Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.08.2010, Az. I B 85/10

1. Senat | REWIS RS 2010, 3798

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Gegenstand

Ermittlung von Gewinnen aus einem Wertpapiersammeldepot - entgangene Einnahmen keine Anschaffungskosten


Leitsatz

1. NV: Räumt ein Gesellschafter dem Geschäftspartner seiner AG ohne Entgelt eine Option zum Erwerb von Aktien der AG zu einem bestimmten Preis ein und übt der Geschäftspartner die Option später aus, rechnet die Differenz zwischen dem Veräußerungsentgelt und dem Marktwert der Aktien nicht zu den Anschaffungskosten des Gesellschafters für die Beteiligung.

2.NV: Wird ein Teil der Aktien an einer AG aus einem Sammeldepot veräußert, sind die Anschaffungskosten nach Durchschnittswerten zu ermitteln, wenn ein Teil der Aktien einbringungsgeboren ist, sämtliche Aktien des Sammeldepots aber sowohl nach § 17 Abs. 1 EStG 1997 als auch nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 steuerverstrickt sind.

Tatbestand

1

I. Im Streitjahr 1999 war der [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller und Beschwerdeführer ([[[[[[X.].].].].].]ntragsteller) Vorstandsvorsitzender und [[[[[[X.].].].].].]ktionär einer seit … Juni 1999 an der Börse in [[[[[[X.].].].].].] notierten [[[[[[X.].].].].].]G. Bis Juli 1998 wurde der Geschäftsbetrieb der späteren [[[[[[X.].].].].].]G in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG betrieben. [[[[[[X.].].].].].]n ihr waren als Kommanditisten der [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller mit 120.000 [X.], dessen Ehefrau mit 40.000 [X.] und [[[[[X.].].].].] mit 40.000 [X.] beteiligt. [[[[[[X.].].].].].]ls Komplementärin ohne Kapitalanteil fungierte eine GmbH. Mit Kapitalerhöhungs- und Umwandlungsbeschluss vom 27. Juli 1998 waren sämtliche Kommanditanteile nach § 20 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG 1995) zu Zwischenwerten in die GmbH eingebracht worden. [[[[[[X.].].].].].]nschließend wurde die GmbH in die [[[[[[X.].].].].].]G umgewandelt. Das Grundkapital der [[[[[[X.].].].].].]G betrug zunächst 2 Mio. [X.] (= 400 000 nennbetragslose Stückaktien). Nach § 4 der Satzung der [[[[[[X.].].].].].]G bestimmte der Vorstand mit Zustimmung des [[[[[[X.].].].].].]ufsichtsrats die Formen der [[[[[[X.].].].].].]ktienurkunden. Die [[[[[[X.].].].].].]ktien der [[[[[[X.].].].].].]G hielten zunächst der [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller (240 000 Stückaktien) sowie dessen Ehefrau und [[[[[X.].].].].] (jeweils 80 000 Stückaktien). [[[[[[X.].].].].].]m 5. Oktober 1998 wurde die [[[[[[X.].].].].].]G ins Handelsregister eingetragen.

2

Mit Verträgen vom 6. Oktober 1998 verkauften der [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller und [[[[[X.].].].].] jeweils 14 000 und die Ehefrau des [[[[[[X.].].].].].]ntragstellers 10 000 Stückaktien der [[[[[[X.].].].].].]G an [[X.].], dem weiteren Vorstand der [[[[[[X.].].].].].]G. [[[[[[X.].].].].].]m 16. Oktober 1998 beschloss der Vorstand der [[[[[[X.].].].].].]G, die [[[[[[X.].].].].].]ktien der Gesellschaft in einer Globalaktie zu verbriefen. Diesem Beschluss stimmte der [[[[[[X.].].].].].]ufsichtsrat zu. Mit Beschluss vom 19. Oktober 1998 ordnete der Vorstand der [[[[[[X.].].].].].]G im Wege einer [[[[[[X.].].].].].]ktiennummerierung den [[[[[[X.].].].].].]ktienbestand vom 5. Oktober 1998 sowie die [[[[[[X.].].].].].]ktienverkäufe vom 6. Oktober 1998 den [[[[[[X.].].].].].]ktionären zu. Zudem bestimmte er, dass bei [[[[[[X.].].].].].]ktienverkäufen jeweils die [[[[[[X.].].].].].]ktie mit der niedrigsten [[[[[[X.].].].].].]ktiennummer aus dem Bestand des jeweiligen Verkäufers veräußert sein solle. Für seine 226 000 [[[[[[X.].].].].].]ktien erhielt der [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller die Nummern 14 001 bis 240 000.

