Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.06.2011, Az. I R 98/10

1. Senat | REWIS RS 2011, 5907

STEUERRECHT STEUERN BANKEN AKTIEN BÖRSE

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Gegenstand

Voraussichtlich dauernde Wertminderung bei festverzinslichen Wertpapieren - Antrag des FA auf vollständige Abweisung der Klage im Revisionsverfahren


Leitsatz

Bei festverzinslichen Wertpapieren, die eine Forderung in Höhe des Nominalwerts der Forderung verbriefen, ist eine Teilwertabschreibung unter ihren Nennwert allein wegen gesunkener Kurse regelmäßig nicht zulässig. Dies gilt auch dann, wenn die Wertpapiere zum Umlaufvermögen gehören .

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten über die Bewertung festverzinslicher Wertpapiere. [X.] ist 2007.

2

Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist ein Kreditinstitut in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft. Sie hielt am 31. Dezember 2007 in ihrem Umlaufvermögen u.a. festverzinsliche Wertpapiere. Die Kurswerte von einigen dieser Wertpapiere waren an dem genannten Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken; sie beliefen sich bei verschiedenen Papieren auf mehr und bei anderen auf weniger als 100 % des Nominalwerts.

3

Am 11. Januar 2008 stellte die Klägerin ihre Bilanz für das [X.] auf. Bis zu diesem Tag hatten sich die Kurse verschiedener Papiere seit dem Bilanzstichtag erholt; bei einzelnen Papieren war es in der [X.] zwischen dem 31. Dezember 2007 und dem 11. Januar 2008 zunächst zu Kurserholungen und später zu Kursrückgängen gekommen, durch die die zunächst eingetretenen Wertsteigerungen teilweise rückgängig gemacht worden waren. Das angefochtene Urteil enthält eine tabellarische Übersicht zu den einzelnen Kursentwicklungen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.

4

Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) erließ einen Körperschaftsteuerbescheid für das [X.], in dem er davon ausging, dass die in Rede stehenden Wertpapiere in der Steuerbilanz der Klägerin mit den höchsten in der [X.] zwischen dem 31. Dezember 2007 und dem 11. Januar 2008 erreichten [X.] anzusetzen seien. Diesen Bescheid focht die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit einer Klage an. Im Verlauf des Klageverfahrens ist unstreitig geworden, dass eine der von der Klägerin gehaltenen Fondsbeteiligungen (WKN 980554) einen Immobilienfonds betrifft und dass insoweit der von der Klägerin begehrte Ansatz eines um 3.612 € niedrigeren [X.] berechtigt ist; dem hat das [X.] in der ersten Instanz durch einen eingeschränkten Klageabweisungsantrag Rechnung getragen.

5

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage teilweise statt ([X.] Münster, Urteil vom 9. Juli 2010  9 K 75/09 K): Es entschied, dass bei der Bewertung der übrigen Wertpapiere am [X.] erreichte höhere Kurswerte zu berücksichtigen seien. Für die Bilanzierung unbeachtlich seien dagegen zwischenzeitliche Kurserholungen, die sich bis zur Aufstellung der Bilanz wieder verflüchtigt hätten. Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2011, 221 abgedruckt.

6

Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, das Urteil des [X.] aufzuheben und den angefochtenen Bescheid dahin zu ändern, dass --unter gegenläufiger Minderung des [X.] die handelsrechtlich vorgenommenen Teilwertabschreibungen in Höhe von 367.502 € in vollem Umfang als den Gewinn mindernd berücksichtigt werden.

7

Das [X.] hat ebenfalls Revision eingelegt und beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Beide Beteiligten beantragen zudem die Zurückweisung der Revision des jeweils anderen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage insgesamt. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O).

1. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes [X.]. § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie muss dabei gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG in dessen für das Streitjahr maßgeblicher Fassung (EStG 2002) für den Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen ansetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist und die Bewertung jenes Betriebsvermögens nach § 6 EStG 2002 vornehmen.

