Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.07.2010, Az. 4 AZR 893/08

4. Senat | REWIS RS 2010, 5084

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Gegenstand

Eingruppierung als Oberarzt nach dem TV-Ärzte - Übertragung medizinischer Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik - Nierentransplantationszentrum


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 3. Juli 2008 - 13 Sa 1526/07 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. August 2007 - 7 Ca 1227/07 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Eingruppierung des [X.] in die [X.] Ä 3 (Oberärztin/Oberarzt) des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom 30. Oktober 2006 ([X.]/[X.]).

2

Der Kläger ist Arzt und seit Oktober 1974 bei der [X.] in der [X.] beschäftigt. Ende 1976 wurde er mit dem Aufbau eines [X.]s beauftragt. In dem letzten von den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 25. Juni 1991 heißt es auszugsweise wie folgt:

        

§ 2      

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem [X.] ([X.]) vom 23.02.1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen.

        

…       

        

§ 5      

        

Nebenabreden

        

Der Angestellte verpflichtet sich zur Übernahme von Lehraufgaben ...“

3

In einem auf denselben Tag datierten „Änderungsvertrag zum derzeit gültigen Arbeitsvertrag“ vereinbarten die Parteien [X.]:

        

§ 1      

        

§ 5 des Vertrages wird wie folgt neu gefaßt:

        

Nebenabreden

        

[X.]err Dr. [X.] erhält die Bezeichnung: ‚Internist für Nierentransplantationen an der Med. [X.].

        

[X.]err Dr. [X.] wird im Bereich der Nierentransplantation der Med. [X.] mit allen hier anfallenden Aufgaben, wie z.B.: organisatorische Aufgaben, [X.], Empfängerberatung, Empfängererfassung und Betreuung der Warteliste, die Koordination der Spendergewinnung und der [X.] sowie Kooperation mit auswärtigen Spenderkrankenhäusern und fachbezogene Vorträge vor interessierten Gruppen, eingesetzt.

        

Analog zu den Oberärzten der Med. [X.] ist er hierbei unmittelbar dem Klinikdirektor oder seinem Vertreter unterstellt und ist vom allgemeinen Bereitschaftsdienst und von Ambulanztätigkeiten befreit. In Abhängigkeit vom jeweiligen Arbeitsanfall ist [X.]err Dr. [X.] für die [X.] auf Weisung des [X.] einzusetzen. In den übrigen Bereichen der Patientenbetreuung ist er dem jeweils zuständigen Oberarzt der Klinik unterstellt.

        

…“    

4

Nach den Feststellungen des [X.] trägt der Kläger die Verantwortung für die Warteliste für Nierentransplantationen sowie für die medizinische und organisatorische Funktionsfähigkeit des [X.]s [X.]. Die entsprechende Warteliste umfasst aktuell ca. 140 Patienten. Der Kläger führt jährlich ca. 40 bis 50 Kontakt- und Informationsgespräche mit transplantationswilligen Patienten. Er legt das Diagnoseprogramm fest, mit dem jeweils die transplantationsrelevanten Organbefunde objektiviert werden müssen. Bei weiteren Terminen sind die Ergebnisse der Organ- und Risikodiagnostik sowie der körperliche Befund des Patienten zu analysieren und zu dokumentieren. Aufgrund der Ergebnisse dieser Analyse entscheidet der Kläger über die Eignung des Patienten zur Nierentransplantation und über die Aufnahme oder Nichtaufnahme des Patienten in die Warteliste zur Nierentransplantation nebst entsprechenden Anmeldungen bei der Institution [X.]. Während der Wartezeit ist der Kläger für die Feststellung des [X.] der Transplantationseignung der entsprechenden Patienten verantwortlich. Er legt für die Patienten [X.] fest, in denen eignungsrelevante Spezialuntersuchungen wiederholt werden müssen. In dreimonatigem Abstand erfolgt bei jedem Patienten eine Befragung hinsichtlich dessen aktuellem Gesundheitszustand und etwaigen Problemen bei der laufenden Dialysebehandlung. Wenn erforderlich, holt der Kläger externe Befunde ein und ordnet Kontrolluntersuchungen an. Anhand der dadurch erzielten Erkenntnisse entscheidet der Kläger, ob der Patient vorübergehend oder dauerhaft von der Warteliste gestrichen und ob er nach einer vorübergehenden Streichung wieder in die Warteliste aufzunehmen ist. Dabei ist für jeden dieser Patienten eine Transplantationsakte zu führen, in der fortlaufend der körperliche Befund der Patienten, die Ergebnisse der Organ- und Risikodiagnostik und die medizinischen und organisatorischen Prozeduren dokumentiert werden, die für den Fall eines Organangebots zur Transplantation zu befolgen sind. Schließlich fasst er viermal jährlich die Untersuchungsergebnisse, Anordnungen und den Stand der Entscheidung in einem von ihm selbst entwickelten Arztbrief an den überweisenden Dialysearzt zusammen. Die Transplantationsakte und die Arztbriefe sind die Entscheidungsgrundlage für die Eignung des Patienten und die Annahme einer Niere im Fall eines Organangebots zur Transplantation. Der Kläger führt jährlich 15 bis 20 Informations- und [X.] mit [X.] für eine [X.]. Er entscheidet über die Eignung der beiden Kandidaten für eine Nierenspende und verfasst und unterschreibt allein das medizinische Gutachten für die Vorstellung der Kandidaten bei der [X.] Transplantationsmedizin der [X.]. Über die Transplantation selbst entscheidet nicht der Kläger. Nach der Freigabe der Transplantation ordnet der Kläger den medizinischen und organisatorischen Ablauf der Lebendspende an. Auch nach der Transplantation werden die Spender vom Kläger in einem jahrelangen ambulanten klinischen Nachsorgeprogramm betreut, zB durch eine jährliche Kontrolluntersuchung zur Unbedenklichkeit der verbliebenen Nierenfunktionen. [X.] jährlich veranstaltet der Kläger eine Transplantationskonferenz mit den Ärzten des [X.] und den Ärzten der Dialysezentren der Region. Dabei stellt er jeweils neue transplantationswillige Patienten mit den Ergebnissen der Eignungsdiagnostik sowie aktuelle Problemfälle vor. Der Kläger nimmt weiterhin an [X.] teil, soweit Belange der Transplantation erörtert werden. Er ist verantwortlich für die zuverlässige Funktions- und Einsatzfähigkeit des [X.]s rund um die Uhr. Die Dienstpläne werden von einer Assistentin des [X.] erstellt. Der Kläger nimmt nicht an dem oberärztlichen nephrologischen Rufdienst teil. Dabei beträgt der Zeitanteil der Tätigkeit des [X.] „an den und für die Patienten der Nierentransplantation“ 85 Prozent seiner Gesamtarbeitszeit. Der Rest entfällt auf organisatorische, nicht unmittelbar patientenbezogene Aufgaben.

