Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.01.2021, Az. 29 W (pat) 571/19

29. Senat | REWIS RS 2021, 9482

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "ECOKÜCHE Die all-inclusive Küche! (Wort-Bild-Marke)" – fehlende Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2018 113 083.6

hat der 29. Senat (Markenbeschwerdesenat) des [X.] am 18. Januar 2021 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] und der Richterinnen [X.] und Seyfarth

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die in rot und schwarz ausgestaltete Bezeichnung

Abbildung

2

ist am 22. November 2018 zur Eintragung als Wort-/Bildmarke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

3

Klasse 11: Abzugshauben für [X.]chen; Belüftungshauben; Gefrierschränke, -truhen; Tiefkühlapparate und -anlagen; [X.]hlapparate und -maschinen; Getränkekühlapparate; [X.]chenherde; Kochapparate und -anlagen; Mikrowellengeräte [Kochgeräte]; Elektrische Kochgeräte; Kochplatten; Warmhalteplatten; Grillgeräte [[X.]chengeräte]; Elektrische Kaffeeperkolatoren; Teile und Zubehör für Gasgeräte und Gasleitungen; [X.]; Beleuchtungslampen; Kronleuchter; Deckenlampen; Heizradiatoren einschließlich elektrische Heizelemente; Spülen; Waschbecken [Teile von Sanitäreinrichtungen]; Wasserhähne; Mischbatterien für Wasserleitungen; Wasserenthärtungsapparate und -anlagen; Wasserfiltriergeräte; Trinkwasserfilter;

4

Klasse 20: Möbel; Möbelstücke; Möbel aus Metall; Buffets [Möbel]; [X.] [Möbel]; Servierwagen [Möbel]; Kommoden; Speiseschränke, nicht aus Metall; Geschirrschränke; Vitrinen [Möbel]; Handtuchständer [Möbel]; Ortsfeste Spender für Servietten [nicht aus Metall]; Bänke [Möbel]; Sitze; Sitze aus Metall; Hocker; Stühle; Tische; Tischplatten; Tische aus Metall; Ablageplatten; Arbeitsplatten; Theken; Anrichten [Möbel]; [X.]; Regale; Schubladen [Möbelteile]; Ablagefächer; Flaschenkästen, Kisten und Dosen aus Holz oder Plastik; Seitenwangen für Möbel aus Holz; Möbeltüren; Türgriffe und Türbeschläge nicht aus Metall; Möbelbeschläge, nicht aus Metall; Kantenabschlüsse für Möbel, aus Kunststoff; Fachböden für Möbel; Regaleinheiten; Möbelrollen, [X.]; Spiegel [versilbertes Glas];

5

Klasse 35: Planungen [Hilfe] bei der Geschäftsführung [einschließlich Projekte]; Hilfe bei der Führung von gewerblichen oder Handelsbetrieben; Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; Betriebswirtschaftliche Beratung; Informationen in Geschäftsangelegenheiten; Betriebswirtschaftliche Recherche; Marktforschung; Erstellung von Wirtschaftsprognosen; Aufstellung von [X.]; Kommerzielle Verwaltung der Lizenzierung von Waren und Dienstleistungen für Dritte; Marktstudien; Meinungsforschung; Werbung [einschließlich Online-Werbung in einem Computernetzwerk, Versandwerbung, Hörfunk- und Fernsehwerbung]; Versand und Verteilung von Werbematerialien [Faltblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben]; Herausgabe von Werbetexten; Verkaufsförderung [Sales promotion] für Dritte; Erstellen von Werbetexten; Präsentation von Waren in Kommunikations- Medien für den Einzelhandel; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Organisation von Ausstellungen zu kommerziellen und Werbezwecken; Dekorieren von Schaufenstern; Buchführung; Fakturierung; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Erteilung von Auskünften [Information] und Beratung für Verbraucher in Handels- und Geschäftsangelegenheiten [Verbraucherberatung];

6

Klasse 37: Installation von [X.]chen- und Badeinrichtungen; [X.] [Reparatur]; [X.]; Restaurierung von Möbeln; Installation, Wartung und Reparatur von Maschinen und Elektrogeräten; Montage von Türen und Fenstern; Installation und Reparatur von [X.]hlapparaten; Bauwesen; Bereitstellung von Informationen in Bezug auf die Errichtung, Reparatur und Instandhaltung von Gebäuden; Leitung von Bau- und Reparaturarbeiten [Oberaufsicht]; [X.]; Maurerarbeiten; Bauberatung;

7

Klasse 42: Dienstleistungen eines Innenarchitekten; Styling [industrielles Design]; Anfertigung technischer Zeichnungen; Durchführung von technischen Projektplanungen; Materialprüfung; Dienstleistungen eines Architekten; Konstruktionsplanung; Beratung auf dem Gebiet der Energieeinsparung.