3

Mit Vertrag vom 24. Dezember 1998 veräußerte [[[[[X.].].].].] an den [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller 60 000 seiner Stückaktien zum Kaufpreis von 14.650.000 [X.]. § 3 Nr. 2 des Kaufvertrages enthält zum Übergang der [[[[[[X.].].].].].]ktien die Regelung, dass die Stückaktien in einer einzigen Globalurkunde mit Globalanteilsschein verbrieft seien und vom [[[[[[X.].].].].].]ufsichtsratsmitglied [[X.].] treuhänderisch verwahrt würden. Dieser werde mittels Übersendung einer Vertragskopie von der erfolgten "[[[[[[X.].].].].].]btretung der Miteigentümeranteile an den Urkunden" in Kenntnis gesetzt. Eine Bezeichnung der veräußerten Stückaktien durch die [[[[[[X.].].].].].]ngabe von [[[[[[X.].].].].].]ktiennummern enthielt der Vertrag nicht.

4

[[[[[[X.].].].].].]m 11. Mai 1999 schloss die [[[[[[X.].].].].].]G mit der P-[[[[[[X.].].].].].]G einen Kooperationsvertrag über die Zusammenarbeit im Bereich der … zu marktüblichen Preisen ab. Grundlage des Vertrags war u.a. ein Rahmenvertrag vom 21. [[[[[[X.].].].].].]pril 1999. Die langfristig angelegte Partnerschaft sollte danach durch eine Kapitalbeteiligung an der [[[[[[X.].].].].].]G untermauert werden. Mit [[X.].] räumte der [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller der P-GmbH, einer Konzerngesellschaft der P-[[[[[[X.].].].].].]G, die Option ein, eine bestimmte [[[[[[X.].].].].].]nzahl von [[[[[[X.].].].].].]ktien in zwei Tranchen zu einem festgelegten Kaufpreis zu erwerben. Der [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller war nach der Vereinbarung berechtigt, die ggf. zu übertragenden [[[[[[X.].].].].].]ktien nach Nummern frei zu bestimmen.

5

Zwischenzeitlich war mit Beschluss der Hauptversammlung vom 5. Mai 1999 das Grundkapital der [[[[[[X.].].].].].]G von 2 Mio. [X.] auf rechnerisch 1.022.583,76 € umgestellt sowie aus Gesellschaftsmitteln auf 1.040.000 € erhöht worden. Eine neue [[[[[[X.].].].].].]usgabe von [[[[[[X.].].].].].]ktien erfolgte anlässlich dieser Kapitalerhöhung nicht. [[[[[[X.].].].].].]llerdings erging der Beschluss, das gesamte Grundkapital von ursprünglich 400 000 in 1 040 000 nennbetragslose Stückaktien neu einzuteilen. Jeweils 10 bisherige Stückaktien wurden in 26 neue Stückaktien umgewandelt. Infolgedessen erhöhte sich der [[[[[[X.].].].].].]ktienbestand des [[[[[[X.].].].].].]ntragstellers von 286 000 (x 2,6) auf 743 600 Stückaktien.

