Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.11.2010, Az. 3 AZR 747/08

3. Senat | REWIS RS 2010, 927

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) RENTE

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Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. Juni 2008 - 5 [X.] - aufgehoben.

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 13. Dezember 2007 - 6 [X.]/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

2

Der Kläger ist am 10. April 1945 geboren. Er war bei der [X.] langjährig tätig. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Vereinbarung vom 23. Februar 2000 am 31. Juli 2000. In dieser Vereinbarung heißt es ua.:

        

„… Nach Beendigung des Anspruchs auf Frühpensionsleistung wird das [X.]uhe- bzw. [X.] nach Maßgabe der jeweils geltenden [X.]ichtlinien für die [X.]uhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der [X.] und der Betriebsvereinbarung zur vorzeitigen Auflösung von Arbeitsverhältnissen (55er-[X.]egelung) vom 03.02.1999 gezahlt. …“

3

Die „Betriebsvereinbarung zur vorzeitigen Auflösung von Arbeitsverhältnissen (55er-[X.]egelung)“ vom 3. Februar 1999 (künftig: [X.] 1999) trifft hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung folgende [X.]egelungen:

        

„…    

        

7.    

[X.]uhegeld

                 

Für das betriebliche [X.]uhegeld im Anschluß an die 55er-[X.]egelung gelten die [X.]ichtlinien für die [X.]uhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der [X.] nach folgender Maßgabe:

                 

a)    

Das ruhegeldfähige Diensteinkommen für die Ermittlung des betrieblichen [X.]uhegeldes bei Übertritt des ehemaligen Mitarbeiters in den endgültigen [X.]uhestand wird zum [X.]punkt des Übertritts in die 55er-[X.]egelung festgelegt.

                 

…       

        
                 

c)    

Das betriebliche [X.]uhegeld wird gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 berechnet. Dabei erfolgt eine Kürzung in dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit bei Eintritt in die 55er-[X.]egelung (m) zu der [X.] vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres (n). Bei einem Ausscheiden vor Vollendung des 57,5. Lebensjahres wird die [X.] vom Ausscheiden bis zur Vollendung des 57,5. Lebensjahres zur Hälfte bei der Ermittlung der tatsächlich erbrachten Betriebszugehörigkeit (m) berücksichtigt. …

                          

Die Abschläge in der gesetzlichen [X.]entenversicherung, die durch die Anhebung der Altersgrenze entstehen, werden gem. § 7 Nr. 2 der [X.]ichtlinien für die [X.]uhegeld- und Hinterbliebenenversorgung nicht ausgeglichen.

                 

…“    

        

4

Bei den [X.]ichtlinien für die [X.]uhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der [X.] Aktiengesellschaft handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung, die mit dem Gesamtbetriebsrat am 9. Februar 1989 abgeschlossen wurde (künftig: [X.]L 1989). Die [X.]L 1989 lauten auszugsweise:

        

„…    

        

Präambel

        

Durch die Neuregelung der [X.]uhegeldrichtlinien für die Mitarbeiter, die vor dem [X.] schon im Unternehmen beschäftigt waren, sollen die wirtschaftliche Belastung des Unternehmens verringert und die künftige Belastung kalkulierbar gemacht werden. Dies soll insbesondere erreicht werden durch:

        

…       

        

-       

Begrenzung des [X.]isikos des Unternehmens aus der Gesamtversorgung für den Fall, daß die [X.]enten aus der Sozialversicherung sinken.

        

…       

        
        

§ 2 Voraussetzungen für die [X.]uhegeldgewährung

        

(1)     

Voraussetzungen für die Gewährung von [X.]uhegeld sind:

                 

…       

        
                 

2.    

die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen

                          

a)    

der Vollendung des 65. Lebensjahres oder

                          

b)    

der Inanspruchnahme der vorgezogenen oder flexiblen Altersrente …

        

§ 4 Höhe des [X.]uhegeldes

        

(1)     

Das [X.]uhegeld beträgt nach zehnjähriger Dienstzeit 35 v.H. des letzten … ruhegeldfähigen [X.] …

        

(2)     

Für jedes weitere vollendete Jahr, das der Mitarbeiter mehr als zehn Jahre ununterbrochen im Dienst des Unternehmens gestanden hat, steigt das [X.]uhegeld bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um 2 v.H. und von da ab um 1 v.H. des letzten … ruhegeldfähigen [X.].

