Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2018, Az. VII ZR 157/17

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 8991

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:170518UVIIZR157.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VII ZR 157/17

Verkündet am:

17. Mai 2018

Mohr,

Justizfachangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 157 [X.], § 199; UStG § 27
Abs. 19; UStG 2011 § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1, Abs.
5 Satz
2 Halbsatz 1
Sind ein Bauunternehmer und ein Bauträger bei einem zwischen ihnen vor Erlass des Urteils des [X.] vom 22. August 2013 ([X.], [X.], 20) abge-schlossenen und durchgeführten Bauvertrag übereinstimmend von der [X.] gemäß § 13b Abs.
5 Satz 2 Halbsatz 1 UStG 2011 ausgegangen und hat der Bauträger die auf die erbrachten Leistungen des Bauunternehmers [X.] an das Finanzamt
abgeführt, steht dem Bauunternehmer aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung ein Anspruch auf Zahlung des [X.]s zu, wenn der Bauträger Erstattung der Steuer verlangt und deshalb für den Bauunternehmer die Gefahr entsteht, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner gemäß §
27 Abs.
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UStG die Umsatzsteuer abführen zu müssen.
[X.]ie Verjährung dieses Anspruchs beginnt in einem solchen Fall gemäß §
199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Erstattungsantrag gestellt ist und der [X.] davon Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.
[X.], Urteil vom 17. Mai 2018 -
VII ZR 157/17 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
[X.]er VII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. April 2018 durch [X.] Kartzke und Prof. [X.]r. Jurgeleit und die Richterinnen [X.], [X.] und [X.]r. Brenneisen
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird unter Zurückweisung der Revi-sion im Übrigen das Urteil der [X.] für Handelssachen des [X.] vom 13. Juli 2017 aufgehoben,
soweit die Berufung des [X.] hinsichtlich der Klage auf Zahlung von 1.785,57

dem Basiszinssatz seit dem 10.
März
2016 zurückgewiesen [X.] ist.
Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 7. [X.]ezember 2016 unter Zurückweisung der [X.] im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
[X.]ie [X.] wird unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an [X.] über dem Basiszinssatz seit dem 10.
März 2016 zu [X.].
[X.]ie Kosten des Rechtsstreits trägt die [X.].

Von Rechts wegen

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-
Tatbestand:
[X.]er Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 1. Mai 2015 eröffneten [X.] über das Vermögen der K.
E.
GmbH (im Folgenden: Insol-venzschuldnerin). Er verlangt als Restwerklohn die Zahlung eines Umsatzsteu-

[X.]ie spätere Insolvenzschuldnerin erbrachte für die [X.], ein Bauträ-ger, im Jahr 2011 Elektroinstallationsarbeiten im Rahmen der Errichtung des Neubaus eines Geschäftshauses. Sie rechnete ihre Leistungen mit der Schluss-rechnung vom 31. [X.]ezember 2011 vereinbarungsgemäß in Höhe von 9.397,76

"[X.]ie Umsatzsteuer für diese umsatzsteuerpflichtige Leistung schuldet der Leistungsempfänger gemäß § 13b UStG."
[X.]ie [X.] zahlte den Rechnungsbetrag und führte die Umsatzsteuer von §
13b UStG in der damaligen bundesweiten Praxis der Finanzämter.
Mit Urteil vom 22. August 2013 ([X.], [X.], 20) entschied der [X.], dass § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG 2005 [= § 13b Abs. 5 Satz
2 Halbsatz 1 UStG 2011] entgegen der einschlägigen [X.] (Abschn.
182a Abs. 11 UStR 2005) einschränkend dahin auszulegen sei, dass es für den Übergang der Steuerschuldnerschaft darauf ankomme, ob der [X.] die an ihn erbrachte bauwerksbezogene [X.] oder sonstige Leistung selbst zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. [X.]ies treffe auf Bauträger nicht zu, die die erbrachten Leistungen für die Bebau-ung eigener, zur Veräußerung vorgesehener Grundstücke verwenden ([X.], 20 Rn. 50 ff.).
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[X.]ie [X.] beantragte daraufhin beim Finanzamt die Erstattung der von ihr entrichteten Umsatzsteuer. Über diesen Antrag ist noch nicht entschie-den.
Mit Schreiben vom 9. Februar 2016 teilte das Finanzamt dem Kläger mit, dass die [X.] die Erstattung der Umsatzsteuer beantragt habe. Es wies darauf hin, die Insolvenzschuldnerin sei als Bauleisterin verpflichtet, eine die Umsatzsteuer ausweisende
Rechnung auszustellen und die Umsatzsteuer [X.]. Unter Umständen bestehe zivilrechtlich die Möglichkeit, die geschul-dete Umsatzsteuer nachträglich von dem Bauträger zu fordern. § 27 Abs.
19 Satz 3 UStG eröffne die Möglichkeit, einen entsprechenden Zahlungsanspruch mit Wirkung an Zahlungs Statt an das Finanzamt abzutreten.
[X.]er Kläger stornierte daraufhin die Schlussrechnung der Insolvenz-schuldnerin und übermittelte der [X.] eine den [X.] in Höhe von 1.785,57