6

Ferner wurde gegen Bareinlagen eine Erhöhung des Grundkapitals um 4.160.000 € auf 5.200.000 € beschlossen (Stückelung: 1 €). Zum [[[[[[X.].].].].].]usgabebetrag von 1 € bezugsberechtigt waren die bisherigen [[[[[[X.].].].].].]ktionäre im Verhältnis 1:4. Dem Beschluss vom 5. Mai 1999 ist ein Verzeichnis beigefügt, aus dem sich die Zahl der vertretenen Stückaktien und der [[[[[[X.].].].].].]ktionäre summarisch ergibt. [[[[[[X.].].].].].]ngaben über eine [[[[[[X.].].].].].]ktiennummerierung oder eine Zuteilung der [[[[[[X.].].].].].]ktien im Einzelnen enthält der Beschluss nicht. Die Maßnahmen wurden am 18. Mai 1999 ins Handelsregister eingetragen. Danach sah der [[[[[[X.].].].].].]ktienbesitz wie folgt aus:

7

[[[[[[X.].].].].].]ktionär [[[[[[X.].].].].].]ltbestand (x 4 =) neue [[[[[[X.].].].].].]ktien Neubestand
[[[[[[X.].].].].].]ntragsteller 743 600 2 974 400 3 718 000
Ehefrau 182 000  728 000 910 000
[[[[[X.].].].].] 15 600 62 400  78 000
[[X.].] 98 800  395 200 494 000
Summe 1 040 000 4 160 000 5 200 000

                                                                                                                                                                                                                                

8

Der Vorstand der [[[[[[X.].].].].].]G hatte mit Beschluss vom 31. Mai 1999 eine neue Nummerierung der Stückaktien vorgenommen. Für seine 743 600 [[[[[[X.].].].].].]ltaktien erhielt der [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller die Nummern 1 bis 743 600, für die neuen [[[[[[X.].].].].].]ktien die Nummern 1 040 001 bis 4 014 400. In dem Beschluss ist ausgeführt, dass die von [[[[[X.].].].].] erworbenen [[[[[[X.].].].].].]ktien des [[[[[[X.].].].].].]ntragstellers die Nummern 1 bis 156 000 hätten. Ebenso hatte der Vorstand den wegen der geplanten weiteren Kapitalerhöhung von 1.300.000 € noch entstehenden neuen Stückaktien bereits [[[[[[X.].].].].].]ktiennummern zugewiesen. [[[[[[X.].].].].].]uch hatte er beschlossen, dass nach Durchführung der noch geplanten Kapitalerhöhung eine neue Globalaktie nebst Globalgewinnanteilsschein ausgestellt und die erste Globalaktie vernichtet werden solle.

9

Mit Beschluss der Hauptversammlung vom 4. Juni 1999 wurde eine Kapitalerhöhung um 1.300.000 € auf 6.500.000 € durchgeführt und am … Juni 1999 ins Handelsregister eingetragen. Zum Bezug dieser neuen Stückaktien war eine [X.] zugelassen worden, die die [[[[[[X.].].].].].]ktien anderen (fremden) [[[[[[X.].].].].].]nlegern als Streubesitz anbieten sollte. Zudem hatten sich die [[[[[[X.].].].].].]ktionäre im Rahmen des von der [[[[[[X.].].].].].]G geplanten Börsengangs am 7. Juni 1999 verpflichtet, die "Greenshoe-[[[[[[X.].].].].].]ktien" (= 195 000 Stückaktien, wovon auf den [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller 139 425, seine Ehefrau 34 125, [[[[[X.].].].].] 2 925 und [[X.].] 18 525 entfielen) aus ihrem jeweiligen [[[[[[X.].].].].].]ktienbestand zum Emissionspreis zu verkaufen (= "[X.]"). Die neue Globalaktie war am 11. Juni 1999 ausgefertigt und der B-[[[[[[X.].].].].].]G in [[[[[[X.].].].].].] zur Verwahrung in einem Girosammeldepot übergeben worden. [[[[[[X.].].].].].]m … Juni 1999 ging die [[[[[[X.].].].].].]G an die Börse. Der Emissionspreis einer [[[[[[X.].].].].].]ktie betrug 23 €.

Mit Schreiben vom 30. Juni 1999 übte die [X.] die am 7. Juni 1999 eingeräumte "[X.]" aus und schrieb den anteiligen [X.] in Höhe von 3.206.775 € dem [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller nach [[[[[[X.].].].].].]bzug der vereinbarten Provisionen (5 %) gut. Die übertragenen [[[[[[X.].].].].].]ktien wurden dabei numerisch bezeichnet ([[[[[[X.].].].].].]ktiennummern 156 001 bis 295 425).