                 

…       

        

(3)     

Der Höchstbetrag des [X.]uhegeldes darf 75 v.H. des letzten ruhegeldfähigen [X.] … nicht übersteigen.

        

…       

        
        

(5)     

Auf das [X.]uhegeld werden die [X.]enten nach Maßgabe des § 6 angerechnet.

        

…       

        
        

§ 6 Anrechnung von [X.]enten und Einkommen aus Tätigkeit

        

…       

        
        

(2)     

Das [X.]uhegeld wird um die Hälfte derjenigen Beträge vermindert, die dem Mitarbeiter aufgrund jeweils bestehender Gesetze über [X.]enten, Versicherungen, Pensionen und dergleichen zustehen; von der Anrechnung ausgenommen sind lediglich solche Teile dieser Leistungen, die ausschließlich auf eigenen Beitragsleistungen des Mitarbeiters - ohne Arbeitgeberbeteiligung - beruhen.

        

…       

        
        

§ 7 Minderung der gesetzlichen [X.]enten

        

(1)     

Wenn sich die betrieblichen [X.]uhegeldleistungen aufgrund einer Verminderung des allgemeinen [X.]entenniveaus durch Änderungen in der [X.]entenformel (z.B. durch Änderungen der allgemeinen oder persönlichen Bemessungsgrundlage, der Steigerungssätze, der Bewertung von [X.]en u.a.) erhöhen, werden die Vertragspartner in Verhandlungen mit dem Ziel eintreten, eine Einigung darüber herbeizuführen, ob und in welchem Umfang die Minderung des [X.]entenniveaus auszugleichen ist. Dem Gesamtbetriebsrat werden die entsprechenden Informationen rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Sollte eine Einigung der Vertragspartner innerhalb einer Frist von vier Monaten seit Beginn der Verhandlungen nicht erzielt worden sein, werden die Vertragspartner eine freiwillige Einigungsstelle einberufen, deren Spruch sie sich im voraus unterwerfen.

        

(2)     

Eine Kürzung der Sozialversicherungsrente des Mitarbeiters um Abschläge, die aufgrund vorzeitigen Eintritts in den [X.]uhestand wegen der längeren Bezugsdauer der gesetzlichen [X.]ente erfolgen, wird durch das Unternehmen nicht ausgeglichen und geht daher voll zu Lasten des Mitarbeiters.

        

…“    

        

5

Der Kläger bezieht seit dem 1. Mai 2005 eine [X.]ente aus der gesetzlichen [X.]entenversicherung iHv. 1.218,88 Euro. Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der [X.]ente vor Vollendung des 65. Lebensjahres muss er aufgrund des geringeren Zugangsfaktors nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI einen Abschlag von 0,3 % pro Monat, dh. insgesamt iHv. 18 % hinnehmen. Ohne diese Abschläge beliefe sich die gesetzliche [X.]ente auf 1.486,44 Euro monatlich. Bei der Berechnung der Betriebsrente des [X.] rechnete die Beklagte nicht nur die dem Kläger tatsächlich gezahlte gesetzliche [X.]ente hälftig an. Vielmehr legte sie bei der hälftigen Anrechnung die abschlagsfreie [X.]ente iHv. 1.486,44 Euro zugrunde.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei der Berechnung der Betriebsrente sei lediglich die tatsächlich gewährte [X.]ente aus der gesetzlichen [X.]entenversicherung zur Hälfte anzurechnen.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Anrechnung von [X.] zur Ermittlung der ihm ab dem 1. Mai 2005 zu gewährenden Betriebsrentenleistungen auf maximal 50 % der ihm tatsächlich gewährten Sozialversicherungsrente zu beschränken.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält sich aufgrund von § 7 Abs. 2 [X.]L 1989 für berechtigt, die fiktive, abschlagsfreie gesetzliche [X.]ente hälftig anzurechnen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr auf die dagegen gerichtete Berufung stattgegeben. Mit ihrer [X.]evision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der [X.]evision.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Zu Unrecht hat das [X.] der Klage stattgegeben. Die Feststellungsklage ist zwar zulässig. Sie ist aber unbegründet. Die Beklagte ist nach § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 2 [X.] 1989 berechtigt, bei der Berechnung der Betriebsrente des [X.] die Hälfte der gesetzlichen Rente anzurechnen, die der Kläger ohne Abschläge wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme erhalten hätte.