5

Mit Schreiben vom 10. August 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er aufgrund seiner erklärten Bereitschaft, ab dem 1. Juli 2006 auf der Basis einer 42-Stunden-Woche zu arbeiten, ab diesem Zeitpunkt für ihn die [X.] des neuen Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken ([X.]/[X.]), der endgültig am 30. Oktober 2006 vereinbart wurde, Anwendung finde. Sie beabsichtige, ihn als „Facharzt ab dem 24. Jahr“ einzugruppieren. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 21. August 2006 und machte vergeblich die Eingruppierung als Oberarzt nach der [X.] Ä 3 [X.]/[X.] geltend.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, es handele sich bei dem Bereich „[X.]“ um einen selbständigen Funktions- oder Teilbereich der Klinik, für den ihm die medizinische Verantwortung übertragen sei. Diese umfasse die Feststellung und Aufrechterhaltung der medizinischen Eignung der Patienten für eine Nierentransplantation und die Festlegung der Behandlungs- und Operationsprozeduren für den operierenden Facharzt. Die Beklagte dokumentiere in ihrer Außendarstellung in Jahresberichten und im [X.] selbst, dass der Bereich Nierentransplantationen in ihrem Spektrum der Krankenversorgung einen gewichtigen Bereich darstelle.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn mit Wirkung ab dem 1. Juli 2006 nach der [X.] Ä 3 (ab dem 7. Jahr) des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom 30. Oktober 2006 zu vergüten und die monatlich anfallenden Bruttonachzahlungsbeträge beginnend ab dem 1. Juli 2006 dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

8

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass dem Kläger keine medizinische Verantwortung für einen Funktions- oder Teilbereich der Klinik vom Arbeitgeber übertragen worden sei. Der Kläger sei überwiegend mit organisatorischen und Verwaltungsaufgaben betraut. Der Bereich Nierentransplantation sei weder ein Funktions- noch ein Teilbereich der Klinik, da hierfür eine im Fall des Bereichs Nierentransplantation nicht gegebene organisatorische Abgrenzbarkeit ebenso erforderlich sei wie die Unterstellung von Ärzten und Fachärzten.

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.]eklagten ist begründet. Das [X.] hat ihre [X.]erufung gegen das klagestattgebende arbeitsgerichtliche Urteil zu Unrecht zurückgewiesen.

A. Das [X.] ist davon ausgegangen, dass die Klage begründet ist. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen, die in § 12 [X.]/[X.] zur [X.] Ä 3 für einen Oberarzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist, aufgeführt seien.

[X.]. Dies ist rechtsfehlerhaft. Die hiergegen gerichtete Revision der [X.]eklagten ist erfolgreich. Die [X.]erufung der [X.]eklagten war begründet, weil die Klage unbegründet ist.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Soweit die Vergütungsverpflichtung der [X.]eklagten aus der [X.] Ä 3 [X.]/[X.] festgestellt werden soll, handelt es sich dabei um einen Eingruppierungsfeststellungsantrag, der sich weitgehend an der üblichen und nach ständiger Rechtsprechung des Senats zulässigen Form orientiert (vgl. nur 31. Juli 2002 - 4 [X.] - [X.] 1975 §§ 22, 23 Nr. 293).

2. Der Feststellungsantrag ist auch bezüglich der [X.] „ab dem 7. Jahr“ zulässig, mit der ersichtlich die tarifliche Regelung der Entgeltstufen innerhalb einer [X.] nach § 12 [X.]/[X.] gemeint ist.

a) Grundsätzlich sind die Einstufung in die [X.] einer Vergütungsordnung und die [X.] innerhalb der [X.] zwei verschiedene Streitgegenstände (vgl. dazu allg. [X.] 17. Oktober 2007 - 4 [X.] 1005/06 - [X.]E 124, 240, 243 ff.). Wird nicht nur die Eingruppierung, sondern auch die [X.] innerhalb einer Vergütungsgruppe zum Gegenstand des Eingruppierungsfeststellungsantrages gemacht, bedarf es auch hierfür eines besonderen Feststellungsinteresses nach § 256 Abs. 1 ZPO.

b) Dieses besondere Feststellungsinteresse liegt bei dem Kläger vor. Zwischen den Parteien ist nicht nur die zutreffende [X.] streitig, sondern auch die [X.] bei einer eventuellen Eingruppierung in die [X.] Ä 3 [X.]/[X.]. Hinsichtlich der Zuordnung zu einer Vergütungsstufe regelt § 16 Abs. 1 [X.]/[X.]:

        

„§ 16          

        

Stufen der [X.]           

        

(1)     

Die [X.] Ä 1 umfasst fünf Stufen; die [X.]n Ä 2 bis Ä 4 umfassen drei Stufen. Die Ärzte erreichen die jeweils nächste Stufe nach den [X.]en ärztlicher (Ä 1), fachärztlicher (Ä 2), oberärztlicher (Ä 3) Tätigkeit beziehungsweise der Tätigkeit als ständiger Vertreter des leitenden Arztes ([X.]hefarztes), die in den Tabellen (Anlagen A und [X.]) angegeben sind.“

Die genannten Tabellen regeln, dass die Oberärzte und Oberärztinnen (im Hinblick auf die klagende Partei wird im Folgenden stets die männliche Form gewählt) der [X.] Ä 3 in drei Stufen vergütet werden, die nach [X.]en oberärztlicher Tätigkeit gestaffelt sind. Dabei sind nach § 5 des Tarifvertrages zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an [X.]skliniken vom 30. Oktober 2006 ([X.]/[X.]) die für die [X.] maßgebenden Tätigkeitszeiten bei demselben Arbeitgeber auch für [X.]räume anzurechnen, die vor Inkrafttreten des [X.]/[X.] lagen, wenn in ihnen die entsprechenden [X.]e erfüllt worden wären. Ist - wie vorliegend - zwischen den Parteien streitig, ob die derzeitige Tätigkeit eines Arztes das [X.] eines Oberarztes erfüllt, ergibt sich das Feststellungsinteresse an der Feststellung der Zuordnung zu einer Stufe oberhalb der Stufe 1 regelmäßig daraus, dass die Erfüllung der Voraussetzungen des [X.] nicht nur für die [X.] nach Inkrafttreten des [X.]/[X.], sondern auch für einen - ggf. längeren - [X.]raum davor entscheidungserheblich, aber auch streitig ist.

