Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2004, Az. IV ZR 62/03

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3452

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL [X.]/03

Verkündet am:

28. April 2004

[X.]

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja _____________________

[X.] § 70 Abs. 2 Satz 2

a) Die Monatsfrist, innerhalb deren der Erwerber einer versicherten Sache die bestehenden Versicherungen kündigen kann (§ 70 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 [X.]), beginnt grundsätzlich mit der Erfüllung des [X.], im Fall des Erwerbs eines Grundstücks im Wege der [X.] mit dem [X.].
b) Soweit der Erwerber erst später Kenntnis von der Versicherung erlangt hat und die Kündigungsfrist erst von dieser Kenntnis an läuft (§ 70 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]), genügt für den Fristbeginn die Kenntnis davon, daß bestimmte Risiken bei einem bestimmten Versicherer gedeckt sind.
[X.], Urteil vom 28. April 2004 - [X.]/03 - LG Frankfurt am Main

AG Bad Vilbel - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin Dr. [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2004

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des [X.] - 8. Zivilkammer - vom 11. Februar 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin fordert Prämien für eine Gebäude-, Glas- und Miet-verlustversicherung eines Wohn- und Geschäftshauses, das die Beklagte durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung am 17. September 1999 er-warb. Die sofortige Beschwerde des früheren Eigentümers gegen den [X.] wurde am 14. Oktober 1999 zurückgewiesen.

Der frühere Eigentümer unterrichtete die Beklagte am 27. Oktober 1999 über das Bestehen von Versicherungsverträgen. Darauf bat der Ehemann der Beklagten bei der Klägerin um nähere Informationen. Mit [X.] vom 28. Oktober 1999 teilte die Klägerin mit, welche Versicherungen bei ihr bestanden und wie hoch die Prämien waren. Erst mit der Über-mittlung dieses Schreibens per Post, das am 12. November 1999 eintraf, - 3 -

erhielt die Beklagte auch die bereits im [X.] in Bezug genommenen [X.]. Nachdem sie am 6. Dezember 1999 Nachträge zu den Versicherungsscheinen erhalten hatte, kündigte sie die Verträge mit Schreiben vom 7. Dezember 1999, das am 9. Dezember 1999 bei der Klägerin einging.

Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam, weil die Monatsfrist des § 70 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht gewahrt sei. Die Beklagte habe die für eine Kündigung erforderliche Kenntnis jedenfalls durch das [X.] vom 28. Oktober 1999 erlangt. Nach Ansicht der Beklagten ist sie erst durch Übersendung der Policen hinreichend informiert worden, so daß die Frist erst am 12. November 1999 in [X.] gesetzt worden sei.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; das [X.] hat ihr auf Berufung der Klägerin - bis auf einen Teil des [X.] - stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die Revision bleibt ohne Erfolg.

[X.] Das [X.] hält den geltend gemachten Anspruch gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] für begründet, weil die Beklagte das Kündigungs-recht nicht rechtzeitig innerhalb eines Monats nach dem Erwerb ausge-übt habe. Erworben habe die Beklagte das Grundstück hier im [X.]punkt der Verkündung des [X.] (§§ 89, 90 [X.]). Es komme - 4 -

nicht darauf an, wann die Beklagte Kenntnis vom Eigentumsübergang [X.] habe und wann der [X.] rechtskräftig geworden sei. Allerdings bleibe das Kündigungsrecht auch länger als einen Monat nach Erwerb bestehen, wenn der Erwerber von der Versicherung keine Kennt-nis hatte (§ 70 Abs. 2 Satz 2, Halbsatz 2 [X.]). Hier habe die Beklagte durch das [X.] vom 28. Oktober 1999 vom Bestehen der Versicherungen Kenntnis erlangt. Sie sei danach zur Ausübung des Kündigungsrechts in der Lage gewesen. Auf die Kenntnis des Inhalts der [X.] komme es nicht an. Dem Interesse des Erwerbers an einer [X.], ob die bestehende Versicherung für ihn günstig sei oder nicht, tra-ge die Monatsfrist für die Ausübung des Kündigungsrechts hinreichend Rechnung. Die Beklagte habe nach Erhalt des [X.] vom 28. Oktober 1999 bei der Klägerin wegen der Policen nachfragen können; dies habe sie jedoch nicht getan.

