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PDF anzeigen [X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 173/05 Verkündet am:
12. Juli 2006
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 -
[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. Kessal-Wulf und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2006 für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 25. Zi-vilsenats des [X.] vom 19. Juli 2005 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger, der zusammen mit seiner Ehefrau mit Hilfe künstlicher Befruchtung bereits ein erstes Kind gezeugt hat, begehrt die Feststel-lung, dass der beklagte private Krankenversicherer ihm wegen des [X.] nach einem zweiten Kind die Kosten für vier weitere Behandlungs-zyklen einer homologen In-vitro-Fertilisation ([X.]) mit intracytoplasmati-scher Spermieninjektion (ICSI) zu ersetzen hat. 1 - 3 -
Der Kläger ist beihilfeberechtigt und daneben beim Beklagten zu einem Tarif privat krankenversichert, der für ambulante Behandlungen eine Kostenerstattung zu 50% vorsieht. Dem [X.] liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen für die [X.] und Krankenhaustagegeldversicherung des Beklagten zugrunde, die in ihrem Teil I die Musterbedingungen 1994 des [X.] für die [X.] ([X.]/KK 94) einschließen. 2 [X.] gelang es im seinerzeit dritten Behandlungszyklus einer kombinierten [X.]/ICSI-Behandlung, deren Kosten überwiegend der gesetzliche Krankenversicherer der Ehefrau und zu einem geringen Teil der Beklagte getragen hat, mit Spermien des [X.] bei seiner im [X.] 1964 geborenen Ehefrau eine Schwangerschaft herbeizuführen, die im April 2003 mit der Geburt einer Tochter endete. 3 Die Eheleute wünschen sich ein zweites Kind. Deshalb wollen sie sich bis zu vier weiteren [X.]/[X.] unterziehen. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte auch deren Kosten jeweils zum tariflich festgelegten Prozentsatz (50%) erstatten müsse. Er behauptet, er leide an einer schweren [X.] und einem Oligo-Astheno-Teratozoospermie-Syndrom (OAT-Syndrom), das heißt [X.] verminderten Spermiendichte bei gleichzeitig verminderter Sper-mienbeweglichkeit und erhöhter Spermienfehlformenrate. Er könne [X.] auf natürlichem Wege keine Kinder zeugen. Bei seiner Ehefrau [X.] keine körperlichen Einschränkungen der Fertilität. 4 - 4 -
Der Beklagte bestreitet das Krankheitsbild des [X.] mit Nicht-wissen und meint, er müsse die Kosten für die künstliche Zeugung eines zweiten Kindes ohnehin nicht tragen. Die Krankheit des [X.] sei [X.] bereits mit Geburt seiner Tochter gelindert. 5 Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter. 6 Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 7 [X.] Das Berufungsgericht hält die Beklagte für leistungsfrei, weil es in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertrete, dass bei [X.]" als Versicherungsfall lediglich die medizi-nisch notwendige Behandlung zur Linderung der Krankheitsfolge "Kinder-losigkeit" in Betracht komme. Eine solche Linderung sei hier aber schon wegen der Geburt der Tochter des [X.] nicht mehr erforderlich, so dass den geplanten weiteren Behandlungen kein Versicherungsfall mehr zugrunde liege. Die künstliche Befruchtung ziele nicht etwa darauf ab, pathologische Folgen körperlicher oder seelischer Art unmittelbar [X.]. Ohne Kinderwunsch bestünde sogar keine Veranlassung, den regelwidrigen Zustand der Sterilität zu behandeln. Deshalb sei die Indi-kation für die künstliche Befruchtung bei Sterilität "ersichtlich nur nach-geordnet medizinischer Natur." 8 - 5 -
