Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2017, Az. 4 StR 580/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 15685

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:140217B4STR580.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4
StR 580/16

vom
14. Februar 2017
in der Strafsache
gegen

wegen
Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben
mit
Betäubungsmitteln in

nicht
geringer Menge
u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 14.
Februar 2017 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 21.
September 2016
a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben schuldig ist;
b)
im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaub-tem Besitz von Betäubungsmitteln und wegen Beihilfe zum "unerlaubten Han-deltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführung von 1
-
3
-
Schusswaffen" in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der nicht näher ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Änderung des Schuld-
und Aufhebung des Straf-ausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
I.
Nach den Feststellungen verwahrte der Angeklagte am 22.
März 2016 in seiner Wohnung 218,66
g Ecstasy-Tabletten mit einem Wirkstoffgehalt von 55,10
g [X.], die er im Januar 2015 von seinem Lieferanten zum Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung auf [X.] erhalten [X.], sowie zwei Tütchen Haschisch mit insgesamt 0,84
g THC, die jeweils für den Eigenkonsum bestimmt waren. Ebenfalls am 22.
März 2016 führte der Ange-klagte in seinem Fahrzeug einen Beutel mit sich, der eine Platte Cannabis mit einem Gewicht von 421,57
g und einer Wirkstoffmenge von 14,76
g THC sowie zwei geladene halbautomatische Selbstladepistolen, passende Mündungs-schalldämpfer und weitere Munition enthielt. Den Beutel hatte der Angeklagte im April 2015 von seinem Lieferanten, aus dessen Handelstätigkeit das Canna-bis stammte, zur Aufbewahrung für diesen erhalten und in der Folgezeit ver-steckt.
II.
Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils kann nicht bestehen blei-ben, weil sich die Annahme
von
zwei selbständigen
realkonkurrierenden
Taten als unzutreffend erweist.
2
3
-
4
-
1.
Nach der Rechtsprechung des [X.] verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. [X.], [X.] vom 3.
Dezember 2015 -
4
StR
430/15, [X.], 82; Urteil vom 4.
Februar 2015 -
2
StR
266/14, [X.], 344; Beschlüsse
vom 16.
Juli 2013

-
4
StR
144/13, [X.], 163;
vom 12.
Oktober 2004 -
4
StR
358/04, [X.], 228
f.; Urteil vom 1.
August 1978 -
1
StR
173/78). Dient der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das täterschaftlich begangene unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück (st. Rspr.;
vgl. nur [X.],
Beschlüs-se
vom 3.
Dezember 2015 -
4
StR
430/15 aaO; vom 17.
Mai 1996 -
3
StR 631/95, [X.]St 42, 162, 165
f.), während zwischen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und Besitz Tateinheit besteht (vgl. [X.], Urteil vom 4.
Februar 2015 -
2
StR
266/14 aaO; Beschluss vom 2.
Oktober 2008 -
3
StR
352/08, [X.], 58). Besitzt der Täter Betäubungsmittel teils zur gewinnbringenden Weiterveräußerung und teils zu anderen Zwecken, geht lediglich der Besitz an der zum Handel
bestimmten Betäubungsmittelmen-ge im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf. Für die anderen Zwecken die-nende Menge verbleibt es dagegen bei der Strafbarkeit wegen unerlaubten Be-sitzes von Betäubungsmitteln. Zwischen dem Handeltreiben mit [X.] und dem gleichzeitigen Besitz der davon nicht betroffenen Betäubungsmit-telmenge
besteht Tateinheit (vgl. [X.], Beschlüsse vom 25.
Februar 2015

-
4
StR
516/14, [X.], 174
f.; vom 30.
Juni 1998 -
1
StR
293/98, [X.], 593; vom 30.
November 1995 -
1
StR
578/95; vom 12.
Oktober
1990

-
1
StR
539/90; vom 29.
August 1984 -
2
StR
173/84, bei [X.], NStZ 1985, 58; [X.] in [X.], 2.
Aufl., §
29 BtMG Rn.
1209).

