Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2015, Az. 3 StR 438/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 1090

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:081215B3STR438.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 [X.]
vom
8. Dezember 2015
Nachschlagewerk:
ja
[X.]St:

ja
Veröffentlichung:

ja
_____________________________________________

[X.] § 30 Abs. 2, § 308 Abs. 1, § 310 Abs. 1 Nr. 2

1. Sprengstoffe im Sinne von § 308 Abs. 1, § 310 Abs. 1 Nr. 2 [X.] sind alle Stoffe, die bei Entzündung eine gewaltsame und plötzliche Ausdehnung dehnbarer (elastischer) Flüssigkeiten und Gase hervorrufen, und geeignet sind, dadurch den Erfolg einer Zerstörung herbeizuführen. Es kommt nicht darauf an, ob der Stoff fest, flüssig oder gasförmig ist, ob er Beständigkeit hat oder nur im Augenblick der Herstellung anwendbar und wirksam ist oder ob die Explosion auf Zündung von außen oder auf Selbstzündung beruht (im [X.] an [X.], 35).

2. Der Versuch der Beteiligung an einem Verbrechen im Sinne von § 30 Abs. 2 [X.] steht mit einer unter Strafe gestellten Vorbereitung dieses Verbre-chens jedenfalls dann in Tateinheit (§ 52 Abs. 1 [X.]), wenn die sich aus §
30 Abs. 1 und 2 [X.] ergebende Strafandrohung diejenige für die [X.] übersteigt (im [X.] an [X.], Urteil vom 24. Januar 2001 -
3 [X.], [X.]St 46, 266).

[X.], Beschluss vom 8. Dezember 2015 -
3 [X.] -
LG [X.]

-
2
-

in der Strafsache
gegen

wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion
u.a.

-
3
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des [X.] und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. Dezember 2015 gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.]s [X.] vom 18. März 2015 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen

-
schweren Bandendiebstahls in Tateinheit
mit vorsätzlichem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in drei Fällen,
-
versuchten schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in drei Fällen,
-
Vorbereitung eines [X.]s in Tateinheit mit Verabredung zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und zum schweren Bandendieb-stahl in zwei Fällen sowie
-
Vorbereitung eines [X.]s in Tateinheit mit Verabredung zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und mit versuchtem schweren Bandendiebstahl

zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.
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-

Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:

1. Der Angeklagte und die vier Mitangeklagten hatten verabredet, Geld-automaten aufzusprengen, um sich in den Besitz des darin vorgehaltenen [X.] zu bringen. Hierzu wollten sie ein Gemisch aus brennbarem Gas und Sauerstoff in die Automaten einleiten und dieses mittels eines eingeführten elektrischen Zünders zur Explosion bringen. Ein Mitangeklagter sollte zunächst in die entsprechenden Räumlichkeiten der zuvor ausgekundschafteten Bankfili-alen eindringen und die [X.] anbringen, andere sollten sich [X.] mit den benötigten Gasflaschen abrufbereit in der Nähe aufhalten. Aufgabe des Angeklagten sollte es sein, die Tatorte abzusichern. In den Fällen [X.], 10. und 11. der Urteilsgründe begaben sich die Angeklagten zwar jeweils dieser Abrede gemäß zu der ausersehenen Bankfiliale, mussten aber wegen unvorhergesehener Hindernisse bzw. polizeilichen Zugriffs von weiterer Tataus-führung absehen.

2. Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass die Angeklagten in den genannten Fällen auch ein [X.] vorbereitet haben (§ 310 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Bei dem als Tatmittel vorgesehenen Gasgemisch handelte es sich um Sprengstoff.

a) Der [X.] hat sich zu der Frage, welche Eigenschaften einem Sprengstoff im Sinne von § 308 Abs. 1, § 310 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zu-kommen müssen, bislang nicht abschließend geäußert. Insbesondere hatte er 2
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über Gas-Luft-Gemische nur im Zusammenhang mit Taten nach § 308 [X.] bzw. der Vorgängervorschrift zu entscheiden, so dass es auf eine Abgrenzung im Einzelnen, ob die Tat durch Sprengstoff oder durch andere Mittel begangen oder versucht wurde, nicht ankam (vgl. Urteil vom 11. Juni 1965 -
4 StR 245/65,
[X.]St 20, 230; Urteil vom 15. November 1978
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2 StR 456/78,
[X.]St 28, 196; Urteil
vom 17. Oktober 2002
-
3 StR 153/02,
NStZ 2003, 253; Beschluss vom 20. Dezember 2002 -
2 StR 251/02,
[X.]St 48, 147;
Urteil vom 24. Juli 2003
-
3 [X.]/02,
StV 2003, 540; Beschluss
vom 27. April 2004
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3 StR 112/04,
NStZ 2004, 614; Beschluss
vom 15. April 2010
-
5 [X.], NStZ
2010, 503). Die strafrechtliche Literatur bietet kein einheitliches Bild. Soweit dort, teils unter Rückgriff auf Begrifflichkeiten des [X.], [X.] unternommen werden, entbehren diese zumeist der Systematik oder der nähe-ren Begründung (vgl. LK/[X.], [X.], 12. Aufl., § 308 Rn. 4; § 310 Rn. 5; MüKo[X.]/[X.], 2. Aufl., § 310 Rn. 5; S/[X.]/[X.], [X.], 29.
Aufl., §
308 Rn. 4 ff.; § 310 Rn.
4;
Lackner/[X.], [X.],
28.
Aufl.,
§ 308 Rn.
2;
[X.], [X.], 63. Aufl., § 308 Rn. 3).

b) Das Strafgesetzbuch enthielt ursprünglich keine auf Sprengstoffe be-zogenen Tatbestände. Sprengstoffverbrechen waren vielmehr geregelt in §§ 5 bis 7 des Gesetzes gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Ge-brauch von Sprengstoffen (Sprengstoffgesetz) vom 9. Juni 1884 ([X.] [X.]), geändert durch Gesetz vom 8. August 1941 ([X.] I S. 531).
Ausgehend von der Begründung zu diesem Gesetz verstand das [X.] unter [X.] alle explosiven Stoffe, welche sich zur Verwendung als Sprengmittel eignen, also alle diejenigen Stoffe, die bei Entzündung eine gewaltsame und plötzliche Ausdehnung dehnbarer (elastischer) Flüssigkeiten und Gase hervor-rufen, und geeignet sind, dadurch den Erfolg einer Zerstörung herbeizuführen (vgl. RG, Urteil vom
22.
Dezember 1913 -
III 389/13, [X.], 72, 74; Urteil 6
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vom 8.
Dezember 1932 -
III 872/32, [X.], 35, 37). Für unerheblich [X.] das [X.] den Aggregatzustand des Stoffes. Es hielt ausdrücklich fest, dass es für die Sprengstoffeigenschaft ohne Belang ist, ob der Stoff fest, flüssig oder gasförmig ist, ob er Beständigkeit hat oder nur im Augenblick der Herstellung anwendbar und wirksam ist oder ob die Explosion auf Zündung von außen oder auf Selbstzündung beruht (RG, Urteil vom 8.
Dezember 1932 -
III 872/32, [X.], 35, 38). Ebenso wenig kam es nach Auffassung des Reichs-gerichts darauf an, ob der Stoff üblicherweise als Sprengmittel verwendet oder im allgemeinen Sprachgebrauch als Sprengstoff bezeichnet wird (RG, Urteil vom 22.
Dezember 1913 -
III 389/13, [X.], 72, 75 f.; Urteil vom 8.
Dezember 1932 -
III 872/32, [X.], 35, 38).

c) Dieser -
auch heute noch mit dem Wortsinne und mit dem Gesetzes-zweck zu vereinbarenden -
Bestimmung des Begriffs "Sprengstoff"
durch das [X.] schließt sich der Senat an. Sie hat in § 308 Abs. 1, § 310 Abs. 1 Nr. 2 [X.] Eingang gefunden.