Schreiben forderte er die [X.] zur Zahlung des [X.]s unter Fristsetzung bis zum 9. März 2016 auf. Eine Abtretung an das Finanzamt er-folgte nicht. [X.]as Finanzamt erließ gegenüber der Insolvenzschuldnerin einen Umsatzsteuerbescheid über den oben genannten Betrag, gegen den der Kläger Einspruch eingelegt hat. Eine Entscheidung über den Einspruch steht aus.
[X.]er Kläger hat im Jahr 2016 Klage erhoben. [X.]ie [X.], die der [X.] ist, der Anspruch bestehe nicht, hat vorsorglich die Einrede der [X.] erhoben.
[X.]as Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. [X.]as Berufungsgericht hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
[X.]er Kläger verfolgt mit der Revision seinen Zahlungsantrag weiter.
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Entscheidungsgründe:
[X.]ie Revision des [X.] führt

von der Höhe des Zinsausspruchs ab-gesehen

zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur antragsgemäßen Verur-teilung der [X.].

I.
[X.]as Berufungsgericht hat -
soweit für das Revisionsverfahren von Be-deutung -
im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Eine vertragliche Regelung, aus welcher sich unmittelbar eine entspre-chende Zahlungsverpflichtung der [X.] ergeben könne, bestehe nicht.
[X.]em Kläger stehe auch nach den Grundsätzen der ergänzenden Ver-tragsauslegung kein Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer zu. Zwar sei da-von auszugehen, dass der durch den Bauträger beauftragte Unternehmer [X.] letztlich nicht mit der Umsatzsteuer belastet sein solle. [X.]ies führe aber nicht zur Bejahung des geltend gemachten Zahlungsanspruchs. Es sei nämlich die Regelung in §
27 Abs. 19 UStG zu berücksichtigen, nach der sich der Unternehmer durch Abtretung des Erstattungsanspruchs von der [X.] befreien könne. Unter Berücksichtigung kaufmännischer Ge-sichtspunkte hätten sich die Vertragsparteien auf eine möglichst komplikations-lose Regelung mit der Zielsetzung eingelassen, es bei der bereits durchgeführ-ten Abwicklung des steuerrechtlichen Vorgangs zu belassen.
[X.]er Kläger könne eine Zahlung auch nicht im Rahmen einer [X.] gemäß §
313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) beanspruchen. 11
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Es fehle an dem Merkmal der Unzumutbarkeit, weil der Kläger eine Belastung mit der Umsatzsteuer durch eine Abtretung vermeiden könne.

II.
[X.]as hält der rechtlichen Überprüfung

mit Ausnahme der Bestätigung der teilweisen Abweisung des Zinsanspruchs

nicht stand.
[X.]ie Erwägung des [X.], eine ergänzende Vertragsausle-gung ergebe nicht, dass der Kläger als Restwerklohn Zahlung eines Umsatz-steuerbetrags in Höhe von 1.785,57

beeinflusst.
1. [X.]er [X.] kann die von dem Berufungsgericht vorgenommene ergän-zende Vertragsauslegung uneingeschränkt überprüfen.
a) [X.]ie Auslegung von Willenserklärungen ist zwar grundsätzlich Angele-genheit des Tatrichters. Eine revisionsrechtliche Überprüfung findet nur dahin statt, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Ausle-gungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder [X.]enkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (vgl. [X.], Urteil vom 31.
August
2017

[X.], [X.], 99 Rn.
24 = [X.], 718 m.w.N.). Auch die ergänzende Vertragsauslegung gehört zu dem Bereich tat-richterlicher Feststellung, die grundsätzlich nur eingeschränkt von dem [X.] überprüft werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 15.
Oktober
2014

XII
ZR
111/12, NZM
2015, 211 Rn.
65; Urteil vom 17.
April
2002

VIII
ZR
297/01, NJW 2002, 2310, juris Rn. 18 m.w.N.).

