Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2007, Az. IV ZB 21/06

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5612

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[X.] [X.] vom 24. Januar 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein

[X.] [X.] Nr. 3104, 3105 Die volle Terminsgebühr entsteht für den Klägervertreter auch dann, wenn der [X.] im Verhandlungstermin nicht ordnungsgemäß vertreten ist, der [X.] aber über den Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils hinaus mit dem Gericht die Zulässigkeit seines schriftsätzlich angekündigten [X.] erörtert oder mit dem persönlich anwesenden [X.]n Möglichkeiten einer einverständlichen Regelung bespricht.

[X.], Beschluss vom 24. Januar 2007 - [X.] - OLG [X.]

LG [X.] - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.] am 24. Januar 2007 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der [X.] des 11. Zivilsenats des [X.] vom 24. Mai 2006 aufgehoben. Die sofortige Beschwerde der [X.]n gegen den Kos-tenfestsetzungsbeschluss des [X.]s [X.] vom 21. Februar 2006 wird zurückgewiesen. Die [X.]n tragen die Kosten des Beschwerde- und des [X.]. Streitwert: 1.620,45 •

Gründe: [X.] Die anwaltlich vertretene Klägerin hat vor dem [X.] ein Versäumnisurteil auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus zwei Grund-schulden erwirkt, das rechtskräftig wurde. Von Seiten der [X.]n war zum Termin, in dem das Versäumnisurteil erging, nur der [X.] zu 1) 1 - 3 -

ohne Anwalt erschienen. Aus dem Sitzungsprotokoll geht u.a. hervor, dass vor Erlass des Versäumnisurteils der Sach- und Streitstand kurz erörtert worden sei; der [X.] zu 1) habe erklärt, dass auf die Schuld bei der Klägerin in Höhe von ca. 250.000 • gegenwärtig regelmäßig Zah-lungen geleistet würden. Der Klägervertreter habe den Antrag aus der Klageschrift mit einer Maßgabe hinsichtlich der Bezeichnung des be-lasteten Grundstücks im Grundbuch gestellt.
Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger-vertreter u.a. beantragt, für die Wahrnehmung des Termins, in dem das Versäumnisurteil ergangen war, eine 1,2fache Terminsgebühr nach Nr. 3104 [X.]-[X.] festzusetzen. Auf Rückfrage des [X.] hat sich der die Verhandlung [X.] im Wesentlichen auf das Sit-zungsprotokoll bezogen; der Klägervertreter hat erklärt, der [X.] ha-be im Termin zur Vorgeschichte des Rechtsstreits vorgetragen, über Versuche berichtet, zu einer einverständlichen Lösung zu gelangen, und sich erneut um eine solche Lösung bemüht. Er sei vom Klägervertreter darauf hingewiesen worden, dass auch nach Erlass des [X.] weiterhin die Möglichkeit bestehe, mit der Klägerin einvernehmliche Regelungen zu treffen. Diese Darstellung haben die im [X.] anwaltlich vertretenen [X.]n nicht bestritten. Der Rechtspfleger hat im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21. Februar 2006 die beantragte Terminsgebühr festgesetzt. 2 Dagegen haben die [X.]n sofortige Beschwerde erhoben, der nicht abgeholfen wurde. Das [X.] hat die Kostenfestset-zung reduziert und dem Klägervertreter lediglich eine halbe Gebühr nach Nr. 3105 [X.]-[X.] zugebilligt. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde. 3 - 4 -

4 I[X.] Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet. 1. Das [X.] geht vom Wortlaut der Nr. 3105 [X.]-[X.] aus, wonach die Beschränkung der Terminsgebühr auf den halben Ge-bührensatz an zwei Voraussetzungen geknüpft ist: Zum einen muss eine [X.] nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten sein. Das war hier bezüglich der [X.]n der Fall. Zum anderen darf "lediglich" ein Antrag auf Versäumnisurteil (oder zur Prozess- oder Sachleitung) gestellt worden sein. Das [X.] stellt fest, im vorliegenden Fall sei darüber hinaus vom Gericht auf eine Antragsanpassung durch den Klägervertreter hingewirkt worden; außerdem sei zu den Berichten des erschienenen [X.]n zu 1) und dessen Bemühungen um eine einvernehmliche Regelung Stellung genommen worden. Damit sei nach dem Wortlaut der hier anzuwendenden Vorschriften von der Entstehung der vollen, 1,2fachen Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 [X.]-[X.] auszuge-hen. 5 Auch nach den Motiven des Gesetzgebers (BT-Drucks. 15/1971 [X.] f.) solle die in Nr. 3105 [X.]-[X.] vorgesehene Reduzierung nur dann gelten, wenn der Rechtsanwalt im Termin tatsächlich keine weitere Tätigkeit als die Stellung des Antrags auf ein Versäumnisurteil entfaltet habe. In den Motiven werde aber der Hinweis gegeben, dass bei gleich-zeitiger Anwesenheit bzw. ordnungsgemäßer Vertretung beider [X.]en die Gebühr nach Nr. 3104 [X.]-[X.] auch dann anzusetzen ist, wenn le-diglich ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt wird, weil in solchen Fällen in aller Regel weitere Erörterungen stattfinden. Allerdings könne auf das Vorliegen einer Erörterung oder Verhandlung nicht [X.] - 5 -

