Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.07.2014, Az. 6 B 2/14

6. Senat | REWIS RS 2014, 4105

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Gegenstand

Rechtmäßigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung


Leitsatz

Ist eine angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO vollzogen, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Anordnung unter dem Gesichtspunkt ihrer Notwendigkeit der Zeitpunkt der Vornahme der erkennungsdienstlichen Behandlung.

Gründe

1

Die allein auf die Grundsatzrüge gestützte Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil ist zulässig, aber unbegründet.

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage gegen die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung des [X.] auf der Grundlage von § 81 b Alt. 2 StPO abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Der Kläger hält demgegenüber die Rechtsfrage für grundsätzlich klärungsbedürftig, zu welchem Zeitpunkt die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer vollzogenen erkennungsdienstlichen Maßnahme zu beurteilen sei, nämlich dem Zeitpunkt der Vornahme der Maßnahme oder dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht.

3

Die Grundsatzrüge ist unbegründet § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage bedarf nicht der grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sie in der Rechtsprechung des [X.] bereits beantwortet ist. Nach § 81b Alt. 2 StPO dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des [X.] notwendig ist. Die mit der Grundsatzrüge angesprochene Frage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Anordnung einer vollzogenen erkennungsdienstlichen Maßnahme betrifft denkbarer Weise zwei Tatbestandsmerkmale in § 81b Alt. 2 StPO, nämlich die Stellung des Pflichtigen als "Beschuldigter" und die "Notwendigkeit" der Maßnahme.

4

Soweit es für die Rechtmäßigkeit des Bescheids nach § 81b Alt. 2 StPO auf die Eigenschaft als Beschuldigter ankommt, ist nach der Rechtsprechung des [X.] auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids abzustellen. Grundlage einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO - die funktional keine Verfahrenshandlung im Rahmen eines Strafverfahrens, sondern eine Verwaltungsmaßnahme darstellt - ist die als Verwaltungsakt ergehende Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung, durch die die gesetzliche Pflicht des Betroffenen zur Duldung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen präzisiert und die im Einzelfall konkret beabsichtigte erkennungsdienstliche Behandlung bestimmt wird. Dies folgt aus der in § 81b Alt. 2 StPO normierten Duldungspflicht des Betroffenen als Beschuldigter eines gegen ihn gerichteten Strafverfahrens. Voraussetzung der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung ist daher, dass ein Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen schwebt; nur während der Anhängigkeit eines solchen Verfahrens kann die Anordnung ergehen (Urteil vom 3. November 1955 - BVerwG 1 [X.] 176.53 - BVerwGE 2, 302 <303 f.>). Ist die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO gegenüber dem Beschuldigten getroffen worden, so wird ihre Rechtmäßigkeit - im Gegensatz zur Rechtmäßigkeit von Maßnahmen nach § 81b Alt. 1 StPO - nicht dadurch berührt, dass der Betroffene nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens und vor dem Vollzug des Verwaltungsakts die Beschuldigteneigenschaft verliert (Urteile vom 19. Oktober 1982 - BVerwG 1 [X.] 29.79 - BVerwGE 66, 192 <195> = [X.] 310 § 40 VwGO Nr. 201 S. 28 f. und vom 23. November 2005 - BVerwG 6 [X.] 2.05 - [X.] 306 § 81b StPO Nr. 4 S. 5).

5

Nach § 81b Alt. 2 StPO dürfen die nach dieser Vorschrift zulässigen Maßnahmen vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des [X.] notwendig ist. Auch insoweit ist die Frage nach dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit in der Rechtsprechung des [X.] beantwortet. Die Vorschrift stellt hinsichtlich der Notwendigkeit der Maßnahmen nicht (nur) auf den Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung, sondern auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Vornahme dieser Maßnahmen ab (Urteil vom 19. Oktober 1982 a.a.[X.] 197 f. bzw. [X.]).

Meta

6 B 2/14

14.07.2014

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 12. November 2013, Az: 10 B 12.2078, Urteil

§ 81b Alt 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.07.2014, Az. 6 B 2/14 (REWIS RS 2014, 4105)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4105

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Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung


Referenzen
Wird zitiert von

1 K 45/17.MZ

M 7 K 15.4011

M 7 K 15.4332

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