Nachdem die P-GmbH die ihr eingeräumte Option Nr. 1 mit Schreiben vom 23. Juli 1999 ausgeübt hatte, übertrug ihr der [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller am 3. [[[[[[X.].].].].].]ugust 1999  975 000 Stückaktien. Die übertragenen [[[[[[X.].].].].].]ktien waren von ihm numerisch bezeichnet ([[[[[[X.].].].].].]ktiennummern 1 bis 156 000, 295 426 bis 743 600 und 1 040 001 bis 1 410 825). Der Kaufpreis in Höhe von 23.771.897,55 [X.] wurde am 6. [[[[[[X.].].].].].]ugust 1999 auf dem Konto des [[[[[[X.].].].].].]ntragstellers gutgeschrieben.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte der [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller aus diesen Verkäufen einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 12.985.778 [X.]. Dem folgte der [[[[[[X.].].].].].]ntragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --F[[[[[[X.].].].].].]--) im Ergebnis nicht. Er ermittelte vielmehr Veräußerungsgewinne von 22.837.131,82 [X.], die wie folgt (in [X.]) errechnet wurden:

Veräußerungserlöse "Greenshoe-[[[[[[X.].].].].].]ktien" 6.271.906,75
abzüglich Veräußerungskosten 313.595,34
abzüglich [[[[[[X.].].].].].]nschaffungskosten  815.265,77
Veräußerungsgewinn "Greenshoe-[[[[[[X.].].].].].]ktien" 5.143.045,64
Veräußerungserlös von der P-GmbH 23.771.897,55
abzüglich Veräußerungskosten 376.652,08
abzüglich [[[[[[X.].].].].].]nschaffungskosten 5.701.159,29
Veräußerungsgewinn 17.694.086,16
Summe der Veräußerungsgewinne 22.837.131,82

                                                                                                                                                                                                                                            

Das F[[[[[[X.].].].].].] ging bei seiner Berechnung von --zwischen den Beteiligten nicht streitigen-- durchschnittlichen [[[[[[X.].].].].].]nschaffungskosten je [[[[[[X.].].].].].]ktie von 2,9896988 € aus. Den gegen den hiernach geänderten Einkommensteuerbescheid 1999 gerichteten Einspruch wies das F[[[[[[X.].].].].].] zurück. Die dagegen erhobene Klage ist beim Finanzgericht ([X.]) noch anhängig. Das F[[[[[[X.].].].].].] lehnte die beantragte [[[[[[X.].].].].].]ussetzung bzw. [[[[[[X.].].].].].]ufhebung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 1999 ab. Der [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller beantragte daraufhin beim [X.], die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 1999 hinsichtlich des sich aus dem Bescheid ergebenden [X.] bis einen Monat nach [[[[[[X.].].].].].]bschluss des Hauptsacheverfahrens auszusetzen bzw. aufzuheben. Das [X.] lehnte den [[[[[[X.].].].].].]ntrag ab.

Mit seiner vom [X.] zugelassenen Beschwerde verfolgt der [[[[[[X.].].].].].]ntragsteller sein Begehren weiter. Er beantragt, den Beschluss des [X.] aufzuheben und die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 1999, zuletzt geändert am 11. Dezember 2008, hinsichtlich des sich aus dem Bescheid ergebenden [X.] bis einen Monat nach [[[[[[X.].].].].].]bschluss des beim [X.] Baden-Württemberg anhängigen Hauptsacheverfahrens 14 K 4232/08 auszusetzen bzw. aufzuheben.

Das F[[[[[[X.].].].].].] beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids nicht vorliegen.

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 [X.]O). Das wiederum ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken ([X.] vom 11. Juni 2003 [X.], [X.], 53, [X.] 2003, 663, m.w.N.).

Die Aussetzung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die gegen die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe überwiegen. Ist die Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern im Regelfall die Vollziehung auszusetzen ([X.] vom 25. August 2009 [X.]/09, [X.], 85, [X.] 2009, 826).