stellt werden, weil das [X.] diese Begriffe aus Vereinfachungsgründen nicht verwende.
Daraus zieht das [X.] den Schluss, auf die Frage ei-ner Erörterung oder Verhandlung könne es aufgrund der vom [X.] erstrebten Vereinfachung des Kostenfestsetzungsverfahrens auch bei der Anwendung der Nr. 3105 [X.]-[X.] nicht ankommen. Vielmehr sei allein entscheidend, dass nur eine [X.] anwesend bzw. ordnungsge-mäß vertreten war und ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils ge-stellt worden ist. Darüber hinaus wäre es überraschend, wenn ein Pro-zessbevollmächtigter, dessen vorbereitender Vortrag nicht schlüssig oder hinreichend substantiiert sei und der deshalb seinen Antrag nach Erörterung mit dem Gericht im Termin abändere, eine höhere, vom [X.] zu erstattende Gebühr erhalten solle. Deshalb müsse der [X.] 3105 [X.]-[X.] restriktiv dahin ausgelegt werden, dass eine einseitige Erörterung des erschienenen Prozessbevollmächtigten mit dem Gericht oder mit einer nicht ordnungsgemäß vertretenen [X.] die in Nr. 3105 [X.]-[X.] vorgesehene Reduzierung nicht ausschließe. 7 2. Dem folgt der Senat nicht. 8 a) Wie sich aus dem Zitat des [X.]s aus den [X.] ergibt, soll die in Nr. 3105 [X.]-[X.] vorgesehene Gebührenreduzierung "nur dann gelten, wenn der Rechtsanwalt im Ter-min tatsächlich keine weiteren Tätigkeiten entfaltet". Daraus ist zu schließen, dass ihm die höhere Gebühr aus Nr. 3104 [X.]-[X.] zustehen soll, wenn er über die Stellung der in Nr. 3105 [X.]-[X.] genannten [X.] hinaus tätig wird, also einen höheren Aufwand hat. Das [X.] knüpft zwar nicht mehr an das Vorliegen einer Erörterung oder Verhandlung an, 9 - 6 -

wohl aber an den Aufwand des Anwalts. Dass aufgrund der Typisierung des Gesetzes von einem höheren Aufwand regelmäßig auch dann aus-gegangen wird, wenn beide [X.]en erscheinen bzw. ordnungsgemäß vertreten sind, selbst wenn nur ein Antrag auf Erlass eines Versäumnis-urteils gestellt wird, zwingt nicht zu dem Gegenschluss, dass ein kosten-rechtlich beachtlicher Mehraufwand nicht anzunehmen sei, wenn nur ei-ne [X.] erschienen oder ordnungsgemäß vertreten ist. Vielmehr setzt Nr. 3105 [X.]-[X.] zusätzlich voraus, dass "lediglich" ein Antrag auf Ver-säumnisurteil oder zur Prozess- oder Sachleitung gestellt wird. Erst [X.] wird in den Materialien die Folgerung geknüpft, in solchen Fallkons-tellationen habe der Anwalt in der Regel einen verminderten Aufwand, dem die Gebührenreduzierung Rechnung trage (BT-Drucks. 15/1971 [X.]). b) Kommt es mithin entscheidend auf den Aufwand des Rechtsan-walts an, bestehen keine Bedenken, ihm die volle Terminsgebühr der Nr. 3104 [X.]-[X.] auch dann zuzugestehen, wenn die über die Stellung der in Nr. 3105 [X.]-[X.] vorgesehenen Anträge hinausgehende Tätigkeit des Anwalts darin besteht, diese Anträge zuvor nach Erörterung mit dem Gericht angepasst zu haben. Die Antragsänderung muss keineswegs immer auf einer nachlässigen Vorbereitung des Anwalts beruhen und dient jedenfalls auch den Interessen der durch das Versäumnisurteil be-troffenen, nicht erschienenen [X.]. Es ist nicht einzusehen, warum die beklagte [X.] bei einem gegen sie ergangenen Versäumnisurteil die auf der Erörterung mit dem Gericht beruhenden Anwaltskosten nicht ge-nau so tragen soll, wie wenn das Versäumnisurteil aufgrund eines Ter-mins ergangen wäre, in dem beide [X.]en ordnungsgemäß vertreten waren. Eine weitere Berücksichtigung von Besonderheiten des Einzelfal-les, insbesondere ob der zusätzliche Aufwand im Termin vermeidbar [X.] - 7 -

