Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2007, Az. IX ZB 223/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 429

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[X.] [X.] 223/06vom 6. Dezember 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 91 Abs. 2 Satz 3; [X.] 3201 Der Anwalt, der sich selbst vertritt, kann keine (verminderte) Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren erstattet verlangen, wenn die Berufung des [X.] nur fristwahrend eingelegt und innerhalb der Begründungsfrist zurückgenommen worden ist. [X.], [X.]uss vom 6. Dezember 2007 - [X.] 223/06 - [X.]

LG Dresden - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] am 6. Dezember 2007 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des 3. Zivilsenats des [X.] vom 6. November 2006 wird auf Kosten des [X.]n zurückgewiesen. Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 642,60 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Klägerin nahm den beklagten Rechtsanwalt, der sich in erster In-stanz anwaltlich vertreten ließ, auf Zahlung von 15.435,96 • nebst Zinsen in Anspruch. Das [X.] wies die Klage ab. Die Klägerin legte Berufung ein und vereinbarte mit den erstinstanzlichen Anwälten des [X.]n, dass diese sich nicht beim Berufungsgericht bestellen würden, bis geklärt sei, ob die Beru-fung durchgeführt werde. Sie nahm die Berufung innerhalb der [X.] zurück. Ihr wurden die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt. 1 - 3 - Der beklagte Rechtsanwalt hat die Festsetzung einer Verfahrensgebühr nach [X.] 3200, 3201 nebst Auslagenpauschale mit der Begründung [X.], die Kosten seien mit der Entgegennahme der gegnerischen Berufungs-schrift entstanden. Auf Fragen des Gerichts hat er weiter erklärt, er habe sich in zweiter Instanz selbst vertreten und anwaltliche Tätigkeiten entfaltet, indem er seinen Haftpflichtversicherer unterrichtet habe. An Absprachen der Klägerin mit seinen nur für die erste Instanz mandatierten Anwälten sei er nicht gebunden. Das [X.] - Rechtspflegerin - hat von der Klägerin zu erstattende Kosten von insgesamt 642,60 • festgesetzt. Auf die Beschwerde der Klägerin hat das [X.] den [X.]uss aufgehoben und den Festsetzungsantrag zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbe-schwerde will der [X.] weiterhin die Festsetzung der verminderten Verfah-rensgebühr für das Berufungsverfahren erreichen. 2 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist kraft ihrer Zulassung durch das Beschwerde-gericht statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg. 3 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Der [X.] habe zwar versi-chert und dadurch glaubhaft gemacht, dass er sich im Berufungsverfahren selbst beauftragt habe. Der Auftrag allein löse die Verfahrensgebühr nach [X.] 3201 jedoch nicht aus. Anwaltliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Berufungsverfahren habe der [X.] nicht ausgeübt. Die Unterrichtung des [X.] stelle eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers, nicht eine Aufgabe des [X.] dar; denn sie diene nicht der Abwehr 4 - 4 - der gegnerischen Berufung. Soweit gleichwohl Kosten durch Information und Beratung des [X.]n durch sich selbst angefallen sein sollten, handele es sich nicht um vom Gegner zu erstattende Kosten notwendiger Rechtsverteidi-gung im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Nach einer zunächst fristwahrend eingelegten Berufung dürfe sich der Gegner deshalb anwaltlich beraten lassen, weil er regelmäßig nicht wissen könne, wie er sich nunmehr zu verhalten habe. Der [X.] habe jedoch gewusst, dass eine nur fristwahrend eingelegte, noch nicht begründete Berufung keine Gegenmaßnahme erfordere. 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand. 5 a) Der [X.] hat keine die Verfahrensgebühr nach [X.] 3200 aus-lösende anwaltliche Tätigkeit entfaltet. Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.], an die der Senat gebunden ist, war er zwar [X.], sich im Berufungsverfahren selbst zu vertreten. Die Entgegennahme des Auftrags allein lässt die Verfahrensgebühr jedoch nicht entstehen ([X.]/Müller-Rabe, NJW 2006, 1927, 1932). Informationen entgegengenom-men (vgl. [X.], 418), geprüft, ob ein Tätigwerden veranlasst sei (vgl. [X.]/Müller-Rabe, aaO), oder einen Rat erteilt hat der [X.] nicht. Er kannte den Fall und wusste, dass objektiv noch kein Anlass für eine [X.] oder einen Antrag auf Zurückweisung der Berufung bestand. 