Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21.12.2011, Az. 4 C 12/10

4. Senat | REWIS RS 2011, 117

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Gegenstand

Reichweite der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bei Wiederaufbau einer zerstörten Anlage


Leitsatz

1. § 16 Abs. 5 BImSchG gilt auch für gemäß § 67 Abs. 2 BImSchG angezeigte Anlagen.

2. Im Fall des Wiederaufbaus einer zerstörten Anlage entbindet § 16 Abs. 5 BImSchG lediglich von der Pflicht, ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durchzuführen, nicht jedoch von der Beachtung anderer behördlicher Genehmigungserfordernisse. Die Vorschrift lässt die Pflicht, ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen, unberührt.

Tatbestand

1

Streitgegenstand ist eine kapazitätsbeschränkende Nebenbestimmung, die einer dem Kläger erteilten Baugenehmigung für die Wiedererrichtung eines abgebrannten Putenstalles beigefügt ist. Der zwischenzeitlich wieder errichtete Stall ist Teil eines aus vier Ställen bestehenden [X.], der für Tierhaltung in Form der [X.] genutzt wird. Zwei der Ställe werden von der [X.] betrieben. Die zwei Ställe auf dem angrenzenden Flurstück werden vom Kläger selbst betrieben.

2

Im Juni 2004 brannte der baurechtlich im [X.] genehmigte, wegen einer Änderung der 4. BImSchV vom Kläger im Januar 2002 nach § 67 Abs. 2 BImSchG angezeigte Stall ab. Da Meinungsunterschiede über die Genehmigungsbedürftigkeit der Wiedererrichtung bestanden, schlossen der Kläger und der Beklagte eine Vereinbarung. Darin verpflichtete sich der Beklagte, eine Baugenehmigung verbunden mit einer selbständig anfechtbaren Auflage zur Kapazitätsbeschränkung zu erteilen. Mit der Nebenbestimmung wollte der Beklagte den Bedenken der [X.] tragen, weil die nach der [X.] zulässigen Immissionswerte an in der Nachbarschaft belegenen, nach 1999 errichteten Wohnhäusern überschritten würden. Der Wiederaufbau setze voraus, dass die Zusatzbelastung unter der [X.] der [X.] liege. Beim Wiederaufbau mit gleichem Tierbesatz und ohne Abluftreinigungsanlage sei diese Voraussetzung nicht erfüllt.

3

Am 18. Oktober 2005 erteilte der Beklagte dem Kläger eine Baugenehmigung mit folgender Nebenbestimmung:

"In allen vier Stallgebäuden der Gemarkung [X.], Flur 43, Flurstücke 20/1 ([X.] und [X.]) und 20/4 ([X.]) dürfen nicht mehr als 15 400 Puten und zwar 13 200 Hähne und 2 200 Hennen gehalten und gemästet werden."

4

Die Klage auf Aufhebung der Nebenbestimmung wies das Verwaltungsgericht ab. Die Berufung des [X.] hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Nebenbestimmung sei die Genehmigungsbedürftigkeit des Vorhabens. Die 1999 erteilte Baugenehmigung decke eine Wiedererrichtung nicht ab. Eine Genehmigung nach § 4 oder § 19 BImSchG, der gemäß § 13 BImSchG Konzentrationswirkung zukomme, sei nicht erteilt worden. Die nach § 67 Abs. 2 BImSchG erfolgte Anzeige führe nicht zu vergleichbaren Rechtsfolgen. Das Vorhaben sei auch nicht bundesrechtlich durch § 16 Abs. 5 BImSchG von einer Genehmigung freigestellt. Eine Anzeige nach § 67 Abs. 2 BImSchG sei keine Genehmigung im Sinne des § 16 Abs. 5 BImSchG. Art. 14 Abs. 1 GG stehe dem Ergebnis, dass der Kläger für die Wiedererrichtung des Stalles zunächst einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, nach Änderung der 4. BImSchV jedenfalls einer Baugenehmigung bedurft habe, nicht entgegen.