I[X.] Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. 9 1. Die Feststellungsklage ist zulässig, weil das Begehren nach der Behauptung des [X.] auf bereits aktualisierte, ärztlich für notwendig erachtete, bevorstehende Behandlungen gerichtet und durch ein Fest-stellungsurteil eine sachgemäße und erschöpfende Lösung des Streits über die Erstattungspflichten zu erwarten ist (vgl. dazu Senatsurteile vom 8. Februar 2006 - [X.] - [X.], 535 unter [X.]; vom 17. Dezember 1986 - [X.] - [X.], 280 unter I betreffend den ersten Behandlungszyklus einer [X.]-Behandlung; vom 23. [X.] 1987 - [X.] - [X.], 1107 betreffend weitere Behand-lungszyklen einer [X.]-Behandlung). 10 2. Der Auffassung des Berufungsgerichts, die Geburt der [X.] Tochter der Eheleute im Jahre 2003 schließe die Annahme eines Versicherungsfalls für die Zukunft aus, folgt der Senat nicht, wie er be-reits im Urteil vom 21. September 2005 ([X.], 122 ff.) dargelegt hat. Das Berufungsgericht hätte stattdessen Beweis darüber erheben müssen, ob der Kläger an der behaupteten Fertilitätsstörung leidet und ob sich die ins Auge gefassten [X.]/[X.] mit Blick auf diese Erkrankung als notwendig erweisen. Insoweit muss die Sache neu verhandelt werden. 11 12 a) Versicherungsfall einer Krankheitskostenversicherung, der § 1 (2) Satz 1 [X.]/KK 94 zugrunde liegt, ist die medizinisch notwendige Heil-behandlung der versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen. - 6 -
Die Krankheit des [X.] ist nach seinem Sachvortrag allein die auf körperlichen Ursachen beruhende Unfähigkeit, auf natürlichem Wege Kinder zu zeugen. Das schließt es aus, das Vorliegen eines [X.] allein mit dem Hinweis darauf zu verneinen, dass der Kläger und seine Ehefrau bereits Eltern eines gemeinsamen Kindes sind (vgl. dazu BGHZ aaO 125).
b) Wird eine In-vitro-Fertilisation in Kombination mit einer intracy-toplasmatischen Spermieninjektion vorgenommen, um die organisch [X.] Unfruchtbarkeit eines Mannes zu überwinden, so ist die [X.] eine insgesamt auf dieses Krankheitsbild abgestimmte Heilbehand-lung (BGHZ 158, 166, 171). 13 c) Soweit § 5 (1.3) der Versicherungsbedingungen davon spricht, eine Leistungspflicht für künstliche oder extrakorporale Befruchtung be-stehe, wenn eine organbedingte Sterilität der Frau vorliege und die [X.] nach objektiver medizinischer Feststellung das einzige Mittel zur Herbeiführung einer Schwangerschaft sei, enthält diese Klausel - wie das Berufungsgericht zutreffend sieht - weder einen Ausschluss noch ei-ne Einschränkung der Erstattungsfähigkeit von Heilbehandlungskosten, die durch eine körperlich bedingte Unfruchtbarkeit eines versicherten Mannes bedingt sind. 14 d) Für den Fall, dass die Beweisaufnahme die behauptete Erkran-kung des [X.] ergibt, kommt es im Weiteren darauf an, ob die ins [X.] gefassten [X.]/[X.] medizinisch notwendig sind. Insbesondere ist dabei zu prüfen, ob die ins Auge gefassten [X.] - 7 -
lungszyklen ausreichend Erfolg versprechen (vgl. dazu [X.], 122, 128 ff.; 133, 208, 215; 99, 228, 235). Für diese Prüfung gelten die vom Senat in der Entscheidung [X.], 122 ff. näher dargelegten Maßstäbe. 16 [X.]
[X.] [X.] Dr. Kessal-Wulf [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 17.02.2005 - 26 O 15499/04 - [X.], Entscheidung vom 19.07.2005 - 25 U 2196/05 -
Meta
12.07.2006
Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2006, Az. IV ZR 173/05 (REWIS RS 2006, 2664)
Papierfundstellen: REWIS RS 2006, 2664
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
IV ZR 113/04 (Bundesgerichtshof)
IV ZR 133/05 (Bundesgerichtshof)
IV ZR 323/18 (Bundesgerichtshof)
Private Krankenversicherung: Medizinische Notwendigkeit einer In-vitro-Fertilisation mit intracytoplasmatischer Spermieninjektion
IV ZR 323/18 (Bundesgerichtshof)
I-4 U 135/03 (Oberlandesgericht Düsseldorf)
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