Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2009, Az. I ZB 9/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4119

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[X.] Verkündet am: 2. April 2009
[X.]
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend die Marke Nr. 300 85 089 - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 2008 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Bergmann und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der am 17. Januar 2006 an [X.] Statt zugestellte Beschluss des 25. Senats ([X.]) des [X.] aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe: [X.] Die Antragstellerin hat die Löschung der am 20. November 2000 angemel-deten und am 5. Februar 2001 für die Markeninhaberin für "[X.], insbesondere Humanarzneimittel" eingetragenen Wortmarke Nr. 300 85 089 [X.] beantragt, weil diese [X.] angemeldet worden sei. 1 - 3 - Das [X.] hat den Löschungsantrag zurückge-wiesen. Die Beschwerde der Antragstellerin ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der (zugelassenen) Rechtsbe-schwerde. Die Markeninhaberin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. I[X.] Das [X.] hat angenommen, dass der [X.] nach § 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] nicht gegeben sei, weil die Markenin-haberin die Marke nicht [X.] angemeldet habe. Zur Begründung hat es ausge-führt: Von einer [X.]en Markenanmeldung sei auszugehen, wenn die Anmel-dung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig sei, wobei die Bösgläubigkeit bereits zum Anmeldezeitpunkt gegeben sein müsse. Insoweit bestünden bei der in Rede stehenden Markenanmeldung keine ausreichenden Anhaltspunkte. Ein [X.]er Markenerwerb könne darin liegen, dass der Anmelder in Kenntnis eines im Inland bestehenden schutzwürdigen [X.] des [X.] ohne rechtfertigenden Grund die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Mar-ke für gleiche oder ähnliche Waren anmelde, mit dem Ziel der Störung des Besitz-standes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den weiteren Gebrauch der Marke zu sperren. Die Antragstellerin habe die Marke "[X.]" jedoch nicht im Inland, sondern nur im Ausland (z.B. in [X.]) benutzt. In [X.] werde das entsprechende Arzneimittel unter der Marke "[X.]" vertrieben. Es gebe auch keine Anzeichen dafür, dass die Markeninhaberin mit der Markenanmeldung in rechtsmissbräuchlicher Weise beabsichtigt habe, die Antragstellerin vom Einsatz ih-rer ausländischen Marke auf dem [X.] Markt abzuhalten. Eine entsprechende wettbewerbswidrige Sperrabsicht sei nicht erkennbar, da zum damaligen Zeitpunkt nichts darauf hingedeutet habe, dass die Antragstellerin die im Ausland geschützte 2 3 4 5 6 - 4 - Marke in Zukunft auf dem [X.] Markt einsetzen wolle. Die Schutzrechtser-streckung der [X.] "[X.]" der Antragstellerin auf [X.] sei erst nach dem Anmeldezeitpunkt erfolgt. Die zum damaligen Zeitpunkt bestehende bloße Möglichkeit, dass die Antragstellerin eines Tages ihre Marken auf dem [X.] Markt vereinheitlichen wolle, reiche für die Annahme einer Bösgläubigkeit der Mar-kenanmeldung nicht aus. Aus dem Umstand, dass die Markeninhaberin systematisch Marken angemel-det habe, die für Arzneimittel im Ausland von der Antragstellerin oder anderen [X.] benutzt würden, welche im Inland unter einer anderen Be-zeichnung vertrieben würden (so genannte Zwei-Marken-Strategie), könne allein noch nicht auf eine Bösgläubigkeit bei der Anmeldung geschlossen werden. Da es sich bei der Markeninhaberin um eine Markenagentur handele, entspreche es ihrer Geschäftstätigkeit, dass sie eine Vielzahl von Marken anmelde und systematisch vorgehe. Weder das Geschäftsprinzip, Marken anzumelden, die im Inland nicht ge-schützt seien und im Ausland von einem anderen benutzt würden, noch der zeitliche Rahmen der vorliegenden wie auch weiterer Anmeldungen ließen hinreichend er-kennen, dass die Marken tatsächlich [X.] als Sperr- und Behinderungsmarken angemeldet worden seien. Es lägen keine konkreten Anhaltspunkte vor, dass die Markeninhaberin den Parallelimport behindern oder etwa als Strohmann für einen Parallelimporteur eine Zwangslage schaffen wolle, so dass dieser für die importierten Waren die Inlandsmarke der Antragstellerin benutzen dürfe. Nur denkbare, künftige wettbewerbswidrige Handlungen könnten eine Löschung wegen [X.]er [X.] nicht rechtfertigen, wenn sie noch keinen greifbaren Niederschlag gefunden hätten und auch nicht als zwangsläufige Folge des Erwerbs des Markenrechts ange-sehen werden könnten. 