8

Mit Beschluss vom 29. Juli 2019 hat die Markenstelle für Klasse 11 des [X.] die Anmeldung zurückgewiesen, weil es dem angemeldeten Zeichen an der erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehle. Bei den Wortbestandteilen handle es sich um sachbeschreibende Angaben. So setze sich der Begriff „[X.]“ aus dem Kurzwort „[X.]“, das auf ökologische und umweltfreundliche oder auf besonders wirtschaftliche Waren und Dienstleistungen hinweise, sowie dem Branchen- und Bestimmungshinweis „[X.]che“ zusammen. Bei der Wortfolge „all-inclusive [X.]che” handle es sich um einen sprachregelgerecht gebildeten, werbeüblichen Slogan, der auf eine [X.]che hinweise, in der alles enthalten sei, die allen Bedürfnissen gerecht werde bzw. die keine Wünsche offenlasse; hierdurch werde dem Verkehr ein auf [X.]chen bezogenes umfassendes Angebot bzw. Komplettangebot unterbreitet. In Bezug auf die Waren der Klassen 11 und 20 beschreibe das Zeichen, dass diese für besonders ökologische und ökonomische [X.]chen bestimmt seien und ein Komplettangebot darstellten. Für die Dienstleistungen der Klassen 35, 37 und 42 sei das Anmeldezeichen zur Beschreibung des Gegenstands der fraglichen Dienstleistungen geeignet, nämlich dahingehend, dass solche Dienstleistungen im Rahmen eines Komplettangebots für derartige [X.]chen erbracht würden. Die grafische Ausgestaltung des [X.] erschöpfe sich in werbeüblichen Gestaltungsmitteln, die nicht geeignet seien, den schutzunfähigen Charakter der Wortelemente aufzuheben. Das Anmeldezeichen genüge daher den Anforderungen an die erforderliche Unterscheidungskraft nicht.

9

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie ist der Auffassung, dass es sich bei dem Begriff „[X.]KÜCHE” um eine Wortneuschöpfung handele, der eine gewisse Doppeldeutigkeit innewohne. So habe „[X.]” in der [X.] keine eigene Bedeutung und entspreche dem Wortbildungselement “ÖKO-“, das sowohl für Ökologie als auch für Ökonomie stehen könne. Die Abkürzung “ÖKO-” sei üblicherweise auch per Bindestrich mit einem weiteren Wort verbunden, wie die Begriffe [X.] oder Öko-Produkt zeigten. Daher würden die angesprochenen Verkehrskreise nicht ohne weiteres Nachdenken einen direkten Bezug zwischen Zeichen und Produkten vermuten. Zudem entfalteten die farblich abgesetzten Doppelpunkte auf dem Wort „[X.]“ eine besondere optische Wirkung. Der Werbeslogan „Die all-inclusive [X.]che” sei ebenfalls unterscheidungskräftig und schutzfähig, da „all-inclusive” überwiegend im Bereich von Urlaub und Reisen Verwendung finde und in Kombination mit [X.]chen ungewöhnlich und zweideutig erscheine. So könne sich „all-inclusive” sowohl auf eine [X.]che, in der alles enthalten sei, als auch auf ein umfassendes [X.]chen-Angebot beziehen. Zu berücksichtigen sei, dass die Eigenschaft eines Zeichens als Werbeslogan nicht ihre Eignung als Herkunftshinweis ausschließe. Insbesondere verlange der Werbeslogan „Die all-inclusive [X.]che” von den angesprochenen Verkehrskreisen einen Interpretationsaufwand, der die Prägnanz und Originalität und damit auch die Unterscheidungskraft des fraglichen Zeichens unterstreiche. Besondere Kriterien wie z. B. eine phantasievolle Wortfolge oder ein Überraschungseffekt müssten nicht zwingend vorliegen, um eine Unterscheidungskraft bejahen zu können. Daher seien die Einzelbestandteile des angemeldeten Zeichens schon für sich genommen - wenn auch schwach - unterscheidungskräftig. Jedenfalls führe aber die maßgebliche Gesamtheit des Zeichens unter Berücksichtigung der konkreten Anordnung, der unterschiedlichen Schriftarten und der Farben der jeweiligen Einzelbestandteile zur Schutzfähigkeit.