5

Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: § 16 Abs. 5 BImSchG gelte auch für Anlagen, die gemäß § 67 Abs. 2 BImSchG angezeigt worden seien. Nach § 16 Abs. 5 BImSchG entfalle beim unveränderten Wiederaufbau einer Anlage nicht nur die formelle, sondern auch die materielle Genehmigungsbedürftigkeit. Daher sei bei einer Wiedererrichtung auch kein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Die Auffassung des [X.], dass unter "Genehmigung" im Sinne des § 16 Abs. 5 [X.] nicht die genehmigungsersetzende Anzeige nach § 67 Abs. 2 [X.] zu verstehen ist, steht zwar nicht im Einklang mit [X.]undesrecht. Das Urteil erweist sich aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

7

Rechtsgrundlage für die Nebenbestimmung ist § 36 Abs. 1 VwVfG. Danach darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, nur mit einer Nebenbestimmung versehen werden, wenn damit sichergestellt werden soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der hier angefochtenen Nebenbestimmung ist die baurechtliche Genehmigungsbedürftigkeit des Vorhabens. Denn die Nebenbestimmung muss darauf gerichtet sein, die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der erteilten Genehmigung, der sie beigefügt ist, sicherzustellen. Das setzt voraus, dass es für den Wiederaufbau des Stalles einer [X.]augenehmigung bedurfte.

8

1. Nach dem zur [X.]eurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung im [X.] wäre das Vorhaben an sich gemäß Spalte 2 Nr. 7.1 b) des Anhangs der 4. [X.]ImSchV immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig gewesen.

9

Durch Art. 4 des Gesetzes zur Umsetzung der [X.], der [X.] und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 ([X.]) wurde die Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. [X.]ImSchV - i.d.F. vom 14. März 1997 ([X.]) geändert. Mit Inkrafttreten des Gesetzes vom 27. Juli 2001 bis zur Aufhebung durch das Gesetz vom 23. Oktober 2007 ([X.], 2473) bestand gemäß Spalte 2 Nr. 7.1 b) des Anhangs der 4. [X.]ImSchV eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht für Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren mit Plätzen für 50 Großvieheinheiten oder mehr sowie mehr als 2 Großvieheinheiten je Hektar der vom Inhaber der Anlage regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Fläche oder ohne landwirtschaftlich genutzte Fläche, wobei eine Großvieheinheit einem Lebendgewicht von 500 Kilogramm je Haltungsperiode entsprach. Unter diese Regelung fiel der [X.]etrieb des [X.]. Das stellen auch die [X.]eteiligten nicht in Frage. Für die Durchführung eines bauordnungsrechtlichen Verfahrens neben dem immissionsschutzrechtlichen Verfahren wäre daher im [X.] grundsätzlich kein Raum gewesen. Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung schließt unabhängig davon, ob sie im förmlichen oder vereinfachten Verfahren erteilt wird, die in § 13 [X.] aufgeführten anderen die Anlage betreffenden behördlichen Entscheidungen ein, zu denen die [X.]augenehmigung gehört. Für ein Vorhaben, das der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegt, kann mangels Sachkompetenz der [X.]auordnungsbehörde eine [X.]augenehmigung nicht erteilt werden (Urteil vom 30. Juni 2004 - [X.]VerwG 4 [X.] 9.03 - [X.]VerwGE 121, 182 <189>).

2. Von der Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens zum maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung war der Kläger jedoch gemäß § 16 Abs. 5 [X.] freigestellt. Die Auslegung des [X.], dass Anlagen, die lediglich gemäß § 67 Abs. 2 [X.] angezeigt worden sind, nicht in den Anwendungsbereich des § 16 Abs. 5 [X.] fallen, steht nicht in Übereinstimmung mit [X.]undesrecht.

