Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2012, Az. IX ZB 62/10

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1922

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 62/10

vom

25. Oktober
2012

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9; [X.] VV Nr. 3200, 3201
Eine mit der Entgegennahme der Berufungsschrift verbundene Prüfung von Fragen, die [X.] zur ersten Instanz gehören, löst die Verfahrensgebühr für die Berufungsinstanz nicht aus.

[X.], Beschluss vom 25. Oktober 2012 -
IX ZB 62/10 -

[X.]

OLG [X.]

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und die Richterin Möhring

am 25. Oktober 2012
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde
gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats des [X.] vom 29.
Januar 2010 wird auf Kosten des
Beklagten zurückgewiesen.

Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde
wird auf 2.926,20

Gründe:

I.

Die Klägerin nahm den beklagten Steuerberater wegen fehlerhafter Bera-tung auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 387.662,81

in Anspruch. Das [X.] wies die Klage ab. Die Klägerin
legte Berufung ein und teilte den
erstinstanzlich für den Beklagten tätigen [X.] mit, die Berufung werde nur fristwahrend eingelegt. Zugleich bat er,
sich vorerst nicht zu bestellen. Innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nahm die Klägerin die Berufung zurück. Ihr wurden die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
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Der beklagte Steuerberater beantragte
die Festsetzung einer 1,1-Verfahrensgebühr nach VV-[X.]
Nr.
3200, 3201 nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer. Auf den Hinweis des
[X.]s, dass zum Auftrag für die Ver-tretung in zweiter Instanz und zur
entfalteten Tätigkeit
vorgetragen werden müsse, behauptete er
nur, die Kanzlei zu seiner
Vertretung im Berufungsverfah-ren mandatiert
zu haben.

Das [X.] -
Rechtspflegerin
-
hat die von der Klägerin zu erstat-tenden Kosten der Berufung antragsgemäß auf 2.926,20

e-setzt. Auf die Beschwerde der Klägerin hat das [X.] den Kosten-festsetzungsbeschluss aufgehoben und den Festsetzungsantrag zurückgewie-sen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde
will der Beklagte weiterhin die Festsetzung der verminderten Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren erreichen.

II.

Die Rechtsbeschwerde
ist kraft ihrer Zulassung durch das Beschwerde-gericht statthaft (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht,
dessen Entscheidung in [X.]
2010, 255
veröffentlicht ist,
hat ausgeführt, die Rechtspflegerin habe zu Unrecht eine 1,1-Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren gemäß den VV-[X.]
Nr.
3200, 3201 zugunsten des Beklagten festgesetzt. Es bestünden bereits er-hebliche Zweifel, ob dem Beklagtenvertreter für das Berufungsverfahren ein 2
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Vertretungsauftrag erteilt worden sei. Obwohl die Klägerin dies mehrfach be-stritten habe, sei die Mandatierung nicht glaubhaft gemacht worden. Auf diese Frage komme es jedoch nicht an, weil jedenfalls eine die Entstehung der [X.] rechtfertigende Tätigkeit der Beklagtenvertreter im Berufungs-verfahren nicht dargelegt worden sei. Ohne einen entsprechenden Sachvortrag könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Prozessbe-vollmächtigten des Beklagten nach Entgegennahme der Berufungsschrift ge-prüft hätten, ob etwas
für ihren Mandanten zu veranlassen gewesen sei. Diese Unterstellung entspreche bei einem noch nicht begründeten Rechtsmittel [X.] der Lebenserfahrung. Dies gelte umso weniger, wenn -
wie im [X.] Fall
-
der Prozessbevollmächtigte des [X.] ausdrücklich schriftlich mitgeteilt habe, die Berufung sei nur zur Fristwahrung eingelegt wor-den.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.

Die Klägerin hat nach
der Kostengrundentscheidung des [X.] vom 28.
September 2009 die dem Beklagten im Berufungsverfahren ent-standenen Kosten zu tragen. Allerdings besteht der Kostenerstattungsanspruch gemäß §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO nur insoweit, wie dem Beklagten
Kosten ent-standen sind. Voraussetzung ist mithin, dass er seinen Prozessbevollmächtig-ten zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist. Dies richtet sich -
sofern er die Prozessbevollmächtigten beauftragt hat, ihn im Berufungs-verfahren zu vertreten
-
nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungs-gesetzes.

a) Da das Beschwerdegericht offengelassen hat, ob der Beklagte seine erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten mit der Vertretung im Berufungsver-6
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fahren beauftragt hat, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren von der Erteilung ei-nes solchen Mandats auszugehen, auch wenn das Beschwerdegericht wegen
der nur pauschalen Behauptung der Mandatierung Zweifel geäußert
hat.
Doch genügt es für das Entstehen des anwaltlichen Honoraranspruchs nicht, dass der Beklagte seine Prozessbevollmächtigten beauftragt hat, ihn
in einem Beru-fungsverfahren zu vertreten. Diese müssten im Berufungsverfahren eine ge-sondert zu vergütende Tätigkeit verrichtet haben.

b) Zutreffend hat das Beschwerdegericht entschieden, dass die Prozess-bevollmächtigten des Beklagten
keine die Verfahrensgebühr nach VV-[X.]
Nr.
3200 auslösende anwaltliche Tätigkeit entfaltet haben.