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b) aa) Etwas anderes gilt jedoch bei der (ergänzenden) Auslegung von typischen Vertragsgestaltungen, die über den Bezirk des [X.] hinaus regelmäßig mit gleichförmigem Inhalt im geschäftlichen Verkehr verwen-det werden. Solche Verträge unterliegen im Interesse einer einheitlichen Hand-habung einer vollen inhaltlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht
(vgl. [X.], Urteil vom 7.
November 2012

XII ZR 41/11, [X.], 148 Rn.
16; Ur-teil vom 24. Januar 2008 -
III ZR 79/07, NJW-RR 2008, 562 Rn.
11; Urteil vom 11. Oktober 2005

XI
ZR
395/04, [X.]Z 164, 286, 292, juris Rn.
25; vgl. auch [X.]/[X.], 7. Aufl., §
133 Rn. 70).
[X.]) So liegt der Fall hier. Bis zum Erlass des Urteils des [X.] vom 22. August 2013 ([X.], [X.], 20) entsprach es auf [X.] der einschlägigen [X.] der bundesweiten Praxis der Finanzverwaltung, bei Bauträgern wie im Streitfall deren Steuerschuldnerschaft gemäß § 13b UStG a.F. anzunehmen. [X.]aran haben sich die Vertragsparteien bei derartigen Verträgen mit Bauträgern vielfach orientiert. [X.]ie vorliegende Aus-legungsproblematik ist dementsprechend Gegenstand einer Vielzahl instanzge-richtlicher Entscheidungen (vgl. [X.], Urteil vom 8. März 2018

8 U 80/17; OLG [X.]üsseldorf, Urteil vom 28. November 2017 -
23 U
23/16; [X.], Urteil vom 16. Oktober 2017 -
29 [X.]; [X.], [X.], 44; [X.], Urteil vom 18.
[X.]ezember 2017 -
6 [X.]; LG [X.]üsseldorf, Urteil vom 22.
[X.]ezember
2016

16
O
325/15; LG
Bonn, Urteil vom 20.
Juli
2016

1
O
12/16; [X.], Urteil vom 28. Oktober 2015

1
O
1399/15). Im Interesse der Rechtssicherheit und der einheitlichen Hand-habung der auf diese Praxis der Finanzverwaltung ausgerichteten Verträge ist eine allgemein verbindliche Auslegung sachlich geboten (vgl. [X.], Urteil vom 24.
Januar 2008 -
III ZR 79/07, NJW-RR 2008, 562 Rn.
11).
2. [X.]ie Vereinbarung der Parteien weist eine Regelungslücke auf.
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a) Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung der Parteien eine Regelungslücke, d.h. eine planwidrige Unvoll-ständigkeit, aufweist. [X.]as ist dann der Fall, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder ihn bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und
sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt. [X.]abei kann von einer planwidrigen Regelungslücke nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde [X.] der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständi-gung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu [X.] ist (st.
Rspr., vgl. [X.], Urteil vom 20.
April
2017

VII
ZR
194/13, BauR
2017, 1361 Rn.
25 =
NZBau
2017, 596; Urteil vom 15.
Oktober
2014