3. Die Klage ist auch hinsichtlich der Verzinsungspflicht der [X.]eklagten nach der Senatsrechtsprechung zulässig (6. Juni 2007 - 4 [X.] 505/06 - Rn. 14, [X.] 1975 §§ 22, 23 Nr. 308; 22. April 2009 - 4 [X.] 166/08 - Rn. 13, [X.] 1975 §§ 22, 23 Nr. 311).

II. Die Klage ist aber nicht begründet.

1. Dabei kann zugunsten des [X.] unterstellt werden, dass für das Arbeitsverhältnis der Parteien die Regelungen des [X.]/[X.] maßgebend sind, obgleich die [X.] der [X.]eklagten an den [X.]/[X.] nicht zweifelsfrei ist. Die [X.]eklagte war bis zum Jahre 2000 eine medizinische Einrichtung der [X.] und wurde durch die Verordnung über die Errichtung des [X.] der [X.] ([X.]sklinikum Aachen) als Anstalt des öffentlichen Rechts vom 1. Dezember 2000 (GV[X.]l. [X.] 2000, 738 ff.) neu konstituiert. Nach § 10 Abs. 2 dieser Verordnung

        

„gelten die von der Tarifgemeinschaft deutscher Länder abgeschlossenen Tarifverträge und sonstigen [X.]estimmungen“

auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der neu gebildeten Anstalt. Ob hierdurch eine - wie in § 3 Abs. 1 [X.] geregelte - normativ wirkende [X.] eines Arbeitgebers, der nicht Mitglied der [X.] ist und nach deren Satzung auch nicht werden kann, an einen Tarifvertrag der [X.] begründet werden kann, ist zweifelhaft, kann vorliegend aber offenbleiben, da die Klage aus anderen Gründen unbegründet ist.

2. [X.]ei der zu Gunsten des [X.] unterstellten Geltung des [X.]/[X.] richtet sich seine Vergütung nach der für ihn zutreffenden Eingruppierung und Einstufung in die [X.] des [X.]/[X.]. Die insoweit maßgeblichen Tarifnormen des [X.]/[X.] lauten:

        

„§ 12          

        

Eingruppierung           

        

Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:

        

[X.]           

[X.]ezeichnung           

        

Ä 1      

Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit

        

Ä 2      

Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit

        

Ä 3      

Oberärztin/Oberarzt

                 

Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist.

                 

Oberarzt ist ferner der Facharzt in einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert.

        

Ä 4      

Fachärztin/Facharzt, der/dem die ständige Vertretung des leitenden Arztes ([X.]hefarzt) vom Arbeitgeber übertragen worden ist.

                 

(Protokollerklärung: Ständiger Vertreter ist nur der Arzt, der den leitenden Arzt in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Klinik nur von einer Ärztin/einem Arzt erfüllt werden.)

        

…       

        

§ 15        

        

Tabellenentgelt           

        

(1)     

Die Ärztin/[X.] erhält monatlich ein Tabellenentgelt. Die Höhe bestimmt sich nach der [X.], in die sie/er eingruppiert ist, und nach der für sie/ihn geltenden Stufe.

                 

…       

        

(2)     

… Ärzte, für die die Regelungen des Tarifgebiets Ost Anwendung finden, erhalten Entgelt nach den Anlagen [X.] 1 und [X.] 2.“

3. Die für die Eingruppierung maßgebende Tätigkeit des [X.] in dem Nierentransplantationszentrum der Medizinischen Klinik II der [X.]eklagten, die 85 Prozent seiner Arbeitszeit ausmacht, erfüllt nicht das hier - auch nach Auffassung der Vorinstanzen und der Parteien - allein in [X.]etracht kommende [X.] der [X.] Ä 3 erste Fallgr. des § 12 [X.]/[X.]. Denn dem Kläger ist keine medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik der [X.]eklagten übertragen worden.

a) Die einem Oberarzt übertragene medizinische Verantwortung ist nur dann tariflich von [X.]edeutung, wenn sie sich auf einen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik oder Abteilung bezieht. Die [X.] Ä 3 in § 12 [X.]/[X.] weist zwei [X.]e aus, bei deren Erfüllung der [X.] als Oberarzt im [X.] anzusehen ist. Die Tätigkeit eines Facharztes mit einer übertragenen Spezialfunktion kommt vorliegend nicht in [X.]etracht, so dass es in diesem Zusammenhang um die Frage geht, ob dem Kläger die medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik bzw. Abteilung übertragen worden ist. Dies ist nicht der Fall.

aa) Die medizinische Verantwortung für einen Funktionsbereich ist ihm nicht übertragen worden.