7 - 5 - II[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben Erfolg. Das [X.] hat die Voraussetzungen für eine Löschung der Marke nach § 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] rechtsfehlerhaft verneint. 1. Das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] beruht auf Art. 3 Abs. 2 lit. d [X.]. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedst[X.]t vorsehen, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn und soweit der Antragsteller die Eintragung der Marke [X.] beantragt hat. Nach Art. 4 Abs. 4 lit. g [X.] kann jeder Mitgliedst[X.]t ferner vorsehen, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn und soweit die Marke mit einer Marke verwechselt werden kann, die zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung im Ausland benutzt wurde und weiterhin dort benutzt wird, wenn der Anmelder die Anmeldung [X.] eingereicht hat. Der [X.] Gesetzgeber hat von der Option in Art. 3 Abs. 2 lit. d [X.] zunächst in der Weise Gebrauch gemacht, dass er die [X.]e Anmeldung in § 50 Abs. 1 Nr. 4 [X.] a.F. nur als einen auf einen Löschungsantrag zu berück-sichtigenden [X.] geregelt hat. Durch Art. 2 Abs. 9 Nr. 1 lit. c des Ge-schmacksmusterreformgesetzes vom 12. März 2004 ([X.] I 2004, 390) ist die [X.]e Anmeldung seit dem 1. Juni 2004 nach § 8 Nr. 10 [X.] ein bereits im patentamtlichen Prüfungsverfahren zu berücksichtigendes absolutes Eintragungs-hindernis. Damit steht ein markenrechtlicher Anspruch zur Verfügung, um rechts-missbräuchliche oder sittenwidrige Markenanmeldungen zu verhindern oder zur Lö-schung zu bringen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des [X.], BT-Drucks. 12/6581, [X.], 95 = [X.] 1994, Sonderheft, [X.], 89 zu § 50 [X.]). In erster Linie sollen Fälle erfasst werden, bei denen die Anmel-dung der Marke nur dem Ziel dient, Unterlassungs- oder Geldersatzansprüche gegen Dritte durchzusetzen (Begründung des [X.] zum [X.], BT-Drucks. 15/1075, [X.] = [X.] 2004, 222, 253). Mit dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] soll den Fällen begegnet werden, in denen Privat- oder Geschäftsleute bestimmte Bezeichnungen als "Hinterhaltsmar-ken" schützen lassen, um ihre formelle Rechtsposition zur Geltendmachung unge-rechtfertigter Lizenz- oder Abmahnkostenerstattungsansprüche auszunutzen (BT-Drucks. 15/1075, [X.] unter Hinweis auf [X.], [X.]. v. 23.11.2000 - I ZR 93/98, [X.], 242, 244 = [X.], 160 - Classe E). 2. Mit dem Begriff der Bösgläubigkeit der Anmeldung hat der [X.] Ge-setzgeber den in der [X.] verwendeten Begriff übernommen (vgl. BT-Drucks. 12/6581, [X.], 95 = [X.] 1994, Sonderheft, [X.], 89). Dieser Begriff ist allerdings weder im [X.] noch in der [X.] definiert (vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin [X.] 12. März 2009, [X.]. 36 in der Sache [X.]/07 - [X.]/[X.]). Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Markenanmeldung [X.] i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.], wenn der Anmelder das angemeldete Zeichen nicht als Mar-ke, d.h. als Herkunftshinweis, benutzen, sondern die formale Rechtsstellung als In-haber eines Kennzeichenrechts lediglich zum Zwecke der rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Behinderung Dritter einsetzen will ([X.]Z 167, 278 [X.]. 41 - [X.]; [X.], [X.]. v. [X.] - I ZR 29/02, [X.], 581, 582 = [X.], 881 - [X.], jeweils m.w.[X.]; vgl. auch [X.] [X.]O [X.]. 