Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.02.2016, Az. IX ZR 77/15

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 16621

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:040216UIXZR77.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IX [X.]

Verkündet am:

4. Februar 2016

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 134; GG Art. 140; WRV Art. 137
a)
[X.] wegen unentgeltlicher Leistung findet gegenüber Religionsgesell-schaften in der Rechtsform von Körperschaften des öffentlichen Rechts wegen freiwilliger Spenden auch dann statt, wenn die [X.] an sich befugt wäre, gleich hohe Beträge als [X.]nsteuer einzuziehen; das kirchliche Selbstbe-stimmungsrecht wird dadurch nicht in verfassungswidriger Weise verletzt.
b)
Zur Definition des [X.]s im Sinne der Ausnahmeregelung des §
134 Abs.
2 [X.].
c)
Gebräuchliche
[X.]e an eine Person sind im Sinne des §
134 Abs.
2 [X.] von geringem Wert, wenn sie zu der einzelnen Gelegenheit den Wert von 200

[X.], Urteil vom 4. Februar 2016 -
IX [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar
2016
durch [X.] Dr. [X.], die
Richter Prof. Dr. [X.], [X.], die Richterin [X.] und den Richter Dr.
Schoppmeyer

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil der Zivilkammer 52 des [X.] vom 19.
Februar 2015 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Auf Fremdantrag vom 27.
November 2009 eröffnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 1.
Juli 2010 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des
P.

(nachfolgend: Schuldner) wegen Zahlungsunfähigkeit und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Dieser begehrt von der [X.] die Rückzahlung von 4.200

134, 143 [X.].

Der Schuldner ist Mitglied der beklagten [X.]

,
einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (nachfolgend: Beklagte). Die [X.] zieht, obwohl rechtlich dazu befugt, keine [X.]nsteuer ein, sondern finan-ziert ihre kirchliche Tätigkeit ausschließlich durch Spenden und Opfer der Mit-1
2
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3
-
glieder. [X.] spendete der Schuldner monatlich einen Betrag von 350

November und 28.
Dezember 2009, ins-

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr auf die Berufung des [X.] stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelas-senen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der [X.] bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat richtig entschieden.

1. Das [X.] hat gemeint, es habe eine unentgeltliche Leistung des Schuldners vorgelegen, weil keine Gegenleistung erbracht worden sei. Der Schuldner habe auch nicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit geleistet. Der vom Schuldner erbrachte sogenannte "Zehnte" sei eine freiwillige Spende. Daran ändere nichts der Umstand, dass derartige Spenden bei Gemeindemitgliedern der [X.] üblich seien und einer religiösen Pflicht nach deren Katechismus entsprächen, weil kein Rechtsanspruch der [X.] auf die Zahlung bestehe.

Der Ausnahmetatbestand des §
134 Abs.
2 [X.] greife nicht ein. Ein ge-bräuchliches [X.] liege zwar vor, weil die Abgabe des "[X.]"
bei der [X.] üblich sei und die Höhe den Verhältnissen des [X.] entsprochen habe. [X.] von der Anfechtung seien aber nur [X.] geringen Werts. Maßgebend sei eine absolute Wertgrenze, 3
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wobei auf den gesamten bezahlten Betrag abzustellen sei. Rechne man den bezahlten Betrag auf den [X.] des §
134 [X.] um, ergebe sich ein Betrag von 1050

kein geringwertiger Betrag, die Grenze sei bei maximal 500

Eine Entreicherung der [X.] liege nicht vor, weil die Beklagte nach ihrem Vortrag nur
notwendige Ausgaben getätigt habe, die auch ohne Spenden des Schuldners angefallen wären.

2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung im Ergebnis stand. Die Angriffe der Revision greifen nicht durch.