I[X.] Dem ist im Ergebnis zuzustimmen.

1. a) Auf der Grundlage des insoweit übereinstimmenden [X.] geht das [X.] davon aus, daß die Beklagte vor Erhalt des [X.] der Klägerin vom 28. Oktober 1999 keine Kenntnis vom [X.] der Versicherungen hatte, sie also nicht zu einer Kündigung in der Lage gewesen wäre. Danach kommt es auf die von der Revision erörter-ten Fragen, ob die Kündigungsfrist des § 70 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] schon durch den objektiven Erwerbstatbestand in [X.] gesetzt [X.] oder aber erst durch die Kenntnis des Erwerbs beziehungsweise - wenn der Erwerb wie hier auf einer anfechtbaren gerichtlichen Ent-scheidung beruht - durch Kenntnis der Rechtskraft des Erwerbs, hier - 5 -

nicht an. Denn die sofortige Beschwerde gegen den [X.] war bereits am 14. Oktober 1999 zurückgewiesen worden.

b) Allerdings macht der Wortlaut des § 70 Abs. 2 Satz 2 [X.] deut-lich, daß es hinsichtlich des [X.] (anders als im Hinblick auf die Versicherung) gerade nicht auf die Kenntnis des Erwerbers an-kommt. Vielmehr erlischt das Kündigungsrecht, wenn es nicht innerhalb eines Monats "nach dem Erwerb" ausgeübt wird; nur wenn der Erwerber von der Versicherung keine Kenntnis hatte, bleibt es bis zum Ablauf ei-nes Monats von dem [X.]punkt an bestehen, in welchem der Erwerber von der Versicherung Kenntnis erlangt. Daß es bezüglich des Erwerbs lediglich auf das Vorliegen der dafür bestehenden gesetzlichen Voraus-setzungen ankommt, dient dem Interesse einer möglichst einfachen und zuverlässigen Berechnung der Frist und damit der Rechtssicherheit (vgl. zum Begriff der Veräußerung in § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] [X.]Z 100, 60, 61).

c) Erworben hat die Beklagte das versicherte Gebäude nach § 90 Abs. 1 [X.] durch den Zuschlag in der Zwangsversteigerung (vgl. [X.] NJW-RR 1992, 1121 zu § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Damit ist die Frist des § 70 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] grundsätzlich in [X.] ge-setzt worden ohne Rücksicht darauf, daß der Zuschlag später hätte [X.] werden können (zu den Folgen für eine bereits ausgesprochene Kündigung des Erwerbers in einem solchen Fall vgl. [X.]/Sieg, [X.] 8. Aufl. § 73 [X.]. 10; Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz 17. Aufl. § 90 [X.]. 8.2. a.E.). Hier ist die sofortige Beschwerde gegen den [X.] jedoch zurückgewiesen worden. Die durch den Zuschlag in [X.] gesetzte Kündigungsfrist hat sich aber deshalb verlän-- 6 -

[X.], weil die Beklagte vor dem 28. Oktober 1999 keine Kenntnis vom Bestehen der Versicherungen bei der Klägerin hatte.

2. Die Revision macht geltend, um eine ausreichend sichere Kenntnis "von der Versicherung" im Sinne des § 70 Abs. 2 Satz 2 Halb-satz 2 [X.] zu haben, reiche es nicht aus, daß dem Erwerber das [X.] eines Versicherungsvertrages bei einem bestimmten Versicherer [X.] sei. Im Lichte heutiger Verhältnisse und Anschauungen sollten die §§ 69 ff. [X.] verhindern, daß der Erwerber unmittelbar nach dem Er-werb ohne Schutz gegen möglicherweise existenzbedrohende Gefahren sei. Dieser Schutz erfordere aber nicht, ihm ein Vertragsverhältnis auf Dauer aufzudrängen ([X.]Z 111, 295, 298). Vielmehr stehe dem [X.], soweit es nicht um Pflichtversicherungen gehe, frei, ob er das Risiko überhaupt weiter versichern wolle, jedenfalls aber, wie das Versiche-rungsverhältnis ausgestaltet werden solle ([X.] NVersZ 2002, 472). Um dieser Entscheidungsfreiheit Rechnung zu tragen, müsse der Erwerber über die zur Ausübung seines Kündigungsrechts notwendigen Tatsachen hinaus die bestehenden Versicherungsverträge kennen und einen Monat [X.] zur deren Prüfung haben.