48/49). Die Bösgläubigkeit muss, wie bereits aus dem Gesetzeswortlaut folgt, im Zeitpunkt der Anmeldung gegeben sein. Mit dem Zeitpunkt der Anmeldung ist, da es sich um ein absolutes Eintragungshindernis handelt, der Zeitpunkt der Ent-scheidung über die Eintragung gemeint ([X.]Z 167, 278 [X.]. 42 - [X.]; BT-Drucks. 15/1075, [X.] zu § 50 Abs. 2 [X.]). Einer Marke ist auch dann die Eintragung nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] zu versagen, wenn die Anmel-dung (erst) im Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung als [X.] zu [X.] ist. Nach der Eintragung liegende Umstände können dagegen als solche das 11 - 7 - Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] nicht begründen. Sie können [X.] im Löschungsverfahren nach § 50 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu be-achten sein, wenn sie den Schluss zulassen, dass bereits die Anmeldung [X.] war. Im Löschungsverfahren ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles zu beurteilen, ob nach der Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) bereits die Anmel-dung [X.] war. Anders als im Anmeldeverfahren muss die Bösgläubigkeit der Anmeldung im Löschungsverfahren nicht ersichtlich (§ 37 Abs. 3 [X.]), d.h. nicht ohne weiteres erkennbar sein (vgl. Begründung des [X.] zum Geschmacksmusterreformgesetz, BT-Drucks. 15/1075, [X.] = [X.] 2004, 222, 253; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 8 Rdn. 428). 3. Von diesen Grundsätzen ist zwar auch das [X.] ausgegan-gen. Seiner Auffassung, es seien keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Bös-gläubigkeit der Markeninhaberin bereits im Zeitpunkt der Anmeldung festzustellen, kann jedoch aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Das [X.] hat die relevanten objektiven Umstände des vorliegenden Falles, anhand deren die [X.] der Bösgläubigkeit der Anmeldung zu beurteilen ist, nicht hinreichend gewürdigt (Verstoß gegen § 286 ZPO). a) Der Anmelder eines Zeichens, der weiß, dass ein anderer dasselbe Zei-chen für gleiche Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz er-worben zu haben, handelt bei der Anmeldung [X.], wenn besondere [X.] hinzutreten, die die Erwirkung der Zeicheneintragung als rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erscheinen lassen. Derartige Umstände können darin liegen, dass der Anmelder in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des [X.] zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder gleichartige Waren die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Be-sitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Be-zeichnung zu sperren, als Kennzeichen anmeldet (vgl. [X.], [X.]. v. 10.1.2008 12 13 - 8 - - I ZR 8/05, [X.], 621 [X.]. 1 = [X.], 785 - [X.]; [X.]. v. 26.6.2008 - I ZR 190/05, [X.], 917 [X.]. 20 = [X.], 1319 - [X.], m.w.[X.]). b) Die [X.] hat die Bezeichnung "[X.]" nach den Feststellungen des [X.] im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke der Antragsgegnerin im Inland nicht benutzt. Sie hat lediglich im Ausland die Marke "[X.]" eintragen lassen und für ein pharmazeutisches Präparat verwendet. Wegen des im Markenrecht geltenden Territorialitätsgrundsatzes (vgl. auch Art. 6 [X.]) ist es, wie das [X.] mit Recht angenommen hat, an sich grundsätzlich rechtlich unbedenklich, wenn im Inland ein Zeichen als Marke in Kenntnis des Umstands angemeldet wird, dass ein anderer dasselbe Zeichen im be-nachbarten Ausland als Marke für gleiche oder sogar identische Waren benutzt ([X.]Z 173, 230 [X.]. 19 - [X.], m.w.[X.]). c) Als besondere Umstände, die zur Kenntnis von der Benutzung im Ausland hinzutreten und das Verhalten des Anmelders als [X.] erscheinen lassen [X.], kommen wegen des markenrechtlichen Territorialitätsgrundsatzes nur solche Sachverhalte in Betracht, die einen hinreichenden Inlandsbezug haben. Über einen inländischen Besitzstand an der Bezeichnung "[X.]" hat die Rechtsbeschwer-deführerin mangels Benutzung im Inland nicht verfügt. Auch ohne einen inländischen Besitzstand eines Vorbenutzers kann die Anmeldung einer Marke allerdings als [X.] zu beurteilen sein, wenn der Anmelder den Inhaber eines wertvollen auslän-dischen Zeichens, der dieses demnächst auch auf dem inländischen Markt benutzen will, daran durch die mit der Eintragung der angemeldeten Marke verbundene zei-chenrechtliche Sperre hindern will ([X.]Z 173, 230 [X.]