I. Die Feststellungsklage ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Sie betrifft ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien. Eine Feststellungsklage muss sich nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auf einzelne daraus entstehende Rechte, Pflichten oder Folgen beschränken ([X.] 27. März 2007 - 3 [X.] - Rn. 20, [X.] Betr[X.] § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 68). Der Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit hier nicht entgegen, da die Feststellungsklage zu einer prozesswirtschaftlich sinnvollen Erledigung des zwischen den Parteien bestehenden Streitpunkts führt (vgl. [X.] 7. März 1995 - 3 [X.] - zu [X.] 2 b der Gründe, [X.]E 79, 236).

II. Die Klage ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des [X.]s ist bei der Berechnung der Betriebsrente des [X.] nicht lediglich die ihm tatsächlich gewährte Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung hälftig zu berücksichtigen. Die Auslegung der [X.] 1989 ergibt vielmehr, dass die Beklagte berechtigt ist, die abschlagsfreie, nicht durch einen verringerten Zugangsfaktor gekürzte Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung hälftig in Anrechnung zu bringen. Das folgt aus § 7 Abs. 2 [X.] 1989, dessen Anwendbarkeit in Nr. 7 Buchst. [X.] 1999 ausdrücklich angeordnet ist.

1. Betriebsvereinbarungen wie die [X.] 1989 sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. nur [X.] 11. Dezember 2007 - 1 [X.] - Rn. 20 mwN, [X.] BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 37 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 22). Auf die Entstehungsgeschichte der Norm kann zurückgegriffen werden, wenn nach Wortlaut, Wortsinn und Gesamtzusammenhang der Betriebsvereinbarung Zweifel an dem Inhalt und dem wirklichen Willen der Betriebsparteien bestehen (vgl. für Tarifverträge [X.] 24. Februar 2010 - 10 [X.] 1035/08 - Rn. 29 ff., [X.], 361).

2. In Anwendung dieser Grundsätze ist § 7 Abs. 2 [X.] 1989 so auszulegen, dass bei der Berechnung der Betriebsrente nach § 6 Abs. 2 [X.] 1989 die ungekürzte, nicht durch den Zugangsfaktor nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI wegen vorgezogener Inanspruchnahme verringerte gesetzliche Rente anzurechnen ist.

a) Für diese Auslegung spricht schon der Wortlaut von § 7 Abs. 2 [X.] 1989.

Soweit es dort heißt, Abschläge aufgrund vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand wegen längerer Bezugsdauer der gesetzlichen Rente würden durch das Unternehmen nicht ausgeglichen, ist dies für sich genommen zwar nicht eindeutig. Die Formulierung kann bedeuten, dass eine derartige Kürzung der gesetzlichen Rente keine zusätzlichen Ansprüche des Arbeitnehmers auslösen soll. Möglich ist jedoch auch eine Auslegung dahingehend, dass eine solche Kürzung bei der Anwendung der [X.] 1989 nicht zu erhöhten Leistungen des Arbeitgebers führen soll. Legt man die letztgenannte Auslegung zugrunde, ist nicht lediglich die tatsächlich gezahlte, sondern die nicht durch die Abschläge wegen des Zugangsfaktors nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI verringerte gesetzliche Rente hälftig anzurechnen.

