Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.03.2023, Az. XI ZR 42/22

11. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 1485

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Gegenstand

Verbundener Verbraucherdarlehensvertrag: Leistungsverweigerungsrecht des Darlehensgebers nach Widerruf; Zulässigkeit der Feststellungsklage


Tenor

Auf die Revision der [X.]n wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 17. Februar 2022 teilweise aufgehoben und insgesamt zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 24. September 2021 in der Fassung des Beschlusses vom 15. November 2021 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Klägerin der [X.]n aus dem mit ihr geschlossenen Darlehensvertrag vom 17. März 2017 aufgrund des Widerrufs vom 22. September 2020 weder die Zahlung von Zinsen noch die Erbringung von Tilgungsleistungen schuldet.

Auf die Widerklage wird festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, an die [X.] Wertersatz in Höhe der Differenz zwischen dem Verkehrswert des [X.], Fahrzeug-Identifizierungsnummer                    , zum Zeitpunkt der Übergabe an die Klägerin nach dem Kauf und dem Verkehrswert dieses Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Herausgabe an die [X.] im Rahmen der Rückabwicklung (Wertersatz) zu zahlen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, das vorbezeichnete Fahrzeug an die [X.] an deren Sitz herauszugeben.

Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 32% und die [X.] zu 68%. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 39% und der [X.]n zu 61% auferlegt. Von den Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin 36% und die [X.] 64% zu tragen.

Streitwert: bis 80.000 €

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung der Klägerin.

2

Die Klägerin erwarb im März 2017 einen gebrauchten [X.] zum Kaufpreis von 59.800 €. Zur Finanzierung des Kaufpreises und einer Ratenabsicherungs-Prämie in Höhe von 2.292,25 € schlossen die Parteien mit Datum vom 17. März 2017 einen Darlehensvertrag über 62.092,25 €. Das Darlehen sollte in 60 Monatsraten zu je 779,77 € und einer Schlussrate von 25.116 € zurückgezahlt werden. Seite 1 des Darlehensvertrags enthält folgende Angabe über die Verzugsfolgen:

"Für ausbleibende Zahlungen wird Ihnen der gesetzliche Zinssatz für Verzugszinsen berechnet. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz."

3

In den Darlehensvertrag einbezogen waren die Darlehensbedingungen der Beklagten, die unter anderem in Ziffer [X.]. 5 folgende Regelung enthalten:

"Widerruft der Darlehensnehmer seine Vertragserklärung innerhalb der Widerrufsfrist, so hat er für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens keine Sollzinsen zu entrichten."

4

Mit E-Mail vom 22. September 2020 erklärte die Klägerin den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung und forderte die Beklagte zur Rückabwicklung des Vertrags auf. Die Beklagte wies den Widerruf als verfristet zurück.

5

Mit der Klage hat die Klägerin zuletzt (1.) die Zahlung der bis zum Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 31.970,57 € nebst Zinsen nach Rückgabe des finanzierten Fahrzeugs, (2.) die Zahlung nach Widerruf erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 13.256,09 € nebst Zinsen, (3.) hilfsweise für den Fall, dass der Klageantrag zu 1 derzeit unbegründet sei, die Feststellung, dass ihr ein Zahlungsanspruch in Höhe von 31.970,57 € nebst Zinsen zustehe, der nach Rückgabe des finanzierten Fahrzeugs am Sitz des Verkäufers, hilfsweise: am Sitz der Beklagten, fällig sei, (4.) die Feststellung, dass sich die Beklagte spätestens seit dem Tag der letzten mündlichen Verhandlung mit der Rücknahme des Fahrzeugs im Annahmeverzug befinde, (5.) die Feststellung, dass die Klägerin infolge und ab ihrer Widerrufserklärung vom 22. September 2020 aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrag weder Zins- noch Tilgungsleistungen schulde, und (6.) die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten begehrt.