2. Die den angefochtenen Bescheiden zu Grunde liegenden Veräußerungsgewinne wurden bei summarischer Prüfung zutreffend ermittelt.

a) Zwischen den Beteiligten besteht zu Recht Einvernehmen darüber, dass die Veräußerung der Aktien steuerpflichtig war.

aa) Gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 1997 (EStG 1997) i.d.[X.] des [X.] 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 ([X.], 402, BStBl I 1999, 304) --EStG 1997 n.[X.]-- zählt die Veräußerung von Wertpapieren, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt, zu den sonstigen Einkünften. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.[X.], mit der die Spekulationsfrist von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert wurde, ist bereits im Streitjahr anzuwenden (§ 52 Abs. 39 EStG 1997 n.[X.]). Der Antragsteller hat mit dem Umwandlungsbeschluss vom 27. Juli 1998, mit dem die Kommanditanteile zu Zwischenwerten in die GmbH und spätere [X.] eingebracht wurden, die ersten Aktien der [X.] erworben. Er hat die "[X.]" am 30. Juni 1999 und die an die P-GmbH verkauften Aktien am 23. Juli 1999 übertragen, demnach innerhalb der in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.[X.] genannten Frist. Der bei beiden Veräußerungen entstandene Gewinn erfüllt daher die Voraussetzungen des § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.[X.] Da der Antragsteller an der [X.] im Streitjahr wesentlich i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG 1997 n.[X.] beteiligt war, waren die Veräußerungsgewinne darüber hinaus gemäß § 17 EStG 1997 n.[X.] steuerpflichtig, der jedoch nach § 23 Abs. 2 Satz 2 EStG 1997 n.[X.] nicht anzuwenden ist, wenn die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.[X.] vorliegen. Soweit der Antragsteller einbringungsgeborene Anteile verkauft hat, unterlagen die hierbei erzielten Veräußerungsgewinne gemäß § 21 Abs. 1 UmwStG 1995 i.V.m. § 16 EStG 1997 n.[X.] der Besteuerung.

bb) Der Antragsteller hielt im Streitjahr 3 718 000 Aktien der [X.], wovon unstreitig 2 938 000 Aktien einbringungsgeborene und 780 000 zugekaufte Aktien waren. Da der Antragsteller im Streitjahr insgesamt 1 114 425 Aktien verkauft hat, erfüllen rein rechnerisch zumindest 334 425 der verkauften Aktien den Tatbestand des § 21 Abs. 1 UmwStG 1995 i.V.m. § 16 EStG 1997 n.[X.], der der Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.[X.] vorgeht (§ 23 Abs. 2 Satz 1 EStG 1997 n.[X.]).

b) Wie das [X.] zu Recht ausgeführt hat, ist nach Aktenlage nicht feststellbar, welche der vom Antragsteller gehaltenen Aktien der [X.] im Streitjahr veräußert wurden. Der Antragsteller hat zwar die verkauften Aktien nach Nummern benannt. Es lässt sich aber anhand dieser Nummerierung nicht erkennen, ob es sich hierbei um einbringungsgeborene oder um zugekaufte Aktien handelt. Zwar wurde bei der erstmaligen Zuteilung und Nummerierung der Aktien zwischen einbringungsgeborenen und zugekauften Aktien unterschieden. Diese Unterscheidung wurde aber bei den nachfolgenden Kapitalerhöhungen nicht mehr beibehalten, so dass nicht [X.] ist, welche Aktien mit welcher Nummer einbringungsgeboren sind.

c) Das [X.] hat bei der Ermittlung der Veräußerungsgewinne zutreffend die durchschnittlichen Anschaffungskosten je Aktie zugrunde gelegt.