Schließlich verweist die Beschwerdeführerin darauf, dass das [X.], das [X.] und das [X.] den Parallelanmeldungen des Zeichens in der jeweiligen Sprache den Schutz gewährt hätten. Im Hinblick auf die „Gemeinsame Mitteilung zur Gemeinsamen Praxis zur Unterscheidungskraft – Wort-/Bildmarken mit beschreibenden/nicht unterscheidungskräftigen Wörtern“ des „Europeantmdn“ aus dem [X.], zu deren Umsetzung sich die Ämter verpflichtet hätten, um eine Harmonisierung herbeizuführen, widerspreche die Zurückweisung durch das [X.] den erfolgten Eintragungen.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des [X.]s vom 29. Juli 2019 aufzuheben.

Ihren zunächst hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin nach [X.] und der Übersendung einer Senatsrecherche mit Schriftsatz vom 11. Januar 2021 zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Eintragung des angemeldeten [X.], das sich aus der Angabe „[X.]“, der Wortfolge „Die all-inclusive [X.]che!“ und grafischen Elementen zusammensetzt, steht das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat, § 37 Abs. 1 [X.].

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.], 1198 Rn. 59 f. – Nestlé/[X.]]; [X.] 2016, 934 Rn. 9 – [X.]; [X.], 173 Rn. 15 – for you). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] GRUR 2010, 228 Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – [X.]; a. a. [X.] – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] 2017, 1262 Rn.17 – Schokoladenstäbchen III ; a. a. [X.] – [X.]; a. a. [X.] – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428 Rn. 53 – [X.]; [X.] Rn. 10 – [X.]; a. a. [X.] Rn. 16 – for you).

Besteht eine Marke - wie im vorliegenden Fall - aus mehreren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen ([X.] 2014, 1204 Rn. 9 – [X.]). Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob die Marke als solche, jedenfalls mit einem ihrer Elemente, den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt ([X.] 2014, 872 Rn. 13 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.], 411 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.] 2014, 376 Rn. 11 - [X.]).

Ein Zeichen besitzt dann keine Unterscheidungskraft, wenn der angesprochene Verkehr ihm lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.] [X.], 674 Nr. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270 Rn. 11 - Link economy) oder wenn es aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache besteht, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. [X.] Rn. 12 - [X.]; a. a. [X.] Rn. 21 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.], Beschluss vom 05.10.2017, [X.]/16 Rn. 11 – [X.]; a. a. [X.] Rn. 12 - [X.]).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen weist das Anmeldezeichen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] auf. Denn die angesprochenen Verkehrskreise werden es nur als werbeüblich gestaltete, anpreisende [X.], nicht jedoch als betrieblichen Herkunftshinweis verstehen.

a) Angesprochene Verkehrskreise sind neben dem Fachverkehr in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 35 unternehmerische Kreise, im Übrigen auch der allgemeine Verbraucher. Bei vielen der hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen handelt es sich um solche, die mit Bedacht und regelmäßig erst nach fachkundiger Beratung nachgefragt werden.

b) Die Wortbestandteile des angemeldeten Zeichens, nämlich die Angabe „[X.]KÜCHE“ und die Wortfolge „Die all-inclusive Küche!“, haben nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt.

Zwar ist für die Schutzfähigkeit einer mehrteiligen Marke deren Gesamteindruck maßgeblich. Dies schließt es aber nicht aus, zunächst - wie im Folgenden - die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. [X.] [X.], 943 - SAT.2; [X.], 229 - BioID).

aa) Der Begriff „[X.]KÜCHE“ setzt sich - nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Farbgebung - ohne weiteres erkennbar aus dem Kurzwort „[X.]“ und der Angabe „KÜCHE“ zusammen.

(1) Der Bestandteil „[X.]che“ bezeichnet u. a. den „Raum zum Kochen, Backen, Zubereiten von Speisen“ und die „[X.]cheneinrichtung“ (vgl. [X.] unter www.duden.de). Der Begriff dient in zusammengesetzten Sachbegriffen wie „[X.]„ "[X.]chenplanung“, „[X.]chen-Leasing“, „[X.]chenmarkt“, „[X.]chenbau“, „[X.]chen-News“, „[X.]chentrends“, „[X.]chenbranche“ etc. als konkretisierender Hinweis auf die Bestimmung bzw. Branche.