Für das letztgenannte Verständnis spricht jedoch die in § 7 Abs. 2 [X.] 1989 enthaltene Formulierung, wonach derartige Abschläge „daher voll zu Lasten des Mitarbeiters“ gehen. Das kann nur erreicht werden, wenn die abschlagsfreie gesetzliche Rente berücksichtigt wird. Andernfalls verminderte sich der nach § 6 Abs. 2 [X.] 1989 anrechnungsfähige Betrag mit der Folge, dass die Verringerung der gesetzlichen Rente durch die Betriebsrente zumindest teilweise, nämlich hälftig, ausgeglichen würde und im Ergebnis nicht mehr „voll“ zu Lasten des Mitarbeiters ginge.

b) Dass die ungekürzte gesetzliche Rente zur Hälfte anzurechnen ist, ergibt sich ferner aus der Systematik der Betriebsvereinbarung. Legte man § 7 Abs. 2 [X.] 1989 dahingehend aus, dass die Kürzung der gesetzlichen Rente wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme keine zusätzlichen Ansprüche des Arbeitnehmers begründen soll, hätte die Bestimmung keinen Regelungsgehalt.

aa) Ein Anspruch auf Ausgleich von Nachteilen durch mögliche Kürzungen der gesetzlichen Rente ist in der Versorgungsordnung nicht vorgesehen. Es bedarf deshalb keiner Sonderregelung, wie sie § 7 Abs. 2 [X.] 1989 enthält, um ihn auszuschließen.

bb) Die Norm ist auch nicht als Ausnahmeregelung zu der in § 7 Abs. 1 [X.] 1989 enthaltenen Verhandlungspflicht zu verstehen.

Das käme nur dann in Betracht, wenn die Verhandlungspflicht in § 7 Abs. 1 [X.] 1989 darauf gerichtet wäre, eine Verschlechterung des gesetzlichen Rentenniveaus durch Leistungen des Arbeitgebers auszugleichen. Nur dann ergäbe es einen Sinn, lediglich für den Fall, dass Abschläge bei der gesetzlichen Rente wegen deren vorgezogener Inanspruchnahme eingeführt werden, den Arbeitgeber nicht zu derartigen Verhandlungen zu verpflichten. Die Verhandlungspflicht in § 7 Abs. 1 [X.] 1989 zielt jedoch darauf ab, für den Fall der Verschlechterung des Rentenniveaus zu klären, ob die [X.] 1989 weiter unverändert angewandt oder zu Lasten der Arbeitnehmer geändert werden sollen, um ein Anwachsen der Versorgungsverpflichtungen der Beklagten aufgrund der in den [X.] 1989 vorgesehenen Gesamtversorgung ganz oder teilweise zu verhindern. Das ergibt sich aus der [X.] der [X.] 1989. Danach sollte die Begrenzung des Risikos des Unternehmens aus der Gesamtversorgung für den Fall, dass die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sinken, erreicht werden. Dazu stünde eine Verhandlungspflicht mit dem Ziel, das Leistungsniveau aus der betrieblichen Altersversorgung für die Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger in diesem Fall zu verbessern, im Widerspruch.

c) Für die Auslegung von § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 2 [X.] 1989 dahingehend, dass die hälftige ungekürzte gesetzliche Rente bei der Berechnung der Betriebsrente zu berücksichtigen ist, sprechen zudem die Umstände, unter denen die [X.] 1989 zustande kamen.

Zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Richtlinien am 9. Februar 1989 waren bei dem Bezug der gesetzlichen Altersrente mit Vollendung des 63. Lebensjahres keine Abschläge wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme vorgesehen. Die Altersrente konnte unter bestimmten Voraussetzungen bereits mit dem 63. Lebensjahr in Anspruch genommen werden (§ 25 Abs. 1 [X.], § 1248 Abs. 1 RVO). Die Rente berechnete sich nach der gleichen Formel wie bei Inanspruchnahme mit 65 Jahren, nämlich in Abhängigkeit von den anrechenbaren Versicherungsjahren (§ 31 Abs. 1 [X.], § 1254 Abs. 1 RVO).

