Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2008, Az. VI ZR 279/06

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 2092

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] Verkündet am: 9. September 2008 [X.], Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 823 Dc Zur Verkehrssicherungspflicht bei Fahrten mit einem Quad in einem Erlebnispark.
[X.], Urteil vom 9. September 2008 - [X.]/06 - [X.]

LG Potsdam
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. September 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.], [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 18. Mai 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche we-gen der Verletzung von vertraglichen Schutzpflichten bzw. [X.] nach einem Unfall im Erlebnispark der [X.] geltend. 1 Der Arbeitgeber der Klägerin veranstaltete dort am 7. Dezember 2002 ein Betriebsfest. Im Rahmen dieses Festes fand eine geführte Tour mit so ge-nannten Quads, einsitzigen vierrädrigen, offenen Fahrzeugen, die ähnlich [X.] zu fahren und zu bedienen sind, statt. Die Teilnehmer der Tour fuhren nach einer Einweisung in die Bedienung der Fahrzeuge ohne Schutzhelme in einer Kolonne, die von einem Mitarbeiter der [X.] angeführt wurde. Die Gruppe befuhr zunächst eine aus Sand künstlich hergestellte "Berglandschaft". Sodann führte ein Weg auf unebenem Waldboden nach oben, links und rechts davon befand sich eine Böschung. Die Klägerin kam vom Weg ab, fuhr in die 2 - 3 - Böschung und stürzte. Dabei geriet sie unter das Fahrzeug und erlitt eine schwere offene Nasenbeintrümmerfraktur sowie eine Septumtrümmerfraktur mit einer stark blutenden Risswunde im [X.]. 3 Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ver-folgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts besteht ein Schadensersatzan-spruch weder aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zwischen dem Ar-beitgeber der Klägerin und der [X.] geschlossenen Vertrag betreffend die Ausrichtung eines Betriebfestes noch aus § 823 Abs. 1 BGB. 4 Der [X.] sei zwar die Verletzung einer vertraglichen Schutzpflicht bzw. der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen, weil sie die Teilnehmer der Tour nicht mit einem Schutzhelm ausgestattet habe. Bei der Fahrt mit einem Quad im Gelände bestehe ein erhöhtes Risiko von Stürzen und eine Verpflichtung des Veranstalters, die Auswirkungen von Stürzen möglichst gering zu halten. Da bei einem Sturz mit einem offenen Geländefahrzeug der Kopf des Fahrers besonders gefährdet sei, sei es erforderlich und zumutbar gewesen, den Teilnehmern Schutzhelme zur Verfügung zu stellen. Es sei aber nicht notwendig gewesen, diese mit [X.]en (Schutzhelm mit einem das Gesicht bedeckenden Visier) auszustatten, auch wenn diese Art des Schutz-helmes gegenüber [X.] eine zusätzliche Sicherheit biete. 5 - 4 - Daher hafte die Beklagte im Ergebnis nicht. Es stehe nämlich nicht fest, dass die der [X.] vorzuwerfende Pflichtverletzung für die Verletzungen der Klägerin kausal geworden sei. Nach dem Gutachten des [X.] wäre zwar möglicherweise bei [X.] die Nasenwurzelregion durch die Breite des [X.]s geschützt oder zumindest die Schwere des Aufpralls vermindert worden, [X.] soweit das anprallende Fahrzeugteil gleichzeitig Kontakt zum [X.] gehabt hätte. Die Gutachterin habe dazu mangels Angaben über das auftreffende Fahrzeugteil sowie den genauen Bewegungsablauf jedoch keine weitergehen-den Feststellungen treffen können und die Möglichkeit aufgezeigt, dass ein Fahrzeugteil isoliert das Gesicht der Klägerin getroffen habe und auch durch einen offenen [X.] nicht auf Abstand gehalten worden wäre. 6 Eine Beweislastumkehr sei nicht geboten. Bei der Verletzung [X.] Schutzpflichten sei zwar bei verschiedenen Fallgruppen eine Beweislast-umkehr anzuerkennen. Das vorliegende Geschehen sei jedoch keiner dieser Fallgruppen zuzuordnen. Für einen Anscheinsbeweis fehle es an einem typi-schen Geschehensablauf, aus dem gefolgert werden könne, dass der Eintritt der erlittenen Verletzungen beim Tragen eines offenen [X.]es verhindert [X.] wäre. 7 I[X.] Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist oh-ne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte weder wegen ei-ner Verletzung vertraglicher Schutzpflichten noch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht für die der Klägerin durch den Unfall entstandenen Schäden haftet. 