Grundsätzlich anfechtbar ist nach §
134 Abs. 1 [X.] eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem [X.] auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden. Ein ge-bräuchliches [X.] ist nach §
134 Abs. 2 [X.] jedoch nicht anfechtbar.

a) Voraussetzung einer jeglichen Insolvenzanfechtung ist gemäß §
129 Abs. 1 [X.] eine objektive Gläubigerbenachteiligung. Diese ist von den [X.] nicht ausdrücklich geprüft, aber zu Recht stillschweigend bejaht [X.]. Sie wird auch von der Revision nicht in Frage gestellt. Sie liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt
oder die [X.] verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners verei-telt, erschwert oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglich-keiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrach-tungsweise günstiger gestaltet hätten ([X.], Urteil vom 26.
April 2012 -
IX [X.], [X.], 1183
Rn.
21; st.Rspr). Dies war hier der Fall. Die Beträge, 7
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die der Schuldner der [X.] gespendet hat, sind dem Zugriff der Gläubiger entzogen worden.

b) [X.]sfrist von vier Jahren ist eingehalten. Der Umstand, dass diese Frist auf die [X.] vor Antragstellung abstellt, hier aber die letzte streitgegenständliche Zahlung erst am 28.
Dezember 2009 und damit nach [X.]stellung erfolgte, ist unschädlich. [X.] gemäß §
129 Abs. 1 [X.] sind grundsätzlich alle Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung vorgenommen wer-den, auch solche nach Antragstellung. Das gilt auch für §
134 [X.]. Die anzu-fechtende Rechtshandlung darf lediglich nicht früher als vier Jahre vor Antrag-stellung und nicht nach Eröffnung vorgenommen worden sein.

c) Es liegt eine unentgeltliche Leistung des Schuldners an die Beklagte vor.

[X.]) Die Begriffe der Leistung und der Unentgeltlichkeit sind weit auszule-gen ([X.], [X.]O Rn.
37). Eine Spende ist eine Leistung. Sie ist auch unentgelt-lich.

Im hier vorliegenden Zweipersonenverhältnis ist nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] bei der Beurteilung, ob Unentgeltlich-keit vorliegt, maßgebend, ob der Leistung des Schuldners nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht, dem Leistenden also keine dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende Gegenleistung zu-fließen soll ([X.], Urteil vom 17.
Oktober 2013 -
IX
ZR 10/13, [X.], 2208 Rn.
6; vom 29.
Oktober 2015 -
IX
ZR 123/13, [X.] 2015, 3003 Rn.
6; st.Rspr.). Dies war hier der Fall. Die Leistungen, welche die Beklagte dem Schuldner als Mitglied der Gemeinde erbracht haben mag, wären
nach dem Inhalt des 11
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Rechtsgeschäfts keine Gegenleistung für dessen Spenden, weil sie unabhängig hiervon erbracht werden.

Im Zweipersonenverhältnis wird Entgeltlichkeit allerdings nicht nur dadurch begründet, dass dem Leistenden eine Gegenleistung zufließt. Die [X.] einer eigenen entgeltlichen rechtsbeständigen Schuld schließt als Ge-genleistung die dadurch bewirkte Schuldbefreiung mit ein. Darum ist auch die Erfüllung von Ansprüchen aus gesetzlichen Schuldverhältnissen entgeltlich ([X.], Urteil vom 29.
Oktober 2015, [X.]O
Rn.
8 mwN), ohne dass es hier darauf ankäme, ob der Anspruch gegen den Leistenden selbst zuvor werthaltig er-schien ([X.], [X.]O Rn. 11). Aus demselben Grund ist auch die Erfüllung von eigenen (vollstreckbaren) Steuer-
und Abgabeschulden durch den Schuldner keine anfechtbare unentgeltliche Leistung. Die Erfüllung von Ansprüchen aus gesetzlichen Schuldverhältnissen ist stets entgeltlich (MünchKomm-[X.]/
[X.], 3.
Aufl., §
134 Rn.
26).

bb) Die Beklagte kann sich gegen einen Anspruch aus §
134 [X.] nicht darauf berufen, sie hätte die Möglichkeit gehabt, eine allgemeine [X.]nsteu-erschuld für alle [X.] zu begründen, deren Erfüllung durch den Schuldner in Höhe seiner tatsächlich erbrachten unentgeltlichen Leistung dann nach §
134 [X.] unanfechtbar gewesen wäre.

