Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2014, Az. XII ZB 499/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7527

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 499/11

vom

26. Februar 2014

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1; [X.] Nr. 1000, 3401
a) Die Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den auswärtigen Prozessbevoll-mächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, stellen notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne von §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO dar, soweit sie die hierdurch ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Prozessbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen.
b) Für die Vergleichsberechnung zwischen den fiktiven Reisekosten des [X.] und den durch die Beauftragung des Unterbevollmächtigten zur [X.] entstandenen Kosten ist auf eine ex [X.]-Betrachtung abzustellen. Maßgeblich ist, ob eine verständige und wirtschaftlich denkende [X.] die kosten-auslösende Maßnahme ex [X.] als sachdienlich ansehen durfte.
c) Zur Erstattungsfähigkeit
einer sowohl für den [X.]n als auch
den Unterbevollmächtigten angefallenen Einigungsgebühr.
[X.], Beschluss vom 26. Februar 2014 -
XII ZB 499/11 -
OLG [X.]

[X.]
-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 26.
Februar 2014 durch den Vorsitzenden Richter
Dose, die Richterin
Weber-Monecke
und die Richter Schil-ling,
Dr. Nedden-Boeger
und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 18.
Zivilsenats des [X.] vom 2.
August 2011 wird auf Kosten der Beklagten [X.].
[X.]: 1.036

Gründe:
I.
Die [X.]en streiten im Kostenfestsetzungsverfahren
darüber, ob die Klägerin die Kosten ihres Unterbevollmächtigten erstattet verlangen kann.
Die [X.]en führten einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit der
An-mietung eines Flugzeugs. Die Klägerin und ihr [X.]r sind in [X.] geschäftsansässig. Bei der Wahrnehmung des Termins vor dem Ober-landesgericht in [X.] ließ sich der [X.] durch einen Unterbevollmächtigten vertreten. Der Prozess wurde durch einen wider-ruflich abgeschlossenen Vergleich
im Verhandlungstermin endgültig beendet, nachdem der [X.] der Klägerin ebenfalls geraten hatte, den Vergleich nicht zu widerrufen.
Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat das [X.] auch die von der Klägerin geltend gemachten Kosten des Unterbevollmächtig-1
2
3
-
3
-
ten festgesetzt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten blieb erfolglos. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet
sie sich [X.] gegen die Berücksichtigung der Kosten des [X.].

II.
Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung aus-geführt, die Kosten des Unterbevollmächtigten stellten sich als Aufwand zweck-entsprechender Rechtsverfolgung der Klägerin im Sinne von §
91 Abs.
1 ZPO dar. Einer [X.] sei es grundsätzlich gestattet, einen Prozessbevollmächtigten an ihrem Wohn-
oder Geschäftssitz zu beauftragen, wobei dessen Reisekosten an den
Gerichtsort auch erstattungsfähig seien. Die Kosten für einen [X.] seien dann erstattungsfähig, wenn sie die fiktiven Reisekosten des Prozessbevollmächtigten nicht wesentlich, nämlich um nicht mehr als 10
%, überstiegen. Bei einer Anreise
des [X.]n zum Verhandlungs-termin wären Reisekosten in Höhe von netto 470,20

Bahn) bzw. 384

Unterbevollmächtigten seien mit zunächst 378,54

n. Auf-grund des Abschlusses des Widerrufsvergleichs im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem [X.] sei indes sowohl für den Haupt-
als auch für den Unterbevollmächtigten eine Einigungsgebühr in Höhe von jeweils weiteren 535,60