[X.]) Die Fassung dieser Vorschriften entspricht im Wesentlichen den durch das [X.] vom 1. Juni 1964 ([X.]) erstmals eingeführten § 311 Abs. 1, § 311a Abs. 1 [X.], die ihrerseits auf §
323 Abs. 1, § 326 Abs. 1 Nr. 2 in der Fassung des [X.]
(BT-Drucks. IV/650
S. 63 f.) zurückgehen. Ziel dieser Vorhaben war es inso-weit, die bis dahin über verschiedene Gesetzesmaterien verstreuten [X.] erheblicher gemeingefährlicher Verbrechen, namentlich auch die in §§ 5 bis 7 des [X.] 1884 geregelten, im Strafgesetzbuch zusam-menzuführen und gleichzeitig die angedrohten Strafen auf ein rechtsst[X.]tlich erträgliches Maß zurückzuführen (BT-Drucks. IV/650 S. 495 f.,
498,
502
f.;
IV/2186 S. 1 ff.). Dass damit auch Einschränkungen des vom [X.] 7
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entwickelten Sprengstoffbegriffs verbunden sein sollten, geht aus den Geset-zesmaterialien nicht hervor.

[X.]) Auch die Binnensystematik von § 308 Abs. 1, § 310 Abs. 1 Nr. 2 [X.] (§ 311 Abs. 1, § 311a Abs. 1 aF) [X.] gebietet solche Einschränkungen nicht. Explosionen im Sinne des § 308 Abs. 1 [X.] können auch ohne Spreng-stoff im so verstandenem Sinne herbeigeführt werden, insbesondere durch Überdruck; ob, wie in der oben zitierten Kommentarliteratur teilweise ange-nommen, dem Wortlaut entgegen auch [X.] als Explosionen anzuse-hen sind, kann der Senat dabei offen lassen. Der bereits als § 326 Abs. 1 Nr. 2 im Reformentwurf 1962 enthaltene, auf Sprengstoffe bezogene Vorbereitungs-tatbestand trägt allein dem Umstand Rechnung, dass ein Umgang des [X.] mit diesem
regelmäßig besondere Gefährdungslagen für Dritte schafft (BT-Drucks. IV/650 S. 504). Gleichermaßen findet die ausdrückliche Aufnahme auch des Begriffs Sprengstoff schon in § 323 Abs. 1 [X.] des [X.] ihren Grund darin, dass die Verwendung von Sprengstoffen als Hauptfall der Herbeiführung von Explosionen anzusehen ist (BT-Drucks. IV/650 S. 502). Zwar wird dem Sprengstoff dort beispielhaft neben Wasserdampf auch [X.] ([X.]) gegenübergestellt. Allein diese nicht näher erläuterte [X.] gerade von Leuchtgas rechtfertigt indes nicht die Annahme, der [X.] habe gasförmige Explosivstoffe dem herkömmlichen strafrechtlichen Sprengstoffbegriff entziehen wollen.

d) Die nachfolgende Ablösung des [X.] 1884 hat an dieser Fortgeltung des vom [X.] entwickelten Sprengstoffbegriffs nichts geändert.

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[X.]) Das Sprengstoffgesetz wurde in seiner modernen Form erstmals eingeführt in der Fassung vom 25. August 1969 ([X.] 1358) und am 13.
September 1976 neu gefasst ([X.] 2737). Die heutige
Gestalt geht auf eine weitere Neufassung vom 17. April 1986 ([X.] I S. 577) zurück. Seit 1969 verwenden alle Fassungen -
trotz des fortgeführten amtlichen [X.] "Sprengstoffgesetz"
-
im Haupttitel und inhaltlich nur noch den Begriff "explosi-onsgefährliche Stoffe"
und regeln insoweit Umgang, Verkehr und Einfuhr.