2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 2002 sind die nicht in § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002 genannten Wirtschaftsgüter --u.a. Beteiligungen und Wirtschaftsgüter des [X.] grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Die in § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2002 genannten Einschränkungen und Verminderungen der Anschaffungs- oder Herstellungskosten spielen im Streitfall keine Rolle. Jedoch kann an Stelle jener Kosten der Teilwert i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 2002 angesetzt werden, wenn er aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 2002). Eine solche "Teilwertabschreibung" macht die Klägerin im Streitfall geltend.

3. Diesem Begehren ist das [X.] insoweit gefolgt, als es in dem angefochtenen Bescheid für die festverzinslichen Wertpapiere insgesamt um 540.750 € geminderte [X.] und in Bezug auf die Fondsanteile insgesamt um 176.690 € geminderte [X.] berücksichtigt hat. Die damit vom [X.] anerkannten Teilwertabschreibungen belaufen sich mithin auf insgesamt 717.440 €. Für eine darüber hinausgehende Gewinnminderung ist im Streitfall kein Raum. In diesem Zusammenhang muss nicht die zwischen den Beteiligten streitige Frage entschieden werden, ob am maßgeblichen Bilanzstichtag bei allen in Rede stehenden Wirtschaftsgütern "voraussichtlich dauernde" Wertminderungen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 2002 insoweit nicht vorlagen, als die Werte jener Wirtschaftsgüter bis zum Tag der Bilanzaufstellung durch die Klägerin wieder angestiegen waren. Denn unabhängig davon fehlt es jedenfalls bei den festverzinslichen Wertpapieren an einer "voraussichtlich dauernden" Wertminderung, soweit die Kurswerte der Papiere unter deren Nominalwert abgesunken sind oder schon vor ihrem (weiteren) Absinken unter jenem Wert lagen.

a) Der Begriff "voraussichtlich dauernde Wertminderung" ist weder im Handelsgesetzbuch (HGB) noch im Steuerrecht definiert. Er bezeichnet im Grundsatz eine Minderung des [X.] (handelsrechtlich: des beizulegenden Werts), die einerseits nicht endgültig sein muss, andererseits aber nicht nur vorübergehend sein darf. Ob eine Wertminderung "voraussichtlich dauernd" ist, muss unter Berücksichtigung der Eigenart des jeweils in Rede stehenden Wirtschaftsguts beurteilt werden ([X.]surteil vom 27. November 1974 [X.], [X.], 415, [X.] 1975, 294).

b) Im Zusammenhang mit festverzinslichen Wertpapieren ist insoweit zu berücksichtigen, dass diese regelmäßig eine Forderung in Höhe des Nominalwerts des Papiers verbriefen. Der Inhaber eines solchen Papiers hat mithin das gesicherte Recht, am Ende der Laufzeit diesen Nominalwert zu erhalten. Diese Sicherheit hat er an jedem Bilanzstichtag, und zwar unabhängig davon, ob zwischenzeitlich infolge bestimmter Marktgegebenheiten der Kurswert des Papiers unter dessen Nominalwert liegt. Ein Absinken des [X.] unter den Nominalwert erweist sich unter diesem zeitlichen Blickwinkel mithin jedenfalls dann, wenn sich darin nicht ein Risiko hinsichtlich der Rückzahlung widerspiegelt, als nur vorübergehend und folglich als nicht dauerhaft. Das schließt --entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung ([X.], Schreiben vom 25. Februar 2000, [X.], 372, [X.]. 24 f.)-- die Annahme einer "voraussichtlich dauernden" Wertminderung aus (ebenso [X.]/Lüdenbach, [X.] Kommentar Bilanzierung, 2. Aufl., § 253 Rz 127; vgl. auch [X.], [X.], 1029, 1030).

c) Das gilt auch dann, wenn die Wertpapiere --wie nach den Feststellungen des [X.] im Streitfall-- zum Umlaufvermögen eines Betriebs gehören. Denn in einem solchen Fall sind die Papiere zwar nicht dazu bestimmt, dem Betrieb auf Dauer zu dienen; sie sollen vielmehr nach dem Willen des Unternehmers ggf. --bei Bedarf oder unter bestimmten sonstigen Gegebenheiten-- vor dem Ende ihrer Laufzeit veräußert werden. Auch kann aus der Sicht eines jeden Bilanzstichtags nicht ausgeschlossen werden, dass bei einer in diesem Sinne "vorzeitigen" späteren Veräußerung nur ein unterhalb des Nominalwerts liegender Wert erlöst werden kann. Darauf ist aber bei der Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 2002 nicht abzustellen. Maßgeblich ist insoweit vielmehr, dass weder eine vorzeitige Veräußerung noch ein Zuwarten des Gläubigers bis zur Endfälligkeit vorausgesehen werden kann. Unter diesen Umständen liegt die vom Gesetz geforderte voraussichtliche Dauerhaftigkeit der Wertminderung nicht vor.

