Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2000, Az. II ZR 268/98

II. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3373

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEILII [X.]/98Verkündet am:24. Januar 2000BoppelJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:jaBGHR: jaBGB §§ 130, 187, 188; [X.] §§ 125, 126Der Ablauf der Wochenfrist im Sinne des § 126 Abs. 1 [X.] richtet sich nach § 188Abs. 2 BGB. Eine unmittelbare oder entsprechende Anwendung des § 130Abs. 1 BGB kommt nicht in [X.] 2 -BGH, Urteil vom 24. Januar 2000 - II [X.]/98 - [X.] Frankfurt a.[X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] h.c. Röhricht und [X.] Prof. Dr. [X.], Prof. [X.], [X.] und die Richterin [X.] erkannt:Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 11. August 1998 wird auf [X.] [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Die Kläger, Aktionäre der [X.], wenden sich mit ihren Anfech-tungsklagen gegen die in der Hauptversammlung vom 8. Mai 1996 für das [X.] beschlossene Entlastung des Vorstandes ([X.] 3) und desAufsichtsrates ([X.] 4).Nach der Bekanntmachung der Einladung zur Hauptversammlung [X.] am 27. März 1996 sandte der Kläger zu 2 der [X.] am3. April 1996 zwei Telekopien mit [X.] und Begründung im Sinnedes § 126 Abs. 1 [X.] zu, nach denen dem gesamten Aufsichtsrat und - [X.] - den Vorstandsmitgliedern [X.]und [X.]die Entla-stung verweigert werden sollte. Die Anträge gingen bei der allgemeinen [X.] -stelle der [X.] um 22.00 Uhr bzw. 22.10 Uhr ein. Die Beklagte sah [X.], die Anträge den in § 125 Abs. 1 [X.] genannten Institutionen mitzuteilen.Ihre Weigerung begründete sie damit, die Gegenanträge seien verspätet beiihr eingegangen.Im Hinblick auf dieses Vorgehen der [X.] halten die Kläger [X.] der Hauptversammlung für anfechtbar. Sie haben ge-gen die Beschlüsse Wi[X.]pruch zur Nie[X.]chrift des Notars erklärt.Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat [X.] und die Beschlüsse für nichtig erklärt. Mit ihrer Revision erstrebtdie Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.Entscheidungsgründe:Die Revision der [X.] ist nicht begründet. Das Berufungsgerichthat der Anfechtungsklage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.[X.] Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat [X.] zu 2 der [X.] zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 Gegenan-träge mit Begründung übersandt, aus denen sich ergibt, daß er dem [X.] Verwaltung, dem Aufsichtsrat und den Vorstandsmitgliedern [X.]und[X.]Entlastung zu erteilen, wi[X.]prechen werde. Aus der Ankündigungder Anträge folgt zugleich, daß die anderen Aktionäre dafür gewonnen werdensollten, für diese Gegenanträge zu stimmen. Diese Voraussetzungen entspre-chen den Anforderungen des § 126 Abs. 1 [X.]. Insoweit erhebt die Revisionauch keine Einwendungen.- 5 -I[X.] Die Revision wendet sich jedoch gegen die Ansicht des Berufungsge-richts, daß die Gegenanträge der [X.] binnen einer Woche nach der [X.] worden seien. Sie ist der Meinung, es genüge nicht, daß der Gesell-schaft Gegenanträge bis 24.00 Uhr des letzten Tages der Wochenfrist des§ 126 Abs. 1 [X.] zugingen; vielmehr müsse ein Zugang im Sinne von § 130Abs. 1 BGB bewirkt werden, d.h. die Erklärungen müßten so rechtzeitig in [X.] der [X.] gelangen, daß sie unter normalen [X.] Möglichkeit habe, den Inhalt der Erklärung des Aktionärs zur Kenntnis zunehmen. Dieser Ansicht folgt der Senat nicht.1. Im Schrifttum werden zur Frage des Ablaufs der Wochenfrist im Sinnedes § 126 Abs. 1 [X.] unterschiedliche Ansichten vertreten. Die überwiegendeAnzahl der Autoren befaßt sich lediglich mit der Berechnung der Frist nach§ 187 Abs. 1 BGB (Fristbeginn) und § 188 Abs. 2 BGB (Fristende), ohne aufdie Frage einzugehen, ob die Voraussetzungen, unter denen Gegenanträge als"übersandt" anzusehen sind, denjenigen für das Wirksamwerden einer [X.] unter Abwesenden (§ 130 Abs. 1 BGB) entsprechen (vgl. u.a.