. 21 - [X.], m.w.[X.]). Die Antragstellerin hat zwar, nachdem die Antragsgegnerin ihre Marke am 20. No-vember 2000 angemeldet hatte, am 19. Januar 2001 die Erstreckung ihrer [X.] "[X.]" auf [X.] beantragt. Nach den Feststellungen des [X.] 15 - 9 - tentgerichts deutete jedoch im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke der Antragsgeg-nerin nichts darauf hin, dass die [X.] ihre im Ausland ge-schützte Marke in Zukunft auf dem [X.] Markt einsetzen wollte. Das entspre-chende Präparat wurde in [X.] vielmehr unter einer anderen Bezeichnung ("[X.]") vertrieben. Die Rechtsbeschwerde verweist insoweit ohne Erfolg auf den Vortrag der Antragstellerin, diese so genannte "Zwei-Marken-Strategie" habe im Regelfall ihre Ursache darin, dass bei Markteinführung eines neuen Präparats nicht immer in allen dafür vorgesehenen Ländern Markenschutz verfügbar sei, etwa weil dort bereits identische oder ähnliche Marken eingetragen seien. Diesem Vorbringen lässt sich schon nicht entnehmen, dass und aus welchen Gründen die Antragstellerin vor der Anmeldung der Marke durch die Markeninhaberin daran gehindert war, ihr Arzneimittel auch in [X.] unter der im Ausland verwendeten Bezeichnung "[X.]" zu vertreiben und diese Bezeichnung im Inland als Marke schützen zu lassen, und die Rechtsbeschwerdegegnerin daher mit einer entsprechenden Mar-kenanmeldung der Antragstellerin nach einem Wegfall des [X.] rechnen musste. d) Auch das Fehlen eines ernsthaften Benutzungswillens des Anmelders kann jedoch die Annahme nahelegen, er wolle die Marke zu dem Zweck verwenden, [X.], die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, in rechtsmissbräuchli-cher Weise mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen (vgl. [X.] [X.], 242, 244 - Classe E). Die Annahme des [X.], davon könne bei der Anmeldung der Markeninhaberin nicht ausgegangen werden, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. [X.]) Das [X.] hat darauf abgestellt, dass es sich bei der Mar-keninhaberin um eine Markenagentur handele, deren Geschäftstätigkeit es entspre-che, eine Vielzahl von Marken anzumelden und dabei systematisch vorzugehen. Es hat seiner Entscheidung ersichtlich zugrunde gelegt, dass die Markeninhaberin bei 16 17 - 10 - der Anmeldung der Marke in der Absicht gehandelt habe, diese nach der Eintragung im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit als Markenagentur zu verwenden. Diese [X.] Feststellung kann zwar als solche im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüft werden, ob sie [X.] getroffen worden ist oder ob das [X.] gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Ein derar-tiger Rechtsfehler wird von der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt. Sie rügt aber mit Erfolg, dass das [X.] es rechtsfehlerhaft unterlassen hat, den [X.], dass die Markeninhaberin eine Markenagentur betreibt, bei der Prüfung der Bösgläubigkeit der Anmeldung in eine Gesamtbetrachtung der relevanten Umstände einzubeziehen. [X.]) Die Feststellung, ob der Anmelder die Eintragung der Marke [X.] beantragt hat, erfordert eine Beurteilung unter Berücksichtigung aller sich aus den relevanten Umständen des Einzelfalls ergebenden Anhaltspunkte (vgl. [X.] [X.]O [X.]. 61). Soweit der - einheitliche nationale und gemeinschaftsrechtliche (vgl. [X.] [X.]O [X.]. 42; [X.] GRUR 2009, 364, 365) - Begriff der Bösglaubigkeit der Anmeldung eine subjektive Einstellung des Anmelders im Sinne einer unredli-chen Absicht oder eines sonstigen unlauteren Motivs voraussetzt, ist darauf aus den relevanten objektiven Umständen zu schließen (vgl. auch [X.] [X.]O [X.]. 