(1) Der [X.]egriff des [X.] ist dabei von den Tarifvertragsparteien in dem Sinne gebraucht worden, der den schon früher von ihnen als Tarifvertragsparteien vereinbarten Regelungen der Vergütungsordnung zum [X.]AT (VergGr. [X.]. 10 iVm. mit Protokollnotiz Nr. 5) zugrunde lag ([X.] 2008, 599, 600; [X.] 2008, 184, 186; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] TV-L Stand Juni 2010 Teil IIa [X.] - Eingruppierung § 12 Rn. 46 f.). Danach sind Funktionsbereiche medizinisch definiert, dh. sie sind Untergliederungen eines Fachgebietes der Medizin, die wissenschaftlich anerkannte Spezialgebiete erfassen. Als [X.]eispiele für Funktionsbereiche haben die Tarifvertragsparteien in ihrer Protokollnotiz Nr. 5 des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum [X.]AT vom 23. Februar 1972 ua. die Nephrologie, dh. die Wissenschaft und Lehre von den Nierenkrankheiten (vgl. [X.] Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke 6. Aufl. S. 509), die Handchirurgie, die Neuroradiologie, die Elektroencephalographie und die [X.] benannt. In einer Stellungnahme der 2./80 Mitgliederversammlung der [X.] am 6./7. März 1980 wurde diese Liste erheblich ergänzt. In den Vorbemerkungen hierzu heißt es, dass ein Funktionsbereich iSd. [X.] nur dann vorliegt, wenn ua. für das wissenschaftlich anerkannte Spezialgebiet im Krankenhaus eine deutliche Eigenständigkeit innerhalb der Fachabteilung (des Fachbereichs) vorhanden ist. Aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin sind sodann die Gastroenterologie, die Kardiologie, die Pulmologie, die Nephrologie (einschließlich Dialyse) sowie die Immunologie als Funktionsbereiche anerkannt worden (zit. nach [X.]reier/ Kiefer/[X.]/Dassau Eingruppierung und [X.]e Stand März 2010 Anl. 1a zum [X.]AT ([X.]/L) Teil I Protokollnotizen Erläuterung 5).

(2) Nach diesen Kriterien ist der Kläger nicht für den Funktionsbereich einer Klinik medizinisch verantwortlich.

Zur Ermittlung eines verselbständigten [X.] innerhalb eines Fachgebietes ist auf die Weiterbildungsordnung abzustellen, da es um eine fachliche Zuordnung geht. Die Weiterbildungsordnung der [X.] (W[X.]O-N) differenziert insoweit zwischen den [X.], Schwerpunktbezeichnung im Schwerpunkt eines Fachgebietes und Zusatzbezeichnung (§ 2 Abs. 1 W[X.]O-N). Innerhalb des Gebietes Innere Medizin kann ua. die Schwerpunktbezeichnung Nephrologie erworben werden. Ein Schwerpunkt wird nach § 2 Abs. 3 W[X.]O-N durch eine auf der Facharztweiterbildung aufbauenden Spezialisierung im Gebiet beschrieben. Eine Schwerpunktbezeichnung Nierentransplantation gibt es dabei nicht. Auch als Zusatzbezeichnung ist dieser [X.]egriff unbekannt und wird in dem insgesamt 46 mögliche [X.]ezeichnungen erfassenden Abschnitt [X.] der W[X.]O-N nicht aufgeführt. Allerdings ist die Nierentransplantation Gegenstand der Lehrinhalte zum Erwerb der Schwerpunktbezeichnung Internist und Nephrologe. Es heißt dort in Abschn. [X.] Nr. 12.3.6 zur W[X.]O-N:

        

„Weiterbildungsinhalt:           

        

Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in

        

-       

den Inhalten der [X.]asisweiterbildung

        

-       

der Erkennung und konservativen [X.]ehandlung der akuten und chronischen Nieren- und renalen [X.] sowie deren Folgeerkrankungen

        

-       

der [X.]etreuung von Patienten mit Nierenersatztherapie

        

-       

den Dialyseverfahren und analogen Verfahren bei akutem Nierenversagen und chronischer Niereninsuffizienz sowie bei gestörter Plasmaproteinzusammensetzung und Vergiftungen einschließlich extrakorporale Eliminationsverfahren und Peritonealdialyse

        

-       

der Indikationsstellung und Mitwirkung bei Nierenbiopsien sowie Einordnung des [X.]efundes in das Krankheitsbild

        

-       

der Indikationsstellung zu interventionellen Eingriffen bei Nierenarterienstenose und Störungen des Harnabflusses einschließlich Nierensteinen

        

-       

der interdisziplinären Indikationsstellung nuklearmedizinischer Untersuchungen sowie chirurgischer und strahlentherapeutischer [X.]ehandlungsverfahren einschließlich Nierentransplantation

        

-       

der [X.]etreuung von Patienten vor und nach Nierentransplantation

        

-       

der Ernährungsberatung und Diätetik bei Nierenerkrankungen

        

-       

der intensivmedizinischen [X.]asisversorgung“

Daraus ergibt sich, dass die ärztliche Tätigkeit des [X.] [X.]estandteil des Schwerpunktes Innere Medizin und Nephrologie innerhalb des Fachgebietes Innere Medizin ist. Da nach der Protokollnotiz Nr. 5 bereits die Nephrologie ein Funktionsbereich iSd. [X.] ist, kann ein insgesamt nur kleiner fachlicher Ausschnitt aus diesem [X.]ereich nicht seinerseits wieder ein Funktionsbereich sein.

[X.]) Auch für einen Teilbereich der Klinik trägt der Kläger nicht die medizinische Verantwortung.

(1) Der [X.]egriff des Teilbereichs einer Klinik oder Abteilung ist tariflich neu und wird von den Tarifvertragsparteien nicht ausdrücklich näher bestimmt. Dabei ist davon auszugehen, dass ein Teilbereich schon wegen der von den Tarifvertragsparteien gewählten grammatikalischen Abgrenzung zu den Funktionsbereichen („oder“) ein hiervon unabhängiges eigenständiges Tatbestandsmerkmal ist. Die in der Literatur und von der Arbeitgeberseite des Tarifvertrages vertretene Auffassung, es handele sich um ein Synonym für einen Funktionsbereich (vgl. z[X.] die Mitteilung der [X.] vom 7. August 2007, [X.]. bei [X.]/[X.]/[X.]/[X.] Rn. 49), steht im Widerspruch zum Tarifwortlaut.

Die Auslegung des [X.]egriffs ergibt nach den hierfür heranzuziehenden Kriterien (vgl. dazu nur [X.] 26. Januar 2005 - 4 [X.] 6/04 - mwN, [X.]E 113, 291, 299) unter besonderer [X.]erücksichtigung des Wortlauts und des tariflichen Gesamtzusammenhangs, dass ein Teilbereich einer Klinik oder Abteilung im tariflichen Sinne regelmäßig eine organisatorisch abgrenzbare Einheit innerhalb der übergeordneten Einrichtung einer Klinik oder Abteilung ist, der eine bestimmte Aufgabe mit eigener Zielsetzung sowie eigener medizinischer Verantwortungsstruktur zugewiesen ist und die über eine eigene räumliche, personelle und sachlich-technische Ausstattung verfügt ([X.] 9. Dezember 2009 - 4 [X.] 495/08 - Rn. 35 ff., [X.] 2010, 895).