d) Diese Beurteilung wird durch die nachfolgende Rechtsentwicklung der seit 29. Mai 2009 gültigen einschlägigen handelsrechtlichen Regelungen ([X.]) zusätzlich gestützt. Dem Ansatz eines niedrigeren [X.] i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 2002 entspricht dort die außerplanmäßige Abschreibung. Eine solche kann bei Gegenständen des Anlagevermögens grundsätzlich nur bei voraussichtlich dauernder Wertminderung vorgenommen werden (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB), während sie bei im Anlagevermögen gehaltenen Finanzanlagen unabhängig von einer solchen zulässig ist (§ 253 Abs. 3 Satz 4 HGB). Die Erleichterung einer außerplanmäßigen Abschreibung bei Finanzanlagen dient erkennbar dem Ziel, in diesem Bereich u.a. Zinsschwankungen auf die Bewertung durchschlagen zu lassen; in diesem Sinne werden denn auch im handelsrechtlichen Schrifttum im Zusammenhang mit festverzinslichen Wertpapieren solche Vorgänge als "nicht dauerhafte" Wertänderungen verstanden (z.B. [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., § 253 Rz 86). Auch wenn § 6 EStG 2002 insoweit einen eigenständigen und vom Handelsrecht losgelösten Begriffsinhalt aufweist ([X.]surteil vom 26. September 2007 [X.], [X.], 100, [X.] 2009, 394), erscheint eine unterschiedliche Auslegung doch nur dann sachgerecht, wenn die Abweichung von spezifisch steuerrechtlichen Gesichtspunkten getragen wird; an solchen fehlt es hier. § 253 Abs. 4 HGB schließlich macht bei Gegenständen des Umlaufvermögens die außerplanmäßige Abschreibung nicht von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung, sondern u.a. von einem gesunkenen Börsen- oder Marktpreis abhängig; insoweit weicht § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 2002 aber von jener Regelung ab, was darauf hinweist, dass z.B. ein gesunkener Börsenkurs steuerrechtlich gerade nicht stets zum Ansatz eines niedrigeren [X.] führen soll. Die Bewertung festverzinslicher Wertpapiere ist in besonderem Maße geeignet, dieser vom Gesetz vorgegebenen Unterscheidung Rechnung zu tragen.

e) Schließlich widerspricht das Abstellen auf die gesicherte Aussicht des Gläubigers, am Fälligkeitstag den Nennbetrag zu erhalten, nicht der bisherigen Rechtsprechung des [X.] ([X.]) zur Frage der "voraussichtlich dauernden Wertminderung".

aa) Das gilt in besonderem Maße im Hinblick auf die Entscheidung des [X.] des [X.] zur steuerrechtlichen Behandlung von Fremdwährungsverbindlichkeiten ([X.]-Urteil vom 23. April 2009 [X.]/06, [X.]E 224, 564, [X.] 2009, 778). Danach ist bei Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von ca. 10 Jahren davon auszugehen, dass sich Währungsschwankungen in der Regel ausgleichen; ein durch Wechselkursveränderungen ausgelöstes Absinken des [X.] berechtigt daher nicht zu einer Teilwertabschreibung. Diese Beurteilung beruht darauf, dass im Zusammenhang mit Verbindlichkeiten deren gesamte Laufzeit zu betrachten ist und eine zwischenzeitlich eingetretene Wertänderung nicht "voraussichtlich dauernd" ist, wenn sie sich bis zum Ende der Laufzeit ausgleichen wird (ebenso [X.], [X.] 2010, 1029, 1030); das ist bei Verbindlichkeiten denkbar, bei festverzinslichen Wertpapieren --abgesehen von der Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit des [X.] aber sogar sicher. Deshalb ist hier mehr noch als in dem vom [X.] angesprochenen Bereich die Annahme begründet, dass der Ansatz eines niedrigeren [X.] ausscheidet.

