Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.11.2016, Az. 3 StR 291/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 1698

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Gegenstand

Bandenbetrug: Bandenabrede und Abweichen vom gemeinsamen Tatplan; Gewerbsmäßigkeit


Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten [X.]und [X.]wird das Urteil des [X.] vom 16. März 2016 - auch soweit es den Angeklagten [X.]betrifft -

a) in den jeweiligen Schuldsprüchen dahin geändert, dass

aa) der Angeklagte [X.]des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in 16 Fällen (Fälle 1 bis 12, 15 und 17 bis 19 der Urteilsgründe) und des Betrugs in vier Fällen (Fälle 13, 14, 16 und 20 der Urteilsgründe) schuldig ist,

bb) die Angeklagten [X.]und [X.] jeweils des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in 16 tateinheitlichen Fällen schuldig sind,

b) betreffend die Angeklagten [X.]   , [X.]und [X.] aufgehoben

aa) im gesamten Strafausspruch, jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten,

bb) im Ausspruch über das Absehen von der Verfallsanordnung gemäß § 111i Abs. 2 StPO mit den zugehörigen Feststellungen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]    wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in 20 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten [X.]und den nicht revidierenden Angeklagten [X.] jeweils wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in zwei Fällen, davon in dem einen Fall in zehn und in dem anderen Fall in sechs tateinheitlichen Fällen, unter Einbeziehung von früher gegen diese Angeklagten verhängten Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren ([X.]) sowie von vier Jahren und neun Monaten ([X.]) verurteilt. Es hat außerdem gemäß § 111i Abs. 2 StPO von Verfallsanordnungen abgesehen, festgestellt, dass der Angeklagte [X.]    53.576,85 € und die Angeklagten [X.]sowie [X.] jeweils 47.295,95 € aus den Taten erlangt haben, und Adhäsionsentscheidungen getroffen. Die dagegen gerichteten Revisionen der Angeklagten [X.]    und [X.]haben jeweils mit der Sachrüge den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen fassten die Angeklagten [X.] , [X.] und [X.]    spätestens im September 2012 den Entschluss, von [X.] aus unter dem Namen "B.    -Reisen" ein "fiktives Reisebüro" zu betreiben. Sie beabsichtigten, über das [X.] sowie durch Werbeanzeigen in Zeitungen Reiseleistungen zu Preisen anzubieten, die unter den marktüblichen lagen, und die dadurch gewonnenen Kunden nach der Buchung zur vollständigen Zahlung des Reisepreises auf ein zu diesem Zweck bei der [X.]       eingerichtetes "Geschäftskonto" zu veranlassen. Die Angeklagten hatten von vornherein vor, weder die verkauften Reiseleistungen zu erbringen noch die für die Veröffentlichung der Werbeanzeigen anf[X.]den Kosten zu begleichen. Auf diese Weise wollten sie sich eine fortlaufende Einnahmequelle zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts verschaffen.

3

Nach dem gemeinsamen [X.] der Angeklagten sollte [X.] als "Kopf" der Gruppe das Projekt leiten und die wesentlichen Entscheidungen treffen. Er sollte insbesondere mittels der für das Geschäftskonto ausgegebenen Bankkarte alleinigen Zugriff auf die eingehenden Beträge haben. [X.] sollte als Stellvertreter von [X.] fungieren und dessen leitende Funktionen insbesondere während eines längeren Krankenhausaufenthalts von [X.] übernehmen. Beide sollten im Wesentlichen organisatorische Beiträge leisten, die dem Aufbau und der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienten, während die Ausführung der konkreten Tathandlungen [X.]    obliegen sollte. Er hatte insbesondere die Aufgabe, Werbeanzeigen aufzugeben sowie interessierten Kunden Reisen zu verkaufen. Außerdem sollte [X.]    die Rechnungen für die Reisen erstellen und an die Kunden versenden.