(2) „[X.]/eco“ ist im [X.] die Abkürzung sowohl für „ecology/ecological“ als auch für „economy/economic“. Im [X.] handelt es sich um ein gebräuchliches Wortbildungselement mit der Bedeutung „Öko“. Als Hinweis auf Wirtschaftlichkeit, Effizienz und/oder Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit ist „[X.]/Eco“ weit verbreitet. Beispielsweise bezeichnet der “[X.] Modus” in [X.]chengeräten, Autos, Waschmaschinen oder Klimaanlagen typischerweise einen besonders sparsamen und energieeffizienten Funktionsmodus. Gegenstände im „[X.] Design” z.B. Möbel zeichnen sich durch besondere Nachhaltigkeit aus. Die seit langem bestehende Werbeüblichkeit der Kurzform „eco“, mit dem ökologische wie auch ökonomische Aspekte von Waren- und Dienstleistungsangeboten herausgestellt werden, ist bereits in zahlreichen Markenentscheidungen erörtert worden (vgl. vorab übersandte [X.] PROMA-Auszüge in Anlage 3 zum gerichtlichen Schreiben vom 23. Dezember 2020; [X.] 64-77 d. A.).

Ferner zeigen die der Beschwerdeführerin übersandten [X.], dass – auch schon vor dem hier maßgeblichen Anmeldezeitpunkt - im Bereich von [X.]chenangeboten auf Nachhaltigkeit/Ökologie Wert gelegt und dabei mit Angaben wie „Öko“ oder „Eco“ geworben wird (Anlage 2 zum gerichtlichen Schreiben vom 23. Dezember 2020, [X.] 56-63 d. A.). So finden sich dort u. a. Aussagen wie

- „Arbeitsplatten für eine ökologische Küche wählen“,

- „¢Eco ¢ -Küchen künftig nur noch mit [X.]…Der Endkunde legt zunehmend mehr Wert darauf, dass auch das Innenleben seiner Küche hohen ökologischen Ansprüchen gerecht wird.“,

- „Über Öko-Küchen, Naturmaterialien & mehr …Ökologie in der Küche – das ist wohl einer der größten Trends der vergangenen und kommenden Jahre. Wie aber kann man den Raum nachhaltig einrichten? Umweltfreundliche Küchenutensilien und nachhaltig produzierte Küchenhelfer allein reichen schon lange nicht mehr aus, um wirklich eine rundum Öko-Küche zu gestalten. Es gehört mehr dazu, wenn man sich dem nachhaltigen Lifestyle verschrieben hat: Material, Herstellung und Design gehen Hand in Hand. Nur wenn alle Ebenen, inklusive der Herstellung und der grundlegenden Materialien, wirklich nachhaltig sind, handelt es sich auch um eine ökologische Küche.“,

- „ökologisch, funktionell, gesund…Das Holz ist der Hauptgrundstoff jeder…-Eco Küche, und auch hier wurde eine wunderbare Symbiose zwischen Ökologie, Funktionalität und Attraktivität gefunden.“,

- „Die platzsparenden…Eco Küchen bieten beste Qualität und hochwertige Fronten zum günstigen Preis.“.

(3) Den hier angesprochenen Verkehrskreisen vermittelt die Wortkombination von „[X.]“ und „[X.]“ keinen anderen Eindruck als die Summe dieser Einzelbedeutungen; die Wortkombination ist aus sich heraus ohne weiteres verständlich. Der Verkehr wird dem zusammengesetzten Zeichen nur einen Sachhinweis in gängig verkürzter Form entnehmen. So kann „[X.]“ sowohl als Hinweis auf „ökonomisch, wirtschaftlich im Sinne von kompakten und preisgünstigen [X.]chen“ als auch im Sinne von „ökologischen mit nachhaltigen Materialien hergestellten oder energieeffizienten Geräten ausgestatteten [X.]chen“ verstanden werden. Beide Aspekte schließen sich im Übrigen nicht aus, sondern ergänzen sich häufig. So können kleine, preisgünstige und daher ökonomische [X.]chen oftmals auch nachhaltig und ökologisch sein, da weniger kritische Ressourcen zu deren Herstellung verwendet oder benötigt werden. Somit kommt dem Begriff „[X.]KÜCHE” keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit zu, vielmehr ist die Angabe in doppelter Hinsicht beschreibend.