8 - 5 - 1. Die vertraglichen Schutzpflichten zielen im Streitfall darauf ab, eine Verletzung der Klägerin möglichst zu vermeiden und dadurch ihr Integritätsinte-resse zu erhalten. Sie entsprechen mithin inhaltlich den [X.], so dass die dazu entwickelten Grundsätze anwendbar sind. 9 10 Danach ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrun-gen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (vgl. etwa Senat, Urteile vom 4. Dezember 2001 - [X.] ZR 447/00 - [X.], 247, 248; vom 15. Juli 2003 - [X.] ZR 155/02 - [X.], 1319; vom 5. Oktober 2004 - [X.] ZR 294/03 - [X.], 279, 280; vom 8. November 2005 - [X.] ZR 332/04 - [X.], 233, 234; vom 6. Februar 2007 - [X.] ZR 274/05 - [X.], 659, 660; vom 3. Juni 2008 - [X.] ZR 223/07 - [X.], 1083, Rn. 9, jeweils m.w.N.). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor [X.] zu bewahren. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrak-ten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädi-gung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. [X.] wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die na-he liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (vgl. Senat, Urteile vom 8. November 2005 - [X.] ZR 332/04 -; vom 6. Februar 2007 - [X.] ZR 274/05 -; vom 3. Juni 2008 - [X.] ZR 223/07 -, jeweils aaO). Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeig-net sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden (vgl. Senat, Urteile vom 15. Juli 2003 - [X.] ZR 155/02 -; vom 8. November 2005 - [X.] ZR 332/04 -; vom 6. Februar 2007 - [X.] ZR 274/05 -; vom 3. Juni 2008 - [X.] ZR 223/07 -, jeweils - 6 - aaO). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem ent-sprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. Senat, Urteile vom 15. Juli 2003 - [X.] ZR 155/02 -; vom 8. November 2005 - [X.] ZR 332/04 -; vom 6. Februar 2007 - [X.] ZR 274/05 -; vom 3. Juni 2008 - [X.] ZR 223/07 -, jeweils aaO). Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejeni-gen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vor-sichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (vgl. Senat, Urteile vom 15. Juli 2003 - [X.] ZR 155/02 - aaO; vom 8. November 2005 - [X.] ZR 332/04 - aaO; vom 16. Mai 2006 - [X.] ZR 189/05 - [X.], 1083, 1084; vom 6. Februar 2007 - [X.] ZR 274/05 - aaO; vom 3. Juni 2008 - [X.] ZR 223/07 - aaO). Der Betreiber einer Sport- und Spielanlage braucht demnach zwar nicht allen denkbaren Gefahren vorzubeugen. Die Verkehrssicherungspflicht erfor-dert jedoch regelmäßig den Schutz vor Gefahren, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, vom Benutzer nicht vorhersehbar und für ihn nicht ohne weiteres erkennbar sind (vgl. Senat, Urteile vom 25. April 1978 - [X.] ZR 194/76 - VersR 1978, 739; vom 3. Juni 2008 - [X.] ZR 223/07 - aaO, Rn. 10; [X.], Urteil vom 12. Juni 2007 - [X.]/06 - NJW 2007, 2549, 2551; [X.], [X.], 859, 860; [X.], [X.], 2544). 11 2. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der [X.] zu Recht bejaht, weil diese die Teilnehmer der [X.] nicht mit einem Schutzhelm ausgestattet hat. Dies wird weder von Seiten der Revision noch der Revisionserwiderung in Frage ge-stellt. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen aber auch ohne Rechtsfehler eine [X.] - 7 - wendigkeit verneint, der Klägerin einen so genannten [X.] zur Verfü-gung zu stellen. 13 a) Im Streitfall hat die Beklagte [X.] im Gelände angeboten. Auch wenn diese in Form einer geführten Gruppenausfahrt und grundsätzlich mit einer relativ geringen Geschwindigkeit durchgeführt wurden, bestand für die ungeübten Quadfahrer ein erhöhtes Risiko von Stürzen. Da bei einem solchen Sturz mit einem offenen Geländefahrzeug der Kopf des Fahrers mangels Vor-handenseins einer Knautschzone oder eines Rückhaltesystems besonders [X.] ist, handelte es sich dabei nicht um eine anlagentypische Gefahr, die von Teilnehmern einer solchen Tour in einem "[X.]" in Kauf genommen wird. Infolgedessen war die Beklagte verpflichtet, den Teilnehmern [X.] zur Verfügung zu stellen, um Kopfverletzungen im Falle eines Unfalls mög-lichst zu vermeiden. b) Es war aber jedenfalls zum Zeitpunkt des [X.] nicht erforderlich, die Fahrer mit [X.]en auszustatten, auch wenn diese Art des [X.] gegenüber [X.] eine zusätzliche Sicherheit geboten hätte. Das Berufungsgericht hat zu Recht berücksichtigt, dass die [X.] die Touren hat begleiten lassen, so dass zum einen die Fahrstrecke vor-gegeben war und zum andern die Möglichkeit bestand, die Teilnehmer von dem Eingehen zu großer Risiken abzuhalten und sie ggf. zu unterstützen. Daher [X.] grundsätzlich nicht die Gefahr, dass aufgrund einer gefährlichen Gelän-dewahl und einer zu hohen Geschwindigkeit eine besondere Verletzungsgefahr bestand, der mit erhöhten Sicherheitsanforderungen hätte begegnet werden müssen. 