(1) Die bis 1986 geltenden Fassungen bestimmten explosionsgefährliche Stoffe im Sinne des [X.] gemäß § 1 mit ihrer chemisch-technischen Bezeichnung in umfangreichen Anlagen.
§ 1 Abs. 2 Nr. 1 der [X.] 1976 stellte ihnen weitgehend solche Stoffe gleich, die nicht explosions-gefährlich, aber explosionsfähig und zum Sprengen bestimmt sind. Der erfor-derliche Aggregatzustand des Stoffs war nicht grundsätzlich festgelegt; aller-dings enthielten die Anlagen durchweg Stoffe, die unter Normalbedingungen fest oder flüssig sind. Lediglich die besonderen Regelungen für nicht in den Anlagen aufgeführte, sich aber als explosionsgefährlich erweisende ("neue") Stoffe waren ausdrücklich beschränkt auf feste und flüssige Materialien (§ 2 Abs. 1 Fassung 1969; § 3 Abs. 1 Fassung 1976).

(2) Seit der Neufassung vom 17. April 1986 ([X.] I S. 577) verzichtet das Sprengstoffgesetz auf die konkrete Benennung als explosionsgefährlich erachteter Stoffe in Anlagen und legt seinen Geltungsbereich in § 1 Abs. 1 Satz
1 heute allgemein fest auf "den Umgang und Verkehr mit sowie die [X.] von festen oder flüssigen Stoffen und Zubereitungen (Stoffe), die durch eine nicht außergewöhnliche thermische, mechanische oder andere Beanspru-chung zur Explosion gebracht werden können (explosionsgefährliche Stoffe), ". Satz 2 schränkt dies allerdings weiter dahin ein, dass als explosionsgefähr-11
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lich nur solche Stoffe gelten, die sich in einem Prüfverfahren unter genau defi-nierten Bedingungen -
in späteren Fassungen nach EU-Vorgaben -
als solche erwiesen haben (hierzu BT-Drucks. 10/2621 S. 10). Da die Legaldefinition des "Stoffs"
in § 1 Abs. 1 Satz 1 auch für die verbliebene [X.] in §
1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
("explosionsfähige Stoffe, die nicht explosionsgefährlich, jedoch zur Verwendung als Explosivstoffe
bestimmt sind") sowie die "neuen Stoffe"
im [X.] des § 2 gelten muss, ist nunmehr klargestellt, dass das [X.] auf Gase keine Anwendung findet.

[X.]) Eine Übertragung der Begriffsbestimmungen des novellierten [X.] auf § 308 Abs. 1, § 310 Abs. 1 Nr. 2 [X.] verbietet sich indes.

(1) Das Sprengstoffgesetz regelt den Umgang mit Gefahrstoffen und dient der Gefahrenabwehr. Zentraler Begriff ist der "explosionsgefährliche Stoff", der dadurch charakterisiert ist, dass bereits eine "nicht außergewöhnli-che", also bei gewöhnlichem Umgang ohne weiteres zu erwartende thermische, mechanische oder elektrostatische Beanspruchung den A[X.]rennvorgang aus-lösen kann. Anliegen des [X.] ist es, sichere Rechtsgrundla-gen für den Verkehr mit solchen Stoffen und für behördliche Maßnahmen zu schaffen. Dies ergibt sich einmal aus der Einschränkung in dessen § 1 Abs. 1 Satz
2, wonach als explosionsgefährlich nur Stoffe gelten, die sich in einem amtlichen Prüfverfahren als solche erwiesen haben, zum anderen aus den Re-gelungen für sogenannte
neue Stoffe (§ 2). Was demgegenüber die durch die genannten Strafvorschriften geschützten Rechtsgüter betrifft, wäre es [X.] verfehlt, gleichsam
verwaltungsakzessorisch im [X.] nur solche Stoffe als Sprengstoffe anzuerkennen, die sich im Prüfverfahren schon bei "nicht
außergewöhnlicher"
Behandlung als explosionsgefährlich erwiesen haben. 14
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Strafrechtliche Relevanz gewinnen vielmehr auch jene Stoffe, die nur bei
"außergewöhnlicher"
Einwirkung reagieren, denn jedenfalls vorsätzlichem Han-deln sind in diesem Sinne außergewöhnliche Mittel -
Initialzünder -
meist im-manent. Ebenso wenig bestimmt in diesem Falle die benötigte Zündenergie das
Maß der Gemeingefährlichkeit des Handelns. Andere Stoffe können den explo-sionsgefährlichen zwar "gleichstehen", aber nur nach Maßgabe subjektiver Zweckbestimmung (§ 1 Abs. 2 Satz
1 Nr. 1 Sprengstoffgesetz). Bei einer Über-nahme einer solchen Begriffsbestimmung in das Strafgesetzbuch wäre der [X.] des Sprengstoffs objektiv nicht mehr zu ermitteln.