(a) Ein Teilbereich ist ein [X.]ereich, der den Teil eines Ganzen umfasst ([X.] S. 1464). [X.]ezugspunkt des hier gemeinten Teilbereichs ist die Klinik oder die Abteilung. Der [X.]egriff „Teil-“ macht deutlich, dass es sich dabei um eine räumlich oder sonst organisatorisch abgrenzbare, eben abteilbare Einheit innerhalb der Klinik oder der Abteilung handelt. Dabei ist der Teilbereich einer Klinik oder Abteilung unter organisatorischen Gesichtspunkten definiert. Er muss nicht notwendig - wie ein Funktionsbereich - einem speziellen ärztlichen Fachgebiet zugeordnet sein; der [X.]egriff weist wie derjenige der Klinik oder der Abteilung keinen [X.]ezug zur fachlichen Spezialisierung auf, auch wenn ein solcher in der Praxis häufig gegeben sein dürfte.

(b) Die Anforderung einer gewissen organisatorischen Verselbständigung wird in der Regel einerseits durch eine zumindest auf einen nicht unerheblichen [X.]raum, zumeist jedoch auf unbestimmte Dauer ausgerichtete Ausstattung mit eigenem nichtärztlichen und ärztlichen Personal erfüllt. Die bloße Aufgabenerfüllung mit wechselndem Personal genügt für die erforderliche Abgrenzung nicht. Andererseits müssen der Einheit regelmäßig auch eigene Räume und sonstige Sachmittel zugewiesen worden sein. Diese orientieren sich an dem der organisatorischen Einheit innerhalb der Klinik oder der Abteilung übertragenen Zweck. Erforderlich ist, dass die Einheit in diesem Sinne tatsächlich organisatorisch verselbständigt ist; es genügt dagegen nicht, dass aufgrund der Aufgabenstellung hierzu die Möglichkeit bestünde.

(c) Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, insbesondere aus der Verbindung mit dem [X.]egriff der medizinischen Verantwortung im [X.] der ersten Fallgruppe der [X.] Ä 3 § 12 [X.]/[X.], wird deutlich, dass es sich um eine Organisationseinheit handeln muss, der eine eigenständige Verantwortungsstruktur zugewiesen werden kann und zugewiesen worden ist. Nicht zwingend ist dagegen, dass es sich um [X.] unmittelbar unterhalb derjenigen der Klinik bzw. Abteilung handeln muss. Auch Funktionsbereiche sind nicht notwendig auf dieser „zweiten Hierarchieebene“ angesiedelt. Es ist aber regelmäßig davon auszugehen, dass ein solcher Teilbereich im tariflichen Sinne über eine bestimmte Mindestgröße verfügen muss und nicht auf der untersten organisatorischen Hierarchieebene angesiedelt sein kann, was jedoch durch die Anforderung einer organisatorischen Selbständigkeit und die Anbindung an das Merkmal der „medizinischen Verantwortung“ in der Regel auch ausgeschlossen sein dürfte (ähnlich Wahlers [X.] 2008, 204, 206).

(2) Nach diesen Kriterien ist der [X.]ereich, für den der Kläger verantwortlich ist, kein Teilbereich einer Klinik bzw. Abteilung.

(a) Das [X.] bezeichnet den Teilbereich, für den dem Kläger die medizinische Verantwortung übertragen worden sein soll, als „[X.]ereich der Nierentransplantation“, der eine „fachliche Untergliederung innerhalb eines ärztlichen Fachgebietes“ sei. Er sei auch organisatorisch verselbständigt, da darin sämtliche medizinischen und organisatorischen Aufgaben im Zusammenhang mit der Nierentransplantation zusammengefasst seien.

(b) Dies ist rechtsfehlerhaft und wird überdies von den Feststellungen des [X.]s nicht getragen.

(aa) Die erforderliche organisatorische Selbständigkeit des Teilbereichs Nierentransplantation ist in der [X.] der [X.]eklagten nicht gegeben. Das [X.] hat weder eine räumliche, personelle und organisatorische Abgrenzung von einer gewissen Kontinuität innerhalb der Klinik noch die Ausstattung des Teilbereichs mit nichtärztlichem und/oder ärztlichem Personal festgestellt. Der Teilbereich Nierentransplantation wird danach allein durch den Kläger repräsentiert, dem eine Reihe von medizinischen und organisatorischen Aufgaben zugewiesen sind. So ist - mit Ausnahme einer „Assistentin des Transplantationsbüros“, die die Dienstpläne schreibt - weder von Hilfskräften noch von den Ärzten, die die Transplantation letztlich durchführen, die Rede - ohne diese ist ein Teilbereich Nierentransplantation jedoch gar nicht denkbar -. Auch ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen, dass es eine [X.] gibt, an der er allerdings ebenso wenig teilnimmt wie am Rufbereitschaftsdienst für die Dialyse und die Transplantation. Die bloße [X.]ündelung der Erfüllung von - auch komplexen - Aufgaben in einer Person kann jedoch keinen Teilbereich im tariflichen Sinne begründen. Die Revision macht zu Recht geltend, dass ein Teilbereich im tariflichen Sinne nur dann gegeben ist, wenn der Arzt nicht nur allein handelt und entscheidet, sondern wenn ihm die Leitungsfunktion für einen solchen [X.]ereich übertragen worden ist, in dem auch andere Ärzte tätig sind. Einen solchen [X.]ereich hat weder der Kläger noch das [X.] benannt.

([X.]) Auch aus der Zuordnung des [X.] zum sog. Nierentransplantationszentrum ergibt sich nichts anderes. Mit dieser [X.]ezeichnung ist auf § 10 Transplantationsgesetz [X.]ezug genommen, in dem die Aufgaben und Verpflichtungen von Transplantationszentren geregelt sind. Dort heißt es:

        

„§ 10 Transplantationszentren           

        

(1) Transplantationszentren sind Krankenhäuser oder Einrichtungen an Krankenhäusern, die nach § 108 des Fünften [X.]uches Sozialgesetzbuch oder nach anderen gesetzlichen [X.]estimmungen für die Übertragung von in § 9 Abs. 1 Satz 1 genannten Organen zugelassen sind. [X.]ei der Zulassung nach § 108 des Fünften [X.]uches Sozialgesetzbuch sind Schwerpunkte für die Übertragung dieser Organe zu bilden, um eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung zu gewährleisten und die erforderliche Qualität der Organübertragung zu sichern.