14 Unter diesen Umständen gewinnt bei der Abwägung Bedeutung, dass der Gesetzgeber zum damaligen Zeitpunkt noch keine Notwendigkeit gesehen 15 - 8 - hat, für Quads das Tragen eines [X.] anzuordnen. Erst mit der am 1. Januar 2006 in [X.] getretenen Neufassung des § 21a Abs. 2 [X.] durch die Verordnung vom 22. Dezember 2005 ([X.]) wurden die Fahrer von "Quads" in die Schutzhelmpflicht einbezogen. Dadurch sollte das Verlet-zungsrisiko im Kopfbereich für die Benutzer von Quads entsprechend der bis-herigen Regelung für [X.]räder gemindert werden. Die Beklagte hat mithin zum Unfallzeitpunkt nicht gegen Schutzvorschriften der Straßenverkehrsordnung verstoßen, die der Gesetzgeber im Interesse der Vermeidung schwerer Verlet-zungen erlassen hat. Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht wird freilich nicht alleine durch gesetzliche Vorgaben bestimmt. Der zur Verkehrssicherung Verpflichtete hat vielmehr grundsätzlich selbständig zu prüfen, ob und welche Sicherungsmaß-nahmen zur Vermeidung von Schädigungen notwendig sind; er hat die [X.] Maßnahmen eigenverantwortlich zu treffen, auch wenn gesetzliche oder andere Anordnungen, Unfallverhütungsvorschriften oder technische Regeln wie DIN-Normen seine Sorgfaltspflichten durch Bestimmungen über Sicherheits-maßnahmen konkretisieren. Solche Bestimmungen enthalten im Allgemeinen keine abschließenden Verhaltensanforderungen gegenüber den Schutzgütern. Sie können aber regelmäßig zur Feststellung von Inhalt und Umfang bestehen-der Verkehrssicherungspflichten herangezogen werden und sind deshalb für die Bestimmung des Umfangs der Verkehrssicherungspflichten durchaus von Be-deutung (vgl. Senat [X.] 103, 338, 342; Urteile vom 29. November 1983 - [X.] ZR 137/82 - [X.], 164, 165; vom 23. Oktober 1984 - [X.] ZR 85/83 - [X.], 64, 65; vom 7. Oktober 1986 - [X.] ZR 187/85 - [X.], 102, 103; vom 13. März 2001 - [X.] ZR 142/00 - VersR 2001, 1040, 1041). Welche Maßnahmen zur Wahrung der Verkehrssicherungspflicht erforderlich sind, hängt von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Senat, Urteile 16 - 9 - vom 21. März 2000 - [X.] ZR 158/99 - [X.], 984 f.; vom 3. Juni 2008 - [X.] ZR 223/07 - aaO, Rn. 18). 17 Auch unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes würde man indes die Anforderung an die Beklagte überspannen, wenn man über die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht wegen der nicht erfolgten Ausstattung mit offenen [X.] hinaus für das [X.] die Ausstattung mit einem so genann-ten [X.] verlangte. Immerhin hat sich der Gesetzgeber erst ca. drei Jahre nach dem hier zu beurteilenden Unfall dazu entschlossen, Fahrer eines Quads überhaupt der Schutzhelmpflicht zu unterwerfen. Im Hinblick darauf ist nicht davon auszugehen und auch von der Revision nicht dargelegt, dass die betroffenen Verkehrskreise schon im Jahre 2002 über die Notwendigkeit, einen Schutzhelm zu tragen, hinaus auch die Ausstattung von Quadfahrern mit Integ-ralhelmen als erforderlich angesehen haben. Bei einer geführten Tour im [X.] bestand nämlich für die Teilnehmer jedenfalls kein größeres Risiko, als dies wegen der höheren gefahrenen Geschwindigkeit und der Gefährdung durch andere Straßenverkehrsteilnehmer für Motorradfahrer im öffentlichen Verkehrsbereich besteht. Bei diesen reicht zur Erfüllung der [X.]pflicht das Tragen eines offenen [X.]s aus; es ist nicht erforderlich, einen [X.] zu tragen (vgl. [X.], [X.], 233, 234). Unter diesen Umständen konnten die von der Revision geltend gemachten höheren Anforderungen von der [X.] nicht erwartet werden (vgl. auch Senat, Urteil vom 30. Januar 1979 - [X.] ZR 144/77 - VersR 1979, 369 f.). 3. Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie meint, das Berufungs-gericht habe zu Unrecht die Kausalität der angenommenen Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden verneint, weil es übersehen habe, dass die Vor-aussetzungen eines Anscheinsbeweises vorliegen. 