§ 16 Abs. 5 [X.] bestimmt, dass es dann, wenn eine genehmigte Anlage ersetzt oder ausgetauscht werden soll, keiner Genehmigung bedarf. Die Vorschrift gilt auch für gemäß § 67 Abs. 2 [X.] angezeigte Anlagen. Zwar könnte der vom Oberverwaltungsgericht angeführte Umstand, dass der Gesetzgeber sorgfältig zwischen Genehmigung und Anzeige unterschieden hat, es nahe legen, dass nach § 67 Abs. 2 [X.] angezeigte Anlagen nicht von der Regelung des § 16 Abs. 5 [X.] erfasst werden sollen. Gegen eine solche Sichtweise spricht aber der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers. In der [X.]egründung des Entwurfs des [X.] immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren vom 6. März 1996 hat der Gesetzgeber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Vorschrift, die nach der damaligen Zählung in § 15 Abs. 3 des Gesetzentwurfs geregelt war, auch für nach § 67 Abs. 2, § 67a Abs. 1 [X.] anzuzeigende oder nach § 16 Abs. 4 [X.] angezeigte Anlagen gelten soll ([X.]Drucks 13/3996 [X.]). Entgegen der Auffassung des [X.] hat die [X.]egründung des [X.] nicht aufgrund der Überarbeitung durch den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ([X.]Drucks 13/5100), auf den die geltende Zählung zurückzuführen ist, an [X.]edeutung verloren. In [X.]ezug auf § 15 Abs. 3 des Entwurfs, nun § 16 Abs. 5 [X.], bestand die Überarbeitung darin, die Formulierung "eine wesentliche Änderung bedarf der Genehmigung nicht" aus Gründen der Klarstellung ([X.]Drucks 13/3996 [X.]) durch die Formulierung "einer Genehmigung bedarf es nicht" zu ersetzen; außerdem wurde die Reihenfolge der Regelungen geändert ([X.]Drucks 13/5100 S. 6-8). Inhaltliche Änderungen waren mit dieser Klarstellung nicht verbunden. Unter diesen Umständen hätte es eines ausdrücklichen Hinweises und der [X.]äuterung bedurft, dass der Gesetzgeber an seiner in der [X.]egründung des [X.] niedergelegten Auffassung, die Vorschrift solle auch im Fall angezeigter Anlagen im Sinne des § 67 Abs. 2 [X.] gelten, nicht mehr festhalten wollte.

3. Das Urteil erweist sich aber im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil der Kläger zur Durchführung eines [X.]augenehmigungsverfahrens verpflichtet war und die angefochtene Auflage dazu dient sicherzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der ihm erteilten [X.]augenehmigung erfüllt werden.

a) Das Oberverwaltungsgericht ist der Ansicht, dass der Kläger für den Wiederaufbau des Stalles nach den §§ 68 ff., 75 ff. der [X.] ([X.]) einer [X.]augenehmigung bedurfte. Hieran ist der Senat nach § 173 Abs. 1 VwGO, § 560 ZPO gebunden. Nach § 68 Abs. 2 Satz 2 [X.] bleiben zwar Vorschriften des [X.]undes- und Landesrechts unberührt, nach denen weitere behördliche Entscheidungen eine [X.]augenehmigung einschließen. Die baurechtliche Genehmigungsbedürftigkeit des Wiederaufbaus des Stalles ist aber nicht nach Vorschriften des [X.] entfallen.

aa) Die Anzeige des [X.] nach § 67 Abs. 2 [X.], mit der er im Jahr 2002 auf das mit Inkrafttreten des Gesetzes vom 27. Juli 2001 begründete immissionsschutzrechtliche Genehmigungserfordernis gemäß Spalte 2 Nr. 7.1 b) des Anhangs der 4. [X.]ImSchV reagiert hat, macht die Durchführung eines baurechtlichen Genehmigungsverfahrens nicht entbehrlich. Der Rechtssatz des [X.], dass eine Anzeige gemäß § 67 Abs. 2 [X.] nicht zu mit einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vergleichbaren Rechtsfolgen führt und daher mangels Konzentrationswirkung im Sinne des § 13 [X.] die baurechtliche Genehmigungspflicht nicht nach der landesrechtlichen Vorschrift des § 68 Abs. 2 Satz 2 [X.] entfällt, steht in Übereinstimmung mit [X.]undesrecht. Einer Anzeige mit genehmigungsersetzender Wirkung gemäß § 67 Abs. 2 [X.] ([X.]eschluss vom 4. März 2010 - [X.]VerwG 7 [X.] - [X.] 406.25 § 18 [X.] Nr. 4) kommt keine Konzentrationswirkung nach § 13 [X.] zu. Die durch die Anzeige vermittelte, auf Gründen des Vertrauensschutzes beruhende Rechtsposition des [X.]etreibers geht über diejenige des Inhabers einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht hinaus; sie gewährt im Gegenteil ein geringeres Maß an [X.]estandsschutz (Urteil vom 25. August 2005 - [X.]VerwG 7 [X.] 25.04 - [X.]VerwGE 124, 156 <159>). Zutreffend weist das Oberverwaltungsgericht darauf hin, dass der Gesetzgeber es im Fall des § 67 Abs. 2 [X.] bei der punktuellen Anordnung der Wirkung einzelner Vorschriften belassen und sich an[X.] als bei § 67 Abs. 9 [X.] darauf beschränkt hat, der [X.]ehörde auf Grund der mit der Anzeige vorzulegenden Unterlagen eine immissionsschutzrechtliche [X.]ewertung zu ermöglichen. Dem Anlageninhaber wird im Fall der Änderung der Rechtslage nach § 67 Abs. 2 [X.] lediglich das [X.]etreiben eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens erspart.