4

In Umsetzung des Vorhabens nahm [X.]    Kontakt zu Mitarbeitern von Zeitungsverlagen auf und bewirkte in zehn Fällen die Veröffentlichung von Werbeanzeigen zum Preis von insgesamt 39.785,15 € (Fälle 1 bis 10 der Urteilsgründe). Es gelang ihm ferner in zehn Fällen, [X.], die sich aufgrund der Werbeanzeigen telefonisch mit ihm in Verbindung gesetzt und Reisen gebucht hatten, dazu zu veranlassen, den Reisepreis zu zahlen, und zwar insgesamt in Höhe von 13.791,70 € (Fälle 11 bis 20 der Urteilsgründe). Dabei gab er abweichend von der mit [X.] und [X.]getroffenen Absprache in vier Fällen auf den betreffenden Rechnungen nicht das Geschäftskonto von "B.    -Reisen" bei der [X.]      , sondern sein eigenes Konto bei der [X.]     an (Fälle 13, 14, 16 und 20 der Urteilsgründe). Die auf dieses Konto überwiesenen Beträge in Höhe von insgesamt 6.280,90 € behielt er für sich. Außerdem hob er ebenfalls entgegen der Abrede mit [X.] und [X.]mehrfach Geld, das auf dem Geschäftskonto eingegangen war, am Bankschalter in bar ab, indem er sich unter Vorlage seiner Ausweispapiere als Kontoinhaber auswies.

5

2. Die Schuldsprüche halten rechtlicher Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.

6

a) Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten [X.]    wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs (§ 263 Abs. 5 StGB) in den [X.], 14, 16 und 20 der Urteilsgründe nicht, weil es sich insoweit nicht um Bandentaten, sondern um allein diesem Angeklagten zurechenbare Taten handelte.

7

aa) Die Annahme eines Bandenbetrugs setzt neben einer [X.] zwischen mindestens drei Personen voraus, dass der Täter den Betrug gerade als Mitglied der Bande begeht. Die einzelne Tat muss Ausfluss der [X.] sein und darf nicht losgelöst davon ausschließlich im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten ausgeführt werden (vgl. dazu [X.], Beschlüsse vom 17. Januar 2006 - 4 StR 595/05, [X.], 342, 343; vom 1. Februar 2010 - 3 StR 432/10, [X.], 410, 411; Urteil vom 22. März 2006 - 5 StR 38/06, [X.], 574). Ein solcher konkreter Bezug der Tat zu der vorangegangenen [X.] lag in den [X.], 14, 16 und 20 der Urteilsgründe nicht vor. Die Vorgehensweise des Angeklagten [X.]    wich in diesen Fällen derart von dem gemeinsamen [X.] ab, dass die betreffenden Taten nicht mehr als Ausfluss der [X.] angesehen werden können. Sie dienten vielmehr losgelöst davon ausschließlich seinem eigenen Interesse; denn entgegen der mit [X.] und [X.]getroffenen Abrede gab er auf den Rechnungen nicht das Geschäftskonto von "B.    -Reisen", sondern sein eigenes Konto an, so dass die eingezahlten Gelder von vornherein dem Zugriff der anderen Bandenmitglieder entzogen waren. Wenngleich das [X.] keine genaueren Feststellungen über die nach dem gemeinsamen [X.] vorgesehene Aufteilung der von den [X.] überwiesenen Beträge unter [X.], [X.] und [X.]    getroffen hat, so stand doch jedenfalls fest, dass die Kunden den Reisepreis auf das zu diesem Zweck eingerichtete Geschäftskonto bei der [X.]     einzahlen sollten, auf das [X.] als Bandenchef mittels der Bankkarte alleinigen Zugriff haben sollte; keinesfalls sollte [X.]   hingegen Überweisungen auf sein eigenes Konto abzweigen.

8

Demgegenüber stellt es das Vorliegen von Bandentaten nicht in Frage, dass [X.]    in einigen Fällen abweichend von dem gemeinsamen [X.] eigenmächtig Barabhebungen von dem Geschäftskonto vornahm, um die betreffenden Beträge ebenfalls für sich zu behalten. Insbesondere ist darin entgegen der von der Revision des Angeklagten [X.]    vertretenen Auffassung keine "Aufkündigung" der [X.] zu sehen. Denn insoweit hatte [X.]    die Taten als solche entsprechend dem gemeinsamen [X.] begangen. Er hatte die [X.] dazu veranlasst, den Reisepreis auf das Konto bei der [X.]      zu überweisen, so dass [X.] mittels der Bankkarte darauf zugreifen konnte. Durch die anschließenden eigenmächtigen Barabhebungen hat er die anderen Bandenmitglieder lediglich bei Gelegenheit der von ihm begangenen Bandentaten eigennützig hintergangen.