[X.], [X.] §§ 125-127 Rdn. 11; [X.] in Geßler/[X.]/[X.]/[X.], [X.] § 126 Rdn. 130; [X.] in [X.], AG § 35 Rdn. 63; [X.]/[X.]/Winden, [X.]. S. 54). Eine derartigeGleichstellung wird verschiedentlich befürwortet ([X.], [X.] 4. Aufl. § 126Rdn. 4; [X.]. [X.] 1998, 991; [X.], [X.] 1991, S. 287 ff., 290; Prin-ge, [X.], 1866, 1867). Andere gehen unter Ablehnung dieser Ansicht da-von aus, daß die Frist bis 24.00 Uhr genutzt werden kann ([X.] in Groß-komm. z. [X.], 4. Aufl. § 126 Rdn. 32; [X.], EWiR § 126 [X.] 1/98, 819; Keil,EWiR § 126 [X.] 1/97, 385; vgl. auch schon [X.] in Großkomm. z. [X.],3. Aufl. § 126 [X.]. 5).- 6 -2. Der Senat ist der Ansicht, daß die Gegenanträge bis zum Ablauf dernach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB errechneten Frist um 24.00 Uhr übersandtwerden können.a) Das Gesetz gewährt der [X.] eine Frist von 12 Tagen vomZeitpunkt der Bekanntmachung der Hauptversammlung im [X.] an,um bestimmten Institutionen u.a. Gegenanträge von Aktionären mitzuteilen(§ 125 Abs. 1 [X.]). Beginn und Ende dieser nach Tagen bemessenen Fristrichten sich nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB. Den Aktionären wird für [X.] der Gegenanträge an die [X.] eine Frist von einer [X.] ab Bekanntgabe der Hauptversammlung im [X.] gesetzt (§ 126Abs. 1 [X.]). Auch hier bestimmt sich der Fristbeginn nach § 187 Abs. 1 BGB;das Fristende errechnet sich nach § 188 Abs. 2 BGB. Der [X.] für die Prüfung (§ 126 Abs. 2 [X.]), Fertigung einer etwaigen Stel-lungnahme und Mitteilung an die Kreditinstitute sowie [X.] der Regel ein Zeitraum von fünf Tagen. Die Wochenfrist des § 126 Abs. 1[X.] endet nach der gesetzlichen Vorschrift des § 188 Abs. 2 BGB mit [X.] letzten von ihr umfaßten Tages, also um 24.00 Uhr. Diese Regelung istauch für den vorliegenden Fall maßgebend.b) Eine davon abweichende Beurteilung kommt nach Ansicht des Senatsnicht in [X.]) Eine unmittelbare Anwendung des § 130 Abs. 1 BGB scheidet aus.Die Gegenanträge einschließlich ihrer Begründung stellen keine rechtsge-schäftlichen Willenserklärungen im Sinne des § 130 Abs. 1 BGB dar ([X.],EWiR § 126 [X.] 1/98, 819, 820; a.A. offenbar [X.] in Großkomm. z. [X.],4. Aufl. § 126 Rdn. 32). Sie müssen der [X.] zwar zugehen. Denn nurin diesem Falle ist sie in der Lage, die Anträge zu prüfen (§ 126 Abs. 2 [X.]),- 7 -die Erforderlichkeit einer Stellungnahme zu beurteilen (§ 125 Abs. 1 [X.]) unddie Gegenanträge in der vom Gesetz vorgesehenen Frist Aktionärsvereinigun-gen und Kreditinstituten mitzuteilen (§ 125 Abs. 1 [X.]). Allein das [X.] gebietet jedoch nicht zwingend, die Zugangsvoraussetzungen des§ 130 Abs. 1 BGB im Rahmen des § 126 Abs. 1 [X.] zu berücksichtigen.bb) Auch der Normzweck des § 126 Abs. 1 [X.] ergibt keine zwingendeNotwendigkeit, den Fristablauf für den Eingang von [X.] von24.00 Uhr auf den - für § 130 Abs. 1 BGB maßgebenden - Zeitpunkt vorzuver-legen, in dem eine Kenntnisnahme durch den Empfänger möglich und den Um-ständen nach zu erwarten ist.Eine solche Vorverlegung des Fristablaufs auf den für die Vorschrift des§ 130 Abs. 1 BGB maßgebenden Zeitpunkt wird mit