Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2008, Az. 5 StR 402/07

5. Strafsenat | REWIS RS 2008, 5713

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5 [X.][X.]BESCHLUSS vom 7. Februar 2008 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u. a.

- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 7. Februar 2008 beschlossen: Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. Mai 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben; die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen bleiben aufrechterhalten. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.].
[X.]e
Das [X.] hat die Angeklagte wegen versuchten Mordes in [X.] mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB angeordnet. Die Revision der Angeklagten hat den aus dem [X.]; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 Der Lebensgefährte der Angeklagten suchte am Abend des [X.] nach längerer Zeit der Abstinenz wieder eine Spielhalle auf und verspielte dort Geld. Den Bitten der Angeklagten, nicht so viel Geld zu verspielen und nach Hause zu kommen, kam er nicht nach. Die hierüber verzweifelte und verärgerte Angeklagte geriet bei einer Blutalkoholkonzentration von 2,37 › 2 - 3 - in einen hoch affektiven Zustand. In ihrer Wohnung nahm sie sich ein [X.] und ging zurück zur Spielhalle. Zunächst spielte sie mit dem Gedanken, sich selbst demonstrativ vor ihrem Lebensgefährten umzubrin-gen, um ihn für sein Versagen zu bestrafen. Als sie ihn jedoch [X.] mit dem Rü-cken zu ihr [X.] an zwei Spielautomaten gleichzeitig spielen sah, kam es zu einem affektiven [X.] unter erheblicher Verminderung ihrer Steuerungsfähigkeit. Sie lief zu ihm und stieß ihm das Messer in den Rücken, um ihn zu töten. Obwohl ein nur 3,5 cm tiefer Stichkanal entstand, blieb das Messer stecken, nachdem sie dessen Griff losließ. Der [X.], der den Stich nur wie einen Piekser empfunden hatte, blickte sich kurz zu ihr um und spielte weiter. Als er sie schließlich fragte, weshalb sie ihm auf den Rücken schaue, antwortete sie: —Du hast ein Messer im [X.] Nun-mehr begab sich der Geschädigte zur Spielhallenaufsicht und bat, die Polizei zu verständigen. Eine konkrete Lebensgefahr durch die Stichverletzung [X.] nicht. 3 1. Die Annahme des [X.], ein Rücktritt vom versuchten [X.] scheide deshalb aus, weil es sich um einen fehlgeschlagenen Versuch gehandelt habe, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Hierzu hat der [X.] in seiner Antragsschrift ausgeführt: —Ein Versuch ist nach der Rechtsprechung des [X.] fehlgeschlagen, wenn der [X.] objektiv nicht mehr möglich ist und der Täter dies erkennt oder aber wenn der Täter den [X.] irrig nicht mehr für möglich hält. Ein Fall des fehlgeschlagenen Versuchs liegt hingegen nicht vor, sofern der Täter nach anfänglichem Misslingen des vorgestellten Tatablaufs sogleich zu der Annahme gelangt, er könne ohne zeitliche Zäsur mit den bereits eingesetzten oder anderen bereitstehenden Mitteln die Tat noch vollenden (vgl. BGHSt 39, 221, 228; BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, fehlgeschlagener 8; Tröndle/[X.], StGB, 54. Aufl., § 24 Rdn. 11). 4 - 4 - Ausgehend hiervon lassen die Ausführungen des [X.], wo-nach sich die Angeklagte zur Ausführung der Tat von vornherein auf einen einzigen Messerstich habe beschränken wollen (vgl. [X.], 12), besorgen, dass der rechtlichen Beurteilung eine verfehlte Sichtweise zu Grunde liegt. Denn anstelle auf das Vorstellungsbild der Angeklagten nach Verabfolgung des [X.] abzustellen, hat das [X.] die Frage des [X.] nach [X.] zu beantworten gesucht. Damit hat es freilich bereits im Ausgangspunkt den strafrechtsdogmatisch zutreffenden Maßstab des so genannten [X.]™ verfehlt.fi 5 Dem schließt sich der [X.] an. Hiernach reicht der freiwillige Verzicht auf eine ohne weitere Zäsur als noch möglich erkannte [X.] zum strafbefreienden Rücktritt vom unbeendeten (dann nicht etwa fehlgeschlagenen) Versuch aus (vgl. [X.], StGB 55. Aufl. § 24 Rdn. 15a m.w.N.). Der [X.] vermag auch dem Gesamtzusammenhang der [X.] nicht zu entnehmen, dass die Angeklagte zu weiteren Messer-stichen aus subjektiven Gründen außerstande gewesen wäre. Dies alles [X.] erneuter tatrichterlicher Prüfung. 6 2. Unberührt von diesem Mangel bleiben die im Übrigen rechtsfehler-frei getroffenen Feststellungen zum äußeren Geschehensablauf. Sie können daher bestehen bleiben (vgl. [X.], [X.] Aufl. § 353 Rdn. 15 m.w.N.). 7 3. Der neue Tatrichter wird auch in den Blick zu nehmen haben, ob die Angeklagte in dem Bewusstsein gehandelt hat, ihren wegen Arglosigkeit wehrlosen Lebensgefährten zu überraschen und diese Überraschung ihres Opfers auszunutzen. Nach den vom [X.] für überzeugend erachteten Ausführungen der psychiatrischen Sachverständigen handelte die [X.] in einem affektivem [X.], wobei der —plötzliche, unge-plante und unüberlegte Angriff quasi unter den Augen der Spielhallenaufsicht ohne jegliche Sicherungstendenzen sowie das Verhaltensmuster der Tat – 8 - 5 - in keiner Weise ihrem üblichen Reaktionsmuster entsprochen hättefi ([X.]). Die Spontaneität des Tatentschlusses kann im Zusammenhang mit der Vorgeschichte und dem psychischen Zustand der Angeklagten ein [X.] dafür sein, dass ihr das [X.] fehlte (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 26). Andererseits hindert nicht jede affektive Erregung oder heftige Gemütsbewegung einen Täter daran, die Be-deutung der [X.] für die Tat zu erkennen (vgl. [X.], 523, 524; [X.], 166, 167). Das Nähere ist Tatfrage (so schon BGHSt 6, 329, 331). Gleichfalls werden die Vorausset-zungen des § 64 StGB auf der Grundlage des neu festgestellten Schuldum-fangs zu prüfen sein. [X.]Raum [X.] Jäger

Meta

5 StR 402/07

07.02.2008

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2008, Az. 5 StR 402/07 (REWIS RS 2008, 5713)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5713

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Begriffsdefinitionen im Strafrecht: Mittäterschaft; sukzessive Mittäterschaft; fehlgeschlagener Versuch


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