Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2020, Az. 5 StR 635/19

5. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11517

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:100620B5[X.]TR635.19.0

BUN[X.][X.]GERICHT[X.]HOF
BE[X.]CHLU[X.][X.]

5 [X.]tR 635/19

vom
10. Juni 2020
in der [X.]trafsache
gegen

1.

2.

wegen Verabredung zur Herbeiführung einer [X.]prengstoffexplosion u.a.

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2
-
Der 5. [X.]trafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 10. Juni 2020 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 [X.]tPO beschlossen:

1.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] (Oder) vom 22. Juli 2019,

a)
soweit es den Angeklagten M.

betrifft,
im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; im Umfang der [X.] wird die [X.]ache zu neuer Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten seines Rechtsmittels, an eine andere [X.]trafkammer des [X.]s zurückverwie-sen;

b)
im Ausspruch über die Einziehung aufgehoben; die Ein-ziehungsanordnung entfällt.

2.
Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.

3.
Der Angeklagte B.

hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

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3
-

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten in
vier Fällen des versuchten Dieb-stahls mit Waffen in Tateinheit mit Vorbereitung eines Explosionsverbrechens und mit Verabredung zur Herbeiführung einer [X.]prengstoffexplosion sowie in einem weiteren Fall der Vorbereitung eines Explosionsverbrechens schuldig
gesprochen. Es hat gegen den Angeklagten M.

eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und gegen den Angeklagten B.

eine Gesamtfreiheits-strafe von sechs Jahren und acht Monaten verhängt. Daneben hat es eine [X.] eingezogen. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts rügen, haben in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet.
I.
Nach den Feststellungen des [X.]s kamen die Angeklagten, die sich aus gemeinsamer Haftzeit kannten, überein, Geldautomaten aufzuspren-gen und sich das darin vorgehaltene Bargeld zu verschaffen. Hierzu wollten sie die Automaten jeweils am Bedienteil mit
[X.]temmeisen öffnen, um anschließend durch diese Öffnung ein Gemisch aus brennbarem
Gas und [X.]auerstoff einzulei-ten und dieses mittels eines eingeführten elektrischen Zünders zur Explosion bringen. [X.]ie besorgten sich die hierzu notwendigen Utensilien, die sie bei den nachfolgenden Taten in dem von ihnen zum Aufsuchen der Tatorte genutzten Fahrzeug mit sich führten.
1. Am 28. Mai 2018 betraten die Angeklagten nach Mitternacht den Vor-raum einer Bank in [X.].

. Einer der beiden besprühte die Monitore der
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Automaten und weitere Kameras mit Farbe. Anschließend hebelten sie mit ih-ren [X.]temmeisen das Bedienteil eines Geldautomaten auf. [X.]ie erkannten, dass es sich bei diesem um ein neues Modell handelte, bei dem ein Einleiten von Gas zur [X.]prengung des Tresors über das geöffnete Bedienteil nicht möglich war. Daraufhin brachen sie ihr Vorhaben ab und fuhren in Umsetzung ihres Planes weiter, um nach einer neuen Tatgelegenheit zu suchen (Fall II.1 der Ur-teilsgründe).
2. In einer Bank in Z.

versuchten sie noch in derselben Nacht mit ihren [X.]temmeisen das Bedienteil eines Geldautomaten zu öffnen. Da dessen Vorbau jedoch keinen Ansatz zum Hebeln hatte, brachen sie Teile der den Au-tomaten umschließenden Wand heraus. Als die Angeklagten merkten, dass ihnen das Öffnen des Bedienteils nicht gelang und damit ein Einleiten des [X.] nicht möglich war, gaben sie die weitere Ausführung der Tat auf (Fall II.2 der Urteilsgründe).
3. Am 16. Juli 2018 begannen die Angeklagten nachts im Vorraum der [X.]parkasse N.

mit ihren [X.]temmeisen das Bedienteil des Geldautomaten aufzuhebeln. Als sie dabei erkannten, dass sich der Automat nicht für eine [X.]prengung eignete, gaben
sie ihr Vorhaben auf (Fall [X.]).
4. In derselben Nacht hatten sich die Angeklagten zuvor schon in eine Bank in M.

begeben. Dort hebelten sie mit den [X.]temmeisen das Bedien-teil eines Kontoauszugsdruckers auf, um anschließend das einzuleitende Gas mittels eines schon bereit gelegten Kabels zu zünden. Als sie erkannten, dass es sich bei dem Gerät um einen Drucker handelte,
brachen sie ihr Vorhaben ab
(Fall II.4 der Urteilsgründe).
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5. In der Nacht zum 26. Juli 2018 fuhren die Angeklagten umher, um [X.] Bankfilialen ausfindig machen. Zur Durchführung ihres Planes hatten sie ihr Fahrzeug zuvor erneut mit den hierfür benötigten Gegenständen [X.]. Als die Besatzung eines Funkstreifenwagens auf sie aufmerksam wurde und sie zum Anhalten aufforderte, flüchteten sie (Fall II.5 der Urteilsgründe).

