Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2003, Az. 4 StR 59/03

4. Strafsenat | REWIS RS 2003, 4168

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[X.] StR 59/03vom27. Februar 2003in der Strafsachegegenwegen gefährlicher Körperverletzung u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 27. Februar 2003 gemäß § 349Abs. 2 und 4 StPO [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil [X.] vom 10. Oktober 2002a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Ange-klagte der gefährlichen Körperverletzung schuldigist,b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgeho-ben.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine andere - allgemeine - Strafkam-mer des [X.] Die weiter gehende Revision wird verworfen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags [X.] mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von [X.] verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision,mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das [X.] hat mit der Sachrüge den aus der Beschlußformel ersichtlichen [X.]; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.- 3 -1. [X.] ist nicht ausgeführt und deshalb unzuläs-sig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinenRechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, soweit ihn das [X.] der zum Nachteil seiner Ehefrau begangenen gefährlichen Körperverlet-zung für schuldig befunden hat. Entgegen den Einwendungen der [X.] auch die Wertung des [X.]s, der Angeklagte habe bei der Tatmit bedingtem Tötungsvorsatz auf seine Ehefrau eingestochen, keinen durch-greifenden rechtlichen Bedenken.Gleichwohl hat die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten [X.] keinen Bestand, weil das [X.] einen strafbefreienden Rücktrittdes Angeklagten vom Versuch des Totschlags gemäß § 24 Abs. 1 StGB mitrechtlich nicht zutreffender Begründung abgelehnt hat.a) Nach den Feststellungen des [X.]s wurde als erster der [X.] [X.]auf das Tatgeschehen aufmerksam. Er lief auf den Angeklagten [X.] rief ihm zu aufzuhören. Der Angeklagte reagierte darauf jedoch nicht, son-dern stach weiter auf seine Frau ein. Sodann wurde durch die Schreie derEhefrau des Angeklagten die Zeugin [X.]aus etwa 30 bis 40 m [X.] das Tatgeschehen aufmerksam. Die Zeugin fuhr mit dem Fahrrad direkt aufden Angeklagten zu und schrie ihn dabei an. Der Angeklagte "zuckte zusam-men und ließ von seiner Frau ab. Er blickte erst auf seine Hand, in der er [X.] hielt, dann zur Zeugin und schließlich auf seine vor ihm liegende Frau.Nach einiger Zeit legte er sein Messer zur Seite" ([X.] -b) Das [X.] hat zu Recht einen unbeendeten Versuch ange-nommen, einen strafbefreienden Rücktritt jedoch verneint, weil der [X.] Tatausführung nicht freiwillig aufgegeben habe. Es meint, für den Ange-klagten habe sich, als er auf die Schreie der Zeugin [X.]hin von [X.] abgelassen habe, "das Risiko einer Entdeckung wesentlich erhöht, [X.] realisierte, daß bereits Zeugen, nämlich auch der Zeuge [X.], anwesendwaren und er einer Entdeckung nicht entgehen konnte" ([X.] 18).Der Senat vermag dieser Wertung nicht zu folgen. Für die Frage derFreiwilligkeit des Rücktritts ist entscheidend, ob aus der Sicht des [X.] einfür ihn zwingendes Hindernis vorlag oder ob er Herr seiner Entschlüsse geblie-ben ist; sie ist deshalb zu bejahen, wenn der Täter weder durch eine äußereZwangslage noch durch seelischen Druck unfähig gewesen ist, die Tat zuvollenden (st. Rspr.; BGHSt 35, 184, 186; BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1Freiwilligkeit 5, 8). Dabei sind Zweifel an der Freiwilligkeit des Rücktritts grund-sätzlich zu Gunsten des [X.] zu lösen (BGHR aaO Freiwilligkeit 26). [X.] Umstände den Angeklagten unfähig gemacht haben, weiter auf seineEhefrau einzustechen, hat auch das [X.] nicht angenommen, zumal esder Aussage der Geschädigten gefolgt ist, "man habe ihn nicht wegziehenmüssen" ([X.] 12). Ebensowenig ergeben die Feststellungen, daß der Ange-klagte sich aus zwingenden inneren Beweggründen an der Fortsetzung der [X.] sah. Entgegen der Annahme des [X.]s steht der Umstand,daß die Tat in Gegenwart von Zeugen begangen wurde, also bereits entdecktwar, der Annahme freiwilligen Rücktritts nicht entgegen (vgl. BGHR aaO Frei-willigkeit 15). Dafür, daß der Angeklagte von seiner Ehefrau etwa deshalb ab-gelassen haben könnte, weil er mit einem alsbaldigen Einschreiten der Polizeiund seiner Bestrafung rechnete (BGHR aaO Freiwilligkeit 16, 18), geben die- 5 -Feststellungen nichts her. Schließlich kann ein freiwilliger Rücktritt entgegender Auffassung des [X.]s auch nicht mit der Begründung verneint wer-den, es handele sich hier nicht um einen Fall "nach einer [X.], beidem der Täter nach einem 'Aufwachen' aus der Tat seine Steuerungsfähigkeitwiedererlangt und die Tat dann aus autonomen Motiven, wenn auch mögli-cherweise angestoßen von außen, aufgibt" ([X.] 18). Der Umstand, daß [X.] die weitere Tatausführung aufgibt, nachdem seine affektive Erregungabgeklungen ist, steht der Annahme der Freiwilligkeit gerade nicht entgegen(vgl. BGHR aaO Freiwilligkeit 3 und 6). Dabei kommt es nicht darauf an, [X.] [X.] meint, ob der Affekt von der Stärke eines "[X.]" war.3. Im Hinblick auf die bisher getroffenen Feststellungen und die beste-hende Beweislage ist nicht zu erwarten, daß in einer neuen HauptverhandlungFeststellungen getroffen werden könnten, die einen strafbefreienden Rücktrittvom [X.] entfallen lassen. Der Senat ändert deshalb entsprechend§ 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch dahin, daß der Angeklagte lediglich dergefährlichen Körperverletzung schuldig ist. Die Schuldspruchänderung hat dieAufhebung des Strafausspruchs zur [X.] verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer des[X.]s zurück, nachdem Gegenstand des Verfahrens nicht mehr eine dieZuständigkeit des Schwurgerichts begründende Tat ist.Tepperwien Maatz Kuckein Athing [X.]

Meta

4 StR 59/03

27.02.2003

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2003, Az. 4 StR 59/03 (REWIS RS 2003, 4168)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4168

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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