Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.09.2021, Az. X R 5/21

10. Senat | REWIS RS 2021, 2777

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Gegenstand

(Änderung eines Einkommensteuerbescheids nach § 175b Abs. 1 AO)


Leitsatz

1. Die Änderung eines Einkommensteuerbescheids nach § 175b Abs. 1 AO ist zulässig, wenn ein Unternehmen der gesetzlichen Krankenversicherung --entgegen der gesetzlichen Anordnung-- die Identifikationsnummer des Versicherungsnehmers nicht übermittelt, der Datensatz der Steuernummer einer Person zugeordnet wird, die nicht Versicherungsnehmer ist und der Veranlagungs-Sachbearbeiter --materiell-rechtlich zu Unrecht-- entscheidet, dieser Person den Sonderausgabenabzug zu gewähren.

2. Soweit § 175b Abs. 1 AO an "Daten im Sinne des § 93c" AO anknüpft, beschränkt sich dies nicht lediglich auf die Inhalte des in § 93c Abs. 1 Nr. 2 AO definierten Datensatzes, sondern umfasst nach dem --den Regelungsbereich der Norm umschreibenden-- Eingangssatz des § 93c Abs. 1 AO alle steuerlichen Daten eines Steuerpflichtigen, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften von einer mitteilungspflichtigen Stelle an Finanzbehörden elektronisch zu übermitteln sind.

3. Vorsorgeaufwendungen aus privatrechtlichen Versicherungsverträgen kann --vorbehaltlich gesetzlicher Sonderregelungen-- nur derjenige Steuerpflichtige als Sonderausgaben abziehen, der sie als Versicherungsnehmer selbst zivilrechtlich schuldet und auch tatsächlich zahlt (Bestätigung der Senatsrechtsprechung).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 09.03.2021 - 1 K 2809/19 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die [X.]lägerin und Revisionsklägerin ([X.]lägerin) wurde im [X.]treitjahr 2017 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. [X.]ie hat einen im [X.]treitjahr noch minderjährigen [X.] ([X.]), der zu ihrem Haushalt gehörte. Mit dem [X.]ater ([X.]) des [X.] war sie im [X.]treitjahr nicht verheiratet.

2

[X.] hatte als [X.]ersicherungsnehmer für [X.] als versicherte Person bei einem Unternehmen der privaten [X.]rankenversicherung ([X.]) einen [X.]rankenversicherungsvertrag geschlossen und zahlte auch die Beiträge.

3

[X.] übermittelte der Finanzverwaltung am 25.02.2018 für den [X.]eranlagungszeitraum 2017 Daten zu den für [X.] gezahlten [X.]rankenversicherungsbeiträgen. Angegeben wurden der Familienname, [X.]orname, Geburtstag sowie die Anschrift und Identifikationsnummer des [X.], ferner die Höhe der geleisteten [X.]rankenversicherungsbeiträge sowie der Name und das Geburtsdatum des [X.] als [X.]ersicherungsnehmer. Der Datensatz gelangte zur [X.]teuernummer der [X.]lägerin.

4

Am 20.12.2018 reichte die [X.]lägerin ihre Einkommensteuererklärung 2017 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) ein. Darin erklärte sie --materiell-rechtlich zutreffend-- keine [X.]rankenversicherungsbeiträge für [X.].

5

Mit Bescheid vom 24.01.2019 veranlagte das [X.] die [X.]lägerin erklärungsgemäß und setzte die Einkommensteuer 2017 auf 2.095 € fest. [X.]rankenversicherungsbeiträge für [X.] wurden nicht berücksichtigt. Der Bescheid enthält keinen [X.]orbehalt der Nachprüfung.

6

Am 17.05.2019 reichte [X.] seine Einkommensteuererklärung 2017 beim [X.] ein. Darin erklärte er --ebenfalls materiell-rechtlich zutreffend-- die von ihm als [X.]ersicherungsnehmer gezahlten [X.]rankenversicherungsbeiträge für [X.] als [X.]onderausgaben. Für die Einkommensbesteuerung der [X.]lägerin und des [X.] ist beim [X.] derselbe [X.]achbearbeiter zuständig.