II.
Die Verurteilung der Angeklagten hält in sämtlichen Fällen rechtlicher Prüfung stand. Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
1. In den Fällen II.1 bis II.4 der Urteilsgründe hat das [X.] rechts-fehlerfrei eine [X.]trafbarkeit der Angeklagten wegen tateinheitlich begangenen versuchten Diebstahls mit Waffen gemäß §
244 Abs. 1 Nr. 1a [X.]tGB angenom-men. Nach den Feststellungen haben die Angeklagten im [X.]inne von § 22 [X.]tGB bereits unmittelbar zur Verwirklichung
des Diebstahls mit Waffen angesetzt.
Für den [X.] beim Diebstahl reicht regelmäßig ein Angriff auf einen gewahrsamssichernden [X.]chutzmechanismus aus, wenn sich für den Fall von dessen Überwindung der Täter nach seinem [X.] ohne tatbestands-fremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbil-dung einen ungehinderten Zugriff auf die erwartete Beute vorstellt (vgl. [X.],
Beschluss vom 28. April 2020

5 [X.]tR 15/20 mwN unter Aufgabe früherer ab-weichender Rechtsauffassung; siehe
auch [X.], Beschluss vom 14. Januar 2020

4 [X.]tR 397/19). Nach diesem Maßstab hatten die Angeklagten
dadurch, dass sie in den Fällen 1 bis 4 jeweils das Bedienteil der Automaten aufhebelten bzw. hiermit begannen, bereits zur Wegnahme des in den Automaten erwarte-ten Geldes angesetzt.
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Bei ihrem tatplanmäßig mehraktigen Vorgehen wollten die Angeklagten
unmittelbar anschließend an die gewaltsame
Öffnung der gewahrsamsschüt-zenden [X.] das Gasgemisch in den Automaten einleiten, um durch die danach herbeizuführende [X.]prengstoffexplosion das Gerät vollständig zu zerstö-ren und an das darin erwartete Geld zu gelangen. [X.]ie wollten nach ihrem inso-weit dichten [X.] mit bereits zum Tatort geschafften [X.] ihren Angriff auf das Behältnis im
unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem ersten Teilakt der Beschädigung der [X.] fortsetzen und die
[X.]chutzvorrichtung endgültig beseitigen. Der Umstand, dass es für einen Gewahrsamsbruch noch der Einleitung des Gasgemisches und dessen Zündung als weiterer wesentli-cher Zwischenschritte bedurft hätte, steht der Annahme des unmittelbaren [X.] zur Verwirklichung des [X.] nicht entgegen. Denn diese dem Gewahrsamsbruch vorgelagerten und seine Verwirklichung erst er-möglichenden Teilakte des Gesamtgeschehens erscheinen nach dem [X.] wegen ihrer notwendigen Zusammengehörigkeit und wegen des engen zeitli-chen und räumlichen Zusammenhangs mit der eigentlichen Tathandlung als deren Bestandteil und bilden mit ihr eine natürliche Einheit. Einen nach dem ersten Angriff auf die Gehäuse der Automaten erst noch zu treffenden eigen-ständigen Entschluss oder eine sonstige zeitliche Zäsur sah der [X.] der Angeklagten nicht vor.
2. Rechtsfehlerfrei
ist das [X.] auch davon ausgegangen, dass die Angeklagten
in den genannten Fällen sowohl
der Vorbereitung eines Explo-sionsverbrechens (§ 310 Abs. 1 Nr. 2 [X.]tGB) als auch

tateinheitlich hierzu

der Verabredung der Herbeiführung einer [X.]prengstoffexplosion (§ 308 Abs. 1, § 11
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30 Abs. 2 [X.]tGB) schuldig sind. Der Versuch der Beteiligung an einem [X.] im [X.]inne von § 30 Abs. 2 [X.]tGB steht
hier mit einer unter [X.]trafe gestellten Vorbereitung dieses Verbrechens in Tateinheit, da die sich aus § 30 Abs. 1 [X.]tGB ergebende [X.]trafandrohung diejenige für die [X.] und die Delikte einen unterschiedlich gelagerten Unrechtsgehalt aufwei-sen
(vgl. [X.], Beschluss vom 8. Dezember 2015

