Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2010, Az. IV ZR 188/08

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 1555

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am:

10. November 2010

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja [X.] Rechtsschutzversicherung (hier § 5 [X.] 94); ZPO § 78 Abs. 4, § 91 Abs. 2 Satz 3 Das in § 5 (1) a) Satz 1 [X.] 94 enthaltene Leistungsversprechen des [X.] erfasst auch die Rechtsanwaltsvergütung, die durch die Selbstvertre-tung eines versicherten Rechtsanwalts in einem [X.] entsteht.
[X.], Urteil vom 10. November 2010 - [X.]/08 - [X.]

LG Stuttgart
- 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2010 für Recht erkannt: 1. Der Kläger wird, nachdem er seine Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 26. Juni 2008 zurückgenommen hat, dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt. Die Klägerin wird, nachdem sie ihre Revision gegen das vorbezeichnete Urteil zurückgenommen hat, so-weit das Rechtsmittel die Erstattung von [X.] aus dem [X.] 11 C 612/02 (später 13 [X.]) vor dem [X.], dem Berufungsverfahren 6 S 168/05 vor dem [X.] und dem selbständigen Beweisverfah-ren 11 H 16/02 vor dem [X.] be-trifft, in diesem Umfang des Rechtsmittels für verlus-tig erklärt. 2. Im Übrigen wird - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels - auf die Revision der Kläge-rin das vorbezeichnete Urteil im [X.] aufgehoben, im Übrigen teilweise geändert und wie folgt neu gefasst: - 3 -

Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurück-weisung des Rechtsmittels im Übrigen wird das Urteil des [X.] vom 16. Januar 2008 dahin geändert, dass die [X.] verurteilt wird, an beide Kläger als Gesamtgläubiger 12.665,99 • nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz ab dem 24. April 2007 zu zahlen. 3. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden wie folgt verteilt: Von den gerichtlichen Kosten trägt der Kläger 50%, die Klägerin 44% und die [X.] 6%;
seine außergerichtlichen Kosten trägt der Kläger selbst; von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin - mit Ausnahme der durch die [X.] ent-standenen außergerichtlichen Kosten - trägt die Klä-gerin selbst 88%, die [X.] 12%,
von den außergerichtlichen Kosten der [X.]n - mit Ausnahme der durch die [X.] entstandenen außergerichtlichen Kosten - trägt der Kläger 50%, die [X.] selbst 6%, die Klägerin 44%, - 4 -

von den der Klägerin durch die [X.] entstandenen außergerichtlichen Kosten trägt die Klägerin selbst 54%, die [X.] 46%,
von den der [X.]n durch die Revisionsverhand-lung entstandenen außergerichtlichen Kosten trägt die [X.] selbst 46%, die Klägerin 54%. 4. Die Kosten der Vorinstanzen verteilen sich wie folgt: Von den Gerichtskosten trägt der Kläger 50%, die Klägerin 25% und die [X.] 25%,
die außergerichtlichen Kosten des [X.] trägt die-ser selbst,
von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Klägerin selbst 50%, die [X.] 50%,
von den außergerichtlichen Kosten der [X.]n trägt der Kläger 50%, die [X.] selbst 25% und die Klägerin 25%. 5. Streitwert für das Revisionsverfahren bis zum [X.]: bis 13.000 •, danach: bis 3.500 • Von Rechts wegen - 5 -