Dem folgt der [X.] nicht.

a) Schon aus dem Wortlaut des § 70 Abs. 2 [X.] ist zu entneh-men, daß mit "der Versicherung", von der der Erwerber nach Satz 2 die-ser Vorschrift Kenntnis haben muß, damit die Kündigungsfrist in [X.] ge-setzt wird, etwas anderes gemeint ist als das "Versicherungsverhältnis", von dessen Kündigung in Satz 1 die Rede ist. Das Gesetz geht grund-sätzlich von einem Beginn der Kündigungsfrist beim Erwerb der versi-- 7 -

cherten Sache aus; die Frist wird lediglich für den - vom Erwerber [X.] - besonderen Fall verlän[X.], daß er beim Erwerb von der Versicherung keine Kenntnis hatte. Auch dieser systematische Zusam-menhang der Regelung legt den Gedanken nahe, daß mit einer "Kenntnis der Versicherung" nicht mehr gemeint ist, als regelmäßig beim Erwerb der Sache bekannt wird, nämlich daß bestimmte Risiken bei einem be-stimmten Versicherer gedeckt sind. Diese Kenntnisse genügen, um das Kündigungsrecht wahrzunehmen.

b) Darüber hinaus hat das [X.] mit Recht darauf hingewie-sen, daß die Frist von einem Monat dem Erwerber ausreichend [X.] läßt, sich nach weiteren Einzelheiten der bestehenden Versicherungsverträge zu erkundigen, auf die es ihm möglicherweise ankommt. Es mag auch Erwerber geben, die das Risiko in Zukunft überhaupt nicht mehr versi-chern wollen oder von vornherein anderweit bei einem Versicherer ihres Vertrauens. Aber auch Erwerber, denen es auf einen Vergleich von [X.] und Prämien ankommt, haben hierzu im [X.] während der vom Gesetz eingeräumten Monatsfrist hinreichend Gelegenheit. Danach ist es nicht gerechtfertigt, den Beginn der [X.], über die zur Ausübung des Kündigungsrechts not-wendigen Kenntnisse hinausgehenden Anforderungen abhängig zu ma-chen (so auch [X.], 551, 552; [X.]/Sieg, aaO § 70 [X.]. 33; [X.]/[X.]/[X.], [X.] 26. Aufl. § 70 Rdn. 4; Langheid in: [X.]/Langheid, [X.] 2. Aufl. § 70 Rdn. 2; a.[X.], § 70 Rdn. 36).

c) Im vorliegenden Fall ist die Monatsfrist also durch das [X.] der Beklagten vom 28. Oktober 1999 in [X.] gesetzt worden. Die darin in - 8 -

Bezug genommenen Policen, auf die es der Beklagten ankam, trafen am 12. November 1999 per Post bei ihr ein. Mithin blieben ihr bis zum Ablauf der Kündigungsfrist noch mehr als zwei Wochen [X.]. Das reichte für ei-ne Prüfung und Entscheidung darüber, ob die Versicherungen fortgesetzt oder gekündigt werden sollten, aus. Es ist deshalb nicht treuwidrig, daß sich die Klägerin gegenüber der bei ihr erst am 9. Dezember 1999 ein-gegangenen Kündigung auf den Ablauf der dafür vom Gesetz eingeräum-ten Frist beruft.

Terno [X.] [X.]

[X.]

Dr. [X.]

Meta

IV ZR 62/03

28.04.2004

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2004, Az. IV ZR 62/03 (REWIS RS 2004, 3452)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3452

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