Abschläge für die Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres wurden erst durch das am 1. Januar 1992 in [X.] getretene [X.] 1992 vom 18. Dezember 1989 ([X.]I S. 2261 ff.) eingeführt. Dies war bei der Vereinbarung der [X.] 1989 am 9. Februar 1989 bereits absehbar. Der maßgebliche förmliche Gesetzesentwurf ist unter dem 7. März 1989 in das parlamentarische Verfahren eingebracht worden (BT-Drucks. 11/4124). Dies war nach der [X.] erkennbar der Grund für die Regelung in § 7 Abs. 2 [X.] 1989. Dadurch sollte verhindert werden, dass wegen der künftigen Abschläge bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente eine höhere Betriebsrente zu zahlen war. Angesichts der erst bevorstehenden Rentenreform lag es nahe, die Konsequenzen der möglichen Minderung der gesetzlichen Renten für die betriebliche Altersversorgung in § 7 [X.] 1989 zusammenzufassen und auch die Folgen der voraussehbaren Einführung von Abschlägen wegen vorgezogener Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente dort und nicht in § 6 Abs. 2 [X.] 1989 zu regeln.

d) Diese Auslegung von § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 2 [X.] 1989 ist auch sachgerecht und gesetzeskonform. Betriebsrentenrechtliche Wertungen stehen ihr nicht entgegen. Das gilt sowohl für den originären Anwendungsbereich der [X.] 1989 als auch für den Fall des [X.], der vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist und die Betriebsrente vorgezogen in Anspruch genommen hat.

aa) Nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts gibt ein Arbeitnehmer, der vor Erreichen der festen Altersgrenze - nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a [X.] 1989 ist dies das 65. Lebensjahr - aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet und die betriebliche Altersversorgung auch vor der festen Altersgrenze in Anspruch nimmt, in der Regel Anlass zur Kürzung der Betriebsrente unter zwei Gesichtspunkten: Einmal wird in das [X.], das der Berechnung der Vollrente zugrunde liegt, dadurch eingegriffen, dass der Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit bis zum Zeitpunkt der festen Altersgrenze nicht erbracht hat. Zum anderen ergibt sich eine Verschiebung des in der Versorgungsordnung festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung daraus, dass er die erdiente Betriebsrente mit höherer Wahrscheinlichkeit, früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen in Anspruch nimmt (vgl. dazu für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens vor Eintritt in den Ruhestand und der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente vor Erreichen der festen Altersgrenze [X.] 12. Dezember 2006 - 3 [X.] 716/05 - Rn. 30, [X.] Betr[X.] § 1 Berechnung Nr. 32 = EzA Betr[X.] § 1 Nr. 88).

bb) Die [X.] 1989 tragen dem ersten Aspekt dadurch Rechnung, dass sich die Höhe des [X.]es prozentual nach der anrechnungsfähigen Dienstzeit richtet (§ 4 [X.] 1989). Nr. 7 der [X.] 1999 deckt diesen Gesichtspunkt dadurch ab, dass das betriebliche [X.] - mit leicht verbessernden Regelungen zugunsten der Versorgungsberechtigten - nach § 2 Abs. 1 Betr[X.] zeitanteilig im Verhältnis der tatsächlichen zur möglichen Betriebszugehörigkeit gekürzt wird. Damit wird die gesetzliche Wertung bei vorzeitigem Ausscheiden von den Betriebsvereinbarungen berücksichtigt.

Hinsichtlich des zweiten Gesichtspunkts enthalten weder die [X.] 1989 noch die [X.] 1999 Regelungen. Insbesondere ist für das betriebliche [X.] kein versicherungsmathematischer Abschlag vorgesehen, obwohl ein solcher in der Versorgungsordnung hätte festgelegt werden können. Der [X.] hat bislang grundsätzlich einen versicherungsmathematischen Abschlag von 0,5 % pro Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente gebilligt (vgl. nur [X.] 13. Dezember 2005 - 3 [X.] 214/05 - Rn. 66 f., [X.] Betr[X.] § 1 Auslegung Nr. 5). Im Vergleich dazu ist die hier in Rede stehende Regelung höchst moderat. Es wird zu Lasten des Versorgungsempfängers lediglich die Hälfte eines Abschlags von 0,3 % pro Monat nicht von dem durch die Versorgungsordnung festgelegten Versorgungsniveau, sondern von der gesetzlichen Rente berücksichtigt.

III. [X.] folgt aus §§ 97, 91 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

    Fasbender    

        

    Lohre    

                 

Meta

3 AZR 747/08

30.11.2010

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Köln, 13. Dezember 2007, Az: 6 Ca 3403/07, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.11.2010, Az. 3 AZR 747/08 (REWIS RS 2010, 927)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 927

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