der Begründung gefordert,die Frist, die der [X.] nach Eingang der Gegenanträge am letzten [X.] Wochenfrist des § 126 Abs. 1 [X.] zu deren Bearbeitung verbleibe, seibedenklich kurz. Werde es dem Aktionär erlaubt, der [X.] seine Ge-genanträge erst nach den üblichen Geschäftszeiten bis um Mitternacht zuübersenden, werde dieser Zeitraum der Sache nach um einen weiteren Tagverkürzt (vgl. [X.], [X.] 1998, 991). Diese Begründung hält der Senat [X.] überzeugend. Ist der Aktionär verpflichtet, seinen Gegenantrag der Gesell-schaft bis zu dem Zeitpunkt des Ablaufs ihrer Geschäftszeiten zu übersenden,ist für die [X.] nichts gewonnen: Die Bearbeitung des Antrages wirdvon der [X.] auch unter diesen Umständen nicht noch am [X.] nach Ende der Geschäftszeit in Angriff genommen, sondern erst amnächsten Tag. Insoweit besteht zu der Sachlage, die eintritt, wenn der Gegen-antrag erst nach Beendigung der Geschäftszeit, insbesondere erst kurz vor- 8 -dem Ende der einwöchigen Frist um 24.00 Uhr eingeht, kein wesentlicher [X.] (vgl. auch [X.], EWiR § 126 [X.] 1/98, 819, 820).Auf eine für Aktiengesellschaften allgemein gültige Geschäftszeit [X.] abgestellt werden. Denn die Aktiengesellschaften stellen keineeinheitliche Adressatengruppe dar, für die sich unter Berücksichtigung der [X.] Verhältnisse eine übliche Geschäftszeit bestimmen ließe (vgl. [X.],EWiR § 126 [X.] 1/98, 819). Würde man eine solche dennoch fiktiv anneh-men, würde das bei der unterschiedlichen Gestaltung der innerbetrieblichenGeschäftsabläufe zu Ungleichbehandlungen der [X.]en führen, dienicht hingenommen werden können.cc) Die Verlagerung des [X.] auf das Ende der Geschäftszeit je-der einzelnen [X.] ist auch nicht geeignet, eine erhöhte Rechtssicher-heit für den Zugang der Gegenanträge unter den Beteiligten zu schaffen. [X.] Geschäftszeit der einzelnen [X.]en ist den Aktionären in [X.] nicht bekannt, so daß ihnen der Zeitpunkt, bis zu dem sie Gegenanträgeübersenden können, auch regelmäßig nicht geläufig ist.Dagegen kann von den [X.]en verlangt werden, daß sie für denTag des Fristablaufs in geeigneter Weise Vorkehrungen für den Empfang von[X.] treffen. Für diese Vorkehrungen bedarf es keiner Verlagerungdes [X.] auf das Ende einer als allgemein üblich angenommenen Ge-schäftszeit. Die Vorkehrungen können auch für den Fall getroffen werden, daßdie Frist erst an ihrem letzten Tag um 24.00 Uhr endet.Ein schützenswertes Interesse der [X.]en an der Vorverlegungdes [X.] besteht somit [X.] -3. Das Berufungsgericht ist daher zutreffend von der Rechtzeitigkeit [X.] der vom [X.] zu 2 übersandten Gegenanträge [X.] 10 -Ohne Rechtsverstoß hat es einen für das Ergebnis der Beschlußfassung be-deutsamen Gesetzesverstoß im Sinne des § 243 Abs. 1 [X.] bejaht. Es hatdaher der Anfechtungsklage zu Recht stattgegeben.Röhricht[X.]Goette Kurzwelly Münke

Meta

II ZR 268/98

24.01.2000

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2000, Az. II ZR 268/98 (REWIS RS 2000, 3373)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3373

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

7 U 131/18 (OLG München)

Wirksamkeit eines in der Hauptversammlung gefassten Beschlusses


5 HK O 17464/16 (LG München I)

Wirksamkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses nach Einberufungsverlangen eines Aktionärs


I-26 W 3/08 (AktE) (Oberlandesgericht Düsseldorf)


I-6 U 91/00 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


91 O 12/20 (Landgericht Köln)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.