58). cc) Die Anmeldung einer Marke ist grundsätzlich [X.], wenn sie in der Absicht vorgenommen wird, die Marke nicht selbst zu benutzen, sondern (nur) [X.] an ihrer Benutzung zu hindern. Da eine Bindung der Marke an den Geschäftsbe-trieb nicht (mehr) besteht (vgl. § 27 Abs. 1 und 2 [X.]), genügt es für das Vorlie-gen eines Benutzungswillens des Anmelders allerdings, wenn er die Absicht hat, die Marke im geschäftlichen Verkehr zwar nicht selbst zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, sie aber der Benutzung durch einen [X.] - im Wege der Lizenzerteilung oder nach einer Übertragung - zuzuführen ([X.] [X.], 242, 244 - Classe E). Ein solcher genereller Benutzungswille kann demnach 18 19 - 11 - auch bei [X.] gegeben sein, die im Hinblick auf eine bestehende oder potentielle Geschäftsbeziehung zu ihren Kunden Marken anmelden, um sie diesen für deren spezielle [X.] zur Verfügung zu stellen ([X.] [X.], 242, 244 - Classe E). Es ist auch hinsichtlich solcher Anmelder grundsätzlich von der Vermutung auszugehen, dass sie die Marke jedenfalls der Benutzung durch einen [X.] zuführen wollen ([X.] [X.], 242, 244 - Classe E). [X.]) Kommt wegen des [X.] - wie hier - nur eine Benutzung der Marke durch Lizenzierung oder Veräußerung an Dritte in [X.], kann bereits die Anmeldung als [X.] zu beurteilen sein, wenn nach den tatsächlichen Umständen des Falles der Schluss gerechtfertigt ist, der Anmelder werde in rechtsmissbräuchlicher Weise versuchen, Dritte zum Erwerb der [X.] zu veranlassen. Die tatsächliche Vermutung, der Anmelder werde unter rechtsmissbräuchlichem Einsatz seiner aus der Marke folgenden Ausschließlichkeits-rechte zum Zwecke der Lizenzierung oder Veräußerung der Marke auf [X.], kann insbesondere dann begründet sein, wenn Marken nicht im Hinblick auf ei-ne Vielzahl in Betracht kommender, im Einzelnen noch unbestimmter und allenfalls nach abstrakten Merkmalen umschriebener potentieller Interessenten auf Vorrat an-gemeldet werden, sondern im Zeitpunkt der Anmeldung die Veräußerung an [X.], bereits bestimmte Dritte naheliegt, deren Interesse an einem Erwerb der [X.] jedoch im Wesentlichen nur durch den Umstand begründet wird, dass sie in-folge der Eintragung der Marke auf den Anmelder an der Verwendung der bislang ungeschützten Kennzeichnung gehindert werden können. Das [X.] ist insoweit zwar mit Recht davon ausgegangen, dass nur denkbare künftige unlautere Handlungen, die für die Zukunft nicht ausge-schlossen werden können, für die es jedoch im Zeitpunkt der Anmeldung noch kei-nen greifbaren Anhaltspunkt gibt und die auch nicht als zwangsläufige Folge des [X.] des Markenrechts angesehen werden können, zur Widerlegung der [X.] 21 [X.] nicht ausreichen, die Markeninhaberin habe im Zeitpunkt der Anmeldung die Absicht gehabt, die Marke in zulässiger Weise im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit als Markenagentur der Benutzung durch einen [X.] zuzuführen. Andererseits setzt die Annahme, die Anmeldung sei [X.] erfolgt, aber auch nicht voraus, dass für den Zeitpunkt der Eintragung jede - auch noch so theoretische - Möglichkeit, die Marke in rechtlich unbedenklicher Weise zu benutzen, ausgeschlossen werden kann. Es ist vielmehr für die Beurteilung maßgeblich darauf abzustellen, welche Benut-zungshandlungen - aus der Sicht der im Zeitpunkt der Anmeldung gegebenen Um-stände - nach der Lebenserfahrung naheliegen, wobei davon auszugehen ist, dass der Anmelder im Regelfall nur von einer für ihn wirtschaftlich sinnvollen Verwendung der Marke Gebrauch machen wird. Das [X.] hat insoweit nicht hinreichend berücksichtigt, dass unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles die Möglichkeiten der Markeninhaberin, die Marke durch Lizenzierung oder Veräußerung einer wirtschaftli-chen Nutzung zur Kennzeichnung von Arzneimittel zuzuführen, schon im Zeitpunkt der Anmeldung erheblich eingeschränkt waren. Es kamen nur bestimmte Unterneh-men in Betracht, für die eine Nutzung der Marke "[X.]" für Arzneimittel von Interesse sein