9

In den [X.], 14, 16 und 20 der Urteilsgründe kommt eine Verurteilung des Angeklagten [X.]    demnach nur wegen Betrugs in Betracht (§ 263 Abs. 1 und 3 Satz 2 Nr. 1 Alternative 1 StGB). Der [X.] hat den Schuldspruch auf die Revision des Angeklagten [X.]    entsprechend geändert (§ 354 Abs. 1 analog StPO).

bb) Die Annahme des [X.]s, dass der Angeklagte [X.]    bei [X.] seiner Verurteilung zugrunde liegenden Taten gewerbsmäßig handelte, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das gilt im Ergebnis auch im Hinblick auf die Fälle 1 bis 10 der Urteilsgründe. In diesen Fällen ergibt sich die [X.]keit entgegen der Ansicht der [X.] jedoch nicht daraus, dass [X.]    - gleichermaßen wie [X.]und [X.] - Aufwendungen ersparte, indem die Kosten für die Zeitungsanzeigen nicht beglichen wurden. Sie folgt vielmehr aus dem engen Zusammenhang zwischen den zum Nachteil der Zeitungsverlage und den zum Nachteil der [X.] begangenen Betrugstaten.

[X.] handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, [X.], 341, 343 mwN). Es genügt insoweit, dass die Taten mittelbar als Einnahmequelle dienen ([X.], Urteile vom 24. Februar 1983 - 4 StR 660/82, bei [X.] 1983, 621, 622; vom 1. Juli 1998 - 1 [X.], [X.], 622, 623; Beschluss vom 17. September 1999 - 2 StR 301/99, [X.]R StGB § 335 Abs. 2 Nr. 3 [X.] 1; Urteil vom 21. Juni 2007 - 5 StR 532/06, juris Rn. 27). So verhielt es sich in den Fällen 1 bis 10 der Urteilsgründe. Die zum Nachteil der Zeitungsverlage begangenen Betrugstaten dienten den Angeklagten gerade dazu, [X.] zu gewinnen, um diese betrügerisch zu Geldzahlungen zu veranlassen.

b) In Bezug auf den Angeklagten [X.] und den insoweit gleichermaßen betroffenen, nicht revidierenden Angeklagten [X.]tragen die Feststellungen den Schuldspruch wegen zweier selbständiger Taten (§ 53 StGB) des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs nicht. Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Tatbeiträge der Angeklagten [X.]und [X.]nach den Grundsätzen des sog. uneigentlichen Organisationsdelikts (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, [X.], 341 f.) als einheitliche Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen sind, weil sie sich darin erschöpften, am Aufbau und an der Aufrechterhaltung des fiktiven Reisebüros mitzuwirken. Fehl geht indes die Annahme der [X.], dass in Bezug auf [X.] und [X.]jeweils von zwei Taten auszugehen sei, weil sich deren [X.] "zum einen auf die Täuschung der Zeitungsverlage und zum anderen auf die Täuschung der [X.]" erstreckt habe ([X.]). Dieser Gesichtspunkt trägt die Annahme zweier materiell-rechtlich selbständiger Taten nicht. Die organisatorischen Tatbeiträge von [X.] und [X.] dienten der Realisierung eines einheitlichen [X.]s, der sowohl die Betrügereien zum Nachteil der Zeitungsverlage als auch diejenigen zum Nachteil der [X.] umfasste. Dass der [X.] auf zwei unterschiedliche Betrugsmodalitäten gerichtet war, ändert daran nichts. Deshalb liegt hinsichtlich dieser Angeklagten jeweils nur eine Tat (§ 52 StGB) des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs vor, begangen in 16 tateinheitlichen Fällen. Das Vorliegen nur einer Tat im materiell-rechtlichen Sinne steht der Annahme banden- und gewerbsmäßigen Handelns nicht entgegen (vgl. dazu [X.], Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 [X.], [X.], 106). Auf die Revision des Angeklagten [X.]hat der [X.] den Schuldspruch auch insoweit in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO geändert und die Entscheidung gemäß § 357 StPO auf den Angeklagten [X.]erstreckt.