6 b) Die Vorschrift des § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO besagt nicht, dass tatsäch-lich nicht geleistete Tätigkeiten des sich selbst vertretenden Anwalts zu fingie-ren sind, um so die Tatbestandsvoraussetzungen einer Verfahrensgebühr zu schaffen. Nach § 91 Abs. 2 Satz 3 sind dem Rechtsanwalt in eigener Sache diejenigen Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und [X.] eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte. Ob die 7 - 5 - Beauftragung eines Anwalts in der gegebenen Situation sinnvoll gewesen wäre, ob es sich etwa um eine sachlich und rechtlich einfach gelagerte Sache handel-te, in der eine Partei, die nicht Rechtsanwalt ist, von der Beauftragung eines Anwalts abgesehen hätte, ist nicht zu prüfen. Daraus für den erstattungspflichti-gen Gegner folgende Härten nimmt das Gesetz im Interesse einer Verein-fachung der Abrechnung in Kauf ([X.]/[X.][X.], ZPO 65. Aufl. § 91 Rn. 58), ebenso wie nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO Anwaltskosten in allen Prozessen erstattungspflichtig sind. Auch ein bevollmächtigter Anwalt hätte jedoch nur diejenigen Gebühren und Auslagen abrechnen können, die tatsächlich angefallen sind. Nur solche Gebühren und Auslagen kann der [X.] folglich erstattet verlangen. § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist nicht lex specialis zu § 91 Abs. 1 ZPO ([X.], [X.]. v. 2. Mai 2007 - [X.] 156/06, [X.], 2257); dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Gebühren- oder [X.]tatbestandes erfüllt sind, wird vielmehr vorausgesetzt. c) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde wird die für das [X.] der Beratungsgebühr notwendige anwaltliche Tätigkeit nicht dadurch er-setzt, dass der [X.] die Entscheidung, zunächst nichts zu unternehmen, unter Verwertung seiner anwaltlichen Fachkenntnisse getroffen hat. 8 aa) Aus dem Recht der anwaltlichen Selbstvertretung folgt nicht zwin-gend ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch ([X.], [X.]. v. 2. Mai 2007, aaO). Beauftragt ein Anwalt zum Beispiel einen auswärtigen Anwalt mit seiner Vertretung vor einem auswärtigen Gericht, kann er gegebenenfalls Er-stattung der Kosten dieses Anwalts verlangen, nicht jedoch zusätzlich eine Kor-respondenzgebühr abrechnen (OLG Stuttgart RPfleger 1983, 501; OLG Düs-seldorf [X.] 1984, 766; [X.] MDR 1987, 852; [X.] [X.] 1994, 546 f; [X.] 2001, 115; [X.], [X.] 1998, 37 9 - 6 - unter [X.]1; [X.]/v. Eicken/[X.]/Müller-Rabe, [X.] 17. Aufl. [X.] 3400 Rn. 14; [X.]/[X.]/Schons, [X.] 2. Aufl. [X.] 3400 Rn. 7; [X.]/[X.][X.], aaO Rn. 236; [X.]/[X.], ZPO 2. Aufl. § 91 Rn. 61 a.E., [X.]/[X.], 2. Aufl. § 91 Rn. 72), obwohl er bei der Unterrichtung des auswärtigen Anwalts seine Fachkenntnisse verwerten wird. Der Anwalt hat keinen Anspruch darauf, gebührenrechtlich so gestellt zu wer-den, als müsse er sich die im fraglichen Fall erforderlichen Kenntnisse zunächst selbst vermitteln. bb) Solange noch unsicher ist, ob die Berufung durchgeführt werden wird, ist die Beauftragung eines Anwalts für die Berufungsinstanz zur [X.] Rechtsverfolgung objektiv nicht erforderlich (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der [X.] hält in mittlerweile gefestigter Rechtsprechung die Kosten eines gleichwohl beauftragten Anwalts nur deshalb für erstattungs-fähig, weil der [X.] anwaltlichen Rat in einer als risikobehaftet empfundenen Situation für erforderlich halten darf ([X.], [X.]. v. 17. [X.] - [X.], NJW 2003, 756, 757; [X.]. v. 3. Juli 2007 - [X.], [X.], 1579). Der Anwalt, der sich selbst vertritt, empfindet die Situation nicht in gleicher Weise als risikobehaftet und bedarf keines Rates. [X.], Information und Beratung zu fingieren, besteht keinerlei Anlass. 10 d) Dass der [X.] seinen Haftpflichtversicherer von der Berufung der Klägerin unterrichtet hat, lässt die Verfahrensgebühr nach [X.] 3200 nicht entstehen. Der [X.] ist damit Obliegenheiten aus dem [X.] - 7 - trag nachgekommen, hat aber keine Handlungen vorgenommen, welche den Prozess betreffen. [X.] Raebel Kayser [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 28.09.2006 - 14 O 3165/05 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 3 W 1411/06 -

Meta

IX ZB 223/06

06.12.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2007, Az. IX ZB 223/06 (REWIS RS 2007, 429)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 429

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