konnte. Allerdings benötigten diese Unternehmen im Zeitpunkt der Anmeldung für ihre Zwecke keinen Markenschutz an der Bezeichnung "[X.]". Diese Lage änderte sich dagegen mit der Eintragung der Marke für die [X.], weil nunmehr damit gerechnet werden musste, dass diese aus ihrer Marke gegen die Verwendung der Bezeichnung "[X.]" durch Dritte vorgehen werde. Unter diesen Umständen begründete bereits die Anmeldung die objektiv [X.], die Markeninhaberin werde von ihren durch die Eintragung begründeten [X.] nur zu dem Zweck Gebrauch machen, um eines der in Betracht kommenden Unternehmen zu einem Erwerb eigener Kennzeichenrechte an der Bezeichnung "[X.]" zu veranlassen. Dies genügt für den Schluss auf eine rechtsmissbräuchliche Verwendungsabsicht schon bei der Anmeldung. 22 - 13 - (1) Die Markeninhaberin hat es sich zum Geschäftsprinzip gemacht, Marken für Arzneimittel anzumelden, die im Inland nicht geschützt sind, im Ausland von an-deren Unternehmen jedoch zur Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel benutzt wer-den. Die betreffenden Arzneimittel werden von Parallelimporteuren im Inland unter der jeweiligen ausländischen Marke vertrieben. Die von ihr angemeldeten Marken will die Markeninhaberin nicht selbst für den Vertrieb von Arzneimitteln benutzen; viel-mehr hat sie die Markenrechte nur zu dem Zweck erworben, sie an Dritte zu veräu-ßern oder ihnen Lizenzen an den Markenrechten zu erteilen. Als potentielle [X.] oder Erwerber dieser Marken kommen unter diesen Umständen nur der [X.] des betreffenden Arzneimittels oder die Parallelimporteure in Betracht, die es im Inland vertreiben. Für sonstige Arzneimittelunternehmen ist der Erwerb von [X.] wegen des Umstands, dass unter diesen Bezeichnungen bereits entspre-chende parallelimportierte Arzneimittel in [X.] vertrieben werden, nicht von Interesse. (2) Die Antragstellerin als Herstellerin des Arzneimittels hatte im Zeitpunkt der Anmeldung allerdings gleichfalls kein Interesse an einer eigenen inländischen Marke für die Bezeichnung "[X.]", weil sie für das unter dieser Bezeichnung im [X.] vertriebene Arzneimittel in [X.] die Marke "[X.]" verwendete. Ein solches Interesse konnte sich aber zukünftig für den Fall ergeben, dass die An-tragstellerin etwa aus Gründen der Kosteneinsparung oder eines einheitlichen Marktauftritts beabsichtigte, das Arzneimittel in allen dafür vorgesehenen Ländern unter derselben Bezeichnung zu vertreiben. Daran wäre sie hinsichtlich der Bezeich-nung "[X.]" durch die Markeneintragung der Antragsgegnerin gehindert. Zwar kann, wie das [X.] rechtsfehlerfrei angenommen hat, von einer Bös-gläubigkeit der Anmeldung nicht bereits dann ausgegangen werden, wenn ein [X.] den Umstand, dass einzelne Arzneimittel im Ausland unter nur dort, nicht aber im Inland geschützten Marken vertrieben werden, für eigene Zwecke ausnutzt, indem er die Bezeichnung im Inland für sich als Marke anmeldet und mit ihr [X.] 24 - 14 - zeichnete - aus dem Ausland parallelimportierte - Arzneimittel vertreibt (vgl. [X.]Z 173, 230 [X.]. 21 ff. - [X.]). [X.] der Anmelder die Marke dagegen nicht selbst für den Vertrieb von Arzneimitteln benutzen, sondern lässt er sie in der Erwar-tung, der Hersteller des Arzneimittels könne die Marke in Zukunft zur Vereinheitli-chung der Kennzeichnung seines Arzneimittels benötigen, zu dem Zweck eintragen, sich die Markenrechte von diesem abkaufen zu lassen, handelt er den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel zuwider und damit [X.] i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.], Art. 3 Abs. 2 lit. d [X.] (zur Bösgläubigkeit der Anmel-dung bei Verstoß gegen anständige Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel vgl. [X.] [X.]O [X.]. 51 ff., 60 m.w.