wesen wäre oder nicht, widerspräche dem Ziel des Gesetzgebers, nach Möglichkeit eine Vereinfachung des Kostenfestsetzungsverfahrens zu er-reichen (BT-Drucks. 15/1971 S. 139 f., 144 f., 147).
c) Ungeachtet der Anpassung des Klageantrags ergibt sich ein Mehraufwand des Klägervertreters im vorliegenden Fall schon daraus, dass der persönlich zum Termin erschienene [X.] zu 1) mit dem Klägervertreter Möglichkeiten einer einverständlichen Regelung bespro-chen hat. Nach der Vorbemerkung 3 Absatz 3 [X.]-[X.] entsteht eine Terminsgebühr schon dann, wenn der Anwalt an einer auf die Vermei-dung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung mitwirkt, und zwar sogar ohne Beteiligung des Gerichts. Deshalb kann es nicht darauf ankommen, dass der [X.] zu 1) nicht ordnungsgemäß vertre-ten war. 11 d) Mithin stimmt die Auslegung der Nr. 3105 [X.]-[X.], die sich auch nach Auffassung des [X.]s aus dem Wortlaut der Be-stimmung ergibt, dass nämlich eine Beschränkung auf den halben Ge-bührensatz nur eintritt, wenn bei einseitiger Verhandlung "lediglich" ein Antrag auf Versäumnisurteil oder zur Prozess- oder Sachleitung gestellt wird, mit den Wertungen des Gesetzgebers überein, wie sie sich aus den Materialien und aus anderen, auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen ergeben. Deshalb verdient die den Wortlaut ausschöpfende Auslegung den Vorzug (vgl. [X.], [X.] vom 27. Oktober 2005 - [X.]/05 - NJW 2006, 157 [X.]). Sie entspricht der einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Literatur ([X.] JurBüro 2006, 254; KG, Beschluss vom 7. März 2006 - 1 W 78/06 - dokumentiert bei juris unter [X.]; [X.] 2006, 436, 437; Müller-Rabe in [X.]/von [X.]/[X.], [X.] 12 - 8 -

17. Aufl. [X.] 3105 [X.] 27; [X.] [X.]/Hergenröder, 9. Aufl. [X.] [X.] Nr. 3105 [X.] 2; [X.]/[X.]/Schons, Praxiskom-mentar zum [X.] 2. Aufl. [X.] 3105 [X.] 8; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 2. Aufl. Nr. 3105 [X.] [X.] 4, 14; [X.] in [X.]/Braun/[X.], Praxis des [X.] [X.] 366 f.; [X.], Gebühren-recht, Honorargestaltung, Kostenrecht S. 55; [X.], [X.] für Anfänger [X.] 1043). Die Prüfung, ob der Anwalt über Nr. 3105 [X.]-[X.] hinaus Tätigkeiten entfaltet hat, führt schließlich nicht zu einer ins Gewicht [X.] Erschwerung des Kostenfestsetzungsverfahrens. In der Regel werden zusätzliche Tätigkeiten des Rechtsanwalts - wie hier - bereits aus dem Sitzungsprotokoll hervorgehen. Im Übrigen ist es Sache des Anwalts, der die Kostenfestsetzung betreibt, deren Voraussetzungen darzulegen und glaubhaft zu machen (§§ 11 Abs. 2 Satz 3 [X.], 103 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO). - 9 -

13 Danach hat der Rechtspfleger des [X.]s die Kosten hier zutreffend festgesetzt. Die sofortige Beschwerde der [X.]n war [X.].
Terno [X.] [X.] Dr. [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom [X.] - 10 O 822/05 - OLG [X.], Entscheidung vom 24.05.2006 - 11 W 19/06 -

Meta

IV ZB 21/06

24.01.2007

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2007, Az. IV ZB 21/06 (REWIS RS 2007, 5612)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5612

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