7

Am 31.05.2019 erging ein geänderter, verfahrensrechtlich auf § 175 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung ([X.]) gestützter Einkommensteuerbescheid 2017 für die [X.]lägerin, mit dem die [X.]teuer auf 1.542 € herabgesetzt wurde. Darin zog das [X.] --neben der Herabsetzung der Einkünfte aus [X.]ermietung und [X.]erpachtung infolge eines hierzu ergangenen [X.] die für [X.] gezahlten [X.]rankenversicherungsbeiträge als [X.]onderausgaben ab. In den Erläuterungen des Bescheids heißt es hierzu: "Die elektronische Übermittlung der [X.]rankenversicherungsbeiträge für das [X.]ind ... wurde ausgewertet. Diese lag bei Abschluss der [X.]eranlagung nicht vor."

8

Am [X.] erließ das [X.] den Einkommensteuerbescheid 2017 für [X.]. Darin zog es die für [X.] geleisteten [X.]rankenversicherungsbeiträge als [X.]onderausgaben ab. Ebenfalls am [X.] erließ es den im vorliegenden [X.]erfahren angefochtenen Änderungsbescheid gegen die [X.]lägerin, mit dem es den Abzug der [X.]rankenversicherungsbeiträge bei der [X.]lägerin rückgängig machte und die Einkommensteuer auf 2.087 € erhöhte. Als [X.]orrekturvorschrift ist im Bescheid § 175 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 [X.] angegeben. Dass dieser Bescheid materiell-rechtlich zutreffend ist, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

9

Mit ihrem Einspruch machte die [X.]lägerin geltend, es gebe keine [X.]orrekturvorschrift für den Erlass des angefochtenen Änderungsbescheids. Während des [X.] erging am [X.] ein weiterer Änderungsbescheid, mit dem die Einkommensteuer infolge der Auswertung eines geänderten Grundlagenbescheids zu den Einkünften aus [X.]ermietung und [X.]erpachtung auf 1.853 € herabgesetzt wurde.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vertrat das [X.] die Auffassung, zwar sei § 175 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 [X.] nicht anwendbar. Die Änderung könne aber sowohl auf § 129 [X.] als auch auf § 175b Abs. 1 [X.] gestützt werden.

Im [X.]lageverfahren brachte die [X.]lägerin in erster Linie vor, die [X.]orschrift des § 175b Abs. 1 [X.] solle nach ihrem Normzweck nur Änderungen bezüglich derjenigen Inhalte ermöglichen, die sich aus der Datenübermittlung selbst ergäben. Es sollten aber keine unbeschränkten Änderungsmöglichkeiten bezüglich weiterer [X.]achverhaltsannahmen eröffnet werden, nur weil andere Teile der Daten elektronisch übermittelt worden seien. Im [X.]treitfall lasse sich den übermittelten Daten die Person des [X.] nicht entnehmen. Derjenige [X.]teuerpflichtige, bei dem die für ein [X.]ind gezahlten [X.]rankenversicherungsbeiträge abziehbar seien, könne vielmehr nur personell ermittelt werden, weil es hierfür nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der [X.]erwaltungsauffassung auch auf die tatsächliche Tragung der Beiträge ankomme.

Das Finanzgericht (FG) wies die [X.]lage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 989). Die [X.]oraussetzungen des § 175b Abs. 1 [X.] seien im [X.]treitfall erfüllt. Diese Norm ermögliche ausweislich der Gesetzesmaterialien eine Änderung auch dann, wenn der Fehler auf einer falschen Tatsachenwürdigung oder Rechtsanwendung oder auf unzureichenden Ermittlungen der Finanzbehörde beruhe. Die Berücksichtigung der Daten bei einem falschen [X.]teuerpflichtigen stelle eine unzutreffende Auswertung der Daten dar.