XII
ZR
111/12, [X.], 211 Rn.
70; Urteil vom 12.
Oktober
2012

V
ZR
222/11, NJW-RR 2013, 494 Rn. 9).
b) Eine solche Regelungslücke ist gegeben. [X.]ie Parteien haben keine Regelung für den Fall getroffen, dass für die Insolvenzschuldnerin die Gefahr besteht, wegen der Heranziehung als Steuerschuldnerin die Umsatzsteuer [X.] zu müssen. [X.]iese Gefahr beruht auf dem Urteil des [X.] vom 22.
August 2013 ([X.], [X.], 20) und der Reaktion der [X.] hierauf. [X.]er von ihr gestellte Erstattungsantrag begründet gemäß §
27 Abs.
19 UStG die Befugnis des Finanzamts, die gegen die Insolvenzschuldnerin wirkende Steuerfestsetzung zu ändern. [X.]iese Gefahr besteht unbeschadet des Streits, ob dieser Vorschrift eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zukommt
(verneinend [X.], 177 Rn. 62 mit Nachweisen zum Streitstand).
aa) [X.]ie Vertragsparteien gingen bei Vertragsschluss übereinstimmend von einer Steuerschuldnerschaft der [X.] aus. [X.]ies zeigt sich an der von der Insolvenzschuldnerin zunächst erteilten Rechnung, mit der sie nur über ein 23
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Entgelt ohne Steuerbetrag abrechnete und dabei ausdrücklich auf die Steuer-schuldnerschaft der [X.] hinwies. [X.]as entsprach dem Verständnis der [X.] als Bauträger, da sie die auf die Leistung der Insolvenzschuldnerin entfallende Umsatzsteuer an das Finanzamt abführte. [X.]ie Vereinbarung der Vertragsparteien orientierte sich an der damaligen Praxis der Finanzverwaltung.
[X.]) [X.]iese Verwaltungspraxis hat der [X.] (Urteil vom 22.
August 2013 -
[X.], [X.], 20 Rn. 50) verworfen und §
13b Abs.
2 Satz 2 UStG 2005 [= § 13b Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 UStG 2011] ein-schränkend dahin ausgelegt, dass es für den Übergang der Steuerschuldner-schaft darauf ankomme, dass der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte bauwerksbezogene [X.] oder sonstige Leistung selbst zur Erbringung einer derartigen Leistung verwende. [X.]ies treffe auf Bauträger nicht zu, welche die erbrachten Bauleistungen für die Bebauung eigener, zur Veräußerung vor-gesehener Grundstücke verwenden. [X.]anach war die [X.] nicht Steuer-schuldnerin.
Soweit das [X.] mit Schreiben vom 5.
Februar 2014 (BStBl. I 2014, 233) und vom 8. Mai 2014 (BStBl. I 2014, 823) als Reaktion auf das genannte Urteil des [X.] eine Vereinfa-chungs-/Nichtbeanstandungsregelung vorgesehen hat, nach der die Beteiligten es einvernehmlich bei der ursprünglichen steuerlichen Beurteilung belassen können, hat die [X.] hiervon, indem sie einen Erstattungsantrag gestellt hat, keinen Gebrauch gemacht. Aufgrund dieses [X.] hat das Finanzamt gegen die Insolvenzschuldnerin einen Umsatzsteuerbescheid erlas-sen.

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3. [X.]ie deshalb in dem Vertrag bestehende Lücke ist im Rahmen der er-gänzenden Auslegung dahin zu schließen, dass der Vergütungsanspruch um den [X.] von 1.785,57

a) Liegt eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke vor, ist zu ermitteln, was die Parteien vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten. [X.]er [X.] kann die erforderliche ergänzende Vertragsauslegung selbst vornehmen, da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind (vgl. [X.], Urteil vom 18. Februar 2000 -
V
ZR 334/98, [X.], 894, 895, juris Rn.
13; Urteil vom 12. [X.]ezember 1997 -
V
ZR 250/96,
NJW 1998, 1219 f., juris Rn.
10).
aa) Bei der ergänzenden Vertragsauslegung ist der hypothetische Par-teiwille Grundlage für die Ergänzung des [X.], so dass darauf abzu-stellen ist, was die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung ihrer Interes-sen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Oktober
2012

V
ZR
222/11, NJW-RR
2013, 494 Rn.
12; Urteil vom 18.
November
2011

V
ZR
31/11, [X.]Z
191, 336 Rn.
16; Urteil vom 31.
Oktober 2008 -
V [X.], [X.], 679 Rn. 7, jeweils m.w.N.).
[X.]) Nach diesen Maßstäben hätten die Vertragsparteien, wenn sie vor-hergesehen hätten, dass die Steuerschuldnerschaft bezüglich der [X.] nicht bei der [X.], sondern bei der (späteren) Insolvenzschuldnerin liegt und dass für diese aufgrund des von
der [X.] gestellten [X.] die Gefahr bestehen würde, wegen der Heranziehung als Steuerschuldne-rin die Umsatzsteuer abführen zu müssen, eine um den [X.] von 1.785,57