Die
Einigungsgebühr, die eine Überschreitung der 10
%-Grenze nach sich ziehe, wäre bei einer Wahrnehmung des Termins durch den [X.]n [X.] entstanden. Dennoch seien die Kosten des Unterbevollmächtigten in voller Höhe erstattungsfähig. Es komme nicht auf den Vergleich der tatsächlichen Kosten des Unterbevollmächtigten mit 4
5
-
4
-
den fiktiven Reisekosten des [X.]n an, sondern darauf, ob die [X.] bei Veranlassung der Maßnahme ihrer Obliegenheit, die Kosten gering zu halten, nachgekommen sei. Diese Obliegenheit könne sich nur auf Kosten beziehen, die sich dem Grunde nach vorhersehen ließen. Hinsichtlich einer doppelten Einigungsgebühr sei dies anzunehmen, wenn die Klägerin bei ver-ständiger Würdigung die Möglichkeit eines Widerrufsvergleichs in ihre Betrach-tungen habe einbeziehen müssen. Das sei hier nicht der Fall gewesen, da die Klägerin es vor dem Termin ausdrücklich abgelehnt habe, einen Vergleich [X.], den [X.] ihrem [X.]n telefo-nisch vorgeschlagen habe.
Die Einigungsgebühr sei nicht nur bei dem Terminsvertreter angefallen, der den Vergleich abgeschlossen habe, sondern auch bei dem [X.], der dazu geraten habe, den Vergleich nicht zu widerrufen. Der [X.]
habe ohne Verletzung kostenrechtlicher Obliegenheiten in die Prüfung des Vergleichs einbezogen werden dürfen, da er derjenige ge-wesen sei, der die Angelegenheit maßgeblich bearbeitet habe und das Vertrau-en der [X.] genieße.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass sich die Erstattungsfähigkeit von Kosten für einen Unterbevollmächtigten nach §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO richtet. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] stellen die Kosten eines Unterbevollmächtigten dann notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs.
1 Satz 1 ZPO dar, wenn durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstat-tungsfähige Reisekosten des [X.]n in vergleichbarer Höhe erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den 6
7
8
-
5
-
[X.]n entstanden wären ([X.] Beschluss vom 10.
Juli 2012
-
VIII ZB 106/11 -
NJW 2012, 2888 Rn. 7 mwN).
Für die Vergleichsberechnung zwischen den fiktiven Reisekosten des [X.]n und den durch die Beauftragung des Unterbevollmäch-tigten zur Terminsvertretung entstandenen Kosten ist -
anders als die Rechts-beschwerde meint
-
nicht auf eine ex post-Betrachtung abzustellen. Maßgeblich ist vielmehr, ob eine verständige und wirtschaftlich denkende
[X.] die kosten-auslösende Maßnahme ex [X.] als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die [X.] ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Sie trifft lediglich die Oblie-genheit, unter mehreren gleichgearteten Maßnahmen die kostengünstigere auszuwählen ([X.] Beschlüsse vom 10. Juli 2012 -
VIII ZB 106/11 -
NJW 2012, 2888 Rn. 8
mwN und
vom 11. November 2003 -
VI [X.]/03 -
NJW-RR 2004, 430).
b) Danach
durfte die Klägerin im Zeitpunkt der Beauftragung des Unter-bevollmächtigten davon ausgehen, dass die Kosten für dessen Einschaltung sogar günstiger sein würden als die Reisekosten ihres [X.]n. Einen
Vergleichsabschluss, den [X.] zuvor ihrem [X.] telefonisch vorgeschlagen hatte, hatte sie abgelehnt, so dass sie mit den dadurch entstehenden Gebühren nicht rechnen musste. Aus ihrer Sicht war es daher voraussichtlich sogar günstiger, den Termin durch einen [X.] wahrnehmen zu lassen als durch ihren [X.]n. Die Prüfung der Klägerin, ob sie einen Unterbevollmächtigten zur Terminswahr-nehmung hinzuzieht, lag damit auch im Interesse der [X.] (vgl. [X.] Beschluss vom 16. Oktober 2002 -
VIII ZB 30/02
-
FamRZ 2003, 441, 442).
Kostenrechtlich wäre sie auch berechtigt gewesen, ihren [X.]n insofern tätig werden zu lassen, selbst wenn dadurch 9
10
-
6
-
höhere Reisekosten angefallen wären als durch die Beauftragung eines Unter-bevollmächtigten (vgl. hierzu [X.] Beschlüsse vom 11. Dezember 2007 -
X ZB 21/07
-
NJW-RR 2008, 1378 Rn.
9 und vom 13.
September 2005 -
X ZB 30/04
-
NJW-RR 2005, 1662; [X.]/[X.] 4. Aufl. §
91 Rn. 77).
c) Die Annahme des [X.], dass sowohl der [X.] als auch der [X.] jeweils die [X.] haben und diese auch erstattungsfähig ist, hält ebenfalls der rechtlichen Nachprüfung stand.
aa) Nach teilweise vertretener Ansicht soll zwar in Fällen, in denen die [X.] in der Person zweier Rechtsanwälte entstanden ist, diese in der Regel nicht doppelt erstattungspflichtig sein. Anders verhalte es sich [X.] dann, wenn die Hinzuziehung zweier Rechtsanwälte für den [X.] zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich gewesen sei. An diese Erforderlichkeit sei aber ein besonders strenger Maßstab anzulegen ([X.] 2004, 497; vgl. auch [X.] 1999, 1349; [X.] 1984, 949; [X.] JurBüro 1983, 772, 773; Musielak/[X.] ZPO 10.
Aufl. §
91 Rn.
27; [X.]/Jungbauer [X.] 5.
Aufl. Nr.
3401 VV/Teil
3 Rn.
52).
bb) Diese Rechtsprechung ist jedoch auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da sie im Wesentlichen zur Frage der Erstattungsfähigkeit einer zweiten Einigungsgebühr für einen
Verkehrsanwalt ergangen ist
(vgl. [X.] JurBüro 2007, 595). Die Einschaltung eines Verkehrsanwalts ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] regelmäßig schon nicht er-forderlich (Senatsbeschluss vom 7.
Juni 2006 -
XII ZB 245/04
-
NJW-RR 2006, 1563 Rn.
6 und [X.] Beschluss vom 21.
September 2005 -
IV ZB 11/04
-
NJW 2006, 301, 302 mwN). Die eingeschränkte Erstattungsfähigkeit der Kosten des 11
12
13
-
7
-
Verkehrsanwalts beruht auf der gesetzlichen Beschränkung seines Pflichten-kreises; er führt lediglich den Verkehr der [X.] mit dem Prozessbevollmächtig-ten (Nr.
3400 VV [X.]). Die Prozessführung und die damit verbundene Bera-tung ist demgegenüber die vom Prozessbevollmächtigten in eigener Verantwor-tung wahrzunehmende Aufgabe.
Die Aufgabe des Unterbevollmächtigten beschränkt sich zwar auf die Vertretung im Termin (Nr.
3401 VV [X.]); bei Abschluss eines Widerrufsver-gleichs ist jedoch
die Mitwirkung sowohl des Haupt-
als auch des [X.]n notwendig (vgl. auch [X.] JurBüro 2007, 595). Die [X.] entsteht nach Nr.
1000 VV [X.] für jede Mitwirkung beim [X.] eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich aus-schließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Regelmäßig
wird der Ter-minsvertreter bei Einigungsgesprächen vor Gericht mitwirken. Jedenfalls im Anwaltsprozess
ist seine Mitwirkung bei der Protokollierung
und Genehmigung
erforderlich. Insofern gleicht der Terminsvertreter nicht dem Verkehrsanwalt ([X.]/Müller-Rabe [X.]
20.
Aufl. VV 3401 Rn.
96). Andererseits ist auch eine Mitwirkung des [X.]n notwendig, wenn über den 14
-
8
-
vorbehaltenen Widerruf zu entscheiden ist. Es ist dessen Aufgabe als [X.], der am umfassendsten informiert und der Vertrauensan-walt ist, zu entscheiden, ob eine Einigung zustande kommen soll (so auch [X.] JurBüro 2007, 595).
Dose Weber-Monecke Schilling