Tatbestand:
1 Die Klägerin fordert - soweit im Revisionsverfahren zuletzt noch im Streit - Versicherungsleistungen für insgesamt vier selbständige Beweis-verfahren aus der von ihr unter Mitversicherung ihres Ehemannes, eines Rechtsanwalts (des [X.] zu 2), bei der Rechtsvorgängerin der [X.] gehaltenen Rechtsschutzversicherung, welcher die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung ([X.] 94) zugrunde lie-gen. Die Klägerin und ihr Ehemann hatten Streit mit den Vermietern des von ihnen bewohnten Hauses. Wegen behaupteter Mängel dieser Mietsache leitete der Ehemann der Klägerin unter anderem in den [X.] 2004 bis 2005 jeweils als alleiniger Antragsteller insgesamt vier selbständige Beweisverfahren ein ([X.], Aktenzeichen 13 [X.], 13 [X.], 13 [X.] und 13 [X.]). In allen Verfahren ver-trat sich der Ehemann der Klägerin selbst. 2 Die [X.] lehnte eine Erstattung der durch diese Selbstvertre-tung entstandenen Rechtsanwaltskosten ab. Ferner beanstandete sie, dass durch die jeweils gesonderten Anträge auf Beweissicherung unnötig hohe Kosten entstanden seien und der Ehemann der Klägerin es entge-gen § 17 (5) c) aa) [X.] 94 versäumt habe, vor Antragstellung jeweils die Zustimmung des Versicherers einzuholen. Die Parteien hatten deswegen bereits in den Jahren 2005/2006 einen Rechtsstreit um die Erstattung der Rechtsverfolgungskosten geführt. Darin wurde rechtskräftig [X.], dass die [X.] "Rechtsschutz zu gewähren hat in dem Umfang, in dem sie bei Einholung ihrer Zustimmung vor Einleitung dieser Beweis-verfahren zu leisten gehabt hätte". 3 - 6 -

4 Die Klägerin fordert die Erstattung der durch die Selbstvertretung ihres Ehemannes entstandenen Rechtsanwaltsgebühren. Die vier Be-weisverfahren seien bei der für die Kostenerstattung maßgeblichen Ge-bührenermittlung getrennt abzurechnen.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Klägerin der Klage teilweise stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin nach teilweiser Rücknahme des Rechtsmittels nur noch das oben genannte Klagebegehren weiter. Ihr Ehemann hat seine Revision zurückgenommen. 5 Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin hat zum Teil Erfolg. 6 I. Das Berufungsgericht (dessen Urteil in [X.] 2008, 650-652 veröffentlicht ist) meint, Kosten für die anwaltliche Tätigkeit des Ehe-mannes der Klägerin in eigener Sache müsse die [X.] ungeachtet des § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht erstatten. Das allein maßgebliche, in § 5 (1) a) Satz 1 [X.] 94 enthaltene Leistungsversprechen erfasse den Sonderfall der Selbstvertretung eines Rechtsanwalts nicht. Die nachfol-gende Klausel des § 5 (2) a) [X.] 94, wonach die Kostenübernahme vom Versicherer erst gegen Nachweis einer entsprechenden Zahlungsver-pflichtung oder ihrer Erfüllung verlangt werden könne, führe dem [X.] hinreichend vor Augen, dass nur tatsächlich [X.] Zahlungsverpflichtungen, die bei einer Selbstvertretung nicht entstün-den, die Leistungspflicht des Versicherers auslösten. Der Zweck einer 7 - 7 -

Rechtsschutzversicherung bestehe in der Kompensation der mit einer Rechtsverfolgung verbundenen Vermögenseinbußen und nicht darin, an-derweitige Umsatz- oder Gewinnhoffnungen der versicherten Person zu erfüllen. Dem Versicherer sei es auch nach [X.] und Glauben nicht ver-wehrt gewesen, seine Rechtsauffassung in Abkehr von früher erteilten Deckungszusagen für andere Versicherungsfälle zu ändern. 8 Im Übrigen seien die erstattungsfähigen Kosten für die letzten vier selbständigen Beweisverfahren anhand eines einzigen, fiktiv die vier Teil-Gegenstandswerte zu einem Gesamtgegenstandswert bündelnden Beweisverfahrens zu berechnen. Das folge aus der rechtskräftigen Ent-scheidung des [X.]. 9 II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nur zum Teil stand. 10 Die [X.] ist verpflichtet, der Klägerin und ihrem Ehemann als Gesamtgläubiger aus den letzten vier selbständigen Beweisverfahren weitere 1.372,05 • für anwaltliche Gebühren und Auslagen zu erstatten, die durch die anwaltliche Selbstvertretung des Ehemannes entstanden sind. 11 1. Ob der Rechtsschutzversicherer auch Rechtsverfolgungskosten aus einer solchen Selbstvertretung zu erstatten hat, hängt von der Aus-legung der maßgeblichen Versicherungsbedingungen ab. Die hier ver-einbarten [X.] 94 enthalten unter anderem folgende Klauseln: 12 - 8 -