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(1) [X.] Verständnis der Vertragsparteien war, dass die auf die Werkleistung entfallende Umsatzsteuer von der [X.] zu tragen sein sollte; sie sollte also als Leistungsempfängerin insgesamt den Bruttobetrag zahlen. [X.]ementsprechend ist es gerechtfertigt, dass der Kläger von der [X.] die um den [X.] von 1.785,57

n-gen kann, weil das Finanzamt gegen die Insolvenzschuldnerin einen Umsatz-steuerbescheid in entsprechender Höhe erlassen hat.
(2) [X.]em stehen schutzwürdige Interessen der [X.] nicht entgegen, da sie durch ihren Erstattungsantrag erst das Umsatzsteuerverfahren gegen die Insolvenzschuldnerin ausgelöst hat. [X.]amit
hat sie zugleich die Gefahr einer doppelten Belastung mit dem [X.] begründet.
b) [X.]ie Erforderlichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung kann ent-gegen
der Auffassung des [X.] nicht im Hinblick auf §
27 Abs.
19 UStG verneint werden. [X.]ie in §
27 Abs.
19
UStG erwähnte Abtretungsmöglich-keit betrifft nicht die Frage, ob sich ein Zahlungsanspruch des leistenden [X.] aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergibt. [X.]adurch wird ein gegen den Bauträger gerichteter Anspruch weder begründet noch ausgeschlos-sen.
[X.]ie [X.] hat kein berechtigtes Interesse, dass der Kläger von der Abtretungsmöglichkeit Gebrauch macht. Für sie ist es unerheblich, ob ihr als Anspruchsteller der Kläger oder das Finanzamt gegenübertritt.
4. [X.]ie ergänzende Vertragsauslegung hat Vorrang vor den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage (vgl. [X.], Urteil vom 3. Februar 2012 -
V
ZR
23/11 Rn. 14; Urteil vom 18. November 2011 -
V [X.], [X.]Z 191, 336 Rn.
19; Urteil vom 14. Januar 2000 -
V [X.], [X.], 1652, 1653, juris Rn.
8), so dass es keines Rückgriffs auf § 313 Abs. 1 BGB mehr be-32
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darf. Soweit der [X.] ([X.], 177 Rn. 49 ff.) in einem ähnlich gelagerten Fall eine Anpassung über §
313 BGB vorgenommen hat, ist eine Vorlage an den Gemeinsamen [X.] der obersten Gerichtshöfe des [X.] gemäß Art. 95 Abs. 3 GG in Verbindung mit §
2 Abs.
1 [X.] nicht erfor-derlich. Einer Vorlage bedarf es nur, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage entscheidungserheblich ist ([X.],
Beschluss vom 8.
November
2017

VII
ZB
9/15 Rn. 22, M[X.]R 2018, 553). [X.]as ist hier nicht der Fall, da der [X.] nicht im Ergebnis von der Entscheidung des [X.] abweicht.
5. [X.]er geltend gemachte Anspruch ist nicht verjährt.
[X.]er Lauf der hier maßgeblichen regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den [X.] begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahr-lässigkeit hätte erlangen müssen. [X.]er Anspruch des [X.] ist erst mit Eintritt der Gefahr entstanden, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner die Um-satzsteuer abführen zu müssen. Im Streitfall ist diese Gefahr erst mit dem nach Erlass des Urteils des [X.] vom 22.
August 2013 ([X.], [X.], 20) gestellten Erstattungsantrag der [X.] eingetreten. [X.]ie Ver-jährungsfrist war mithin bei Erhebung der Klage im Jahr 2016 noch nicht abge-laufen.
6. [X.]er ausgeurteilte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 34 Satz 1 EGBGB. Ein weitergehender Zinsanspruch ist nicht begründet.
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III.
[X.]as Berufungsurteil und das Urteil des Amtsgerichts können danach überwiegend keinen Bestand haben. [X.]er [X.] kann in der Sache selbst [X.], da nach den festgestellten Tatsachen die Sache zur Endentschei-dung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

IV.
[X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 92 Abs.
2 Nr. 1 ZPO.

Kartzke

Jurgeleit

[X.]
Frau Richterin am [X.]

Brenneisen
[X.] ist wegen Urlaubs an der
Unterschriftsleistung gehindert
Kartzke

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.12.2016 -
5 C 52/16 -

LG [X.], Entscheidung vom 13.07.2017 -
24 [X.]/16 -

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Meta

VII ZR 157/17

17.05.2018

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2018, Az. VII ZR 157/17 (REWIS RS 2018, 8991)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8991

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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