach tritt die Selbsthaftung des Kommissionärs nach §
384 Abs.
3
[X.] nach allgemeiner Auffassung nicht nur ein, wenn der Kommissionär den 13
14
15
-
7
-
[X.] nicht nennt, sondern auch in den Fällen, in denen der Kommissionär einen anderen [X.] nennt oder überhaupt nicht mit einem [X.] abge-schlossen hat (vgl. [X.], Urteil vom 18.
Januar 1952 -
I [X.], [X.] §
675 BGB Nr.
3)
oder ein unwirksamer Selbsteintritt vorliegt ([X.] aaO).

b) Der Zweck des §
384 Abs.
3 [X.] erschöpft sich damit darin, den Kommittenten so zu
stellen, als habe der Kommissionär den [X.] benannt und ihm darüber den Vollzug des Geschäfts ermöglicht. Die aus dieser Vor-schrift folgende Erfüllungshaftung bezieht sich somit nur auf das tatsächlich ge-schlossene Geschäft und soll nicht noch zusätzlich dessen Wirksamkeit fingie-ren (vgl. [X.], Urteil vom 29.
Juni 2012

7
U 4/12, juris Rn.
30; Ensthaler/[X.], GK-[X.], 8.
Aufl., §
384 Rn.
17; MünchKomm[X.]/Häuser, 3.
Aufl., §
384 Rn.
117; [X.], [X.], 5.
Aufl., §
384 Anm.
70; aA OLG Frankfurt/[X.], [X.], 44; [X.]/Klodt-Bußmann
in Haag/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
384 Rn.
12). Aufgrund dessen scheidet eine Haf-tung des Kommissionärs nach §
384 Abs.
3 [X.] etwa aus, wenn er von dem Geschäft hätte zurücktreten können oder ihm die Ausführung des Geschäfts unmöglich geworden ist (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Dezember 1958

VIII
ZR 165/57, [X.], 269, 270).

So liegt der Fall hier. Die Aufhebung
der nicht marktgerechten Options-scheingeschäfte (sogenannte Mistrades)
wird vom Schutzzweck des §
384 Abs.
3 [X.] nicht erfasst. Die Stornierung wäre auch dann erfolgt, wenn die Beklagte dem Kläger den [X.] zugleich mit der Ausführungsanzeige vom 9.
Januar 2002 namhaft gemacht
hätte. Eine Besserstellung des Kommittenten im Vergleich zu dieser Rechtslage wird mit §
384 Abs.
3 [X.] nicht bezweckt.
16
17
-
8
-
c) Dem steht nicht entgegen, dass bei der vorliegenden Fallkonstellation dem Kunden einer Bank erhebliche Vermögensschäden drohen, wenn er im Daytrading Gewinne sofort in neue Geschäfte investiert, dabei verliert und [X.] das erste, gewinnbringende Geschäft als "Mistrade" rückabgewickelt wird. Der dadurch dem Kunden entstehende Schaden wird nicht von der
Haftung aus §
384 Abs.
3 [X.]
erfasst. Vielmehr wird der Kommittent insoweit dadurch aus-reichend geschützt, dass der Kommissionär

in Erfüllung der ihm obliegenden Interessenwahrungspflicht nach §
384 Abs.
1 Halbs.
2 [X.]

in dem Ausfüh-rungsgeschäft einen
dem §
122 BGB entsprechenden
Schadensersatzanspruch zu vereinbaren hat (vgl. dazu Senatsurteil vom 25.
Juni 2002

XI
ZR 239/01, [X.], 1687, 1689).

3. Aufgrund dessen kann offen
bleiben, ob

was von der Revisionserwi-derung geltend gemacht wird

die dispositive Vorschrift des §
384 Abs.
3 [X.]
18
19
-
9
-
für den Wertpapierhandel durch einen entgegenstehenden Handelsbrauch [X.] gesetzt ist (vgl. [X.], Urteil vom 18.
Januar 1952

I
[X.], [X.] §
675 BGB Nr.
3).

Ellenberger
Grüneberg
Maihold

Menges
Derstadt
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.10.2011 -
330 [X.]/09 -

O[X.], Entscheidung vom 04.10.2013 -
13 [X.] -

Meta

XI ZR 386/13

23.06.2015

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.06.2015, Az. XI ZR 386/13 (REWIS RS 2015, 9321)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9321

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XI ZR 386/13

III ZR 308/11

XI ZR 368/11

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