"§ 1 Aufgaben der Rechtsschutzversicherung Der Versicherer sorgt dafür, daß der [X.] seine rechtlichen Interessen wahrnehmen kann, und trägt die für die Interessenwahrnehmung erforderli-chen Kosten (Rechtsschutz). – § 5 Leistungsumfang (1) Der Versicherer trägt a) bei Eintritt des [X.] im Inland die [X.] eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung eines am Ort des zuständigen Gerichts ansässigen Rechtsanwalts. – (2) a) Der Versicherungsnehmer kann die Übernahme der vom Versicherer zu tragenden Kosten verlangen, [X.] er nachweist, daß er zu deren Zahlung verpflichtet ist oder diese Verpflichtung bereits erfüllt hat. – § 17 Verhalten nach Eintritt eines [X.] (1) Wird die Wahrnehmung rechtlicher Interessen für den Versicherungsnehmer nach Eintritt eines [X.] erforderlich, kann er den zu [X.] Rechtsanwalt aus dem Kreis der Rechtsanwälte auswählen, deren Vergütung der Versicherer nach § 5 Absatz 1 a und b trägt. –" a) In Lehre und Rechtsprechung war bisher umstritten, ob Selbst-vertretungskosten eines versicherten Rechtsanwalts nach diesen Bedin-gungen erstattet werden müssen. 13 - 9 -

14 aa) Für das Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren wird eine solche Verpflichtung des [X.] einhellig verneint. Die Strafprozessordnung sieht eine Selbstverteidigung des Rechtsan-walts in der Rolle des Beschuldigten, Angeklagten oder Betroffenen nicht vor. Eine andere Regelung ist - wie das [X.] in-zwischen wiederholt ausgesprochen hat ([X.] 53, 207, 214 f.; [X.] NJW 1998, 2205) - auch nicht von [X.] wegen geboten, weil sich die Rolle des Beschuldigten oder Betroffenen mit der dem [X.] zugeschriebenen Stellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege nicht vereinbaren lässt. Demgemäß schuldet nach ganz herrschender Meinung der Rechtsschutzversicherer keine Erstattung von [X.] aus einer Selbstverteidigung des Versicherten (vgl. die Nachweise bei Armbrüster in [X.]/[X.], [X.]. § 2 [X.] 75 Rn. 6 und [X.], r+s 2009, 265, 266 [X.]. 5 und 6; ferner die Recht-sprechungsnachweise bei [X.] in [X.], [X.] 8. Aufl. § 5 [X.] 2000 Rn. 50). Denn der Rechtsschutzversicherer muss einen Honoraran-spruch, der gebührenrechtlich gar nicht entstehen kann, auch nicht er-statten ([X.] aaO S. 267; [X.] in [X.]/Matusche-Beck-mann, [X.] 2. Aufl. § 37 Rn. 185). [X.]) Demgegenüber ist im Zivilverfahren die Selbstvertretung eines Rechtsanwalts auch für den [X.] in § 78 Abs. 4 ZPO aus-drücklich zugelassen. Als kostenrechtliche Konsequenz daraus bestimmt § 91 Abs. 2 Satz 3 (früher Satz 4) ZPO, dass dem Rechtsanwalt in [X.] die Gebühren und Auslagen zu erstatten sind, die er als Ge-bühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts verlangen könnte. Daher steht einer Erstattungspflicht des [X.] hier nicht entgegen, dass ein Honoraranspruch für Selbstvertretung prozesskostenrechtlich nicht entstehen kann. 15 - 10 -