Dem steht schon das Verbot der hypothetischen Betrachtungsweise ent-gegen, das im Insolvenzanfechtungsrecht generell gilt. Danach ist für nur ge-dachte [X.] kein Raum ([X.],
Urteil vom 20.
Januar 2011 -
IX
ZR 58/10, [X.], 141 Rn.
14; vom 17.
Juli 2014 -
IX
ZR 240/13, [X.], 1595 Rn.
13).

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cc) Der Revision ist allerdings darin zuzustimmen, dass bei der Ausle-gung unbestimmter Rechtsbegriffe, wie demjenigen der "unentgeltlichen Leis-tung", der Grundsatz verfassungsgemäßer Auslegung zu berücksichtigen ist. Daraus ergibt sich hier aber nichts zu Gunsten der [X.]. Diese ist zwar gemäß Art.
140 GG iVm Art.
137 Abs. 6 WRV berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen [X.]nsteuern zu erheben. Sie kann davon aber auch, wie geschehen, absehen und ihre Finanzierung durch freiwillige Spenden und Opfer der [X.] organisieren. Das unterliegt ihrer freien Entscheidung.
Bei der Ausgestaltung ihrer Verhältnisse hat sie sich aber gemäß Art.
137 Abs. 3 WRV innerhalb der Schranken der für alle gelten-den Gesetze zu halten.

(1) Art.
140 GG iVm Art.
137 Abs.
3 WRV garantiert den Religionsgesell-schaften die Freiheit, ihre Angelegenheit selbständig innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze zu ordnen und zu verwalten. Diese Garantie ist eine notwendige, rechtlich selbständige Gewährleistung, die zur Freiheit des religiösen Lebens und Wirkens der [X.]n und Religionsgemeinschaften (Art.
4 Abs.
2 GG) hinzu kommt (vgl. [X.] 42, 312, 332;
53, 366, 401; 57, 220, 244; 66, 1, 20; 70, 138, 164; 72, 278, 289). Dass diese Garantie nur inner-halb der Schranken der für alle geltenden Gesetze gegeben ist, besagt [X.] nicht, dass jedes allgemeine st[X.]tliche Gesetz ohne weiteres in den den [X.]n zustehenden Autonomiebereich eingreifen könnte (vgl. [X.] 53, 366, 404; 72, 278, 289). Bei rein inneren kirchlichen Angelegenheiten kann ein st[X.]tliches Gesetz für die [X.] keine Schranke ihres Handelns bilden (vgl. [X.] 18, 385, 386 ff; 42, 312, 334; 66, 1, 20; 72, 278, 289). In dem Bereich, in dem der St[X.]t zum Schutze anderer für das Gemeinwesen bedeutsamer Rechtsgüter ordnen und gestalten kann, trifft ein dem kirchlichen Selbstbestim-mungsrecht schrankenziehendes Gesetz zudem seinerseits auf eine Schranke, 18
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nämlich auf die materielle Wertentscheidung der Verfassung, die über den für die St[X.]tsgewalt unantastbaren Freiheitsraum der [X.]n hinaus ihre und ihrer
Einrichtungen besondere Eigenständigkeit gegenüber dem St[X.]t anerkennt (vgl. [X.] 53, 366, 404; 72, 278, 289). Dieser
Wechselwirkung von [X.]n-freiheit und Schrankenzweck ist durch entsprechende Güterabwägung Rech-nung zu tragen. Dabei ist dem Selbstverständnis der [X.]n ein besonderes Gewicht beizumessen (vgl. [X.] 53, 366, 401; 66, 1, 22; 70, 138, 167; 72, 278, 289).

(2) Die Frage, ob §
134 [X.] in unzulässiger Weise in das kirchliche Selbstbestimmungsrecht der [X.] eingreift, kann daher nur anhand einer Abwägung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts einerseits und der Bedeu-tung des mit der zu prüfenden Norm verfolgten Ziels für das Gemeinwohl be-antwortet werden. Diese Abwägung führt zu dem Ergebnis,
dass das Selbstbe-stimmungsrecht der [X.] durch §
134 [X.] nicht verletzt wird.