Die von der [X.]lägerin vertretene Beschränkung der Anwendung des § 175b Abs. 1 [X.] auf unzutreffend in den [X.]teuerbescheid übertragene übermittelte Daten würde die Norm überflüssig machen, da solche Fälle bereits von § 129 oder § 173a [X.] erfasst würden. [X.]ielmehr solle durch § 175b Abs. 1 [X.] im Ergebnis eine dem § 175 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 [X.] entsprechende Rechtsfolge für elektronisch übermittelte Daten erreicht werden. Die Regelung sei erforderlich gewesen, weil die übermittelten Datensätze keine Grundlagenbescheide darstellten und daher keine [X.]orrekturmöglichkeit bestanden habe, wenn neue, korrigierte Datensätze übermittelt würden oder sich im Nachhinein herausstelle, dass die übermittelten Daten fehlerhaft ausgewertet worden seien.

Mit ihrer Revision wiederholt und vertieft die [X.]lägerin ihr [X.]orbringen aus dem [X.]lageverfahren. [X.]ie ist der Auffassung, es wäre rechtsstaatlich bedenklich, wenn die materielle Bestandskraft in weitestgehendem Umfang ausgehebelt würde, nur weil zu einem Themenkomplex auch Daten elektronisch übermittelt würden. Hierfür spreche zudem § 175b Abs. 4 [X.], der [X.] auch nur für den Fall nachträglich übermittelter [X.] die Rechtserheblichkeit der übermittelten Daten voraussetze.

Die [X.]lägerin beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 23.08.2019 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2017 vom [X.] dahingehend zu ändern, dass weitere [X.]rankenversicherungsbeiträge in Höhe von 2.132 € als [X.]onderausgaben berücksichtigt werden.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Es bringt vor, ein weiter Anwendungsbereich des § 175b Abs. 1 [X.] sei gerade deshalb erforderlich, weil sich aus den übermittelten Daten eben nicht alles Erforderliche ergebe und es sich auch nicht um einen Grundlagenbescheid handele. Im [X.]inne der materiellen Richtigkeit und der [X.]erwaltungsökonomie müsse der Finanzverwaltung ein weiter [X.]pielraum verbleiben, um diese Umstände ausreichend zu kompensieren. Im Übrigen habe die Finanzverwaltung gar kein Interesse daran, notwendige personelle Ermittlungen nicht sofort vorzunehmen und stattdessen auf eine spätere Änderungsmöglichkeit nach § 175b Abs. 1 [X.] zu setzen. Denn die nachträgliche Änderung eines Bescheids verursache einen wesentlich höheren [X.]erwaltungsaufwand als die sofortige Ermittlung der abzugsberechtigten Person. Die rechtsstaatlich notwendige Begrenzung der Änderungsmöglichkeit werde in den Fällen des § 175b Abs. 1 [X.] durch die Festsetzungsfrist gewährleistet.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen.

1. Materiell-rechtlich sind die von [X.] für S gezahlten [X.]rankenversicherungsbeiträge bei der [X.]lägerin nicht als Sonderausgaben abziehbar.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kann --vorbehaltlich gesetzlicher [X.] nur derjenige Steuerpflichtige [X.]orsorgeaufwendungen aus privatrechtlichen [X.]ersicherungsverträgen als Sonderausgaben abziehen, der sie als [X.]ersicherungsnehmer selbst zivilrechtlich schuldet und auch tatsächlich zahlt (Senatsurteile vom 19.04.1989 - X R 2/84, [X.], 101, [X.] 1989, 683; vom 19.04.1989 - X R 28/86, [X.], 505, [X.] 1989, 862, und vom 08.03.1995 - X R 80/91, [X.], 375, [X.] 1995, 637; ebenso Schreiben des [X.] vom 24.05.2017, [X.], 820, Rz 81). Diese [X.]oraussetzungen erfüllte im Streitfall allein [X.], nicht aber die [X.]lägerin.

Gesetzliche Sonderregelungen, aus denen ein anderes Ergebnis folgen könnte, existierten im Streitjahr 2017 nicht. Der Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Jahr 2017 geltenden Fassung (EStG a.[X.]) beschränkte sich auf "eigene Beiträge ... eines [X.]indes", also auf vom [X.]ind selbst gesetzlich oder vertraglich geschuldete [X.]ersicherungsbeiträge. [X.]orliegend war aber nicht S, sondern [X.] Schuldner der [X.]rankenversicherungsbeiträge. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 EStG i.d.[X.] ([X.], 2451) war im Streitjahr noch nicht anwendbar.