16 (1) Teilweise wird daher in der Literatur die Auffassung vertreten, der Rechtsschutzversicherer müsse dem Rechtsanwalt als Versiche-rungsnehmer auch die Vergütung für eine Selbstvertretung erstatten ([X.], [X.] 6. Aufl. § 2 [X.] 75 Rn. 43; [X.] in [X.], Handbuch Versicherungsrecht 4. Aufl. § 13 Rn. 331; Buschbell in Busch-bell/Hering, Handbuch Rechtsschutzversicherung 4. Aufl. § 10 Rn. 49).
(2) Inzwischen ist allerdings die auch vom Berufungsgericht vertre-tene Gegenmeinung im Vordringen, die dem versicherten Rechtsanwalt in der Rechtsschutzversicherung die Erstattung von Honoraren aus Selbstvertretung auch für Zivil- und Arbeitsgerichtsverfahren versagt ([X.] NJW 2009, 239; Armbrüster in [X.]/[X.], [X.]. § 2 [X.] 75 Rn. 6; [X.] in [X.], [X.] 7. Aufl. § 2 [X.] 75 Rn. 43; [X.] in [X.], [X.] 8. Aufl. § 5 [X.] 2000 Rn. 49; [X.], NJW 2009, 1564 f.; [X.], [X.] 12. Aufl. § 2 (1) a Rn. 2d; [X.], [X.] 2008, 652; [X.], [X.], 409; [X.], r+s 2009, 265, 267 ff.; [X.] in [X.]/Matusche-[X.], [X.] 2. Aufl. § 37 Rn. 185; Schilling, [X.] [X.] ([X.]) und das [X.], Diss. 1987 S. 35 ff.). 17 Diese Meinung nimmt für sich in Anspruch, der Wortlaut der maß-geblichen Klauseln sei in mehrfacher Hinsicht eindeutig: Verspreche der Versicherer in § 5 (1) a) [X.] 94, die Kosten "eines für den Versiche-rungsnehmer tätigen Rechtsanwalts" zu tragen, so drücke schon dies unmissverständlich eine Personenverschiedenheit aus, da einerseits vom Versicherungsnehmer, andererseits von einem Rechtsanwalt die Rede sei. Im Übrigen sei anwaltliche Tätigkeit ihrem Wesen nach [X.] in der Regel die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ([X.] 18 - 11 -

aaO [X.]). Die Bestimmungen der §§ 78 Abs. 4 und 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO seien als "prozessrechtliche Sonderregeln" für die Auslegung der Versicherungsbedingungen ohne Bedeutung und regelten lediglich das gebührenrechtliche Prozessrechtsverhältnis ([X.] NJW 2009, 239). Insbesondere zeige die Fälligkeitsregelung in § 5 (2) a) [X.] 94, dass die Erstattung von [X.] nicht versprochen sei. Die Versicherungsleistung könne nach dem Wortlaut dieser Klausel erst verlangt werden, wenn der Versicherte zur Zahlung verpflichtet sei, ihm gegenüber also ein Zahlungsanspruch erhoben werde oder er diesen be-reits erfüllt habe. Ein solcher Anspruch bestehe bei der Selbstvertretung nicht, denn der Rechtsanwalt erwerbe durch sie keinen Anspruch gegen sich selbst. Vielmehr werde ein solcher Anspruch lediglich fingiert. Die Erstattung fingierter Ansprüche sei in § 5 [X.] 94 nicht versprochen. Das folge auch aus dem Sinn, Zweck und Wesen der Rechtsschutzversiche-rung als einer Kostenversicherung. Versprochen werde nur die Freistel-lung von Kosten, die bei der Rechtsverfolgung tatsächlich entstanden seien ([X.] aaO [X.]). Für eine über den Wortlaut der genannten Klausel hinausgehende, erweiternde Auslegung, deren Zulässigkeit oh-nehin fraglich sei, bestehe auch aus Gründen des [X.] Veranlassung. Bei diesem Verständnis des [X.] werde auch nicht die freie [X.] im Sinne der §§ 158m Abs. 1, 158o [X.] (§§ 127 Abs. 1, 129 [X.]) eingeschränkt.
b) Dem vermag sich der [X.] nicht anzuschließen. Vielmehr [X.] die Auslegung der vorgenannten Bedingungen, dass der [X.] auch Gebühren und Auslagen für eine anwaltliche Selbstvertretung erstatten muss. 19 - 12 -