6

Das [X.] hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die dagegen von der Klägerin eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht (1.) festgestellt, dass die Klägerin infolge und ab ihrer Widerrufserklärung vom 22. September 2020 aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrag weder Zins- noch Tilgungsleistungen schuldet, (2.) die Beklagte zur Zahlung von 13.256,09 € Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des finanzierten Fahrzeugs verurteilt und (3.) festgestellt, dass der Klägerin ein Zahlungsanspruch in Höhe von 31.970,57 € zusteht, der nach Rückgabe des finanzierten Fahrzeugs am Sitz der Beklagten fällig ist. Auf die Hilfswiderklage der Beklagten hat das Berufungsgericht (1.) festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, an die Beklagte Wertersatz in Höhe der Differenz zwischen dem Verkehrswert des finanzierten Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Übergabe an die Klägerin nach dem Kauf und dem Verkehrswert dieses Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Herausgabe an die Beklagte zu zahlen, und (2.) die Klägerin zur Herausgabe des finanzierten Fahrzeugs an die Beklagte an deren Sitz verurteilt. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen und die weitergehende Hilfswiderklage auf Feststellung, dass die Klägerin verpflichtet sei, an die Beklagte für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des streitgegenständlichen Darlehens Nutzungsersatz in Höhe von 4,40% p.a. auf den jeweils offenen Darlehenssaldo zu zahlen, hat es abgewiesen.

7

Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der [X.]n hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von 13.256,09 € und die Feststellung eines Zahlungsanspruchs in Höhe von 31.970,57 € richtet. Insoweit führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung des [X.] als derzeit unbegründet und des [X.] als unzulässig. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

I.

9

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Es sei festzustellen, dass die Klägerin aufgrund ihrer Widerrufserklärung der [X.]n aus dem Darlehensvertrag weder Zins- noch Tilgungsleistungen mehr schulde. Der Klägerin habe im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrags ein Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1, § 355 BGB zugestanden. Die Widerrufsfrist sei bei Abgabe der Widerrufserklärung am 22. September 2020 nicht verstrichen gewesen, da die [X.] der Klägerin nicht sämtliche erforderlichen Pflichtangaben erteilt habe. Die [X.] habe die Klägerin unter anderem nicht in der nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB geforderten Form über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner Anpassung informiert. Die Ausübung des Widerrufsrechts sei nicht nach § 242 BGB rechtsmissbräuchlich. Selbst wenn die Annahme von Rechtsmissbrauch erwogen werden könnte, wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübe, um das Fahrzeug nach längerer bestimmungsgemäßer Nutzung zurückgeben zu können, reichte dieser Umstand für sich genommen im hier vorliegenden Einzelfall nicht aus. Überdies habe die Klägerin ihre Pflicht zur Zahlung von [X.] nicht bestritten.

Dagegen sei der Anspruch auf Zahlung der bis zum Widerruf geleisteten Zins- und Tilgungsraten in Höhe von insgesamt 31.970,57 € noch nicht fällig und daher derzeit unbegründet. Der [X.]n stehe gemäß § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Insoweit verhelfe es der Klägerin nicht zum Erfolg, dass sie Zahlung "nach" Herausgabe des Fahrzeugs begehre. Dies setze in entsprechender Anwendung des § 322 Abs. 2 BGB voraus, dass die [X.] mit der Entgegennahme des Fahrzeugs im Verzug der Annahme sei. Dies sei aber nicht der Fall. In dem [X.] vom 22. September 2020 habe die Klägerin lediglich die Bestätigung des Widerrufs und die Zahlung aller bisher geleisteten Raten gefordert, was nicht zur Erfüllung der Vorleistungspflicht ausreiche. Ein behauptetes Anwaltsschreiben aus der Folgezeit habe sie nicht vorgelegt.

Es sei aber festzustellen, dass der Klägerin ein Zahlungsanspruch in Höhe von 31.970,57 € zustehe, der nach Rückgabe des Fahrzeugs am Sitz der [X.]n fällig sei. Der Feststellungsantrag sei trotz Vorrangs der Leistungsklage zulässig. Dies sei ausnahmsweise der Fall, wenn im konkreten Fall gesichert sei, dass der Rechtsstreit die Meinungsverschiedenheiten der Parteien endgültig bereinige. So liege es hier. Zwischen den Parteien sei die Höhe der erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen nicht streitig.

Der hinsichtlich der nach Widerruf unter Vorbehalt erbrachten Ratenzahlungen geltend gemachte [X.] in Höhe von 13.256,09 € sei begründet, allerdings nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Eine Vorleistungspflicht der Klägerin bestehe insoweit nicht, weshalb sich die [X.] nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB berufen könne.

Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs und der [X.] seien unbegründet.