bb) Entgegen der Auffassung des [X.] lässt § 16 Abs. 5 [X.] die Pflicht, ein [X.]augenehmigungsverfahren durchzuführen, unberührt. Im Fall des Wiederaufbaus einer zerstörten Anlage entbindet § 16 Abs. 5 [X.] lediglich von der Pflicht, ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durchzuführen, nicht jedoch von der [X.]eachtung anderer behördlicher Genehmigungserfordernisse.

Nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 5 [X.] könnte unter "Genehmigung" zwar auch eine baurechtliche Genehmigung zu verstehen sein. [X.]ereits aus kompetenziellen Gründen liegt es nahe, dass § 16 Abs. 5 [X.] entsprechend dem Regelungsgegenstand des [X.] lediglich die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit meint. Die Systematik bestätigt diesen [X.]efund. § 16 Abs. 5 [X.] entfaltet selbst keine Konzentrationswirkung. Die Konzentrationswirkung des § 13 [X.] ist auf immissionsschutzrechtliche Genehmigungen im Sinne der §§ 4, 19 [X.] beschränkt. § 13 [X.] unterscheidet seinerseits zwischen "Genehmigung" und "anderen behördlichen Entscheidungen". Zu den "anderen behördlichen Entscheidungen" gehört nicht zuletzt die [X.]augenehmigung. Für das Entfallen auf anderer Rechtsgrundlage beruhender Genehmigungserfordernisse hätte es daher einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Eine solche Regelung, mit der angeordnet wird, dass § 16 Abs. 5 [X.] Konzentrationswirkung gemäß § 13 [X.] entfalten solle, fehlt indes. Die fehlende Regelung stellt auch keine Regelungslücke dar, die im Wege einer entsprechenden Anwendung des § 13 [X.] auf Fälle des § 16 Abs. 5 [X.] zu schließen wäre. Das ergibt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien und wird durch Sinn und Zweck des § 16 Abs. 5 [X.] bestätigt.

Der [X.]efund, dass die [X.]auaufsichtsbehörde im Fall des Wiederaufbaus einer zerstörten Anlage verpflichtet bleibt, die baurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen, deckt sich mit dem Willen des Gesetzgebers. Im Gesetzgebungsverfahren wurde die Problematik erkannt und erörtert, dass sich im Fall der Ersetzung einer Anlage nicht nur die Frage der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit, sondern auch die Frage anderer behördlicher Entscheidungen stellt. Im Zusammenhang mit dem in § 15 [X.] geregelten Anzeigeverfahren hat der federführende Ausschuss den Konflikt zwischen dem gesetzgeberischen Ziel der [X.]eschleunigung des Verfahrens und der [X.] eines [X.]etreibers ebenfalls erörtert und zusammenfassend darauf hingewiesen, dass das Anzeigeverfahren "wegen dem dann erforderlich werdenden (parallelen) [X.]augenehmigungsverfahren" zu keiner Verfahrensvereinfachung führe ([X.] 31/1/96 S. 18; [X.]Drucks 13/5100 S. 15, 17; [X.], 13. WP, Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Protokoll Nr. 31 S. 20). Der Gesetzgeber ging also selbst davon aus, dass der von ihm mit der Änderung des [X.] gewünschte [X.]eschleunigungseffekt, auf den auch § 16 Abs. 5 [X.] zielt, in den wenigsten Fällen zum Tragen kommt. Gleichwohl hat er darauf verzichtet, eine Regelung aufzunehmen, die anordnet, dass beim Wiederaufbau einer zerstörten Anlage nicht nur das immissionsschutzrechtliche Verfahren, sondern auch die nach dem einschlägigen Fachrecht notwendigen anderen Genehmigungserfordernisse entfallen. Vor diesem Hintergrund verfängt der Einwand des [X.] nicht, Ziel der Änderung des [X.] sei eine Vereinfachung und [X.]eschleunigung des Verfahrens. Der Gesetzgeber hat es in Kenntnis der Problematik hingenommen, dass der [X.]eschleunigungseffekt des § 16 Abs. 5 [X.] beschränkt ist. Die [X.] enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit § 16 Abs. 5 [X.] nicht nur das formelle Genehmigungserfordernis nach dem [X.] entfallen lassen, sondern auch materiell [X.]estandsschutz vermitteln wollte (Storost, in: [X.]/[X.], [X.], Stand April 2011, § 16 Rn. [X.] 22; [X.]/[X.], in: [X.][X.], Umweltrecht, [X.], Stand April 2011, § 16 Rn. 150, 181; [X.], in[X.]/[X.]/Scheuing, GK-[X.], Stand 2010, § 4 Rn. 24; [X.], Immissionsschutz, [X.]and 1, Stand März 2011, § 16 [X.], [X.]. 1.6.2; [X.], in: [X.][X.], Umweltrecht, [X.], Stand Oktober 1998, § 16 [X.] Rn. 167; [X.], in[X.]/[X.]/Scheuing, GK-[X.], Stand September 2006, § 16 Rn. 147; [X.]., ZUR 1997, 293 <296>; Wasielewski, [X.] 1997, 77 <80>; [X.], NVwZ 2011, 1159 <1163 f.>; a.[X.], in: [X.]Rhomer, Umweltrecht, [X.], Stand Juli 2011, § 4 Rn. 67; vgl. auch [X.], [X.], Stand 2007, § 4 Rn. 72).