[X.]). (3) Die Unternehmen, die das Arzneimittel aus dem Ausland parallelimportier-ten und im Inland unter der Beibehaltung der Kennzeichnung "[X.]" vertrieben, benötigten im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke gleichfalls keine eigenen [X.] an dieser Bezeichnung. Der Vertrieb des aus dem Ausland importierten [X.] unter der mit der ausländischen Bezeichnung übereinstimmenden, im [X.] jedoch nicht geschützten Marke war weder markenrechtlich zu beanstanden (vgl. [X.]Z 173, 230 [X.]. 21 ff. - [X.]) noch stellte er eine nach §§ 3, 4 Nr. 9 UWG unlautere Wettbewerbshandlung dar, da es schon an der [X.] einer Nachahmung von Waren eines Mitbewerbers fehlte. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin konnte ein Interesse eines Parallelimporteurs an dem Erwerb eines (eigenen) Markenschutzes an der Bezeichnung "[X.]" auch nicht deswegen angenommen werden, weil er als Inhaber der Markenrechte davon hätte absehen können, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] für einen zulässigen Parallelimport geforderten Vorausset-zungen einzuhalten (vgl. dazu [X.], [X.]. v. 26.4.2007 - [X.]/04, [X.]. 2007, [X.] = GRUR 2007, 586 [X.]. 21 = [X.], 627 - [X.]/[X.]). Diese Rechtsprechungsgrundsätze kommen von vornherein nur zum Tragen, wenn der Vertrieb des gekennzeichneten Arzneimittels im Inland an sich nach § 14 Abs. 2 25 - 15 - Nr. 1, § 24 Abs. 2 [X.] eine Verletzung einer mit der ausländischen Kennzeich-nung übereinstimmenden inländischen Marke darstellte. Weder die Antragstellerin noch ein sonstiges Unternehmen verfügte jedoch vor der Anmeldung der [X.] im Inland über einen Markenschutz an der Bezeichnung "[X.]", so dass der Vertrieb von parallelimportierten Arzneimitteln unter dieser Bezeichnung markenrechtlich unbedenklich war. Die arzneimittelrechtlichen Zulässigkeitsbedin-gungen für einen Parallelimport des Arzneimittels mussten dagegen unabhängig von dem Bestehen eines Markenschutzes eingehalten werden. Auch für [X.] konnte ein etwaiges Bedürfnis, einen (eigenen) Markenschutz an der Bezeichnung "[X.]" zu erwerben, mithin erst durch die Eintragung der Marke auf die An-tragsgegnerin und der damit verbundenen Gefahr entstehen, dass der weitere Paral-lelimport des Arzneimittels unter der bisherigen eingeführten Kennzeichnung "[X.]" aufgrund der von der Antragsgegnerin erworbenen Markenrechte untersagt werden könnte. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass ein Anmel-der mit der Anmeldung eines Zeichens zumindest auch die Absicht verfolgt, nach der Eintragung die aus der Marke folgenden Ausschließlichkeitsrechte gegebenenfalls [X.] gegenüber geltend zu machen. Unter den Umständen des vorliegenden Fal-les folgt daraus die objektiv naheliegende Gefahr, dass die Antragsgegnerin ihre Markenrechte einzelnen Parallelimporteuren gegenüber (nur) zu dem Zweck geltend macht, sich die Rechte von dem in Anspruch genommenen Parallelimporteur abkau-fen zu lassen. Dies genügt für die tatsächliche Vermutung, dass die Antragsgegnerin auch im Hinblick auf eine mögliche Lizenzierung oder Veräußerung der [X.] an einen Parallelimporteur bereits bei der Anmeldung der Marke in [X.] Absicht und damit [X.] gehandelt hat. (4) Stand somit bereits im Zeitpunkt der Anmeldung fest, dass nur einzelne bestimmte Unternehmen als potentielle Lizenznehmer oder Erwerber der angemelde-ten Marke in Betracht kamen, und war im Hinblick auf eine Lizenzierung oder Veräu-ßerung an diese Interessenten von der naheliegenden Gefahr des [X.] - 16 - lichen Einsatzes der Markenrechte auszugehen, so ist aufgrund der dadurch begrün-deten tatsächlichen Vermutung der Schluss begründet, die Markeninhaberin habe bei der Anmeldung [X.] i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] gehandelt. [X.] Danach ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurück-zuverweisen (§ 89 Abs. 4 Satz 1 [X.]).

[X.] Pokrant Büscher

Bergmann Koch Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 17.01.2006 - 25 W(pat) 225/03 - 27

Meta

I ZB 9/06

02.04.2009

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2009, Az. I ZB 9/06 (REWIS RS 2009, 4119)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4119

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