[X.]) Nach § 15 Abs. 1 [X.] entgelten die Gebühren die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit. In ge-richtlichen Verfahren kann er die Gebühren in jedem Rechtszug fordern (§
15 Abs.
2 Satz
2 [X.]). Zum jeweiligen Rechtszug gehören dabei auch Neben-
und Abwicklungstätigkeiten (§ 19 Abs. 1 Satz 1 [X.]). In § 19 Abs. 1 Satz 2 [X.] hat der Gesetzgeber anhand von Regelbeispielen Tätigkeiten aufgeführt, die er als zum Rechtszug gehörig ansieht. Nach Nr. 9 dieser Bestimmung ge-hört dazu auch die Inempfangnahme von Rechtsmittelschriften und ihre Mittei-lung an den Auftraggeber ([X.], [X.], 1340 Rn.
9). Dazu ist auch zu [X.] die Entgegennahme und Weiterleitung der Bitte eines [X.], dass die Gegenseite noch keinen Prozessbevollmächtigten bestellen möge (KG, [X.] 1979, 388; [X.], NJW 1992, 1148; [X.]/Müller-Rabe, [X.], 20. Aufl., § 19 Rn. 87).

Die Verfahrensgebühr nach VV-[X.]
Nr.
3200 entsteht, wenn der Rechtsanwalt in irgendeiner Weise über die genannten Neben-
und Abwick-9
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lungstätigkeiten hinaus im Rahmen der Erfüllung seines [X.] tätig geworden ist. Eines
nach außen erkennbaren Tätigwerdens
bedarf es nicht
(vgl. [X.], Beschluss vom 6.
April 2005 -
V [X.], [X.], 2233); es [X.] das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information des Mandan-ten ([X.], [X.]
2012, 312, 313; vgl. OLG
Frankfurt, ZfS
2010, 405). Der Rechtsanwalt hat die Gebühr verdient, wenn er Informationen entge-gennimmt oder mit seinem Mandanten bespricht, wie er auf das von der Ge-genseite eingelegte
Rechtsmittel reagieren soll. Auch die interne Prüfung, ob ein Mandant sich gegen das eingelegte Rechtsmittel wehren soll, lässt die [X.] entstehen ([X.], Beschluss vom 6.
Dezember 2007 -
IX
ZB 223/06, NJW
2008, 1087 Rn.
6; vgl. [X.]/Müller-Rabe, [X.], 20.
Aufl., VV-[X.]
3200 Rn.
16
ff).

bb) Einen Sachverhalt, der das Entstehen der Verfahrensgebühr nach VV-[X.]
Nr.
3200, 3201 begründen könnte,
hat das Beschwerdegericht verfah-rensfehlerfrei nicht feststellen können. Die Prozessbevollmächtigten des [X.] haben lediglich die Berufungsschrift und gleichzeitig ein persönliches Schreiben der Klägervertreter an sie entgegengenommen, in dem darauf [X.] worden ist, dass die Berufungseinlegung nur fristwahrend erfolgt sei, und die Prozessbevollmächtigten des Beklagten gebeten wurden, sich vorerst noch nicht zu bestellen. Eine weitere Tätigkeit, etwa eine Prüfung dieser Schreiben darauf, ob etwas für den Mandanten zu veranlassen sei, hat der [X.] nicht behauptet.
Mit diesen Tätigkeiten haben die Prozessbevollmächtig-ten des Beklagten die Verfahrensgebühr nicht verdient
(vgl. [X.], Beschluss vom 6.
Dezember 2007 -
IX
ZB 223/06, NJW
2008, 1087 Rn.
6).

cc) Selbst wenn
die Prozessbevollmächtigten des Beklagten die Beru-fungsschrift und das besagte Schreiben daraufhin geprüft hätten, ob etwas zu 12
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veranlassen ist, wäre die Verfahrensgebühr nach VV-[X.] Nr.
3200, 3201 noch nicht ohne Weiteres angefallen. Denn solange der Prozessbevollmächtigte ei-nes Berufungsbeklagten bei der [X.] der Berufungsschrift nur Fra-gen
prüft, die §
19 [X.] [X.] der vorherigen Instanz zuordnet, hat er die im
Berufungsverfahren entstehende Verfahrensgebühr nicht verdient
(vgl. [X.], Beschluss vom 13.
August 2012 -
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Ta(Kost) 6077/12, Rn.
4; [X.], [X.], 20.
Aufl., §
19 Rn.
88, 94). Anderes gilt nur, wenn er [X.] entfaltet und sei es auch
in der Form der Prüfung, ob etwas zu veran-lassen ist, die sich [X.] auf das Berufungsverfahren beziehen. Dies müsste im Kostenfestsetzungsverfahren vorgetragen werden.

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dd) Wegen der verfahrensrechtlich anders ausgestalteten Beschwerde können die hierauf bezogenen [X.]en Erwägungen des V.
Zivilsenats des [X.] in seinem Beschluss vom 6.
April 2005 (V
[X.], [X.], 2233)
auf das Berufungsverfahren nicht übertragen werden.

Kayser
Raebel
Gehrlein

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.12.2009 -
4 O 22850/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 29.01.2010 -
11 W 728/10 -

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Meta

IX ZB 62/10

25.10.2012

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2012, Az. IX ZB 62/10 (REWIS RS 2012, 1922)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1922

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