Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2004, Az. 4 StR 426/04

4. Strafsenat | REWIS RS 2004, 799

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]/04
vom 9. November 2004 in der Strafsache gegen

wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
- 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 9. November 2004 gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Mai 2004 a) im Schuldspruch dahin klargestellt, daß der Angeklagte we-gen schwerer räuberischer Erpressung, Wohnungsein-bruchsdiebstahls in 27 Fällen sowie wegen Diebstahls in zwölf Fällen verurteilt ist, b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen mit der [X.], daß eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung
über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bleibt dem für das Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer [X.], [X.] in 12 Fällen sowie wegen (besonders schweren) Diebstahls in sieben Fällen unter Einbeziehung zweier Geldstrafen aus einem Strafbefehl des [X.] vom 4. September 2002 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie wegen [X.] in 15 Fällen und (besonders schweren) [X.] 3 - stahls in fünf Fällen unter Einbeziehung von zwei [X.] aus einem Urteil des [X.] vom 7. Mai 2003 zu der weiteren Gesamt-freiheitsstrafe von ebenfalls drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der An-geklagte beanstandet mit seiner unbeschränkt eingelegten Revision allgemein die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt auf die Sachrüge zur Aufhebung der beiden [X.]; im übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die Gesamtstrafenaussprüche können nicht bestehen bleiben. Die Bildung der Gesamtstrafe ist rechtsfehlerhaft erfolgt, da der Strafbefehl vom 4. September 2002 keine Zäsurwirkung entfaltet. Die diesem Strafbefehl zugrundeliegenden Taten wurden spätestens am 13. November 2000 began-gen ([X.]), mithin vor einer zeitlich früheren Verurteilung durch das Amtsge-richt Essen vom 29. März 2001 ([X.]). Liegen die [X.] Taten - wie vorliegend die Taten, die der Angeklagte in der [X.] zwischen dem 16. Juni 2001 und dem 3. September 2002 begangen hat - zwischen zwei Verurteilun-gen (hier zwischen dem Urteil vom 29. März 2001 und dem Strafbefehl vom 4. September 2002), aus denen eine Gesamtstrafe zu bilden war, kommt eine Gesamtstrafenbildung aus der Strafe für die [X.] Taten mit der Strafe aus der letzten Vorverurteilung (dem Strafbefehl vom 4. September 2002) nicht in Betracht (vgl. [X.]St 32, 190, 193; [X.], 200). Dies hat zur Folge, daß nur die erste der beiden früheren Verurteilungen (das Urteil des [X.] vom 29. März 2001) eine Zäsurwirkung entfaltet, nicht jedoch der Strafbefehl vom 4. September 2002 (vgl. [X.] aaO). Mangels Zäsurwirkung und Einbeziehungsfähigkeit des Strafbefehls des [X.] vom 4. September 2002 wäre deshalb aus sämtlichen - 4 - für die abgeurteilten Taten verhängten Einzelstrafen und den beiden Einzel-strafen aus dem nach den ausgeurteilten Taten ergangenen Urteil des [X.] vom 7. Mai 2003 lediglich auf eine Gesamtfreiheitsstrafe zu er-kennen gewesen. Durch die rechtsfehlerhafte Bildung zweier Gesamtfreiheitsstrafen ist der Angeklagte möglicherweise beschwert. Es liegt nahe, daß das [X.] bei Bildung lediglich einer Gesamtfreiheitsstrafe - ausgehend von einer Einsatz-strafe von einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe - zu einem strafferen Zusammenzug der Einzelstrafen gelangt wäre als durch die erfolgte Bildung von zwei Gesamtfreiheitsstrafen. Das Urteil muß deshalb in den [X.] aufgehoben werden. 2. a) Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO zu entscheiden. Die nachträgliche Gesamtstrafenbildung aus den nunmehr rechtskräftigen Einzelstrafen und den Einzelstrafen aus dem Ur-teil des [X.] vom 7. Mai 2003 obliegt danach dem nach § 462 a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht (vgl. [X.], Beschluß vom 28. Oktober 2004 - 5 [X.]). Bei Bildung der neuen Gesamtfreiheitsstrafe wird wegen des Verschlechterungsverbots nach § 358 Abs. 2 StPO zu beachten sein, daß [X.] nur so hoch bemessen werden darf, daß sie zusammen mit der im [X.] vom 4. September 2002 verhängten [X.] von 100 Tagessät-zen die Summe der im angefochtenen Urteil verhängten Gesamtfreiheitsstrafen nicht übersteigt ([X.]R StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Fehler 1). b) Anders als in dem dem Beschluß des [X.] vom 28. Oktober 2004 (aaO) zugrundeliegenden Fall kann der Senat vorliegend die - 5 - Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels nach § 473 Abs. 4 StPO nicht selbst treffen. Obwohl der Angeklagte das Urteil auch hinsichtlich des Schuld-spruchs angegriffen und mit seinem Rechtsmittel lediglich einen Teilerfolg zur Gesamtstrafe erzielt hat, erscheint es nicht gänzlich ausgeschlossen, daß ins-besondere im Hinblick auf die der Gesamtstrafenbildung zugrundezulegende Einsatzstrafe von nur einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe im Nach-verfahren nach §§ 460, 462 StPO eine nicht nur unwesentliche Herabsetzung der Gesamtfreiheitsstrafe erfolgen und damit das Gewicht der Rechtsfolge so gemildert wird, daß es unbillig wäre, dem Angeklagten die gesamten Rechts-mittelkosten aufzuerlegen (vgl. [X.] StV 1987, 449; [X.] 1973, 1041). Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels ist in Fällen, in [X.], wie hier, das Revisionsgericht nach § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO verfährt, jedoch selbst keine Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO vornehmen kann, von dem für das Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO zuständigen [X.] zusammen mit der abschließenden Sachentscheidung zu treffen. Eine Regelung, welches Gericht über die Kosten des Rechtsmittels zu befinden hat, wenn das Revisionsgericht das Urteil nur wegen einer Gesetzes-verletzung bei Bildung der Gesamtstrafe aufhebt, die Sache jedoch nicht zu-rückverweist, sondern gemäß § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO von der Möglichkeit Gebrauch macht, die Entscheidung über die Bildung der Gesamtstrafe dem Beschlußverfahren nach §§ 460, 462 StPO vorzubehalten, enthält weder das Gesetz, noch sind den Gesetzesmaterialien Anhaltspunkte für eine [X.] zu entnehmen (vgl. [X.] und Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Justiz, BT-Drucks. 15/3482 S. 21 f.). - 6 - Es handelt sich dabei um eine Regelungslücke, die der Gesetzgeber bei Einführung des § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO durch das [X.] vom 24. August 2004 ([X.] I 2198, 2203) ersichtlich nicht be-dacht hat. Diese Regelungslücke ist in dem dargestellten Sinne zu schließen. Durch § 354 Abs. (1 a und) 1 [X.] wollte der Gesetzgeber die [X.] des Revisionsgerichts bei Mängeln der Rechtsfolgenent-scheidung erweitern mit dem Ziel, die Ressourcen der Justiz insgesamt sinnvoll einzusetzen und das Verfahren zu beschleunigen (BT-Drucks. aaO). Dieser Intention des Gesetzgebers kann in einem Fall, in welchem das Revisionsge-richt nach § 354 Abs. 1 [X.] verfährt, sich jedoch selbst an einer Kostenent-scheidung nach § 473 Abs. 4 StPO gehindert sieht, weil das Maß und das Ge-wicht des [X.] nicht im voraus beurteilt werden kann, nur dadurch Rech-nung getragen werden, daß - wie bei der Aufhebung und Zurückverweisung nach § 354 Abs. 2 StPO (vgl. [X.] in Löwe/[X.] StPO 25. Aufl. § 464 Rdn. 4) - das gemäß § 462 a Abs. 3 StPO für das Nachverfahren zuständige Gericht nicht nur in der Sache entscheidet, sondern auch die abschließende Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels trifft. Mit dem Ziel des Gesetzgebers, durch die neue Regelung des § 354 Abs. 1 [X.] eine vereinfachte und gleichzeitig abschließende Verfahrens-möglichkeit zu schaffen, wäre es nicht vereinbar, in Fällen wie dem [X.] die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels etwa dem Revisions-gericht vorzubehalten oder nur deshalb gemäß § 354 Abs. 2 StPO die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an den Tatrichter zurückzuverweisen, - 7 - weil nicht nur eine Sachentscheidung zu treffen, sondern darüber hinaus auch über die Kosten des Rechtsmittels zu befinden ist. Tepperwien
Maatz Athing

Ernemann

Sost-Scheible Nachschlagewerk: ja [X.]St: nein Veröffentlichung: ja

StPO §§ 354 Abs. 1 b Satz 1, 473 Abs. 4

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels ist in Fällen, in denen das Revisionsgericht nach § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO verfährt, jedoch selbst keine Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO vornehmen kann, von dem für das Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht zusammen mit der abschließenden Sachentscheidung zu treffen.

[X.], Beschluß vom 9. November 2004 - 4 [X.] [X.] Essen -

Meta

4 StR 426/04

09.11.2004

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2004, Az. 4 StR 426/04 (REWIS RS 2004, 799)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 799

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 430/04 (Bundesgerichtshof)


4 StR 372/21 (Bundesgerichtshof)

Nachträgliche Gesamtstrafenbildung: Wegfall der Zäsurwirkung bei gesamtstrafenrechtlich verbrauchtem Urteil


4 StR 223/04 (Bundesgerichtshof)


2 StR 2/05 (Bundesgerichtshof)


4 StR 493/05 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.