Bundesfinanzhof, Beschluss vom 09.09.2014, Az. V B 43/14

5. Senat | REWIS RS 2014, 3105

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Gegenstand

(Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG; Grundsätzliche Bedeutung; Divergenz)


Leitsatz

1. NV: Auf die Vorsteueraufteilung für Leistungsbezüge, die einer wirtschaftlichen und einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers dienen, ist § 15 Abs. 4 UStG analog anzuwenden.

2. NV: Die Rechtsfrage, ob dabei die Fahrleistung eines Werbemobils herangezogen werden kann, ist nicht klärungsbedürftig, da sie die Anwendung der Schätzungsbefugnis des FG im Einzelfall (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 AO) betrifft.

3. NV: Ein nur ergänzender Hinweis im Urteil der behaupteten Divergenzentscheidung ("obiter dictum") wirkt nicht divergenzbegründend.

Gründe

1

Die Beschwerde des Beklagten und Beschwerdeführers (Finanzamt --[X.]--) ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

2

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) zuzulassen.

3

Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O, wenn ihre Beantwortung durch den [X.] ([X.]) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei soll es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig sein muss (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.]-Beschluss vom 31. Oktober 2013 V B 67/12, [X.]/NV 2014, 578, m.w.N.).

4

a) An der Klärungsfähigkeit fehlt es in den Fällen, in denen das Finanzgericht ([X.]) seine Entscheidung kumulativ auf mehrere Gründe gestützt hat, von denen jeder für sich gesehen die Entscheidung trägt, jedoch nur hinsichtlich einer Begründung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wird (vgl. [X.]-Beschluss vom 22. Mai 2013 III B 1/13, [X.]/NV 2013, 1264, m.w.N.).

5

Davon ausgehend fehlt es der vom [X.] aufgeworfenen Rechtsfrage, ob die Nutzung eines sog. [X.] für unternehmerische und hoheitliche Zwecke zugleich dem Betrieb gewerblicher Art "[X.]en" dienen könne, "so dass auch ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Anschaffung des Fahrzeugs und den ausgeführten [X.]en besteht", an ihrer Klärungsfähigkeit.

6

Das [X.] hat die Abzugsfähigkeit der geltend gemachten Vorsteuern dem Grunde nach auf Seite 8 des Urteils doppelt begründet: Zum einen hat es ausgeführt, dass ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen den geltend gemachten [X.] und den vom Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) hiermit ausgeführten steuerpflichtigen [X.] bestehe. Zum anderen hat es die Abzugsfähigkeit --unter Hinweis auf das [X.]-Urteil vom 24. April 2013 XI R 25/10 ([X.]E 241, 451, [X.], 346, Rz 24)-- darauf gestützt, dass beim Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen dem streitgegenständlichen Eingangsumsatz (Erwerb des Kfz) und den steuerpflichtigen [X.] (Werbung, Wasserversorgung) eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug bestehe, weil in diesem Falle die Kosten für den Erwerb des Kfz zumindest zu seinen allgemeinen Aufwendungen für die Erbringung der Werbe- und Wasserversorgungsleistungen gehören und als solche Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind. Zu der zweiten Begründung, die für sich genommen das Urteil trägt, hat das [X.] keinen Zulassungsgrund dargelegt.

7

b) Ob für eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge aus den Anschaffungskosten nach § 15 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) analog die Fahrleistung (des [X.]) herangezogen werden kann, um den Anteil der auf die [X.] entfallenden Vorsteuerbeträge zu ermitteln, ist keine klärungsbedürftige abstrakte Rechtsfrage.

8

Durch die bisherige Rechtsprechung bereits geklärt ist, dass § 15 Abs. 4 UStG bei der Aufteilung von [X.] auf die wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Tätigkeit eines Unternehmers entsprechend anzuwenden ist ([X.]-Urteile vom 3. März 2011 V R 23/10, [X.]E 233, 274, [X.], 74, sowie vom 19. Juli 2011 XI R 29/10, [X.]E 234, 564, [X.], 438).

9

Wie sich bereits aus § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG ergibt, kann der Unternehmer die nichtabziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Es ist also grundsätzlich Sache des Unternehmers zu entscheiden, welche Schätzungsmethode er wählt. Das [X.] und damit auch das [X.] können aber nachprüfen, ob die Schätzung sachgerecht ist ([X.]-Urteil vom 12. März 1998 V R 50/97, [X.]E 185, 530, [X.] 1998, 525).

Das [X.] hat auf Seite 10 seines Urteils dargelegt, dass es den vom Kläger geltend gemachten und in der mündlichen Verhandlung erläuterten [X.] grundsätzlich als sachgerecht erachtet und unter Anwendung seiner Schätzungsbefugnis nach § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 162 der Abgabenordnung den Anteil der Verwendung des [X.] für unternehmerische Zwecke auf 2/3 bemessen. Diese Ausführungen sind sachverhaltsbezogen und geben keinen Anlass für allgemeine Ausführungen zur Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG analog bei [X.]en.

2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz des Urteils des [X.] zu dem Urteil des [X.] Baden-Württemberg vom 29. März 2010  9 K 115/06 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1167) zuzulassen.

a) Eine Divergenz, die eine Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 [X.]O rechtfertigt, liegt nach ständiger [X.]-Rechtsprechung dann vor, wenn das [X.] seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt. Hierbei kommt es nicht auf die Unrichtigkeit des [X.]-Urteils im Einzelfall an, sondern auf die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ([X.]-Beschluss vom 16. August 2013 III B 144/12, [X.]/NV 2013, 1816; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 53 ff., m.w.N.).

b) Im Streitfall hat das [X.] keine abstrakten Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des [X.] einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung des [X.] andererseits herausgearbeitet.

Die Aussage des [X.] (Seite 10), wonach davon auszugehen sei, dass grundsätzlich alle Fahrten mit einem [X.] zu 50 % unmittelbar der [X.] dienten, stellt keinen abstrakten Rechtssatz dar, sondern ist Teil der sachverhaltsbezogenen Schätzung nach § 15 Abs. 4 UStG analog durch das [X.]. Diese einzelfallbezogene Aussage steht auch nicht im Widerspruch zu tragenden Gründen der behaupteten Divergenzentscheidung. Denn das [X.] ist vielmehr ausweislich der Ausführungen in Rz 56 des Urteils davon ausgegangen, dass der Kläger die ihm zur Verfügung gestellten Kfz nicht für sein Unternehmen, d.h. seinen Werbebetrieb bezogen hat. Lediglich ergänzend weist das [X.] in Rz 61 des Urteils noch darauf hin, "dass selbst dann, wenn eine --im Streitfall nicht [X.] unternehmerische Nutzung der Außenflächen eines Sportfahrzeugs zu Reklamezwecken vorliegen würde, keine unternehmerische Nutzung des ganzen Fahrzeugs gegeben ist". Bei dieser Aussage handelt es sich somit um keine divergenzbegründende Urteilserwägung, sondern nur um ein obiter dictum (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 8. April 2014 V B 38/13, [X.]/NV 2014, 1106; vom 26. Februar 2010 VIII B 17/08, [X.]/NV 2010, 1083, sowie vom 24. Juli 1997 VII B 140/97, [X.]/NV 1998, 60).

3. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O abgesehen.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V B 43/14

09.09.2014

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend FG München, 25. Februar 2014, Az: 2 K 1248/11, Urteil

§ 96 Abs 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 162 AO, § 15 Abs 4 UStG 2006, UStG VZ 2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 09.09.2014, Az. V B 43/14 (REWIS RS 2014, 3105)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3105

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