bb) Für den Fall eines Kursverfalls bei im Anlagevermögen gehaltenen börsennotierten Aktien hat der erkennende [X.] zwar eine Teilwertabschreibung für geboten erachtet ([X.]surteil in [X.], 100, [X.] 2009, 394). Mit der dort beurteilten Situation ist die hier interessierende aber schon von der wirtschaftlichen Ausgangslage her nicht vergleichbar. Denn bei Aktien fehlt es daran, dass deren spätere Veräußerung oder Einlösung zu einem bestimmten Wert sichergestellt ist; der Inhaber einer im Wert gesunkenen Aktie muss vielmehr damit rechnen, dass der Wertverlust auf Dauer anhalten oder sich noch vergrößern wird. Die für die Behandlung festverzinslicher Papiere ausschlaggebende Überlegung greift daher bei Aktien nicht, was eine unterschiedliche Handhabung beider Bereiche rechtfertigt.

cc) Es kann dem Blick auf die Situation bei Endfälligkeit eines Wertpapiers auch nicht die Rechtsprechung des [X.] zur Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ([X.]-Urteile 14. März 2006 [X.], [X.]E 212, 526, [X.] 2006, 680; vom 9. September 2010 IV R 38/08, [X.]/NV 2011, 423) entgegengehalten werden. Danach ist zwar bei der Beurteilung der "voraussichtlichen Dauerhaftigkeit" nicht auf die gesamte, sondern nur auf die halbe Restnutzungsdauer des betreffenden Wirtschaftsguts abzustellen. Diese Annahme beruht aber darauf, dass abnutzbare Wirtschaftsgüter nach Ablauf ihrer Nutzungsdauer regelmäßig auch ohne eine zwischenzeitlich eingetretene Wertminderung einen Restwert von Null haben und dass deshalb in diesem Bereich für die gesetzlich vorgesehene Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2002) kaum noch Raum wäre, wenn man eine auf diesen Zeitpunkt bezogene vergleichende Betrachtung des Zustands mit Wertminderung und des Zustands ohne Wertminderung abstellen würde. Sie dient mithin einer Auslegung, die der gesetzlichen Vorgabe einen angemessenen Anwendungsbereich eröffnet. Dieser Gesichtspunkt greift in der hier zu beurteilenden Situation nicht.

f) Im Streitfall hat das [X.] zwar nicht festgestellt, dass die von der Klägerin gehaltenen festverzinslichen Wertpapiere bei Endfälligkeit (nur) zu ihrem Nennwert eingelöst werden sollten. Eine solche Vorgabe entspricht jedoch dem Regelfall und ist zudem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden. Der [X.] geht daher davon aus, dass jedenfalls eine Einlösung zu [X.] nicht in Rede steht. Auch bietet das angefochtene Urteil keinen Anknüpfungspunkt für die Annahme, dass bei einzelnen oder allen festverzinslichen Papieren das Absinken der Kurswerte unter die Nennwerte auf Gründen beruht, die mit einem Risiko in Bezug auf die Einlösung bei Fälligkeit zu tun haben; das [X.] hat vielmehr ausgeführt, dass es um Schuldverschreibungen von "Schuldnern mit bester Bonität" geht (S. 12 des [X.]-Urteils). Angesichts dessen kann ein Absinken des [X.] nur insoweit gewinnmindernd berücksichtigt werden, als der Teilwert den Nennwert nicht unterschreitet. Das führt, wenn man zu Gunsten der Klägerin ausschließlich auf die am Bilanzstichtag gegebenen [X.] abstellt, zu folgender Berechnung (Beträge in €):

      

[X.].

Anschaffungskosten

Vergleichswert

Gewinnminderung

Bilanzstichtag

AON33M     

5.033.000

5.000.000

33.000

[X.]    

5.011.000

5.000.000

11.000

[X.]       

4.954.500

5.000.000

------

[X.]     

1.961.750

1.900.000

61.750

[X.]    

5.011.250

5.000.000

11.250

[X.]     

2.507.000

2.500.000

 7.000

[X.]     

4.998.500

5.000.000

------

[X.]     