aa) Während § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 2002 i.d.[X.] durch das Gesetz zur Umsetzung von [X.] in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften ([X.] --EURLUmsG--) vom 9. Dezember 2004 ([X.], 3310, [X.], 1158) mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2005 bis einschließlich 2008 bestimmte, dass bei vertretbaren Wertpapieren, die einem Verwahrer zur Sammelverwahrung i.S. des § 5 des [X.] anvertraut worden sind, zu unterstellen ist, dass die zuerst angeschafften Wertpapiere zuerst veräußert wurden, enthielt § 23 EStG 1997 n.[X.] eine derartige Bestimmung noch nicht. Nach der Rechtsprechung des [X.] (Urteile vom 24. November 1993 [X.], [X.]E 173, 107, [X.] 1994, 591; vom 4. Mai 1994 [X.], [X.]/NV 1995, 195) war in diesen Fällen weder die sog. [X.] noch die sog. [X.] anzuwenden. Denn es gibt weder einen allgemeinen Erfahrungssatz dahingehend, dass die zuerst angeschafften Wertpapiere auch zuerst veräußert noch dass die zuletzt angeschafften Wertpapiere als erste veräußert werden. Hieraus hat der [X.] abgeleitet, dass in Fällen, in denen ein Teil der zu verschiedenen Zeiten angeschafften Aktien derselben Art veräußert wird, nicht feststellbar sei, welche Aktien tatsächlich veräußert wurden. Daher seien, wenn feststehe, dass die Veräußerung der Aktien zu einem steuerpflichtigen Gewinn geführt habe, die durchschnittlichen Anschaffungskosten zugrunde zu legen. Der Steuerpflichtige kann nicht bestimmen, welche Aktien als veräußert gelten sollen.

bb) Die Anwendung dieser Grundsätze, an denen trotz der hiergegen erhobenen Kritik ([X.], Der Betrieb --[X.]-- 1994, 1644; [X.]/[X.], [X.] --DStR-- 2001, 57; [X.], [X.] 2001, 169) schon aus Gründen der Kontinuität festzuhalten ist, führt dazu, dass den Veräußerungserlösen als Anschaffungskosten die durchschnittlichen Anschaffungskosten der Aktien gegenüber zu stellen sind, was nach Abzug der (unstreitigen) Veräußerungskosten zu den von [X.] und [X.] ermittelten Veräußerungsgewinnen führt.

d) Dem steht nicht der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung entgegen. Im Streitfall steht fest, dass sämtliche Wertpapiere gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.[X.] bzw. dem subsidiären § 17 EStG 1997 n.[X.], ein Teil davon überdies gemäß § 21 Abs. 1 UmwStG 1995 i.V.m. § 16 EStG 1997 steuerverstrickt waren. Beide Veräußerungsgewinne waren daher steuerpflichtig. Werden gleichartige Aktien aus einem [X.] veräußert und ist der hierbei erzielte Veräußerungsgewinn nach mehreren Steuervorschriften steuerpflichtig, kann der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung allenfalls dazu führen, dass die Rechtsfolge der stärker belastenden Vorschrift nur dann eingreift, wenn und soweit feststeht, dass die Veräußerung die Voraussetzungen dieser Vorschrift auch tatsächlich in vollem Umfang erfüllt. Er gebietet jedoch nicht zu unterstellen, dass zunächst die Aktien mit den niedrigsten Anschaffungskosten veräußert wurden. Im Streitfall führt die Anwendung der genannten Vorschriften zu keinen unterschiedlichen Ergebnissen, so dass letztlich offenbleiben kann, in welchem Verhältnis der Antragsteller einbringungsgeborene und nicht einbringungsgeborene Aktien veräußert hat.

Aus diesem Grund bedarf es auch keiner Entscheidung, ob und ggf. welche Folgerungen sich aus dem Beschluss des [X.] ([X.]) vom 7. Juli 2010  2 [X.], 2 [X.], 2 [X.] ([X.] 2010, 1858) für § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.[X.] ergeben, mit dem das [X.] entschieden hat, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG 1997 n.[X.] gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes verstößt und insoweit nichtig ist, als in einem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen steuerlich erfasst werden, die bis zur Verkündung des [X.] 1999/2000/2002 am 31. März 1999 entstanden sind und nach der zuvor geltenden Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Verkündung steuerfrei realisiert worden sind oder steuerfrei hätten realisiert werden können. Denn am Ergebnis änderte sich hierdurch nichts. Im Falle der Teilnichtigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.[X.] wäre der Veräußerungsgewinn insoweit gemäß § 17 EStG 1997 n.[X.] steuerpflichtig; auch diese Vorschrift ermöglicht dem Steuerpflichtigen bei girosammelverwahrten Wertpapieren nicht zu bestimmen, welche Anteile als veräußert gelten ([X.] in [X.], EStG, 9. Aufl., § 17 Rz 63; [X.]/[X.], EStG, 29. Aufl., § 17 Rz 156 a.E.).