(4) Der Einwand der Beschwerdeführerin, bei dem Begriff „[X.]KÜCHE” handle es sich um eine Wortneubildung, verfängt schon angesichts der oben aufgeführten Verwendungsnachweise nicht. Ohnehin steht aber auch [X.] das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können ([X.] [X.], 146 Rn. 32 - [X.]; [X.], 680 Rn. 38 – [X.]). Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt. Hierfür reicht es im Übrigen auch aus, dass ein Zeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann. Ein solcher Fall liegt hier vor.

bb) Die unterhalb des [X.] angeordnete Wortfolge „Die all-inclusive Küche!” bildet eine sloganartige Satzkonstruktion nach sprachüblicher Bildung und vermittelt den angesprochenen breiten Verkehrskreisen eine werblich anpreisende [X.].

(1) Die aus dem [X.] kommende Angabe „all-inclusive“ (= alles inklusive) ist in die [X.] mit der Bedeutung „alles im Preis enthalten (bei Pauschalreisen u. ä.)“ (vgl. [X.]) eingegangen. Ursprünglich stammt sie zwar, worauf die Beschwerdeführerin zu Recht hinweist, aus der Reisebranche („All-inclusive-Urlaub“) und bezeichnet üblicherweise ein Reiseangebot, bei dem alle Kosten für Unterkunft und Verpflegung in einem pauschal zu entrichtenden Preis enthalten sind. Darüber hinaus hat sich der Begriff „all-inclusive” aber - wie nicht zuletzt der Eintrag im [X.] zeigt – allgemein zu einem Hinweis auf ein Komplettangebot entwickelt. So gibt es all-inclusive-Angebote, all-inclusive Pakete bzw. einen all-inclusive-Service in nahezu allen Waren- und Dienstleistungsbereichen wie z. B. im Bereich von Versicherungen, Leasing, Fitnessstudios, Mobilfunkverträgen etc.

(2) Auch in Bezug zu [X.]chen und damit verbundenen Dienstleistungen ist ein „all-inclusive” Angebot bzw. Paket üblich. Dies kann sich darauf beziehen, dass alle [X.]chengeräte in einem Angebot enthalten sind und/oder auf ein vollständiges Dienstleistungsangebot, bei dem Planung, Lieferung, Installation, Wartung oder Reparatur einer [X.]che als ein Paket angeboten werden. Die der Beschwerdeführerin vorab übermittelten Rechercheergebnisse belegen eine entsprechende Verwendung auch schon vor dem hier relevanten Anmeldezeitpunkt (Anlage 1 zum gerichtlichen Schreiben vom 23. Dezember 2020, [X.] 51-55 d. A.). Dort werden die [X.]chen-Angebote wie folgt beworben:

- „Die All-Inclusive-Küchen: Inklusive Beratung, inklusive Planung, inklusive Montage!“,

- „Unser [X.] für Sie!”,

- “Die All-Inclusive-Küche”,

- “100% All Inclusive Küchen …Die Küche mit Rundum Sorglos Service“.

Nicht zuletzt hat bereits der [X.] in einem Urteil aus dem [X.] über die Zulässigkeit der Werbung für Komplettküchen als „all-Inclusive-Angebot“ entschieden ([X.] I ZR 41/16, Urteil vom 02.03.2017, NJW-RR 2017, 1190 Rn. 21), das in [X.] zusammengefasst wurde u. a. mit „Der [X.] hat entschieden, dass eine Werbung für eine All-Inclusive-Küche, die keine Informationen über die Marke oder den Hersteller und den Typ der Elektrogeräte enthält, wettbewerbswidrig ist.“.

(3) Das der Wortfolge hinzugefügte Ausrufezeichen „!“ dient schließlich dazu, den Inhalt der vorangehenden Aussage werbemäßig hervorzuheben bzw. die Aussage besonders zu unterstreichen.

cc) Die Wortbestandteile des [X.] „[X.]KÜCHE“ und „Die all-inclusive Küche!“ beziehen sich erkennbar aufeinander und vermitteln insgesamt die Aussage, dass es sich um ein Komplettangebot einer günstigen, nachhaltigen und umweltfreundlichen Küche handelt.