3 [X.]tR 438/15, [X.][X.]t 61, 84, 91 f. mwN).
Es besteht auch kein durchgreifendes Bedenken gegen die

die Ange-klagten ohnehin nicht benachteiligende

Wertung des [X.]s, dass hin-sichtlich des Verbrechens
gemäß § 308 Abs. 1 [X.]tGB die Tatausführung das Versuchsstadium noch nicht erreicht hat,
obgleich die Angeklagten in Bezug auf den Gewahrsamsbruch beim Diebstahl mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1a [X.]tGB) schon unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt
haben (vgl. auch [X.], Beschluss vom 8. Dezember 2015

3 [X.]tR 438/15, aaO,
[X.]. 85). Denn der [X.] bestimmt sich stets tatbestandsbezogen (st. Rspr., vgl. [X.], Urteile vom 16. Januar 1991

2 [X.]tR 527/90, [X.][X.]t 37, 294, 296; vom 13. Ja-nuar 2010

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[X.]tR 439/09, NJW 2010, 623 mwN;
Beschlüsse vom 12. Januar 2011

1 [X.]tR 540/10, N[X.]tZ 2011, 400, 401; vom 7. August 2014

3 [X.]tR 105/14, N[X.]tZ 2015, 207 f. mit [X.]. [X.], 152 mwN; vom 28. April 2020

5 [X.]tR 15/20). Ob der Täter schon zu der Rechtsverletzung angesetzt hat, die für den in Betracht kommenden [X.]traftatbestand maßgeblich ist, hängt dabei von seiner Vorstellung über das unmittelbare Einmünden seiner Hand-lungen in die Erfolgsverwirklichung ab. Deshalb können bei [X.] Delikten die Zeitpunkte
eines [X.]s auseinanderfallen. Insofern hat das [X.] nach den hierzu getroffenen Feststellungen ver-tretbar angenommen, dass die Angeklagten mit den von ihnen zur Vorbereitung einer [X.]prengung der Automaten unternommenen [X.]chritten die [X.]chwelle zum 13
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Versuch des Herbeiführens einer [X.]prengstoffexplosion noch nicht überschritten haben (vgl. zum [X.] bei § 308 [X.]tGB,
[X.], Urteil vom 6. Dezember 2007

3 [X.]tR 325/07, [X.]R [X.]tGB § 22 Ansetzen 35).
III.
Der den Angeklagten M.

betreffende [X.] insoweit durchgreifenden Bedenken,
als das [X.] keine [X.] zum Vollstreckungsstand der grundsätzlich gesamtstrafenfähigen im [X.]trafbefehl des [X.] am 13. November 2018 verhängten Geldstrafe von 60 Tagessätzen getroffen hat. Den Urteilsgründen kann somit nicht entnommen werden, ob eine Einbeziehung in die Gesamtfreiheitsstrafe noch möglich oder im [X.] die Gewährung eines Härteausgleichs erforderlich ist. Der [X.]enat kann insbesondere mit Blick auf die mitgeteilten wirt-schaftlichen Verhältnisse des Angeklagten und den Zeitablauf nicht ausschlie-ßen, dass die Vollstreckung der Geldstrafe durch den Vollzug von [X.]

etwa in Unterbrechung der Untersuchungshaft

erledigt ist. Dies würde den Angeklagten

anders als im Fall einer Nichtzahlung der Geldstrafe die unterbliebene oder im Fall ihrer Bezahlung die nicht mehr mögliche Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe

benachteiligen (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Ja-nuar
2017

5 [X.]tR 601/16, [X.]traFo 2017, 118).
Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Ergänzende [X.] dürfen den bisherigen nicht widersprechen.
IV.
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Die auf § 74 [X.]tGB gestützte Anordnung der Einziehung einer am
7. November 2018 auf dem Grundstück der Lebensgefährtin des
Angeklagten B.

sichergestellten [X.] hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.

Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich nicht, dass es sich bei dem [X.]chlagwerkzeug um ein Tatmittel
handeln könnte, das zur Begehung oder Vor-bereitung der verfahrensgegenständlichen Taten gebraucht wurde oder dazu bestimmt war. Gegen den Angeklagten B.

war insoweit das Verfahren we-gen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Waffengesetz gemäß § 154 Abs. 1 [X.]tPO zugleich mit der Anklageerhebung eingestellt worden. Da nicht zu erwarten ist, dass noch die [X.] begründende Fest-stellungen getroffen werden können, lässt der [X.]enat die Einziehung entfallen.
[X.]

[X.] Mos-bacher

Köhler Resch
Vorinstanz:
[X.] (Oder), [X.], 22.07.2019 -
228 Js 18635/18 23 KLs 3/19
17

Meta

5 StR 635/19

10.06.2020

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2020, Az. 5 StR 635/19 (REWIS RS 2020, 11517)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11517

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zitiert

5 StR 15/20

4 StR 397/19

3 StR 438/15

1 StR 540/10

3 StR 105/14

5 StR 601/16

5 StR 635/19

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