Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.10.2002, Az. II ZR 146/02

II. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 1005

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[X.] DES VOLKESURTEILII [X.]/02Verkündet am:28. Oktober 2002BoppelJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:ja[X.]R: neinBGB § 628 Abs. 2; GmbHG § 38 Abs. 1Der Widerruf der Bestellung eines Geschäftsführers gemäß § 38 Abs. 1GmbHG stellt kein vertragswidriges Verhalten der Gesellschaft im Sinne des§ 628 Abs. 2 BGB dar.[X.], Urteil vom 28. Oktober 2002 - II [X.]/02 -OLG [X.] [X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 28. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden RichterDr. h.c. Röhricht und [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] die Richterin [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts [X.]- 14. Zivilsenat in [X.] - vom 22. März 2002 wird auf [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger verlangt von der beklagten GmbH, soweit im [X.] noch von Interesse, Schadensersatz mit der Begründung, sie habe [X.] vertragswidriges Verhalten zur Kündigung des mit ihr [X.] veranlaßt. Dem liegt folgender Sachver-halt zugrunde:Die Beklagte stellte den Kläger ab 1. Februar 1997 auf die Dauer vonfünf Jahren als Geschäftsführer an. Da sie mit seinen Leistungen im kaufmän-nischen Bereich nicht zufrieden war und ihn insbesondere für die schwierigefinanzielle Situation der [X.] verantwortlich machte, widerrief ihre [X.] 3 -schafterversammlung am 9. April 1998 die Bestellung des [X.] zum [X.] mit sofortiger Wirkung. Nachdem Verhandlungen der [X.] eine Weiterbeschäftigung des [X.] als Betriebsleiter gescheitert waren,kündigte der Kläger den Anstellungsvertrag mit Schreiben vom 15. April 1998fristlos aus wichtigem Grund. Dabei stützte er sich auf seine Abberufung [X.] sowie auf bestimmte, von ihm als ungerechtfertigt und verlet-zend angesehene Vorwürfe einzelner Gesellschafter, die seine Tätigkeit imkaufmännischen Bereich betrafen.Er ist der Ansicht, das Verhalten der [X.] bzw. einzelner ihrer Ge-sellschafter, das ihn zur Kündigung des Anstellungsvertrages veranlaßt habe,sei vertragswidrig und verpflichte die Beklagte zum Schadensersatz. [X.], den er mit 208.065,17 DM errechnet hat, stützt er aufden Wegfall von Gehalt, Urlaubsentgelt, Tantiemen und einer Vereinbarungüber die Erstattung von Aufwendungen zur Erhaltung seiner Lizenz für [X.].Die Vorinstanzen haben seine Schadensersatzklage abgewiesen. Mit der- zugelassenen - Revision verfolgt er seinen Schadensersatzanspruch weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision des [X.] hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht [X.] Schadensersatzklage zu Recht abgewiesen.Der Kläger stützt seinen Schadensersatzanspruch auf § 628 Abs. 2 BGB.Diese Vorschrift setzt voraus, daß der Anstellungsvertrag u.a. nach § 626- 4 -Abs. 1 BGB gekündigt und die Kündigung durch ein vertragswidriges [X.] anderen Vertragsteils veranlaßt worden ist.1. Das Berufungsgericht hat es dahingestellt sein lassen, ob der [X.] durch die Gesellschafterversammlung der [X.] nach § 38 GmbHG dem Kläger einen wichtigen Grund zur fristlosen [X.] gegeben hat. Ebenso hat es offengelassen, obdas Verhalten einiger der Gesellschafter der [X.], wie im [X.] des [X.] vom 15. April 1998 ausgeführt, den Kläger zur [X.] aus wichtigem Grund berechtigt hat. Denn [X.] fehle es in bezug auf beide vom Kläger angeführte [X.] einem sog. Auflösungsverschulden als weiterer Voraussetzung für einenSchadensersatzanspruch gemäß § 628 Abs. 2 BGB.2. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.a) Der Widerruf der Organstellung des [X.] durch die Gesellschafter-versammlung der [X.] stellt kein vertragswidriges Verhalten der [X.] im Sinne des § 628 Abs. 2 BGB dar. Aus der rechtlichen Trennung [X.] und Anstellungsverhältnis folgt grundsätzlich, daß beide [X.] rechtlich selbständig nebeneinander stehen und demgemäß auch recht-lich unabhängig voneinander nach den jeweiligen dafür geltenden Vorschriftenbeendet werden können. Für die Beendigung der Organstellung ist im [X.] Fall § 38 Abs. 1 GmbHG maßgebend, nach dem die Gesellschaft [X.] zum Geschäftsführer jederzeit widerrufen kann. Das Recht zur Kün-digung des Anstellungsverhältnisses steht der Gesellschaft hingegen nur dannzu, wenn ihr unter Berücksichtigung der in § 626 Abs. 1 BGB aufgeführten Um-stände die Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist.- 5 -Die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs der Geschäftsführerbestel-lung gewährleistet der [X.] eine weit-gehende Organisationsfreiheit. Dieses Recht auf Organisationsfreiheit schränktden von der Revision postulierten "anstellungsvertraglichen [X.]" ein. Denn das Gesetz gewährt die jederzeitige Widerrufsmöglichkeit"unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen" (§ 38Abs. 1 GmbHG), schließt also ein anstellungsvertragliches Recht des [X.] Geschäftsführers auf weiteren Verbleib im Amt aus. Der Rechtsstellung [X.] trägt das Gesetz dadurch Rechnung, daß es ihm seine [X.] im Rahmen der vertraglichen Bindung beläßt, wobei jedochder sich aus § 615 Satz 2 BGB ergebenden Anrechnungsregelung [X.] tragen ist.Die gesetzliche Regelung ist jedoch flexibel ausgestaltet. Der [X.] gewährt sie die Möglichkeit, ihr jederzeitiges Widerrufsrecht durch [X.] im Gesellschaftsvertrag auf den Fall des Vorliegens eines wichtigenGrundes zu beschränken (§ 38 Abs. 2 GmbHG). Davon hat die Beklagte, wieaus § 8 ihres Gesellschaftsvertrages hervorgeht, keinen Gebrauch gemacht.Geht man davon aus, daß der Geschäftsführer den [X.] des Widerrufs seiner Organstellung aus wichtigem Grund kündigenkann, begibt er sich seiner vertraglichen Ansprüche. Das Gesetz (§ 628 Abs. [X.]) gewährt ihm lediglich einen Schadensersatzanspruch, wenn die Kündi-gung auf einem vertragswidrigen Verhalten der GmbH beruht. Da die [X.] jedoch von einem ihr gesetzlich eingeräumten Recht Gebrauch macht,das einen Weiterbeschäftigungsanspruch als Geschäftsführer entfallen läßt,kann ihr Verhalten nicht als vertragswidrig angesehen werden. Es kann somit- 6 -keine Schadensersatzpflicht auslösen (a.[X.]/[X.], GmbHG9. Aufl. § 38 [X.]. 34).Ein vertragswidriges Verhalten der [X.] kann auch nicht aus ihrerfünfjährigen Bindung an den Anstellungsvertrag hergeleitet werden. Es kanndahingestellt bleiben, ob und inwieweit sich die Gesellschaft durch ihre [X.]erversammlung im Hinblick auf die Regelung des § 38 Abs. 2 GmbHG,der die Widerrufsbeschränkung einer Satzungsregelung vorbehält, im Anstel-lungsvertrag wirksam verpflichten kann, die Geschäftsführerstellung nur [X.] eines wichtigen Grundes zu kündigen (siehe dazu [X.][X.]/[X.], GmbHG 17. Aufl. § 38 [X.]. 11; [X.]/[X.], GmbHG15. Aufl. § 38 [X.]. 