18 - 10 - Das Berufungsgericht hat sich wegen der Ausführungen der gerichtsme-dizinischen Sachverständigen keine Überzeugung bilden können, dass die der [X.] vorzuwerfende Pflichtverletzung für die von der Klägerin erlittenen Verletzungen kausal geworden ist. Entscheidend dafür war, dass die Sachver-ständige wegen der fehlenden Angaben keine Feststellungen über den genau-en Ablauf und das aufprallende Fahrzeugteil treffen konnte und deshalb die Möglichkeit aufgezeigt hat, dass ein Fahrzeugteil isoliert das Gesicht der Kläge-rin getroffen hat und auch durch einen offenen [X.] nicht auf Abstand gehalten worden wäre. Das Berufungsgericht hat unter diesen Umständen neben der - von der Revision nicht angegriffenen - Ablehnung einer Beweislastumkehr einen für den Anscheinsbeweis typischen Geschehensablauf verneint, aus dem gefolgert werden könnte, dass der Eintritt der erlittenen Verletzungen beim Tra-gen eines offenen [X.]s verhindert worden wäre. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. 19 Zwar ist in der Rechtsprechung des [X.] anerkannt, dass bei der Verletzung von Schutzgesetzen sowie von Unfallverhütungsvorschriften ein Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass der Verstoß für den [X.] ursächlich war, sofern sich gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, der das Schutzgesetz oder die Unfallverhütungsvorschrift entgegen wirken soll (vgl. Senat, Urteile vom 25. Januar 1983 - [X.] ZR 92/81 - [X.], 440 f.; vom 22. April 1986 - [X.] ZR 77/85 - [X.], 916, 917). Der Beweis des [X.] Anscheins ist auch bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten ge-boten, die wie Schutzgesetze und Unfallverhütungsvorschriften typischen Ge-fährdungen entgegenwirken sollen, wenn sich in dem Schadensfall gerade die-jenige Gefahr verwirklicht, der durch die Auferlegung bestimmter Verhaltens-pflichten begegnet werden soll (vgl. Senat, Urteil vom 14. Dezember 1993 - [X.] ZR 271/92 - [X.], 324, 325). Nach dem Senatsurteil vom 25. Januar 1983 spricht der Beweis des ersten Anscheins für den ursächlichen [X.] - 11 - menhang zwischen dem Nichtbenutzen eines [X.] und den eingetrete-nen Kopfverletzungen, wenn ein [X.]fahrer, der ohne Schutzhelm fährt, bei einem Unfall Kopfverletzungen erleidet, vor denen der Schutzhelm allgemein schützen soll. Indessen ist ein Anscheinsbeweis nur möglich, wenn ein [X.] Geschehensablauf vorliegt, sich also aufgrund allgemeiner Erfahrungs-sätze der Schluss aufdrängt, die erlittenen Verletzungen seien darauf zurückzu-führen, dass der Verletzte keinen (offenen) Schutzhelm getragen hat (vgl. [X.] vom 3. Juli 1990 - [X.] ZR 239/89 - [X.], 195 m.w.N.). Diese Frage unterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (vgl. [X.] 115, 141, 144). Sie ist im Streitfall zu verneinen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein detaillierter Vor-trag zum Unfallhergang und zur genauen Entstehung der Verletzungen nicht erfolgt. Zudem liegt eine Gesichtsverletzung vor, die dadurch verursacht wurde, dass ein Fahrzeugteil das Gesicht der Klägerin getroffen hat. Unter diesen Um-ständen kann nicht typischerweise darauf geschlossen werden, dass ein offener Schutzhelm den Aufprall verhindert oder zumindest vermindert hätte. Ein sol-cher [X.] schützt zwar typischerweise den oberen Kopfteil und den Hinterkopf, kann aber nach den Ausführungen der Sachverständigen nur unter besonde-ren Umständen die Nasenwurzelregion und die Nase vor aufprallenden Fahr-zeugteilen schützen. Daher kann man für die konkreten Verletzungen der Klä-gerin nicht von einem typischen Geschehensablauf ausgehen, der zu diesen Verletzungen geführt hat. Jedenfalls ist nach den Ausführungen der Sachver-ständigen von der ernsthaften Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs auszugehen, so dass auch deshalb ein Anscheinsbeweis nicht angewendet werden kann. 21 - 12 - 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. 22 [X.] [X.]

[X.] [X.] Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 10.11.2005 - 11 O 223/03 - [X.], Entscheidung vom 18.05.2006 - 12 U 186/05 -

Meta

VI ZR 279/06

09.09.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2008, Az. VI ZR 279/06 (REWIS RS 2008, 2092)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2092

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