Aufgrund des teilweisen Erfolgs der Klage sei über die Hilfswiderklage der [X.]n zu entscheiden. Insoweit sei festzustellen, dass der [X.]n ein Anspruch auf [X.] gemäß § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 7 BGB zustehe. Ferner habe sie gemäß § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Herausgabe des finanzierten Fahrzeugs. Dagegen stehe ihr kein Anspruch auf [X.] in Höhe der vereinbarten [X.] zu. Sie habe in Ziffer [X.]. 5 der Darlehensbedingungen für den Fall des Widerrufs für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens auf [X.] verzichtet.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Revision der [X.]n hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von 13.256,09 € und die Feststellung eines Zahlungsanspruchs in Höhe von 31.970,57 € richtet. Insoweit führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung des [X.] als derzeit unbegründet und des [X.] als unzulässig. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

1. Die Revision der [X.]n wendet sich ohne Erfolg gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin der [X.]n aus dem mit ihr geschlossenen Darlehensvertrag aufgrund ihrer Widerrufserklärung weder Zinsen noch Tilgungsleistungen schuldet.

a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre auf Abschluss des streitgegenständlichen, gemäß § 358 Abs. 3 BGB unter anderem mit einem Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug verbundenen [X.] gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen hat. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Klägerin bei Abschluss des Darlehensvertrags gemäß § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht zustand und die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann, bevor die Klägerin die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatte. Es hat ebenfalls zu Recht angenommen, dass die [X.] ihre aus § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB resultierende Verpflichtung, über den Verzugszins und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung zu unterrichten, nicht ordnungsgemäß erfüllt hat.

Wie der Senat bereits entschieden und im Einzelnen begründet hat, erfordert zwar die Information über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner Anpassung nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB nach den Maßstäben des nationalen Rechts nicht die Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes (vgl. Senatsurteil vom 5. November 2019 - [X.], [X.], 1 Rn. 52 [X.]). Im Geltungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über [X.] und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ([X.]. 2008, [X.], [X.], berichtigt in [X.]. 2009, [X.], [X.], [X.]. 2010, [X.], [X.] und [X.]. 2011, [X.], [X.]) genügt dies aber den Anforderungen des Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB nicht, sondern verlangt die Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Prozentsatzes (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2022 - [X.], [X.], 979 Rn. 11 f.). Dem ist die [X.] nicht nachgekommen.

b) Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung auch insoweit stand, als das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, dass die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Klägerin nicht nach § 242 BGB rechtsmissbräuchlich ist. Dabei kann dahinstehen, ob oder inwieweit die Rechtsprechung des Senats zur Anwendung des Grundsatzes von [X.] und Glauben auf das Widerrufsrecht nach § 495 BGB im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 9. September 2021 ([X.]/20, [X.], 1986 - [X.]) und die weitere Rechtsprechung des Gerichtshofs hierzu gegebenenfalls angepasst, d.h. eingeschränkt werden muss (vgl. aber Senatsbeschluss vom 31. Januar 2022 - [X.], [X.], 420). Denn auch auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist das Berufungsurteil revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Nach dieser Rechtsprechung kann eine Rechtsausübung im Einzelfall bei missbräuchlichem Verhalten als unzulässig angesehen werden. Dabei kann die Berufung des Verbrauchers auf sein wirksam ausgeübtes Widerrufsrecht als missbräuchlich zu bewerten sein, mit der Folge, dass ihm die vorteilhaften Rechtsfolgen des Widerrufs versagt werden können (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2022 - [X.], [X.], 420 Rn. 70). Der Grundsatz von [X.] und Glauben nach § 242 BGB erlaubt es, die Berufung auf grundsätzlich bestehende Rechtspositionen unter besonderen Umständen im Einzelfall zu versagen. Für die Entscheidung, ob die Berufung auf eine Rechtsposition missbräuchlich ist, erfordert § 242 BGB eine Bewertung der gesamten Umstände des jeweiligen Falls, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsbeschluss aaO Rn. 49 [X.]). Diese Bewertung vorzunehmen ist Sache des Tatrichters und demgemäß in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (Senatsurteil vom 25. Oktober 2022 - [X.], [X.], 2332 Rn. 30 [X.]).