Für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen eignen sich die Wortbestandteile damit als werblich anpreisende Sachangabe. Bei den Waren der Klassen 11 und 20 handelt es sich um solche, die üblicherweise in [X.]chen eingebaut bzw. verwendet werden (können). Es wird mithin deren Art und Bestimmung dahingehend beschrieben, dass die Waren ökologisch und Teil eines preisgünstigen [X.]chen-Komplettangebots sind. Die Dienstleistungen der Klassen 37 und 42 können auf die Planung, Errichtung, Installation/Montage, Wartung Reparatur etc. einer solchen [X.]che ausgerichtet sein, so dass ein Hinweis auf deren Inhalt und Gegenstand gegeben wird. Die Dienstleistungen der Klasse 35 richten sich an gewerbliche Kunden; auch hier kann „[X.]. Die all-inclusive [X.]che!“ einen Sachhinweis auf Bestimmung oder Branche geben. Denn Komplettangebote von wirtschaftlich günstigen und nachhaltigen [X.]chen können sich auch auf Gastro- und Großküchen beziehen, zu deren Betrieb und Marketing Hilfe geleistet oder dahingehend Beratung angeboten wird.

c) Schließlich wirkt auch die konkrete grafische Ausgestaltung des angemeldeten Zeichens Abbildung

Grundsätzlich kann einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke, unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente, als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht ([X.] [X.], 229 Rn. 73, 74 – BioID/[X.] [BioID]; [X.] 2010, 640 f. – hey!; [X.], 1153 – antiKalk). Dabei vermögen allerdings einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des [X.], an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können (vgl. [X.] WRP 2014, 573 Rn. 32 – [X.]; [X.], 376 Rn. 18 – [X.]). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die grafische Ausgestaltung einer Wortmarke in einer naheliegenden Form umso weniger die erforderliche Unterscheidungskraft begründen kann, je deutlicher ein unmittelbarer Bezug der Bezeichnung zu den beanspruchten Waren/ Dienstleistungen erkennbar ist (vgl. [X.] 2001, 1153 – antiKALK). Denn je unmittelbarer die [X.] hervortritt, umso mehr wird sie sich in den Augen des angesprochenen Verkehrs gegenüber der grafischen Gestaltung in den Vordergrund drängen. Die Unterscheidungskraft eines solchen Kombinationszeichens kann daher nur bejaht werden, wenn der Verkehr in der bildlichen Ausgestaltung oder in dem von ihr mitbestimmten Gesamteindruck der Marke eine betriebliche Herkunftskennzeichnung sieht. Dies ist hier aber nicht der Fall.

Die in dem Anmeldezeichen eingesetzten Gestaltungsmerkmale, nämlich die Verwendung der Farben Schwarz und Rot, die zweizeilige Anordnung der Wortfolgen, deren unterschiedliche Schriftgestaltung - „[X.]“ in Fettdruck und Großbuchstaben, wobei [X.] wie auch die „ü-Pünktchen“ von „[X.]“ in Rot gehalten ist, „Die all-inclusive [X.]che!“ demgegenüber deutlich kleiner und in Schreibschrift - sind in keiner Weise ungewöhnlich, sondern einfach und gehören zum Standard der Werbegrafik. Der Verkehr wird die genannten Gestaltungsmittel als rein dekorative und nicht als kennzeichnende Elemente wahrnehmen, so dass sie - anders als die Beschwerdeführerin meint – die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht zu begründen vermögen.

Dem Verkehr erschließt sich aus dem [X.] nur eine im Vordergrund stehende werblich gestaltete Sachangabe, so dass dem Zeichen damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

3. An der fehlenden Schutzfähigkeit ändert schließlich auch der Umstand nichts, dass für die Beschwerdeführerin in [X.], [X.] und Großbritannien vermeintlich vergleichbaren Zeichen der Schutz gewährt wurde.

Denn zum einen sind die genannten Eintragungen schon nicht identisch mit dem verfahrensgegenständlichen Zeichen, sondern in anderer Sprache und etwas anderer Grafik gehalten. Zum anderen ist der Beurteilung, ob ein Zeichen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen über die erforderliche Unterscheidungskraft verfügt, das Verständnis der inländischen Verkehrskreise zugrunde zu legen, das von dem anderer Sprachkreise abweichen mag. Schließlich vermag selbst die Eintragung eines identischen Zeichens im [X.] Ausland nach ständiger Rechtsprechung des [X.] und des [X.] keine Bindungs- oder Indizwirkung zu entfalten (vgl. [X.] [X.], 428 Rn. 63, 64 - [X.]; [X.] 2014, 569 Rn. 30 - [X.]).

4. Die Frage, ob auch ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gegeben ist, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.

Die Beschwerde ist nach alledem zurückzuweisen.

Meta

29 W (pat) 571/19

18.01.2021

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.01.2021, Az. 29 W (pat) 571/19 (REWIS RS 2021, 9482)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9482

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I ZR 41/16

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