20 aa) Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtspre-chung nicht wie Gesetze, sondern so auszulegen, wie ein durchschnittli-cher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs sie verstehen muss. Dabei kommt es in der Regel auf die Verständnis-möglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtli-che Spezialkenntnisse an ([X.]Z 123, 83, 85; weitere [X.] bei [X.] in [X.]/Langheid, [X.]. vor § 1 Rn. 16). Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass sich die in Rede stehende Auslegungsfrage ausschließlich versicherten Rechtsanwälten stellt, die sich im Zivilverfahren selbst vertreten wollen. Deshalb ist hier auf die [X.] eines solchen Rechtsanwalts abzustellen.
[X.]) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, schließt die Zusage in § 5 (1) a) [X.] 94 ("der Versicherer trägt – die Vergütung ei-nes für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts") es vom Wort-laut her nicht aus, dass damit auch die Selbstvertretung gemeint sein kann. Vor dem Hintergrund, dass § 78 Abs. 4 ZPO die Selbstvertretung ausdrücklich als einen rechtlich möglichen Fall der Vertretung einer [X.] durch einen Rechtsanwalt zulässt, ist der Wortlaut der Klausel nicht eindeutig. Denn auch wenn § 78 Abs. 4 ZPO zunächst nur eine verbindli-che Regelung für das Prozessrechtsverhältnis trifft, kann diese nicht oh-ne Einfluss auf das Verständnis des § 5 (1) a) [X.] 94 bleiben. Der [X.] wird der Leistungszusage entnehmen, dass der [X.] für diejenigen Rechtsverfolgungskosten aufkommt, die für die ordnungsgemäße Vertretung des Versicherungsnehmers durch einen Rechtsanwalt anfallen. Er wird - gerade wenn er selbst Rechtsanwalt ist - dabei auch in den Blick nehmen, dass ihm nach dem Prozessrecht die Möglichkeit offen steht, anstelle der Beauftragung eines anderen 21 - 13 -

Rechtsanwalts die Selbstvertretung zu wählen, zumal von § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO gewährleistet wird, dass für seine eigenen Leistungen eben-falls erstattungsfähige Rechtsanwaltskosten anfallen. Das führt den [X.] oder die versicherte Person zu einem Klauselver-ständnis, demzufolge auch die anwaltliche Selbstvertretung als Tätigkeit "eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts" anzusehen, eine Personenverschiedenheit von Anwalt und Mandant mithin kein kennzeichnendes Merkmal des Rechtsanwaltsmandats ist.
Darin kann sich der Versicherungsnehmer durch weitere Umstände bestärkt fühlen. Zum einen bestimmt § 5 (1) a) [X.] 94, der Versicherer erstatte die Rechtsanwaltsvergütung "– bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung –". Diese Bezugnahme auf das gesetzliche Gebührenrecht legt es nahe anzunehmen, dass das erstattungsfähig sein soll, was auch nach den gesetzlichen Bestimmungen im Prozessrechtsverhältnis einen Erstattungsanspruch begründet. Auch damit stellt die Klausel eine [X.] zu den gesetzlichen Regelungen nicht nur des [X.] sondern auch der Zivilprozessordnung über die Er-stattung von Rechtsanwaltsgebühren her. Diese gesetzlichen Bestim-mungen, insbesondere § 78 Abs. 4 und § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO, bleiben deshalb nicht so bedeutungslos für das Klauselverständnis, wie dies [X.] angenommen wird. Es kommt hinzu, dass § 17 (1) [X.] 94 in [X.] an § 158m Abs. 1 und § 158o [X.] (§§ 127 Abs. 1, 129 [X.]) dem Versicherungsnehmer das Recht einräumt, den Rechts-anwalt "aus dem Kreis der Rechtsanwälte auszuwählen, deren Vergütung der Versicherer nach § 5 Abs. 1 a und b trägt". Ist der Versicherungs-nehmer oder der Versicherte Rechtsanwalt, so wird er dieser Bestim-mung nicht entnehmen, dass seine Wahl nicht auf sich selbst fallen darf. Vielmehr kann er die Klausel wegen der von der Regelung in § 78 22 - 14 -