Nedden-Boeger Guhling

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.05.2011 -
4 O 30/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 02.08.2011 -
18 [X.]/11 -

Meta

XII ZB 499/11

26.02.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2014, Az. XII ZB 499/11 (REWIS RS 2014, 7527)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7527

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 499/11 (Bundesgerichtshof)

Kostenfestsetzung: Berechnung erstattungsfähiger Kosten für den Unterbevollmächtigten; Erstattungsfähigkeit der sowohl für den Hauptbevollmächtigten als auch …


VIII ZB 53/21 (Bundesgerichtshof)

Rechtsanwaltsvergütung: Voraussetzung des Anfalls der gesetzlichen Gebühren und Auslagen für einen Terminsvertreter; Erstattungsfähigkeit der Kosten …


14 Ta 158/19 (Landesarbeitsgericht Hamm)


11 W 467/22 (OLG München)

Beschwerde, Berufung, Leistungen, Abwesenheitsgeld, Rechtsanwaltskosten, Festsetzung, Kostenfestsetzungsbeschluss, Glaubhaftmachung, Reisekosten, Rechtsmittel, Verfahren, Auslagen, Aufwendungen, Erstattung, Kosten …


25 W 242/19 (Oberlandesgericht Hamm)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 499/11

VIII ZB 106/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.