3. Die Rechtsfolgenaussprüche haben weitgehend keinen Bestand:

a) Der den Angeklagten [X.]    betreffende Strafausspruch entfällt - ungeachtet des durch die Schuldspruchänderung bedingten Wegfalls der in den [X.], 14, 16 und 20 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe - insgesamt, weil die [X.] nicht geprüft hat, ob in Bezug auf diesen Angeklagten eine Milderung des Strafrahmens unter Anwendung von § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung in Betracht kommt.

Nach den Feststellungen hatte [X.]    zur Aufklärung eines erpresserischen [X.] (§ 239a StGB) und anderer Straftaten beigetragen, die [X.] und [X.] im Januar 2013 zu seinem Nachteil begangen hatten. Deshalb eröffnet § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB in seiner zur Tatzeit geltenden, für den Angeklagten [X.]     günstigeren Fassung (§ 2 Abs. 3 StGB) die Möglichkeit einer Strafmilderung gemäß § 49 Abs. 1 StGB. Die danach maßgebliche Fassung der Vorschrift setzt nicht voraus, dass ein Zusammenhang zwischen der offenbarten und der von dem "Kronzeugen" verübten Tat besteht. Es reicht vielmehr aus, dass er Aufklärungshilfe zu einer der in § 100a Abs. 2 StPO aufgeführten Taten leistet. Schließlich steht der Anwendbarkeit der Vorschrift auch nicht entgegen, dass es sich bei dem Angeklagten um das Tatopfer handelte (vgl. zu allem [X.], Beschluss vom 19. Mai 2010 - 5 [X.], [X.]St 55, 153, 154 f.).

Die dem Strafausspruch zugrunde liegenden Feststellungen können bestehen bleiben, weil sie von dem Rechtsfehler nicht berührt werden.

b) Hinsichtlich der Angeklagten [X.]und [X.] hat die Schuldspruchänderung eine Aufhebung der gegen sie verhängten Einzel- und Gesamtstrafen zur Folge. Auch insoweit können die dem Strafausspruch zugrunde liegenden Feststellungen indes bestehen bleiben.

c) Schließlich führen die Revisionen der Angeklagten [X.]    und [X.]zur Aufhebung der sie betreffenden Entscheidungen über das Absehen von einer Verfallsanordnung gemäß § 111i Abs. 2 StPO, insoweit mit den zugehörigen Feststellungen. Denn die [X.] hat es in Bezug auf beide Angeklagten unterlassen, die Härtevorschrift des § 73c StGB zu prüfen. Diese ist auch im Rahmen einer Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO zu berücksichtigen ([X.], Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 [X.], [X.]St 56, 39, 44). Die Prüfung war hier entgegen der vom [X.] in seiner Antragsschrift vertretenen Auffassung in Anbetracht der bislang zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten getroffenen Feststellungen auch nicht entbehrlich.

Der [X.] hat die Entscheidung auch insoweit gemäß § 357 StPO auf den Angeklagten [X.]erstreckt, weil er von dem Rechtsfehler gleichermaßen betroffen ist. Dem steht nicht entgegen, dass die Frage, ob wegen einer unbilligen Härte (§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB) oder aufgrund einer Ermessensentscheidung (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB) von der Anordnung des Verfalls abzusehen ist, auf individuellen Erwägungen beruht, deren Beantwortung ganz wesentlich von den persönlichen Verhältnissen des jeweils Betroffenen abhängt ([X.], Beschluss vom 10. Januar 2008 - 5 [X.], [X.], 565, 567). Denn der Rechtsfehler liegt hier schon darin, dass die [X.] der Vorschrift des § 73c StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung ersichtlich keine Bedeutung beigemessen hat (vgl. dazu [X.], Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 [X.], [X.]St 56, 39, 51).

