Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2006, Az. II ZR 94/05

II. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3677

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 8. Mai 2006 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 518 Abs. 1 Satz 2 a) Erklärt ein [X.]er gegenüber seiner [X.], er werde alle ihr (hier: während der Gründung) entstehenden Verluste ausgleichen, handelt es sich nicht um eine unentgeltliche, notariell zu beurkundende, son-dern causa [X.] eingegangene Verpflichtung. b) Fällt die [X.] später in die Insolvenz, hat der [X.]er diese mit dem [X.] nicht hinfällig gewordene Verpflichtung zu erfüllen, so-fern die Beteiligten nicht etwas Gegenteiliges vereinbart haben. [X.], [X.]eil vom 8. Mai 2006 - [X.] - [X.]

LG München I - 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2006 durch [X.], [X.], Prof. Dr. Gehrlein und [X.] erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 18. Zivilsenats des [X.] vom 18. Januar 2005 aufgeho-ben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 19. Zivilsenat des [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der am 20. Juni 2000 gegründeten S.

AG (im Folgenden: Schuldnerin). Zu ihren Grün-dern gehörte der [X.] mit 5 % des Kapitals (= 10.000,00 •). Dieser unter-zeichnete am 16. Juli 2000 in einem Hotel in [X.]

, [X.], folgende Erklärung, welche er sodann [X.]
, dem damaligen Vorstandsvorsitzen-den der [X.] und späteren Aufsichtsratsvorsitzenden der Schuldnerin aushändigte: 1 - 3 - "[X.]: I [X.] vis-à-vis S.

AG i.G. both to immedi-ately compensate any losses that may occur during the course of the business up to an amount of 1,5 million Euro by means of appropriate measures as well as to ascertain the supply of the company with liquid funds for this period, so [X.] in a position to meet its financial obligations at any time. [X.]." Die vom Kläger vorgelegte Übersetzung dieser Erklärung lautet wie folgt: "An diejenigen, die es angeht: Ich verpflichte [X.] hiermit gegenüber der [X.] i.G. so-wohl unverzüglich jegliche Verluste, die während des Geschäfts-ganges eintreten, bis zu einer Summe von 1,5 Millionen Euro mit-tels geeigneter Maßnahmen auszugleichen, als auch die Versor-gung der [X.] mit flüssigen Mitteln sicher zu stellen, so dass die [X.] jederzeit ihren finanziellen [X.] nachkommen kann. Diese Erklärung soll dem Recht der [X.] unterfallen." Während der Gründungsphase der [X.] wurde im November 2000 eine Abrede zwischen u.a. dem [X.]n und der Schuldnerin getroffen, in der es u.a. heißt: 2 - 4 - XI[X.]2: "Diese Vereinbarung ersetzt alle zwischen einzelnen Vertragspar-teien abgeschlossenen früheren Vereinbarungen (Treuhandver-einbarungen etc.), die hiermit vollständig aufgehoben werden." 3 Die Schuldnerin, deren Geschäftsidee darin bestand, in Kooperation mit dem [X.] und der [X.] eine [X.]plattform zu ent-wickeln, die Sportinformationen ins [X.] stellen sollte, wurde am 23. März 2001 in das Handelsregister eingetragen. Sie geriet bereits wenig später in finanzielle Schwierigkeiten, die das Vorstandsmitglied [X.]