Nach diesem Maßstab ist die Würdigung des Berufungsgerichts, die Ausübung des Widerrufsrechts sei nicht rechtsmissbräuchlich, frei von revisionsrechtlich relevanten [X.]. Es hat die Umstände des Einzelfalls gewürdigt und einen Rechtsmissbrauch mit vertretbarer Begründung verneint. Die Weiternutzung des Fahrzeugs für mehrere Jahre sowie die Bereitschaft zur Zahlung von [X.] für eine mehrjährige Nutzung bezieht das Berufungsgericht ausdrücklich in seine Würdigung ein. Die Revision bemüht sich insoweit lediglich darum, eine ihr günstigere, abweichende Bewertung der vom Berufungsgericht umfassend gewürdigten Fallumstände herbeizuführen. Damit kann sie indes keinen Erfolg haben.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Vorbringen der Revision, das Berufungsgericht habe [X.] nicht eingestellt, dass es sich bei der fehlerhaften Angabe zum Verzugszins um eine Information handele, die für die Klägerin - mangels Verzugseintritts oder Geltendmachung von Verzugszinsen durch die [X.] - zu keinem Zeitpunkt bei der Durchführung des Vertrags relevant war. Dies ist kein Umstand, den der Tatrichter im Rahmen seiner Würdigung berücksichtigen konnte und durfte. Ob eine Pflichtangabe für den Verbraucher relevant ist, beurteilt sich nicht aus der Rückschau zum Zeitpunkt der Ausübung des Widerrufsrechts, sondern vielmehr aus der Sicht zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Zu diesem Zeitpunkt war es für die Klägerin noch nicht vorhersehbar, ob und wann sie vielleicht doch in Verzug geraten würde.

c) Soweit die Revision geltend macht, nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht habe die Klägerin im März 2022 die Schlussrate des Darlehens gezahlt und die [X.] die gewährten Sicherheiten freigegeben, so dass die negative Feststellungsklage unzulässig geworden sei, verhilft das der Revision nicht zum Erfolg. Das Feststellungsinteresse der Klägerin besteht fort. Die [X.] berühmt sich weiterhin, dass ihr ein Anspruch auf Zahlung der - vom [X.] der Klägerin nicht umfassten - Schlussrate aus dem Darlehensvertrag zusteht.

2. Dagegen hat die Revision Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung der [X.]n zur Zahlung der nach Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen von insgesamt 13.256,09 € wendet. Insoweit ist die Klage derzeit unbegründet.

Noch frei von [X.] ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Klägerin gegen die [X.] aufgrund ihrer Widerrufserklärung ein Anspruch auf Rückgewähr der von ihr an die [X.] nach Erklärung des Widerrufs geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zusteht. Das Berufungsgericht hat aber zu Unrecht angenommen, der [X.]n stehe insoweit das nach § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB (in der bis zum 27. Mai 2022 geltenden Fassung; im Folgenden: aF) i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB geltend gemachte Leistungsverweigerungsrecht nicht zu. Wie der Senat mit Urteil vom 25. Januar 2022 ([X.], [X.], 418 Rn. 17) entschieden und im Einzelnen begründet hat, besteht das Leistungsverweigerungsrecht nicht nur in Bezug auf die bis zum Widerruf geleisteten Zahlungen für Zins, Tilgung und eventuelle Anzahlung, sondern auch in Bezug auf die nach der Widerrufserklärung auf das Darlehen erbrachten Zins- und Tilgungszahlungen, so dass hier eine Verurteilung hinsichtlich der nach der Widerrufserklärung geleisteten Zahlungen von 13.256,09 € Zug um Zug gegen Rückgabe des finanzierten Fahrzeugs nicht in Betracht kommt. Da die [X.] von der Klägerin - was zwischen den Parteien aufgrund der rechtskräftigen Abweisung des Antrags der Klägerin auf Feststellung des Annahmeverzugs feststeht (§ 322 Abs. 1 ZPO) - mit der Entgegennahme des finanzierten Fahrzeugs nicht in Annahmeverzug gesetzt worden ist, steht der Klägerin auch kein Zahlungsanspruch nach Maßgabe des § 322 Abs. 2 BGB analog zu.

Soweit die Revisionserwiderung meint, die [X.] könne sich nach [X.] und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht stützen, weil sie den [X.] der Klägerin bereits dem Grunde nach in Abrede stellt, trifft dies nicht zu. Für die Klägerin besteht in entsprechender Anwendung des § 322 Abs. 2 BGB nur die Möglichkeit, Zahlung "nach" Herausgabe zu verlangen. Dies setzt allerdings voraus, dass die [X.] im Verzug der Annahme ist (vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 2020 - [X.], [X.], 253 Rn. 29). Dies ist hier aber nicht der Fall. Soweit die Revisionserwiderung auf die vom [X.] dem Gerichtshof der [X.] mit Beschluss vom 19. März 2021 (2 O 282/19, 2 O 384/19, 2 O 474/20, 2 [X.]/20, juris) vorgelegten Fragen zu Nummer 5a und 5b hinweist, hat der Senat die dort aufgeworfenen Fragen im Hinblick auf die Vorleistungspflicht des Käufers und Darlehensnehmers und eine diesbezügliche Vorlagepflicht bereits beantwortet (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2021 - [X.], [X.], 2248 Rn. 19 f.).