        

(2) Die Transplantationszentren sind verpflichtet,

        

1.    

Wartelisten der zur Organübertragung angenommenen Patienten mit den für die [X.] nach § 12 erforderlichen Angaben zu führen sowie unverzüglich über die Annahme eines Patienten zur Organübertragung und seine Aufnahme in die Warteliste zu entscheiden und den behandelnden Arzt darüber zu unterrichten, ebenso über die Herausnahme eines Patienten aus der Warteliste,

        

2.    

über die Aufnahme in die Warteliste nach Regeln zu entscheiden, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, insbesondere nach Notwendigkeit und Erfolgsaussicht einer Organübertragung,

        

3.    

die auf Grund der §§ 11 und 12 getroffenen Regelungen zur Organentnahme und [X.] einzuhalten,

        

4.    

jede Organübertragung unverzüglich so zu dokumentieren, dass eine lückenlose Rückverfolgung der Organe vom Empfänger zum Spender ermöglicht wird; bei der Übertragung von vermittlungspflichtigen Organen ist die Kenn-Nummer (§ 13 Abs. 1 Satz 1) anzugeben, um eine Rückverfolgung durch die [X.] zu ermöglichen,

        

5.    

vor und nach einer Organübertragung Maßnahmen für eine erforderliche psychische [X.]etreuung der Patienten im Krankenhaus sicherzustellen und

        

6.    

nach Maßgabe der Vorschriften des Fünften [X.]uches Sozialgesetzbuch Maßnahmen zur Qualitätssicherung, die auch einen Vergleich mit anderen Transplantationszentren ermöglichen, im Rahmen ihrer Tätigkeit nach diesem Gesetz durchzuführen; dies gilt für die Nachbetreuung von Organspendern nach § 8 Abs. 3 Satz 1 entsprechend.“

Dies umschreibt genau die Aufgaben, die der Kläger nach seinem Arbeitsvertrag zu erfüllen hat und tatsächlich auch erfüllt. Hinzu kommt offenbar die Aufgabe, die nach § 8 Abs. 3 Transplantationsgesetz erforderliche Zustimmung (oder Unbedenklichkeitserklärung) der nach Landesrecht zuständigen [X.] Transplantationsmedizin bei der jeweiligen [X.] einzuholen. Insoweit schreibt § 1 Abs. 1 und 4 der Geschäftsordnung der [X.] Transplantationsmedizin der [X.] ([X.] 2002, 77) vor, dass die jeweiligen Anträge von den Transplantationszentren selbst gestellt werden müssen und umfangreiche medizinische Stellungnahmen zu verschiedenen Aspekten auf Empfänger- und auf [X.] beizufügen haben. Zu einer organisatorischen Abgrenzung des „[X.]“ in der Klinik der [X.]eklagten oder auch nur zu einer Art von Struktur dieser Einrichtung liegen jedoch weder Feststellungen des [X.]s noch Parteivortrag vor. Die [X.]eklagte hat in der [X.]erufungsbegründung unwidersprochen vorgetragen, der [X.]ereich, in dem der Kläger tätig ist, sei „außerordentlich klein. Er besteht ausschließlich aus dem Kläger selbst.“ Auch daraus ergibt sich, dass dem Kläger ein Ausschnitt der Aufgaben des [X.]ereichs Nierentransplantation/Transplantationszentrum zugewiesen worden ist, den er - wohl weitgehend selbständig und eigenverantwortlich - erfüllt, eine organisatorische Verselbständigung eines Teilbereichs zur Erfüllung dieser Aufgaben jedoch nicht vorliegt, wenn man den Kläger als Person nicht als einen solchen Teilbereich ansehen will, was der [X.]/[X.] ausschließt.

b) Dem Kläger ist auch keine hinreichende medizinische Verantwortung übertragen worden. Auch insoweit ist das erste [X.] der [X.] Ä 3 [X.]/[X.] nicht erfüllt.

aa) Die Eingruppierung eines Arztes als Oberarzt iSd. [X.] Ä 3 erste Fallgr. [X.]/[X.] setzt ua. voraus, dass dem Arzt die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung übertragen worden ist. Die Tarifvertragsparteien haben dabei von einer ausdrücklichen [X.]estimmung dessen, was unter medizinischer Verantwortung im tariflichen Sinne zu verstehen ist, abgesehen. Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch, dass das [X.] nur dann erfüllt werden kann, wenn dem Oberarzt ein Aufsichts- und - teilweise eingeschränktes - Weisungsrecht hinsichtlich des medizinischen Personals zugewiesen worden ist. Dabei genügt es nicht, dass in dem Teilbereich Ärzte der [X.] Ä 1 (Assistenzärzte und Ärzte in Weiterbildung) tätig sind. Ihm muss auch mindestens ein Facharzt der [X.] Ä 2 unterstellt sein. Ferner ist idR erforderlich, dass die Verantwortung für den [X.]ereich ungeteilt bei ihm liegt (aus. [X.] 9. Dezember 2009 - 4 [X.] 495/08 - Rn. 45 ff., [X.] 2010, 895).

(1) Mit der Anforderung, dass sich die übertragene Verantwortung auf den medizinischen [X.]ereich erstrecken muss, haben die Tarifvertragsparteien deutlich gemacht, dass es nicht ausreicht, wenn dem Arzt lediglich die organisatorische oder verwaltungstechnische Verantwortung für den [X.] obliegt ([X.]/[X.]/[X.]/[X.] Rn. 57). [X.] muss noch als solcher tätig sein ([X.]runs/[X.]iermann/Weis Anästhesiologie und Intensivmedizin Mai 2007 S. 1, 5), also mit dem Vorbeugen, dem Erkennen von Ursachen und Auswirkungen von Gesundheitsstörungen sowie ihrer [X.]ehandlung beschäftigt sein.