Der Beschluss des [X.] vom 7. Juli 2010  2 [X.], 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 ([X.], 1733) ist für den Streitfall nicht einschlägig, weil der Antragsteller auch vor den Änderungen durch das [X.] wesentlich i.S. des § 17 EStG 1997 a.[X.] an der [X.] beteiligt war.

e) Das [X.] hat angenommen, der Antragsteller habe jeweils einbringungsgeborene und zugekaufte Aktien in dem Verhältnis veräußert, in dem er vor der Veräußerung einbringungsgeborene und zugekaufte Aktien gehalten habe. Ob dieser Annahme des [X.] zu folgen ist, bedarf keiner Klärung, denn sie ist aus den zuvor genannten Gründen für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich.

f) [X.] und [X.] sind zutreffend davon ausgegangen, dass dem Antragsteller keine nachträglichen Anschaffungskosten für die Aktien entstanden sind.

aa) Gemäß § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB). Grundsätzlich ist alles dazu zu zählen, was aufgewendet werden muss, um das Wirtschaftsgut zu erwerben und zu behalten ([X.]-Urteil vom 8. April 1998 VIII R 21/94, [X.]E 186, 194, [X.] 1998, 660). Nachträgliche Anschaffungskosten entstehen insbesondere dann, wenn ein Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat ([X.]-Urteil in [X.]E 186, 194, [X.] 1998, 660).

bb) Im Streitfall sind dem Antragsteller keine nachträglichen Anschaffungskosten entstanden, denn er hat weder Geld noch einen Vermögensgegenstand aufgewendet. Die unentgeltliche Einräumung einer Option zum Erwerb der Aktien der [X.] zu einem bestimmten Preis ist zwar ein im Gesellschaftsverhältnis wurzelnder Vorgang, da davon auszugehen ist, dass der Antragsteller nur mit Blick auf die Geschäftschancen, die sich für die [X.] aus dem Abschluss des Vertrages mit der P-[X.] ergab, bereit war, eine derartige Option ohne Entgelt einzuräumen. Dem Antragsteller sind hierdurch jedoch keine Aufwendungen erwachsen; ihm sind vielmehr durch die unentgeltliche Einräumung der Option Einnahmen entgangen. [X.] Einnahmen sind jedoch keine Aufwendungen. Auch durch die nachfolgende Ausübung der Option sind dem Antragsteller, da er durch die Veräußerung einen Gewinn erzielt hat, keine Aufwendungen entstanden. Es liegt auch keine verdeckte Einlage vor. Die unentgeltliche Einräumung einer Option an einen Geschäftspartner der [X.] ist ebenso wenig ein einlagefähiger Vermögensgegenstand wie der anschließende Verkauf unter Verzicht auf einen höheren Veräußerungsgewinn (vgl. [X.] vom 26. Oktober 1987 [X.], [X.]E 151, 523, [X.] 1988, 348).

Meta

I B 85/10

26.08.2010

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 14. Dezember 2009, Az: 14 V 4442/08, Beschluss

§ 16 EStG 1997, § 17 Abs 1 S 4 EStG 1997, § 22 Nr 2 EStG 1997, § 23 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 1997, § 23 Abs 2 S 2 EStG 1997, § 5 WPapG, § 69 Abs 2 S 2 FGO, § 69 Abs 2 S 3 FGO, § 69 Abs 2 S 4 FGO, § 69 Abs 2 S 5 FGO, § 69 Abs 2 S 6 FGO, § 69 Abs 3 S 1 FGO, § 255 Abs 1 HGB, § 20 UmwStG 1995, § 21 Abs 1 UmwStG 1995

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.08.2010, Az. I B 85/10 (REWIS RS 2010, 3798)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3798

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2 BvR 748/05

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