10.070.000

10.055.000

 15.000

WGZ10D     

10.081.000

10.040.000

41.000

WLB5H2     

2.453.000

 2.500.000

 ------

 180.000

                                                             

Im Rahmen der Gewinnermittlung muss die Klägerin mithin, selbst wenn man zu ihren Gunsten bis zur Bilanzaufstellung eingetretene Kurserholungen nicht berücksichtigt, im Hinblick auf die festverzinslichen Wertpapiere lediglich ein Absinken der [X.] um 180.000 € berücksichtigen. Hinzu kommen bei den Fondsanteilen eingetretene Wertverluste von höchstens 242.055 €. Die Summe dieser Gewinnminderungen beläuft sich auf 422.055 €. Demgegenüber sind in dem angefochtenen Bescheid bereits Gewinnminderungen in einer Gesamthöhe von 717.440 € berücksichtigt. Eine weiter gehende Gewinnminderung kann daher nicht angesetzt werden.

4. Das Urteil des [X.], das diesen Grundsätzen nicht entspricht, muss aufgehoben werden. Die Klage ist abzuweisen. Dem steht nicht entgegen, dass das [X.] in der ersten Instanz seinen ursprünglichen Antrag auf Klageabweisung eingeschränkt und in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] beantragt hat, (nur) im Hinblick auf eine der Fondsbeteiligungen "eine weitere Teilwertabschreibung in Höhe von 3.612,42 € vorzunehmen". Dieser Umstand führt insbesondere nicht dazu, dass das [X.] über den derart eingeschränkten Klageabweisungsantrag nicht hinausgehen durfte (§ 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O) und dass deshalb im Revisionsverfahren ebenfalls der mögliche Streitgegenstand durch diese Einschränkung begrenzt wird. Denn § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O bezieht sich ausschließlich auf den Antrag des [X.]; der Antrag des Beklagten ist nur eine Anregung an das Gericht, bei der Beurteilung der Rechtslage auf bestimmte Punkte besonders Wert zu legen, und entfaltet keine verfahrensrechtliche Bindungswirkung ([X.]surteil vom 17. Juli 2008 [X.], [X.]E 222, 423, [X.] 2009, 160, m.w.[X.]). Ebenso spielt das Verbot der Verböserung, das nur an die Steuerfestsetzung in dem angefochtenen Bescheid anknüpft, im Streitfall keine Rolle. Schließlich führt die Einschränkung des beim [X.] gestellten Antrags nicht dazu, dass das [X.] durch das angefochtene Urteil insoweit nicht beschwert ist; denn die Beschwer folgt unabhängig von der erstinstanzlichen Antragstellung allein daraus, dass das [X.] dem [X.] nicht in vollem Umfang gefolgt ist ([X.]-Beschluss vom 15. November 1971 GrS 7/70, [X.]E 103, 456, [X.] 1972, 120; [X.]-Urteil vom 2. Februar 1979 VI R 108/75, [X.]E 127, 37, [X.] 1979, 338, 340; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 120 Rz 12, m.w.[X.]). Deshalb darf das [X.], wenn es beim [X.] eine Änderung des angefochtenen Bescheids zu Gunsten des [X.] beantragt und das [X.] die Steuer über das so beantragte Maß hinaus herabgesetzt hat, in einem Revisionsverfahren eine vollständige Abweisung der Klage beantragen. Das ist im Streitfall geschehen, und aus materiell-rechtlicher Sicht muss jenem Antrag gefolgt werden.

Meta

I R 98/10

08.06.2011

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 9. Juli 2010, Az: 9 K 75/09 K, Urteil

§ 6 Abs 1 Nr 1 EStG 2002, § 6 Abs 1 Nr 2 S 1 EStG 2002, § 6 Abs 1 Nr 2 S 2 EStG 2002, § 6 Abs 1 Nr 2 S 3 EStG 2002, § 96 Abs 1 S 2 FGO, § 253 Abs 3 S 3 HGB vom 25.05.2009, § 253 Abs 3 S 4 HGB vom 25.05.2009, § 253 Abs 4 HGB vom 25.05.2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.06.2011, Az. I R 98/10 (REWIS RS 2011, 5907)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5907

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