Da dies zwischen den Beteiligten unstreitig ist, sieht der Senat insoweit von weiteren Ausführungen ab.

2. Zu Recht hat das [X.] entschieden, dass das [X.] den materiell-rechtlich fehlerhaften Abzug der von [X.] für S gezahlten [X.]rankenversicherungsbeiträge nach § 175b Abs. 1 [X.] korrigieren durfte.

a) Nach dieser [X.]orschrift ist ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten i.S. des § 93[X.] bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden.

§ 93[X.] ist nach Art. 97 § 27 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung erstmals für die steuerlichen Daten des [X.] anwendbar. Wenn steuerliche Daten eines Steuerpflichtigen auf Grund gesetzlicher [X.]orschriften von einem Dritten (mitteilungspflichtige Stelle) an Finanzbehörden elektronisch zu übermitteln sind, muss der Datensatz --vorbehaltlich abweichender Bestimmungen in den [X.] gemäß § 93c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] u.a. (soweit für den Streitfall von Bedeutung) den Familiennamen, den [X.]ornamen, den [X.], die Anschrift und die Identifikationsnummer des Steuerpflichtigen enthalten.

Nach § 10 Abs. 2a Satz 4 Nr. 2 EStG a.[X.] hat die mitteilungspflichtige Stelle die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten und erstatteten Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG a.[X.] sowie die in § 93c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] genannten Daten mit der Maßgabe, dass insoweit als Steuerpflichtiger die versicherte Person gilt, an die zentrale Stelle (§ 81 EStG a.[X.]) zu übermitteln; sind [X.]ersicherungsnehmer und versicherte Person --wie im [X.] nicht identisch, sind zusätzlich die Identifikationsnummer und der [X.] des [X.]ersicherungsnehmers anzugeben.

b) Im Streitfall hat [X.] die in § 93c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] genannten Daten --den Familiennamen, den [X.]ornamen, den [X.], die Anschrift und die Identifikationsnummer des S-- vollständig und zutreffend an die Finanzverwaltung übermittelt. Auf Grund von § 10 Abs. 2a Satz 4 Nr. 2 EStG a.[X.] gilt S (versicherte Person) insoweit als Steuerpflichtiger.

Darüber hinaus enthielt § 10 Abs. 2a Satz 4 Nr. 2 EStG a.[X.] für das Streitjahr die Anordnung, dass die im Beitragsjahr geleisteten und erstatteten Beiträge sowie die Identifikationsnummer und der [X.] des [X.]ersicherungsnehmers (im Streitfall: [X.]) zu übermitteln sind. Tatsächlich hat [X.] die Höhe der geleisteten Beiträge (Angaben zu den erstatteten Beiträgen sind aus dem Ausdruck der [X.] nicht ersichtlich) sowie das Geburtsdatum des [X.] übermittelt. Anstelle der Identifikationsnummer des [X.] ist allerdings der --nach der gesetzlichen Regelung nicht übermittlungspflichtige-- Name des [X.] übermittelt worden. In diesem Punkt wich der übermittelte Datensatz von der gesetzlichen [X.]orgabe ab.

Zu der Frage, weshalb dieser Datensatz --der weder die Identifikationsnummer noch die Steuernummer, den Namen oder sonstige personenbezogene Merkmale der [X.]lägerin [X.] zur Steuernummer der [X.]lägerin gelangt ist, lassen sich weder den Feststellungen des [X.] noch dem [X.]orbringen der Beteiligten oder dem Akteninhalt Anhaltspunkte entnehmen.

c) [X.]orliegend sind die im Wortlaut des § 175b Abs. 1 [X.] vorgesehenen [X.]oraussetzungen erfüllt. [X.]on der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten i.S. des § 93[X.] (dazu unten aa) wurden bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt (unten bb).