13). Mit Rücksicht auf die gesetzliche Vorschrift des § 38Abs. 2 GmbHG würde das auf jeden Fall eine Regelung erfordern, die den [X.] der schuldrechtlichen Einschränkung des Widerrufsrechts unmißver-ständlich zum Ausdruck bringt. Davon kann allein aufgrund der Tatsache, daßdie Parteien den Anstellungsvertrag für fünf Jahre geschlossen haben, nichtausgegangen werden, weil diese Bindung die jederzeitige Widerrufsmöglichkeitder Organstellung des [X.] nach Gesetz und Satzung (§ 38 Abs. 1 GmbHG;§ 8 der Satzung der [X.]) nicht ausschließt.b) Der Kläger leitet ein vertragswidriges Verhalten der [X.] fernerdaraus her, daß einige ihrer Gesellschafter gegen den Kläger unberechtigte, ihndiffamierende und desavouierende Vorwürfe erhoben hätten. Die Revision rügt,das Berufungsgericht habe insoweit den Vortrag des [X.] übergangen, die-sem sei zu Unrecht vorgeworfen worden, er trete zu stark für sein Personal ein,er füge der Gesellschaft schweren Schaden zu, er habe eigenmächtig gehan-delt, die Gesellschaft getäuscht und den Arbeitskreis übergangen. Ferner seiseine Redlichkeit in Zweifel gezogen und er sei faktisch durch Beschränkung- 7 -seiner Entscheidungsbefugnis auf Geschäfte mit einem unter 5.000,00 DM lie-genden Volumen entmachtet worden. Diese Rüge ist nicht begründet.Das Berufungsgericht hat sich mit der vom [X.] durchgeführtenBeweisaufnahme und seiner Würdigung der Zeugenaussagen ausweislich [X.] des Berufungsurteils befaßt und ist zu dem gleichen Er-gebnis wie das [X.] gelangt. Die von der Revision dargelegten Einzel-heiten sind im wesentlichen zusammenfassende Beurteilungen und [X.] Einzelheiten, die Gegenstand der Zeugenaussagen waren. Das Recht zuderart kritischen, auf tatsächlichen Grundlagen beruhenden Beurteilungen [X.] kann den Gesellschaftern nicht genommen werden. Über siekonnte und brauchte das Berufungsgericht keinen Beweis zu erheben.Die Revision rügt weiter, das Berufungsgericht habe die Würdigung [X.] durch das [X.] nicht anhand des Vortrages des [X.] überprüft, die Vorwürfe zur verspäteten Unterrichtung der [X.] die finanzielle Entwicklung der [X.] (1) und zu den überhöhten Per-sonal- und Sachinvestitionen (2) träfen nicht zu. Auch diese Rüge kann [X.] haben.Das [X.] hat zu Punkt 1 die Aussagen gewürdigt, daß der Klägerdie der B. weitergegebenen Daten dem Vorsitzenden der [X.] nicht ebenfalls bekanntgemacht und daß er seinen Hinweisauf eine "Liquiditätsfalle" nicht näher mit Zahlen untermauert hat. Dazu enthal-ten die von der Revision angeführten Nachweise keine Ausführungen.Die Rüge zu Punkt 2 ist nicht gerechtfertigt, weil sich die Ausführungendes [X.]s zu Personal- und Sachinvestitionsaufwand an dem Streitpunkt- 8 -der Parteien ausrichten, ob sich die Personal- und Sachausgaben an einer an-gebotsorientierten Geschäftspolitik (so der Kläger) oder an der zu ermittelndenNachfrage (so die Gesellschafterversammlung) ausrichten sollten. Die Ausfüh-rungen des [X.] an den von der Revision angegebenen Nachweisstellenvergleichen jedoch die tatsächlichen Ausgaben mit den Planzahlen. Dem [X.] kann unter diesen Umständen kein Verfahrensfehler vorgewor-fen werden.RöhrichtHesselberger[X.]KraemerMünke

Meta

II ZR 146/02

28.10.2002

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.10.2002, Az. II ZR 146/02 (REWIS RS 2002, 1005)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1005

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