Ob unentgeltliche Leistungen eines Insolvenzschuldners an eine natürli-che oder juristische Person insolvenzrechtlich anfechtbar sind, richtet sich nach den für alle geltenden Gesetzen, nämlich nach §§
129 ff [X.]. Aus dem Grund-satz der religiösen Neutralität des St[X.]tes folgt zwar, dass dieser keine Struktu-ren schaffen darf, durch die eine Religionsgemeinschaft gegenüber anderen Religionsgemeinschaften bei der Vergabe der von ihm bereit gestellten Mittel benachteiligt wird ([X.] 123, 148, 182 ff). Der St[X.]t ist auch nicht befugt, die Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts
sind, zu unterschiedlichen Finanzierungsmodellen zu zwingen und dadurch Struktu-ren zu schaffen, die zu unterschiedlichen Finanzausstattungen führen. Dies ist indessen durch §
134 [X.] nicht geschehen. Die Beklagte kann als Körper-schaft des öffentlichen Rechts dieselben Finanzierungsmodelle wie andere Re-20
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ligionsgemeinschaften dieser Rechtsform wählen. Sie fordert im vorliegenden Rechtsstreit
allerdings, dass sie sich für eine Finanzierung durch
freiwillige Spenden entscheiden darf, aber insolvenzrechtlich so behandelt wird, als erhe-be sie Steuern. Dafür fehlt es an einer Grundlage in den st[X.]tlichen gesetzli-chen Regelungen.

Die Entscheidung der [X.] für ihre
Finanzierung durch freiwillige Leistung des "Zehnten" durch ihre Gemeindemitglieder ist verfassungsrechtlich geschützt. Es mag sein, dass die Beklagte sich nach ihren religiösen Vorstel-lungen daran gehindert sieht, für ihre Angehörigen eine [X.]nsteuer einzufüh-ren. Es ist aber schon nicht nachvollziehbar dargelegt, dass sie sich durch §
134 [X.] entgegen ihren religiösen Anschauungen aus finanziellen Gründen zur Einführung einer [X.]nsteuer gezwungen sehen könnte. Deshalb ist schon nicht erkennbar, dass die Selbstentfaltung der [X.] durch §
134 [X.] in relevanter Weise eingeschränkt wäre. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass selbst die Zahlung von [X.]nsteuer gemäß den §§
130, 131, 133 [X.] anfechtbar sein kann.

Die Insolvenzordnung und insbesondere die Insolvenzanfechtung sind
geprägt von dem Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen und rechts-sicheren Durchführung der Insolvenzverfahren und an einer Gleichbehandlung aller Gläubiger. Wenn die Beklagte ihre Finanzierung auf freiwillige Leistungen ihrer Angehörigen aufbaut, muss sie deshalb nicht nur berücksichtigen, dass sie diese Leistungen von vornherein nicht erzwingen kann, sondern auch, dass solche ihr zugewandten freiwilligen Leistungen, die zur objektiven Benachteili-gung der Insolvenzgläubiger führen,
nach der Wertung des st[X.]tlichen [X.] weniger schutzwürdig und deshalb nach §
134 [X.] leichter anfechtbar sind als entsprechende Zahlungen auf [X.]nsteuerverbindlichkeiten. Dies ist 22
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nach der Vorstellung des st[X.]tlichen Gesetzgebers dem Wesen der unentgeltli-chen Leistung immanent. Die Beklagte kann st[X.]tlichen Rechtsformen keinen abweichenden Bedeutungsinhalt verleihen.

d) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts liegt schon kein Gele-genheitsgeschenk vor.

[X.]) Der Ausnahmetatbestand des §
134 Abs.
2 [X.] erfordert ein Ge-schenk im Sinne des §
516 Abs.
1 BGB. Es besteht kein Anlass, den [X.] gegen den Wortlaut weiter
zu
fassen ([X.]/Weinland, [X.], 19.
Aufl., §
134 Rn.
73; HK-[X.]/[X.], 7.
Aufl., §
134 Rn.
20; Münch-Komm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
134 Rn.
46; [X.] in Kübler/Prütting/[X.], [X.], 9/2012, §
134 Rn.
82; [X.] in [X.]/[X.]/Ringstmeier,
[X.], 2.
Aufl., §
134 Rn. 24; a.[X.]/[X.], [X.], 14.
Aufl., §
134 Rn.
159).