Zur Beschränkung des [X.] auf feste oder flüssige Stof-fe verhalten sich die Gesetzesbegründungen
nicht (BT-Drucks. V/1268; 7/4824; 10/2621). Allerdings führen Gase regelmäßig nicht zu den gerade für den An-wendungsbereich des [X.] typischen Gefahren, denn Umgang und Verkehr mit diesen vollziehen sich regelmäßig in fest umschlossenen Be-hältnissen, so
dass eine Zündung "außergewöhnliche"
Umstände voraussetzen wird. Im Übrigen ist die Abwehr gastypischer Gefahren Gegenstand von Rege-lungen in vielfältigen anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

(2) Im Ergebnis weichen damit die im Strafgesetzbuch und im [X.] jeweils verwendeten Begrifflichkeiten schon im [X.] ab. [X.] werden sie jeweils auch in unterschiedlichen [X.] verwendet. Schon dies spricht für die autonome Bestimmung des strafrechtlichen Begriffs "Sprengstoff". Eine weitere Bestätigung hierfür findet sich in der Begründung zum Gesetz vom 25. August 1969 (BT-Drucks. V/1268 S. 43 f.), die erhellt, dass das Sprengstoffgesetz aus eigener Zweckrichtung heraus den Begriff "Sprengstoff"
gerade hinter
sich lassen und sich von einer Anknüpfung seiner Regelungstatbestände hieran lösen wollte. Das vorgehende 16
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Gesetz vom 9. Juni 1884 habe noch von "Sprengstoffen"
gesprochen und da-runter gemäß der amtlichen Begründung alle explosiven Stoffe verstanden, welche sich zur Verwendung als Sprengmittel eignen. In der Rechtsprechung des [X.]s sei diese Stelle der amtlichen Begründung dahin ausgelegt worden, dass zu den Sprengstoffen alle explosiven Stoffe gehören, also alle diejenigen, die bei Entzündung eine gewaltsame und plötzliche Ausdehnung dehnbarer (elastischer) Flüssigkeiten und Gase hervorrufen, sofern sie sich zur Verwendung als Sprengmittel eignen, d.h., den Erfolg einer Zerstörung [X.]. Dies habe sich teils als zu eng erwiesen, da es die wirtschaftliche und technische Entwicklung mit sich gebracht habe, dass Stoffe, die eine Explosion hervorrufen können, auch bei der Gewinnung, Herstellung und Verarbeitung anderer Wirtschaftsgüter Verwendung finden. Teils gehe diese Begriffsbestim-mung aber auch zu weit, da sie [X.], Schwarzpulver, rauch-schwaches Pulver und Flüssigluftsprengstoffe erfasse; in dieser Weite habe sich der Sprengstoffbegriff bei der Anwendung des [X.] als unzweckmäßig erwiesen. Es sei deshalb notwendig,
eine ganze Reihe von Sprengstoffen, die nur eine geringe Empfindlichkeit aufweisen, vom Anwen-dungsbereich des Gesetzes auszunehmen.