veranlassten, den [X.]n - allerdings vergeblich - unter Hinweis auf die Erklärung vom 16. Juli 2000 zur Ausstattung der Schuldnerin mit Liquidität aufzufordern. Auf Antrag vom 6. Juni 2001 ist am 1. August 2001 über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum [X.] berufen worden. Nach seiner Behauptung beliefen sich die Verluste der Schuldnerin von der Gründung an auf mindestens 1.524.967,28 •. Er hält deswegen den [X.] für verpflichtet, dem ersten Teil der Erklärung vom 16. Juli 2000 ent-sprechend 1,5 Mio. • an ihn zu zahlen. Der [X.] hat u.a. in Abrede gestellt, die genannte Erklärung gegenüber der Schuldnerin abgegeben zu haben. [X.] sei sie - aus von ihm näher dargestellten Gründen - allein an die [X.] gerichtet gewesen und habe nur für Ansprüche dieser [X.] gegen die Schuldnerin während der Gründungsphase gelten sollen; mit der Eintragung der Schuldnerin sei sie dementsprechend hinfällig geworden. Im Übrigen könne die Verpflichtung ihrem ganzen Sinn nach im Insolvenzverfahren keine Wirkung mehr entfalten. Schließlich - so meint der [X.] - sei die Verpflichtung im November 2000 aufgehoben worden. 4 - 5 - Die Klage ist in dem jetzt noch für das Revisionsverfahren bedeutsamen Umfang in beiden Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. 5 Entscheidungsgründe: 6 Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.]eils und zur [X.] an einen anderen Senat des Berufungsgerichts (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO). [X.] Das Berufungsgericht, das zunächst beabsichtigt hatte, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss [X.], hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Zahlungsanspruch des [X.] bestehe schon deswegen nicht, weil die Erklärung des [X.]n formunwirksam und nichtig sei. Bei dem Versprechen, Verluste der Schuldnerin auszugleichen, handele es sich um eine schenkweise eingegangene, nach dem hier anwendbaren [X.] Recht notariell zu beurkundende Verpflichtung (§§ 125 Satz 1, 518 Abs. 1 Satz 2 BGB). 7 I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung in dem entscheidenden Punkt nicht stand. Das Berufungsurteil beruht auf einer grundlegenden Verkennung der Rechtsnatur von Finanzierungsvereinbarungen zwischen [X.]ern und ihrer [X.]. 8 1. Zugunsten des [X.] ist revisionsrechtlich zu unterstellen, dass der [X.] die Verpflichtungserklärung gegenüber und zugunsten der Schuldne-rin abgegeben hat, weil Land- und [X.] den entsprechenden, vom [X.]n bestrittenen Sachvortrag des [X.] ungeprüft als richtig unterstellt haben. 9 - 6 - 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Teil der Erklä-rung vom 16. Juli 2000 "– unverzüglich jegliche Verluste, die während des [X.] eintreten, bis zu einer Summe von 1,5 Millionen Euro mittels ge-eigneter Maßnahmen auszugleichen" (im Folgenden: [X.]), auf die die Klage allein gestützt wird, formlos wirksam. Sie beinhaltet entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine schwenkweise [X.] selbständige Schuldverpflichtung und bedurfte daher nach dem hier an-wendbaren [X.] Recht nicht der notariellen Beurkundung (§ 518 Abs. 1 Satz 2 BGB). 10 Das Berufungsgericht verkennt schon im Ansatz, dass der [X.] die - unterstellt - gegenüber der [X.] abgegebene Erklärung in seiner Eigenschaft als (Gründungs-)[X.]er im Hinblick auf seine Mitgliedschaft (causa [X.]) abgegeben hat. Das Bestehen einer solchen causa für das Eingehen einer Verpflichtung schließt die Anwendung der Schenkungsregeln aus (vgl. [X.]/[X.] 4. Aufl. § 516 Rdn. 93). Dass der [X.] hierzu nicht schon aufgrund der Satzung der Schuldnerin verpflichtet war, macht sein Versprechen nicht zu einer unentgeltlichen Leistung. Causa [X.] kann ein [X.]er sich nämlich auch zur Erbringung weiterer Leistungen - etwa zu Sanierungszwecken in Form von Verlustanteilserhöhun-gen oder verlorenen Zuschüssen oder zu sonstigen freiwilligen finanziellen Zuwendungen wie z.B. einem sogenannten "Finanzplankredit" (Senat, [X.] 142, 116 ff.; [X.]. v. 19. Dezember 1996 - [X.], [X.], 576 f.; [X.]/[X.] aaO § 516 Rdn. 93 m.w.Nachw.; [X.], DStR 1999, 1050, 1051) - verpflichten. 11 Gerade bei solchen Finanzierungszusagen oder bei der [X.] durch einen [X.]er ist mit vordergründiger Abgrenzung zwi-schen Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit der Leistung nichts gewonnen (aus-12 - 7 - führlich hierzu Wolf, [X.] f. m.w.Nachw.). Diese Zusagen werden regelmäßig ohne unmittelbare Gegenleistung im Rechtssinne, wohl aber vor dem Hintergrund abgegeben, dass sich der [X.]er davon eine Stärkung der [X.] und damit mittelbar eine Verbesserung seiner durch die Mitgliedschaft vermittelten Vermögenslage verspricht. 13 II[X.] Das Berufungsurteil erweist sich nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Es kann nicht mit der dem landgerichtlichen [X.]eil zugrunde liegenden Begründung aufrechterhalten werden, mit der Eröffnung des Insolvenzverfah-rens sei der Erfüllungsanspruch der Schuldnerin aus der Erklärung des [X.] vom 16. Juli 2000 untergegangen. Sollte sich - was im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu prüfen sein wird - feststellen lassen, dass entgegen dem Vortrag des [X.]n die Erklä-rung gegenüber der Schuldnerin abgegeben und von dieser angenommen [X.] ist, dass sie ferner zeitlich nicht auf die bis zur Eintragung der Schuldnerin in das Handelsregister entstandenen Verluste begrenzt war und schließlich auch durch die Vereinbarung vom November 2000 nicht wirksam aufgehoben worden ist, stünde die Insolvenzeröffnung einer Haftung des [X.]n in Höhe von 1,5 Mio. • nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht entgegen. [X.] kommt es entgegen der Ansicht der Parteien und des [X.] nicht darauf an, wie sich eine "Patronatserklärung" bzw. "Liquiditätszusage" eines [X.]ers in der Insolvenz auswirkt (siehe hierzu einerseits [X.] 2001, 39 f., andererseits [X.] ZIP 2004, 2101 ff.). Denn die Klage ist allein auf die Verlustübernahmeerklärung des [X.]n gestützt, die ihrem Inhalt nach durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht uner-füllbar wird. Was für die in derselben Erklärung außerdem enthaltene Zusage, die Schuldnerin mit Liquidität auszustatten, gilt, ob sie insbesondere nur die 14 - 8 - Pflicht zur Abwendung der Insolvenz beinhaltete (in diesem Sinne [X.] aaO, a.A. [X.] aaO 2104 f.), bedarf im vorliegenden Fall angesichts der Beschränkung der Klage auf die Erfüllung der Verlustübernahmeverpflich-tung keiner Entscheidung. 15 IV. In dem wieder eröffneten Berufungsverfahren erhält der nunmehr zu-ständige Senat des Berufungsgerichts die Gelegenheit, die bisher unterbliebene Klärung des streitigen Sachverhalts nachzuholen und dabei auch die Erklärung vom 16. Juli 2000 beiderseits [X.] auszulegen, um auf dieser Grundlage die Rechtfertigung des Klageantrags zu prüfen. Goette Kurzwelly [X.] Gehrlein Caliebe Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.12.2003 - 12 O 13994/02 - [X.], Entscheidung vom 18.01.2005 - 18 U 1887/04 -

Meta

II ZR 94/05

08.05.2006

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2006, Az. II ZR 94/05 (REWIS RS 2006, 3677)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3677

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