Der Gesetzgeber hat §
134 Abs.
1 [X.] gegenüber §
32 Nr.
1 KO durch die Ersetzung des Begriffs der Verfügung durch den der Leistung erweitert, um eine weitere Auslegung über den Begriff der Schenkung hinaus zu ermöglichen. Er hat aber den Begriff der Schenkung für die einschränkende Ausnahme des jetzigen Absatzes 2 beibehalten (BT-Drucks. 12/2443 S. 160
f zu §
149 [X.]; MünchKomm-[X.]/[X.], [X.]O §
134 Rn. 5, 46; [X.]/Weinland, [X.]O)
und diese Ausnahme sogar weiter beschränkt (BT-Drucks. [X.]O; [X.]/Weinland, [X.]O).

bb) Es lag kein [X.] vor.
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-

(1) [X.]e sind
entsprechend dem Wortlaut
Geschenke zu bestimmten Gelegenheiten oder Anlässen wie [X.], Geburtstag, Hochzeit, Kommunion, Firmung usw. In diesem
Sinne können Gelegenheitsge-schenke auch unregelmäßig vorgenommene Spenden an Parteien, an [X.] oder an [X.]n sein (MünchKomm-[X.]/[X.], [X.]O; HK-[X.]/[X.], [X.]O Rn.
20;
[X.] in Kübler/Prütting/[X.], [X.]O Rn.
82;
[X.]/Weinland, [X.]O Rn.
75 ff). Ein [X.] liegt aber nicht vor, wenn regel-
und planmäßige Zahlungen ohne besonderen Anlass zu allgemeinen Finanzierungszwecken geleistet werden. So aber war es hier. Der Schuldner zahlte an die Beklagte regel-
und planmäßig zur Deckung von deren allgemeinen Finanzbedarf. Eine Gelegenheit im Sinne des §
134 Abs.
2 [X.] lag darin nicht.

(2) Auch unter dem Gesichtspunkt von Sitte oder Anstand kann die Leis-tung des Schuldners an die Beklagte nicht unter die Ausnahme des Absatzes 2 gefasst werden. Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber beabsichtigte
und gebo-tene
eingrenzende Auslegung des §
134 Abs.
2 [X.] lassen sich Schenkungen, die zwar einer sittlichen oder Anstandspflicht entsprechen, aber über den Rah-men üblicher
[X.]e, die ohnehin freigestellt sind, hinausge-hen, nicht zusätzlich unter die Ausnahme des [X.]s subsu-mieren
([X.]/Weinland, [X.]O
Rn
77; a.A. MünchKomm-[X.]/[X.], [X.]O
Rn. 46; [X.], [X.]O). Eine derartige, über den
klaren Wortlaut hinausge-hende Ausdehnungsmöglichkeit
lässt sich dem als Ausnahmevorschrift eng auszulegenden §
134 Abs.
2 [X.] nicht entnehmen. Die Abgrenzungskriterien von Sitte und Anstand sind im Übrigen in so starkem Maße dem Wechsel der Anschauungen unterworfen, dass sie als Abgrenzungskriterium in vorliegendem Zusammenhang nicht hinreichend aussagekräftig
sind.
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-

e) Zudem
waren, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, die Zahlungen nicht von geringem Wert. Was hierunter zu verstehen ist,
ist [X.] äußerst streitig. Einigkeit besteht insoweit nur darin, dass der [X.] das Tatbestandsmerkmal gegenüber §
32 Nr.
1 KO zusätzlich in den [X.] eingefügt hat. Die zuvor von der Rechtsprechung zu §
32 KO vorgenommene großzügige Auslegung ging dem Gesetzgeber entschieden zu weit. Sie sollte deshalb künftig ausdrücklich nur noch Gegenstände "geringen Wertes" erfassen (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S.
161 zu §
149 Reg-E).