(2) Das [X.] der [X.] Ä 3 stellt hinsichtlich der übertragenen Verantwortung maßgebend auf deren Reichweite ab. Diese muss sich in personeller Hinsicht auch auf Fachärzte und in organisatorischer Hinsicht als Alleinverantwortung auf den gesamten betreffenden [X.]ereich der Klinik oder Abteilung beziehen. Das ergibt sich aus der systematischen Stellung dieser [X.] innerhalb der durch die Vergütungsordnung gestalteten Hierarchie der [X.]n.

(a) Die Tätigkeit als Arzt ist grundsätzlich mit einer spezifischen Verantwortung verbunden, die nicht auf andere Personen übertragen werden kann und darf. Nach § 11 Abs. 1, § 2 Abs. 3 der (Muster-)[X.]erufsordnung für die [X.] Ärztinnen und Ärzte (M[X.]O-Ä 1997 idF vom 24. November 2006) ist jeder Arzt im Rahmen der [X.]erufsausübung verpflichtet, seine Patienten gewissenhaft mit geeigneten Untersuchungs- und [X.]ehandlungsmethoden zu versorgen sowie bei der Übernahme und Durchführung der [X.]ehandlung die gebotenen medizinischen Maßnahmen nach den Regeln der ärztlichen Kunst gewissenhaft auszuführen (Kapitel [X.] Nr. 2 der Grundsätze korrekter ärztlicher [X.]erufsausübung). Aus der Freiheit ärztlichen Handelns und der damit verbundenen selbständigen Verantwortung eines jeden Arztes ergibt sich auch eine [X.]egrenzung der Weisungsbefugnis, die sich selbst für einen [X.]hefarzt in einer Klinik darauf beschränkt, den ihm unterstellten Ärzten bestimmte Tätigkeiten und Einzelaufgaben zur selbständigen Erledigung verbindlich zu übertragen ([X.]/[X.] 3. Aufl. [X.]d. 2 § 339 Rn. 20).

(b) Aus der Struktur der Regelung in § 12 [X.]/[X.] folgt, dass die den Oberärzten im [X.] obliegende „medizinische“ Verantwortung über die allgemeine „ärztliche“ Verantwortung eines Assistenzarztes und eines Facharztes deutlich hinausgeht. Dabei wird an die tatsächliche [X.] angeknüpft. Kliniken sind arbeitsteilig organisiert und weisen zahlreiche spezialisierte und fragmentierte Diagnose-, [X.]ehandlungs- und Pflegeabläufe mit einer abgestuften Verantwortungsstruktur der handelnden Personen auf (vgl. [X.]/[X.] in Laufs/[X.] des [X.] 4. Aufl. S. 1067; [X.] NJW 2000, 1745, 1746). Dem entspricht die tarifliche Einordnung der medizinischen Verantwortung von Oberärzten, die in § 12 [X.]/[X.] innerhalb der Struktur der [X.]n nach „unten“ und nach „oben“ in ein von den Tarifvertragsparteien als angemessen angesehenes Verhältnis gesetzt wird.

(aa) Aus der Unterordnung unter den leitenden Arzt und seinen ständigen Vertreter, der in die [X.] Ä 4 eingruppiert ist, ergibt sich, dass die von einem Oberarzt wahrzunehmende Verantwortung keine Allein- oder Letztverantwortung sein kann. Auch hier entspricht die tarifliche Regelung der krankenhausinternen Organisations- und Verantwortungsstruktur. Die medizinische Letztverantwortung liegt idR beim leitenden Arzt ([X.]hefarzt) und seinem ständigen Vertreter, dessen Weisungen der Oberarzt bei seiner Tätigkeit regelmäßig unterliegt (Wahlers [X.] 2008, 204, 206; [X.]runs [X.] 2007, 60, 65 f.). Wie sich aus der Systematik von § 12 [X.]/[X.] ergibt, kann dieser Umstand einer Eingruppierung als Oberarzt nicht entgegenstehen. Oberärzte haben insofern eine demgegenüber beschränkte ärztliche Führungsverantwortung und weitgehend selbständige Handlungsverantwortung ([X.]/[X.] in Laufs/Kern § 86 Rn. 31).

([X.]) Auf der anderen Seite muss sich die Reichweite der Verantwortung aus derjenigen, die den Ärzten der unteren [X.]n Ä 1 und Ä 2 [X.]/[X.] übertragen worden ist, deutlich herausheben. Dem Oberarzt muss neben dem nichtärztlichen auch ärztliches Personal unterstellt sein. Nicht ausreichend ist dabei die Führungs- und Weisungsbefugnis gegenüber Assistenzärzten und Ärzten in der Weiterbildung. Die einem Oberarzt übertragene Verantwortung muss sich nach den [X.]en der [X.]n Ä 2 und Ä 3 auch von der eines Facharztes qualitativ unterscheiden. [X.]ezugspunkt dieser gesteigerten Verantwortung ist die mit der Übertragung verbundene organisatorische Kompetenz, die sich in einer gesteigerten Aufsichts- und Weisungsbefugnis niederschlägt. Ein in die [X.] Ä 2 eingruppierter Facharzt übt seine Aufsichts- und Weisungsbefugnis gegenüber den in seinem [X.]ereich tätigen Assistenzärzten und Ärzten in der Weiterbildung aus. Eine Steigerung des quantitativen und qualitativen Maßes dieser Verantwortung ist nur dann gegeben, wenn sich die Verantwortung des Oberarztes nicht nur auf die Assistenzärzte, sondern auch auf mindestens einen Facharzt bezieht (Wahlers [X.] 2008, 204, 206). Diese tarifliche Wertigkeit der Stellung und Tätigkeit eines Oberarztes findet in dem nicht unerheblichen Vergütungsabstand der [X.] Ä 3 zu der [X.] Ä 2 [X.]/[X.] ihren Ausdruck. Die Tarifvertragsparteien haben für den ersten [X.] mit der monatlichen Differenz von 1.100,00 Euro im [X.] und 1.200,00 Euro im [X.] deutlich gemacht, dass es sich mit der übertragenen medizinischen Verantwortung im [X.] um eine gewichtige Heraushebung gegenüber derjenigen des Facharztes nach [X.] Ä 2 handelt.

