Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.06.2014, Az. 2 StR 31/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 5076

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Gegenstand

Überlange Verfahrensdauer in Strafsachen: Strafmilderung auf Grund der Verfahrensverzögerung durch einen eklatanten Verfahrensfehler


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 2. August 2013 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hatte den Angeklagten in einer ersten Hauptverhandlung durch zwei nacheinander verkündete Urteile in derselben Sache verurteilt. Nach Aufhebung beider Urteile durch Beschluss des Senats vom 23. Oktober 2012 - 2 StR 285/12 - ([X.]R StPO § 260 Abs. 1 Urteilsverkündung 1 und StPO § 338 Nr. 7 Entscheidungsgründe 1) hat es den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in weiterer Tateinheit mit vorsätzlichem Führen einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Bestimmung zur Anrechnung ausländischer Auslieferungshaft getroffen. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

Der Schuldspruch ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Revision rügt aber mit Recht, dass das [X.] die Dauer des Verfahrens nicht als Strafmilderungsgrund in Betracht gezogen hat.

3

Dazu hätte schon deshalb Anlass bestanden, weil im Fall eines eklatanten Verfahrensfehlers eine Verfahrensverzögerung anzunehmen ist, die gegen das Beschleunigungsgebot verstößt (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 46 Rn. 125). Ein solcher Verfahrensfehler lag deshalb vor, weil das [X.] in der ersten Hauptverhandlung nach Verkündung eines Urteils erkannt hatte, dass es dem Angeklagten nicht das letzte Wort erteilt hatte; sie hatte dann gegen den Widerspruch der Verteidigung die Hauptverhandlung neu eröffnet, um die versäumte [X.] nachzuholen, und anschließend ein zweites Urteil verkündet. Das erste Urteil wurde vom Senat aufgrund des absoluten Revisionsgrunds gemäß § 338 Nr. 7 StPO aufgehoben, das zweite Urteil deshalb, weil es an einem noch beim [X.] anhängigen Verfahren gefehlt hatte. Die hierdurch eingetretene Verzögerung des rechtskräftigen Abschlusses des Verfahrens ist dem Staat als Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot zuzurechnen. Sie hätte zumindest als Strafmilderungsgrund berücksichtigt werden müssen. Der neue Tatrichter wird aber auch zu erwägen haben, ob wegen Verletzung von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] eine Kompensationsentscheidung nach der [X.] der Rechtsprechung ([X.], Beschluss vom 17. Januar 2008 - [X.], [X.]St 52, 124, 128 ff.) angezeigt ist.

Fischer                                  Schmitt                                  Krehl

                     Eschelbach                                Zeng

Meta

2 StR 31/14

04.06.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Wiesbaden, 2. August 2013, Az: 1 Ks 4444 Js 34959/10

Art 6 Abs 1 S 1 MRK

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.06.2014, Az. 2 StR 31/14 (REWIS RS 2014, 5076)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5076

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

2 StR 31/14

Zitiert

2 StR 285/12

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