[X.]) Im Detail ist dagegen vieles streitig. Umstritten ist insbesondere, ob sich die Höhe des "geringen Wertes" in Relation zum Gesamtvermögen im [X.]punkt der Schenkung bemisst (so z.B. [X.], [X.]O §
134 Rn.
84), ob es auf die verbleibende Haftungsmasse ankommt (so z.B. MünchKomm-[X.]/[X.], [X.]O Rn.
48; [X.], [X.]O Rn.
24), ob zusätzlich eine absolute Obergrenze anzusetzen sei (so z.B. [X.], [X.]O) oder ob unabhängig von anderen Kriterien eine absolute Obergrenze gelten solle (so etwa [X.]/Weinland, [X.]O Rn.
84), wo diese zusätzliche
oder absolute Grenze anzusetzen sei ([X.], [X.]O:

), und ob diese Obergrenze pro Geschenk, jährlich, oder für den [X.] von vier Jahren [X.] werden sollte.

bb) Auszugehen ist davon, dass die vom Gesetzgeber gewollte
strikte Begrenzung der Ausnahme den Interessen der Insolvenzgläubiger dienen soll (MünchKomm-[X.]/[X.], [X.]O Rn. 48). Die Herstellung einer Relation zum Gesamtvermögen des Schuldners im [X.]punkt der Schenkung würde schwieri-ge Abgrenzungs-
und Feststellungsprobleme aufwerfen und wäre [X.]. Sie
erscheint auch im Hinblick auf die spätere Insolvenz des Schuldners 30
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-
wenig geeignet, die Bevorzugung des Beschenkten vor den [X.] zu rechtfertigen. Bei großen Vermögen kann eine Relationsbetrachtung zudem zu völlig unangemessenen Ergebnissen führen, etwa wenn die Schuld-nerin eine Kapitalgesellschaft mit hohen nominalen Vermögenswerten war. Bei einem nominalen Vermögenswert zu [X.] von 10 Mio.

wäre etwa eine Schenkung über einen Anteil von 1 von 1000 prozentual zwar [X.] als geringfügig anzusehen. Der absolute Betrag von 10.000

gleichwohl nicht. In Fällen, in denen der Schuldner bei hohen nominalen [X.] auf Kosten der Gläubiger großzügig gelebt hat, eine
Bemessung von Schenkungen anhand seines luxuriösen Lebensstils vorzunehmen, [X.] auch [X.] untragbar. Hinzu kommt, dass eine Angemessen-heitsbeurteilung zur Bestimmung des angemessenen Prozent-
oder Promille-satzes nicht überzeugend möglich ist. Ein Geschenk kann nach dem Lebenszu-schnitt des Schenkers sogar unangemessen niedrig erscheinen, obwohl es of-fensichtlich nicht von geringem Wert ist (vgl. [X.]/Weinland, [X.]O Rn.
84).

Die verbleibende Haftungsmasse im Insolvenzverfahren ist als Anknüp-fungspunkt ebenso wenig geeignet, zumal daraus in aller Regel die Insolvenz-gläubiger nur mit geringen Quoten befriedigt werden können. Noch weniger überzeugend wäre dieser Maßstab bei Masseunzulänglichkeit oder gar bei [X.], etwa wenn der Insolvenzantrag verschleppt [X.]. Die Frage der Bewertung des Tatbestandsmerkmals des "geringen Wertes" kann nicht vom Verhalten des Schuldners oder Dritter Jahre nach der [X.] abhängig gemacht werden.

[X.] und mit berechenbaren Größen handhabbar ist nur der Maß-stab absoluter Obergrenzen, wobei der Senat eine Kombination von Anlass und 33
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Jahresgrenzen -
bezogen auf das Kalenderjahr
-
für angemessen hält. Für die Bemessung der Höchstgrenzen braucht dann nicht nach den häufig auch schwierig festzustellenden Vermögensverhältnissen zu verschiedenen [X.]-punkten differenziert werden.
Da die Schuldner im [X.]punkt der erforderlichen Beurteilung sich ohnehin in der Insolvenz befinden,
rechtfertigt dies eine Gleichbehandlung
im Maßstab.