(c) Die Verantwortung für den jeweiligen [X.] muss darüber hinaus aber auch ungeteilt bestehen. Sie betrifft nicht lediglich einzelne zu erfüllende Aufgaben oder Aufgabenbereiche. Vielmehr geht es um eine auf einen arbeitsteilig organisierten [X.]ereich bezogene Leitungs- und Verantwortungsstruktur. Die medizinische Verantwortung für einen Teilbereich im [X.] kann daher nicht bei mehreren Ärzten liegen, ohne dass es hier auf eine Unterscheidung von Teil- oder Funktionsbereichen der Klinik oder der Abteilung ankommt. Das ergibt sich aus dem von den Tarifvertragsparteien gewählten bestimmten Artikel „die“, mit dem eine einheitliche Verantwortung bezeichnet ist, die innerhalb des zugewiesenen [X.]ereichs einheitlich und allein wahrzunehmen ist. Eine geteilte medizinische Verantwortung innerhalb der organisatorischen Einheit ist regelmäßig nicht ausreichend für eine Eingruppierung nach der [X.] Ä 3 erste Fallgr. [X.]/[X.]. Etwas anderes mag in [X.]etracht kommen, wenn es um eine echte Arbeitsplatzteilung (job sharing) geht. Eine solche liegt jedoch nicht vor, wenn in einer organisatorischen Einheit mehrere Titularoberärzte tätig sind, die nur teil- oder zeitweise, etwa bei den [X.], jeweils allein verantwortlich sind.

Daraus, dass die Tarifvertragsparteien mit der Protokollerklärung zur [X.] Ä 4, wonach dieses [X.] eines ständigen Vertreters des [X.]hefarztes innerhalb einer Klinik nur von einem Arzt erfüllt werden kann, ist nicht zu folgern, eine entsprechende [X.]estimmung für den Oberarzt nach der [X.] Ä 3 habe in [X.]ezug auf den Teilbereich einer Klinik oder Abteilung damit ausgeschlossen werden sollen. In der Protokollerklärung zur [X.] Ä 4 wird der dort verwendete [X.]egriff der ständigen Vertretung erläutert und sodann aus dieser Erläuterung gefolgert, dass nur jeweils ein Arzt für eine Klinik ständiger Vertreter sein könne. Das schließt nicht aus, dass eine sinngemäß ähnliche Folgerung für die Oberärzte nach [X.] Ä 3 für den Teilbereich einer Klinik oder Abteilung im Wege der Tarifauslegung aus dem Wortlaut der dort von den Tarifvertragsparteien bestimmten [X.]nbezeichnung entnommen wird. Die sich aus der konkreten Formulierung des [X.] der [X.] Ä 4 ergebende Unklarheit, der die Tarifvertragsparteien mit der Protokollerklärung abhelfen wollten, ist in der [X.]nbezeichnung Ä 3 nach dem oben [X.] nicht gegeben.

[X.]) Für die Annahme der Erfüllung dieser Kriterien einer übertragenen medizinischen Verantwortung auf den Kläger gibt es keine Anhaltspunkte. Es ist bereits oben festgestellt worden, dass eine Organisationseinheit, der der Kläger in leitender verantwortlicher Funktion zugeordnet ist, in der [X.] der [X.]eklagten nicht besteht. Im Rahmen seiner Tätigkeit kann er - soviel ist festgestellt worden - auf Zuarbeiten einer „Assistentin des [X.]“ zurückgreifen. Irgendein dienstlicher Kontakt mit anderem nichtmedizinischem Personal ist nicht festgestellt. Eine Zusammenarbeit oder gar Unterstellung von Ärzten der [X.]n Ä 1 und/oder Ä 2 [X.]/[X.] findet nicht statt. Es ist unstreitig, dass der Kläger seine Aufgaben allein erfüllt.

Soweit die Revisionserwiderung darauf hinweist, dass dem Kläger „in vielfältiger Hinsicht eine Grundentscheidungsbefugnis … hinsichtlich der Eignung des Patienten zur Nierentransplantation und die Aufnahme/Nichtaufnahme des Patienten in die Warteliste“ zustehe, mag dies zutreffend sein. Die medizinische Verantwortung, die in [X.] Ä 3 [X.]/[X.] gemeint ist, bezieht sich aber nicht auf die Verantwortung und die Tragweite der jeweils zu treffenden Entscheidungen für den Patienten. Sie erfasst die Zuordnung einer herausgehobenen Funktion in einer von der Klinik bzw. dem Arbeitgeber weitgehend frei geschaffenen [X.], die bestimmte Anforderungen erfüllen muss. Hat die Klinik keine eigenständige Organisationseinheit ua. mit ärztlichem und fachärztlichem Personal geschaffen, um ihr obliegende Aufgaben wahrzunehmen, kann derjenige Arzt, der diese Aufgaben nicht im Rahmen einer eigenständigen Organisationseinheit, sondern weitgehend selbständig und allein wahrnimmt, nicht verlangen, so gestellt zu werden, als habe er in der vertikalen Hierarchie den Platz eines Oberarztes, dem Ärzte und Fachärzte gegenüber eine - beschränkte - Führungs- und Weisungsbefugnis zugewiesen worden ist.

Wenn sich der Kläger in der Revisionserwiderung weiter darauf beruft, die den operativen Teil der Nierentransplantation ausführenden Fachärzte ([X.]hirurgen, Anästhesisten) seien an die von ihm getroffenen oa. „Grundentscheidungen“ gebunden und deshalb unterstellten Fachärzten gleich zu achten, ist dies zum einen neuer Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz unzulässig ist. Zum anderen ist in der Abhängigkeit operierender Ärzte von den die [X.] begründenden Diagnosen und Therapieentscheidungen nicht die Ausübung eines Weisungsrechts zu sehen. Hier handelt es sich vielmehr um die Arbeitsteilung innerhalb eines medizinischen Fachgebietes.

III. [X.] hat der Kläger zu tragen, weil seine Klage erfolglos bleibt, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    [X.]epler    

        

    Treber    

        

    [X.]reutzfeldt    

        

        

        

    Hardebusch    

        

    Vorderwülbecke    

                 

Meta

4 AZR 893/08

07.07.2010

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Aachen, 23. August 2007, Az: 7 Ca 1227/07, Urteil

§ 12 Entgeltgr Ä3 TV-Ärzte, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.07.2010, Az. 4 AZR 893/08 (REWIS RS 2010, 5084)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5084

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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