Die Aufhebung der die Angeklagten [X.]   , [X.]und [X.] betreffenden Entscheidungen über das Absehen von einer Verfallsanordnung nach § 111i Abs. 2 StPO hat zur Folge, dass auch die im [X.] getroffenen Feststellungen über das von diesen Angeklagten aus der Tat Erlangte entf[X.]. Insoweit weist der [X.] im Hinblick auf die neue Hauptverhandlung auf Folgendes hin:

Der Begriff des "[X.]" im Sinne des § 111i Abs. 2 StPO ist in demselben Sinne zu verstehen wie in § 73 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 73a Satz 1 StGB ([X.], Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 [X.], [X.]St 56, 39, 43). Danach ist ein Vermögenswert aus der Tat erlangt, wenn er dem Begünstigten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes in irgendeiner Phase des [X.] zugeflossen ist, er an ihm also unmittelbar aus der Tat tatsächliche, aber nicht notwendig rechtliche Verfügungsmacht gewonnen und dadurch einen Vermögenszuwachs erzielt hat. Bei mehreren Tatbeteiligten genügt insofern, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben ([X.], Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 [X.], [X.]St 56, 39, 45 f. mwN). Der Vermögensvorteil kann auch in ersparten Aufwendungen bestehen ([X.], Beschlüsse vom 13. Juli 2010 - 1 StR 239/10, [X.], 406; vom 28. Juni 2011 - 1 StR 37/11, [X.], 394, 395).

Dementsprechend hat die [X.] bei der Feststellung des [X.] sowohl im Hinblick auf den Angeklagten [X.]    als auch hinsichtlich der Angeklagten [X.]und [X.] zu Recht die ersparten Aufwendungen in den Fällen 1 bis 10 der Urteilsgründe in Höhe von insgesamt 39.785,15 € berücksichtigt. Sie ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte [X.]außerdem die in den [X.], 12 und 15 sowie 17 bis 19 der Urteilsgründe auf das Geschäftskonto überwiesenen Beträge in Höhe von insgesamt 7.510,80 € und der Angeklagte [X.]     überdies die in den [X.], 14, 16 und 20 der Urteilsgründe von den [X.] gezahlten Beträge in Höhe von insgesamt 6.280,90 € erlangt hat. Denn [X.]    hatte nicht nur auf sein eigenes Konto bei der [X.]    , sondern - ebenso wie [X.]- auch auf das Geschäftskonto von "B.    -Reisen" Zugriff, indem er als Kontoinhaber unter Vorlage seiner Ausweispapiere Barabhebungen davon vornehmen konnte.

Während die [X.] danach insgesamt zutreffend das von dem Angeklagten [X.]    Erlangte mit 53.576,85 € und das von dem Angeklagten [X.] Erlangte mit 47.295,95 € bemessen hat, hält die Feststellung des von dem Angeklagten [X.][X.] rechtlicher Überprüfung nicht stand, soweit das [X.] insoweit auch die in den [X.], 12 und 15 sowie 17 bis 19 der Urteilsgründe auf das Geschäftskonto überwiesenen Beträge in Höhe von insgesamt 7.510,80 € berücksichtigt hat. Denn [X.]hat nach den Urteilsfeststellungen zu keinem Zeitpunkt tatsächliche Verfügungsmacht über diese Gelder erlangt. Er war - anders als [X.] - weder im Besitz der betreffenden Bankkarte noch konnte er - im Gegensatz zu [X.]    - unter Vorlage seiner Ausweispapiere Barabhebungen von dem Konto vornehmen, weil er nicht Kontoinhaber war.

Falls die neue Hauptverhandlung erneut zu Entscheidungen über das Absehen von Verfallsanordnungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO führt, wird in den Urteilsgründen deutlicher als bisher zum Ausdruck zu bringen sein, ob und inwieweit die Angeklagten [X.]   , [X.]und [X.] in Bezug auf das jeweils Erlangte als Gesamtschuldner haften (vgl. dazu [X.], Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 [X.], [X.]St 56, 39, 52). Jedenfalls hinsichtlich der in den Fällen 1 bis 10 der Urteilsgründe ersparten Aufwendungen kommt nur eine gesamtschuldnerische Haftung der Angeklagten in Betracht.

Becker     

        

Schäfer     

        

Spaniol

        

Tiemann     

        

Berg     

        

Meta

3 StR 291/16

29.11.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hildesheim, 16. März 2016, Az: 20 KLs 26 Js 3620/13

§ 25 Abs 2 StGB, § 46b StGB, § 263 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.11.2016, Az. 3 StR 291/16 (REWIS RS 2016, 1698)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1698

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