Abs. 3, § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO ausgehenden Indizwirkung dahin deuten, dass ihm auch die Selbstvertretung als eine prozessrechtlich zulässige und gebührenrechtlich erstattungsfähige Variante des Rechtsanwalts-mandats offen steht.
Dem steht § 5 (2) a) [X.] 94 nicht entgegen. Der Versicherungs-nehmer wird schon nicht annehmen, dass mit der erkennbar lediglich die Fälligkeit der Versicherungsleistung bestimmenden Klausel, eine ergän-zende inhaltliche Beschränkung des in § 5 (1) [X.] 94 umfangreich be-schriebenen [X.] erfolgen soll. Vielmehr liegt es für ihn nahe, die Fälligkeitsregelung für den Sonderfall der Selbstvertretung dahin zu verstehen, dass Letztere einen Unterfall der die Fälligkeit der Versicherungsleistung auslösenden Erfüllung darstellt. [X.] auch der sich selbst vertretende Rechtsanwalt keinen verpflichtenden [X.] gegen sich selbst erwerben und nachweisen können, so gleicht seine Situation wirtschaftlich derjenigen eines Versicherungsnehmers, der von einem anderen Rechtsanwalt vertreten worden ist und diesem das Honorar bereits beglichen hat. In beiden Fällen ist eine geldwerte anwaltliche Leistung bereits "auf Kosten" des Versicherungsnehmers er-bracht, weil der Versicherungsnehmer den jeweils erforderlichen Auf-wand dafür - im einen Fall durch Einsatz von Zeit und Arbeitskraft, im anderen Fall durch Einsatz eines äquivalenten Geldbetrages - getragen hat. 23 2. Anders als die Revision meint, sind die von der [X.]n zu er-stattenden Rechtsanwaltskosten für die Selbstvertretung des Ehemannes der Klägerin nicht auf der Grundlage der vier getrennt durchgeführten selbständigen Beweisverfahren vor dem [X.] (Akten-zeichen 13 [X.], 13 [X.], 13 [X.] und 13 [X.]) zu ermitteln. 24 - 15 -

Vielmehr führt die rechtskräftige Grundentscheidung des [X.] aus dem Vorprozess (22 O 298/05) dazu, die zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren und -auslagen anhand eines fiktiven, die vier Beweisbegehren zusammenfassenden Verfahrens zu errechnen.
a) Das [X.] hat seinen Urteilsausspruch in den [X.] dahingehend erläutert, dass bei Beachtung der Obliegenheit aus § 17 (5) c) aa) [X.] 94, d.h. bei Einholung der Zustimmung des [X.]s vor der Einleitung gerichtlicher Schritte, dem [X.] die Möglichkeit eröffnet gewesen wäre, seine Zustimmung zu den beabsichtigten vier Beweissicherungsverfahren aus Kostengründen von einer Bündelung in einem Verfahren abhängig zu machen. Wegen der Verletzung der genannten Obliegenheit hat das [X.] im Rahmen seiner rechtskräftigen Grundentscheidung eine Leistungskürzung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG a.F. vorgenommen. Damit steht zwischen den Parteien bindend fest, dass die Erstattungsleistung für die vier selbstän-digen Beweisverfahren ungeachtet weiterer Streitpunkte in jedem Falle auf den [X.] beschränkt bleibt, der sich unter Zugrundelegung eines einheitlichen Beweissicherungsverfahrens errechnen würde. 25 b) Der Klägerin und ihrem Ehemann als Gesamtgläubiger sind nach allem die in den vier letzten selbständigen Beweisverfahren ent-standenen Rechtsanwaltskosten aus der Selbstvertretung des Eheman-nes der Klägerin wie folgt zu erstatten: Nach § 61 Abs. 1 [X.] gilt für alle hier in Rede stehenden Verfahren das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz; ferner gilt ein Mehrwertsteuersatz von 16%. 26 - 16 -

27 Auf der Basis eines einzigen selbständigen Beweisverfahrens mit einem alle vier Gegenstandswerte zusammenfassenden Gegenstands-wert von 20.800 • ergibt sich: 1,3 Verfahrensgebühren 839,80 • (VV zum [X.] Nr. 3100) eine halbe Gebühr für die Beschwerde 323,00 • (VV zum [X.] Nr. 3500) Auslagenpauschale 20,00 • 16% Umsatzsteuer 189,25 • zusammen: 1.372,05 • - 17 -

28 Um diesen Betrag war die Verurteilungssumme des [X.] zu erhöhen. Im Zinsausspruch hat der [X.] berücksichtigt, dass Rechtshängigkeit hier bereits am 24. April 2007 eingetreten ist. Einen die Prozesszinsen (§ 291 BGB) übersteigenden Zinsanspruch hat die Kläge-rin nicht schlüssig dargelegt.
[X.] [X.] [X.] [X.]

[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 16.01.2008 - 22 O 151/07 - [X.], Entscheidung vom 26.06.2008 - 7 U 15/08 -

Meta

IV ZR 188/08

10.11.2010

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2010, Az. IV ZR 188/08 (REWIS RS 2010, 1555)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1555

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