Daraus wird nochmals deutlich, dass das Sprengstoffgesetz seiner Zweckrichtung gemäß die für die gewöhnliche Handhabung bedeutsame Reak-tionsfreudigkeit eines Explosivstoffes in den Vordergrund stellt und erst in [X.] das Maß der Zerstörungskraft des von ihm ausgelösten Druckstoßes berücksichtigt. So ist insbesondere rauchschwaches Pulver (z.B. [X.]) bis heute wesentlicher Bestandteil einer Reihe kommerziell genutzter Sprengmittel.

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3. Ebenfalls zutreffend geht das [X.] davon aus, dass der Ange-klagte in den genannten Fällen sowohl der Vorbereitung eines Explosionsver-brechens (§ 310 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) als auch -
tateinheitlich hierzu -
der [X.] der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 1, § 30 Abs.
2 [X.]) schuldig ist. Der Versuch der Beteiligung an einem Verbrechen im Sinne von § 30 Abs. 2 [X.] steht mit einer unter Strafe gestellten Vorbereitung dieses Verbrechens jedenfalls dann in Tateinheit, wenn die sich aus § 30 Abs.
1 [X.] ergebende Strafandrohung diejenige für die [X.] übersteigt (vgl. im Ergebnis bereits [X.], Urteil vom 24. Januar 2001
-
3 [X.], [X.]St 46, 266, 267; im Ergebnis ebenso LK/[X.] [X.]O,
§ 310 Rn. 19; [X.] [X.]O,
§
310 Rn. 9). Dies ist hier der Fall.

Zwar erfordert die Vorbereitung einer Straftat -
hier gemäß § 310 Abs. 1 Nr. 2 [X.] -
weitergehende, über deren bloße Verabredung hinausgehende Schritte in Richtung auf die Vollendung. Die Annahme eines Stufenverhältnis-ses mit der Folge einer Verdrängung der Verabredung (so NK-[X.]-Zaczyk, 4.
Aufl., § 30 Rn. 80) verbietet sich in den genannten Fällen jedoch schon auf-grund der in der höheren Strafandrohung für die Verabredung -
hier nach § 308
Abs. 1, § 30 Abs. 2, § 49 Abs. 1 [X.] -
zum Ausdruck kommenden gesetzli-chen Wertung. Der Grund dafür, Tathandlungen nach § 30 [X.] hinsichtlich der Strafandrohung weitgehend dem Versuch gleichzustellen, liegt in der Ge-fährlichkeit des konspirativen Zusammenwirkens mehrerer Personen, das Gruppendynamik entfalten, die Beteiligten psychisch binden und so die spätere Ausführung der Tat wahrscheinlicher machen kann. Allein eine Vorbereitungs-handlung,
die tatbestandlich keine Mitwirkung eines weiteren Beteiligten erfor-dert, weist diesen besonderen Unrechtsgehalt nicht auf. Umgekehrt tritt aber auch die Vorbereitung nicht hinter die Verabredung zurück (so aber
S/[X.]/[X.] [X.]O,
§ 310 Rn. 11; MüKo[X.]/[X.] [X.]O,
§ 310 Rn. 15; 19
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13
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Lackner/[X.] [X.]O,
§ 310 Rn. 5), denn § 30 [X.] erfasst seinerseits nicht den anders gelagerten Unrechtsgehalt derjenigen Tatbestände, in denen der Ge-setzgeber unterhalb der [X.] liegende Vorbereitungshandlungen wegen darin enthaltener tatsächlicher Schritte hin zur Vollendung des Verbre-chens als strafwürdig eingestuft hat.

[X.]Hubert Mayer

Gericke

Spaniol

Meta

3 StR 438/15

08.12.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2015, Az. 3 StR 438/15 (REWIS RS 2015, 1090)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1090

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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