4
-
5
-
Mangels Wertgleichheit hat der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht ge-ringer Menge nicht [X.], selbständige, die Voraussetzungen des §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG erfüllende Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge untereinander zur Tateinheit zu verbinden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 3.
Dezember 2015 -
4
StR
430/15 aaO; vom 17.
Mai 1996 -
3
StR
631/95 aaO). Demgegenüber werden an sich selbständige Taten der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge durch einen einheitlichen Besitz von Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge zu einer materiell-rechtlichen Tat verklammert (vgl. [X.], Urteil vom 4.
Februar 2015 -
2
StR
266/14 aaO; Beschluss vom 16.
Juli 2013
-
4
StR 144/13 aaO).
2.
Danach hat sich der Angeklagte durch das Aufbewahren des zum
Eigenkonsum bestimmten
Haschischs in der Wohnung und die gleichzeitig er-folgte
Verwahrung der Cannabisplatte für seinen Lieferanten eines Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG schuldig gemacht. Dieser Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge steht
sowohl
zu
dem durch die Lagerung der zum Weiterverkauf bestimmten Ecstasy-Tabletten verwirklichten unerlaubten Handeltreiben mit [X.]
in nicht geringer Menge nach §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG
als auch zu
der Bei-hilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln des Lieferanten gemäß §
27 StGB, §
30a Abs.
2 Nr.
2 BtMG in Tateinheit und verklammert die-se Delikte zu einer materiell-rechtlichen Tat.
a)
Die Annahme von Tateinheit durch [X.] setzt voraus, dass die Ausführungshandlungen zweier an sich selbständiger Delikte zwar nicht miteinander, wohl aber mit der Ausführungshandlung eines dritten [X.] (teil-)identisch sind und zwischen wenigstens einem der beiden an sich 5
6
7
-
6
-
selbständigen Delikte und dem sie verbindenden Delikt zumindest annähernde
Wertgleichheit besteht oder die verklammernde Tat die schwerste ist (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 13.
Dezember 2012 -
4
StR
99/12, [X.], 147, 149 mwN; Beschluss vom 11.
Januar 2012 -
1
StR
386/11, [X.] 2012,
310; [X.], LK, 12.
Aufl.,
§
52 Rn.
28
ff.). Als Maßstab hierfür dient
die Abstufung der einzelnen Delikte nach ihrem Unrechtsgehalt unter Orientierung an den Strafrahmen, wobei der [X.] nicht nach einer abstrakt-generalisierenden Betrachtungsweise, sondern anhand der konkreten Gewich-tung der Taten vorzunehmen ist (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Dezember 2012
-
4
StR
99/12 aaO; Beschlüsse vom 19.
April 2011 -
3
StR
230/10, [X.], 577, 578; vom 2.
Dezember 2008 -
3
StR
203/08, [X.], 692, 693; Urteil vom 18.
Juli 1984 -
2
StR
322/84, [X.]St 33, 4, 6
ff.).
b)
Da der Tatbestand des §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG für den Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit einer Strafrahmenobergrenze von 15
Jahren gegenüber der Obergrenze des nach §
27 Abs.
2 Satz
2, §
49 Abs.
1 StGB gemilderten Strafrahmen des §
30a Abs.
2 BtMG von elf Jahren und drei Monaten die schwerere Strafe androht und sich bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise keine Gesichtspunkte dafür ergeben, dass der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge seinem strafrechtlichen Unrechtsgehalt nach hinter der Teilnahmehandlung zurückbleibt, sind die Vor-aussetzungen für eine Verklammerung ungeachtet der höheren Mindeststrafe des gemilderten [X.] aus §
30a Abs.
2 BtMG erfüllt.
3.
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. §
265 StPO steht nicht entgegen, da sich der weitgehend geständige Angeklagte gegen den ge-änderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen [X.]. Die Schuldspruchänderung entzieht dem Strafausspruch die Grundlage. 8
9
-
7
-
Der neu mit der Sache befasste Tatrichter wird den vom [X.] in seiner Antragsschrift vom 22.
November 2016 dargelegten Bedenken hin-sichtlich der strafschärfenden Berücksichtigung der nur geringfügigen Über-schreitung des Grenzwerts zur nicht geringen Menge (vgl. [X.], Beschlüsse vom 27.
September 2016 -
2
StR
41/16; vom 31.
März 2016 -
2
StR
36/16, [X.]R BtMG §
29 Strafzumessung
44) sowie der für die Bestimmung der maß-geblichen Strafrahmenuntergrenze relevanten Prüfung des minder schweren Falls nach §
30a Abs.
3 BtMG Rechnung zu tragen haben. Der Senat weist darüber hinaus darauf hin, dass mit der Erwägung, der Wiederverkauf der [X.] sei letztlich zufällig gescheitert, "weil der Angeklagte keine [X.] fand und kein Interesse an entsprechender Akquise
entwickelte" kein schuldsteigernder Gesichtspunkt aufgezeigt wird.
VRin[X.] [X.] ist urlaubsbedingt an der [X.] ge-hindert.
Cierniak
Cierniak
Franke
Bender
Quentin

Meta

4 StR 580/16

14.02.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2017, Az. 4 StR 580/16 (REWIS RS 2017, 15685)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15685

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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