aa) Im Streitfall stellt sich das Problem, dass die Übermittlung der für die Fehlerhaftigkeit des gegen die [X.]lägerin ergangenen Einkommensteuerbescheids 2017 vom 31.05.2019 entscheidenden Daten --die Höhe der geleisteten Beiträge und die Identifikationsnummer des [X.]ersicherungsnehmers-- nicht in § 93[X.] angeordnet wird, sondern ausschließlich in § 10 Abs. 2a Satz 4 Nr. 2 EStG a.[X.] Gleichwohl ist der Senat der Auffassung, dass es sich auch bei diesen Daten --wie von § 175b Abs. 1 [X.] vorausgesetzt-- um "Daten im Sinne des § 93[X.]" handelt. Der in § 175b Abs. 1 [X.] verwendete Begriff der "Daten" ist nicht auf den "Datensatz" beschränkt, dessen (Mindest-)Inhalt in § 93c Abs. 1 Nr. 2 [X.] definiert wird. [X.]ielmehr erfasst der Regelungsbereich des § 93c nach dem Wortlaut des [X.] seines Abs. 1 alle steuerlichen Daten eines Steuerpflichtigen, die auf Grund gesetzlicher [X.]orschriften von einer mitteilungspflichtigen Stelle an Finanzbehörden elektronisch zu übermitteln sind. Hierzu gehören auch diejenigen Daten, deren Übermittlung an die Finanzbehörde erst in einem Einzelsteuergesetz ("auf Grund gesetzlicher [X.]orschriften") angeordnet wird. Auch die weiteren Absätze des § 93[X.] erfassen erkennbar nicht lediglich die Mindestinhalte des "Datensatzes" nach § 93c Abs. 1 Nr. 2 [X.], sondern sämtliche übermittlungspflichtige "Daten" i.S. des [X.] des § 93c Abs. 1 [X.] i.[X.].m. den Einzelsteuergesetzen. Dies entspricht auch der in den Gesetzesmaterialien vertretenen Auffassung, wonach § 175b [X.] für alle Fälle gelten soll, in denen sich die Datenübermittlung nach § 93c Abs. 1 [X.] richtet (Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 03.02.2016, BTDrucks 18/7457, S. 88).

bb) Die nach § 93c Abs. 1 [X.] i.[X.].m. § 10 Abs. 2a Satz 4 Nr. 2 EStG a.[X.] übermittelten Daten zur Höhe der für S geleisteten [X.]rankenversicherungsbeiträge wurden --wie von § 175b Abs. 1 [X.] vorausgesetzt-- bei der gegen die [X.]lägerin ergangenen Steuerfestsetzung nicht zutreffend berücksichtigt. Denn materiell-rechtlich waren diese Beiträge nicht bei ihr, sondern bei [X.] als Sonderausgaben abzuziehen.

d) Die Darlegungen der [X.]lägerin zeigen nicht auf, dass eine teleologische Reduktion des --sich im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers befindlichen (vgl. BTDrucks 18/7457, S. 88)-- Wortlauts der Norm geboten wäre. Gerade im vorliegenden Fall besteht für eine teleologische Reduktion kein Anlass, weil der übermittelte Datensatz hinsichtlich eines entscheidenden Merkmals --der Identifikationsnummer der materiell-rechtlich zum Abzug berechtigten Person des [X.]ersicherungsnehmers-- unvollständig und damit fehlerhaft war. Ein Auseinanderfallen von Wortlaut und Normzweck ist daher nicht erkennbar.

3. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

X R 5/21

08.09.2021

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 9. März 2021, Az: 1 K 2809/19 E, Urteil

§ 93c Abs 1 AO, § 175b Abs 1 AO, § 10 Abs 1 Nr 3 EStG 2009, § 10 Abs 2a S 4 EStG 2009 vom 20.12.2016, § 93c Abs 1 Abs 1 S 1 AO, § 93c Abs 1 Nr 2 AO, § 10 Abs 2a S 2 Nr 2 EStG 2009 vom 20.12.2016, EStG VZ 2017

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.09.2021, Az. X R 5/21 (REWIS RS 2021, 2777)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 2777

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