3. Die Revision hat ebenfalls Erfolg, soweit sie sich gegen die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung wendet, der Klägerin stehe ein Zahlungsanspruch in Höhe von 31.970,57 € zu, der nach Rückgabe des finanzierten Fahrzeugs am Sitz der [X.]n fällig werde. Insoweit macht die Revision zu Recht geltend, dass der Feststellungsantrag bereits unzulässig ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss ein Kläger, der die Umwandlung eines [X.]s in ein Rückgewährschuldverhältnis geltend macht, grundsätzlich vorrangig mit der Leistungsklage gegen die [X.] vorgehen. Ist dem Kläger eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar und erschöpft sie das Rechtsschutzziel, fehlt ihm, was auch in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. nur Senatsurteile vom 24. Januar 2017 - [X.], [X.], 766 Rn. 11 und vom 4. Juli 2017 - [X.], [X.], 1602 Rn. 16, jeweils [X.]), das Feststellungsinteresse, weil er im Sinne einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff in einem Prozess klären kann. Abweichend von dieser Regel kann allerdings eine Feststellungsklage ausnahmsweise zulässig sein, wenn im konkreten Fall gesichert ist, dass der Rechtsstreit die Meinungsverschiedenheiten der Parteien endgültig bereinigt (vgl. Senatsurteil vom 24. Januar 2017 aaO Rn. 16 [X.]).

Nach diesen Maßgaben ist der Feststellungsantrag unzulässig. Der Klägerin war - wie von ihr auch erhoben - eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar. Darüber hinaus ist der Feststellungsantrag auch deshalb unzulässig, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Höhe der bis zum Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen zwischen den Parteien nicht streitig ist und daher ein Feststellungsinteresse der Klägerin nicht besteht. Schließlich führt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die ausgesprochene Feststellung nicht zu einer endgültigen Klärung sämtlicher Streitpunkte der Parteien. Insbesondere ist nicht ausgeschlossen, dass die Parteien über die Höhe des der [X.]n zustehenden und gegen den Zahlungsanspruch der Klägerin aufrechenbaren [X.]anspruchs in Streit sein werden.

4. Schließlich wendet sich die Revision ohne Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht die Hilfswiderklage hinsichtlich des Antrags auf Feststellung einer Nutzungsersatzpflicht der Klägerin für die Überlassung des Darlehens abgewiesen hat. Ein solcher Anspruch steht der [X.]n vorliegend nicht zu.

Zwar ist der Verbraucher bei Widerruf der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung grundsätzlich aus § 358 Abs. 4 Satz 1 aF i.V.m. § 357a Abs. 3 Satz 1 BGB in der bis zum 27. Mai 2022 geltenden Fassung zur Zahlung der vereinbarten [X.] für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens verpflichtet. Dies gilt auch dann, wenn der [X.] mit einem weiteren Vertrag, hier einem Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug, verbunden ist (Senatsurteil vom 25. Oktober 2022 - [X.], [X.], 2332 Rn. 37 [X.]). Vorliegend hat die [X.] aber - was der Senat mit Urteil vom 25. Oktober 2022 (aaO Rn. 38 ff. [X.]) im Einzelnen begründet hat und hier gleichermaßen gilt - gemäß Ziffer [X.]. 5 ihrer Darlehensbedingungen auf eine Verzinsung verzichtet.

III.

Das Berufungsurteil ist mithin auf die Revision teilweise aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, sondern die Sache nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine ersetzende Sachentscheidung getroffen (§ 563 Abs. 3 ZPO).

[X.]     

      

Grüneberg     

      

[X.]

      

Derstadt     

      

Ettl     

      

Meta

XI ZR 42/22

21.03.2023

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 17. Februar 2022, Az: 5 U 185/21

§ 495 Abs 1 BGB, § 355 BGB, § 357 Abs 4 S 1 BGB, § 358 Abs 4 S 1 BGB vom 11.03.2016

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.03.2023, Az. XI ZR 42/22 (REWIS RS 2023, 1485)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 1485

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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