Angemessen als absolute Obergrenze für das einzelne Geschenk ist
da-nach
ein Betrag von 200

Beschenkten von insgesamt 500

kann in diesem Rahmen ein zusätzlicher Betrag berücksichtigt werden.

Diese Grenzen wurden bei den Geschenken des Schuldners an die [X.] bei weitem überschritten, weil diese im Kalenderjahr 2009 insgesamt 4.200

f) Schließlich hat das Berufungsgericht den Entreicherungseinwand der [X.] zutreffend nicht durchgreifen lassen.

Nach §
143 Abs.
2 Satz
1 [X.] muss der Empfänger einer unentgeltli-chen Leistung diese zwar nur zurückgewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Den Wegfall der Bereicherung hat der [X.] darzulegen und zu beweisen ([X.], Urteil vom 17. Dezember 2009 -
IX
ZR 16/09, [X.], 531 Rn.
17; vom 22.
April 2010 -
IX
ZR 160/09, [X.], 1457 Rn.
17).
Es fehlt jedoch entscheidungserheblicher Vortrag der [X.] dazu. Die Beklagte [X.] nach der Rüge der Revision vorgetragen, sämtliche Zahlungen verbraucht zu haben, es sei 2009 sogar ein Jahresfehlbetrag entstanden, was sie unter [X.] stellte. Das Geld sei für kirchliche Arbeit verwendet worden. Außer-35
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15
-
dem seien Ausgaben wie Instandhaltung, Unterhaltung der [X.]ngebäude, Energiekosten, Gehälter, Sozialabgaben, Reinigungsmittel, Strom-
und Was-serkosten angefallen. Auch dies stellte sie durch zwei Zeugen unter Beweis.

Das Berufungsgericht hat hierzu zutreffend festgestellt,
dass sich auf der Grundlage dieses Vortrags keine Entreicherung feststellen lasse, vielmehr [X.] notwendige Ausgaben getätigt worden, die ohnehin vorgenommen hätten werden müssen.

Die Revision rügt
hier, die Beklagte habe vorgetragen, das Geld "insbe-sondere" für kirchliche Arbeit verwendet zu haben. Kirchliche Arbeit beschränke sich aber nicht auf notwendige Ausgaben. Folglich sei es Aufgabe des [X.] gewesen, die benannten Zeugen zu vernehmen und nach den Ausgaben im Einzelnen zu fragen.

Diese Rüge greift nicht durch. Es fehlt auch insoweit an entscheidungs-erheblichem Vortrag, zu dem hätte Beweis erhoben werden können. Der [X.] der Leistung ist weiterhin bereichert, wenn er durch die Weggabe des Empfangenen
notwendige Ausgaben aus dem eigenen Vermögen erspart oder damit Leistungen an sich selbst bezahlt hat (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, [X.]O §
143 Rn.
104). [X.] wäre die Beklagte nur dann, wenn sie mit den Zah-lungen des Schuldners Luxusaufwendungen ohne bleibenden wirtschaftlichen Wert getätigt hätte, die sie ohne die Leistungen des Schuldners unterlassen hätte, oder wenn ihr wegen der Zahlungen des Schuldners Kosten entstanden wären ([X.], Urteil vom 22.
April 2010 -
IX
ZR 163/09, [X.], 1253 Rn.
10
[X.], Festschrift [X.], S.
93, 101
f). Zu derartigen Tatbeständen hat die Beklagte nichts vorgetragen. Das Berufungsgericht musste derartiges auch nicht mittels der Zeugen von Amts wegen ermitteln. Im Übrigen legt die Be-39
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16
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hauptung der [X.], sie habe 2009 einen
Jahresfehlbetrag erwirtschaftet, ohnehin eher
die Annahme nahe, dass keine ansonsten unterlassenen
Luxus-aufwendungen getätigt wurden.

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
Schoppmeyer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.05.2014 -
16 C 290/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 19.02.2015 -
52 [X.]/14 -

Meta

IX ZR 77/15

04.02.2016

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.02.2016, Az. IX ZR 77/15 (REWIS RS 2016, 16621)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16621

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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