Sinn und Zweck des § 16 Abs. 5 [X.] bestätigen, dass die Vorschrift lediglich von der Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens, nicht jedoch von der [X.]eachtung anderer behördlicher Genehmigungserfordernisse entbindet. § 16 Abs. 5 [X.] zielt auf eine verfahrensrechtliche [X.]eschleunigung, lässt jedoch die materiell-rechtlichen Pflichten des [X.] unberührt. Im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.] folgt die [X.] an nachträgliche Rechtsänderungen schon aus der dynamischen Natur der [X.]etreiberpflichten im Sinne des § 5 [X.]. Durch sie wird sichergestellt, dass der materielle Standard des [X.] gewahrt bleibt (Urteil vom 30. April 2009 - [X.]VerwG 7 [X.] 14.08 - NVwZ 2009, 1441 Rn. 24 sowie dazu [X.], [X.]eschluss vom 14. Januar 2010 - 1 [X.]vR 1627/09 - NVwZ 2010, 771 Rn. 43). Die zuständige [X.]ehörde wird durch § 16 Abs. 5 [X.] nicht gehindert, nachträgliche immissionsschutzrechtliche Anordnungen zu erlassen. Nicht nur die [X.]etreiberpflichten nach dem [X.], sondern auch die Verpflichtungen, die sich aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zusätzlich ergeben, können Änderungen unterworfen sein. Für Rechtsänderungen im [X.]ereich der öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 [X.] enthält das [X.] weder eine ausdrückliche [X.] noch spezielle Ermächtigungsgrundlagen für die Umsetzung nachträglicher Änderungen. Daraus folgt jedoch nicht, dass Anlagen im [X.]ereich der öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 [X.] einen größeren ([X.] genießen. Einen baurechtlichen [X.]estandsschutz vermag das [X.] nicht zu vermitteln. Die Verpflichtung, eine Anlage an nachträgliche Änderungen anzupassen, beurteilt sich vielmehr nach dem jeweils einschlägigen Fachrecht (Urteil vom 30. April 2009 a.a.[X.] Rn. 25; [X.], [X.]eschluss vom 14. Januar 2010 a.a.[X.] Rn. 44).

cc) Entgegen der Auffassung des [X.] verstößt die Pflicht, im Fall des Wiederaufbaus einer immissionsschutzrechtlich nach § 16 Abs. 5 [X.] privilegierten Anlage ein [X.]augenehmigungsverfahren durchzuführen, nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG.

Aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG lässt sich kein Anspruch auf Zulassung eines Vorhabens außerhalb gesetzlicher Regelungen herleiten. Welche [X.]efugnisse einem Eigentümer in einem bestimmten Zeitpunkt zustehen, ergibt sich aus der Zusammenschau aller in diesem Zeitpunkt geltenden, die [X.] regelnden gesetzlichen Vorschriften. Ergibt sich hierbei, dass der Eigentümer eine bestimmte [X.]efugnis nicht hat, so gehört diese nicht zu seinem Eigentumsrecht ([X.], [X.]eschluss vom 14. Januar 2010 a.a.[X.] Rn. 26). Auf [X.]estandsschutz kann sich der Kläger nicht berufen. § 16 Abs. 5 [X.] vermittelt - wie dargelegt - keine gesicherte baurechtliche Position. An die auf der Auslegung der landesrechtlichen Vorschriften der [X.] beruhende Auffassung des [X.], dass die im Jahr 1999 erteilte [X.]augenehmigung die Wiedererrichtung einer zerstörten Anlage nicht abdeckt, ist der Senat gebunden. Dass sich aus dem [X.]aurecht ein [X.]estandsschutz für das durch Zerstörung untergegangene Eigentum ergibt, behauptet auch der Kläger nicht.

b) Die angefochtene Auflage, mit der eine [X.]eschränkung der Anzahl der untergebrachten Puten angeordnet wird, dient auch - wie von § 36 Abs. 1 VwVfG vorausgesetzt - dazu sicherzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der erforderlichen [X.]augenehmigung erfüllt werden. Rechtsfehler, die der Nebenbestimmung selbst anhaften könnten, sind nicht zu erkennen und werden auch nicht geltend gemacht.

Das nach den bindenden Feststellungen des [X.] im Außenbereich belegene Vorhaben muss sich an § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 [X.]auG[X.] messen lassen. Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 [X.]auG[X.] liegt eine der planungsrechtlichen Zulässigkeit entgegenstehende [X.]eeinträchtigung öffentlicher [X.]elange vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 [X.]auG[X.] verweist auf die [X.]egriffsbestimmung der schädlichen Umwelteinwirkungen in § 3 Abs. 1 [X.], worunter auch [X.] fallen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, erhebliche [X.]elästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Ist die Schwelle der Erheblichkeit - wie bei [X.] - nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift bestimmt, kommt es darauf an, ob die Immissionen das nach der gegebenen Situation zumutbare Maß überschreiten. Die [X.] ist auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen [X.]augebiets zu bestimmen ([X.]eschluss vom 2. August 2005 - [X.]VerwG 4 [X.] - [X.] 2005, 1900 - juris Rn. 3). Dabei beurteilt sich die Verträglichkeit mit [X.]lick auf die [X.]elastung der maßgeblichen Umgebung durch bereits vorhandene Anlagen. Maßgeblich ist, ob die von der Gesamtanlage ausgehenden Immissionen die Schwelle der Schädlichkeit überschreiten ([X.]eschluss vom 28. Juli 2010 - [X.]VerwG 4 [X.] 29.10 - [X.] 2010, 792 - juris Rn. 4). Technische Regelwerke wie hier die [X.] dürfen im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen [X.]ewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen [X.]undesland umgesetzt sind ([X.]eschluss vom 28. Juli 2010 - [X.]VerwG 4 [X.] 29.10 - a.a.[X.] Rn. 3; Urteil vom 19. Januar 1989 - [X.]VerwG 7 [X.] 77.87 - [X.]VerwGE 81, 197 <203 ff.>; [X.]eschluss vom 24. Januar 1992 - [X.]VerwG 4 [X.] 228.91 - [X.] 406.12 § 4a [X.]auNVO Nr. 2 - juris Rn. 6; [X.]eschluss vom 7. Mai 2007 - [X.]VerwG 4 [X.] 5.07 - [X.]RS 71 Nr. 168 - juris Rn. 4).

Gemessen an diesem Maßstab gewährleistet die angefochtene Auflage, dass das Vorhaben nicht unter dem Gesichtspunkt der schädlichen Umwelteinwirkungen in Wi[X.]pruch zu öffentlichen [X.]elangen betrieben wird. Nach den für die revisionsgerichtliche [X.]eurteilung bindenden Feststellungen teilt das Oberverwaltungsgericht die Einschätzung des [X.]eklagten, dass nach der [X.] insgesamt betrachtet ein über die in den benachbarten Ställen bereits untergebrachten Puten hinaus gehender [X.]esatz für die Nachbarschaft unzumutbar sei. Wie das Oberverwaltungsgericht angemerkt hat, hat der Kläger die Einschätzung des [X.]eklagten nicht in Frage gestellt und damit dem Gericht auch keinen Anlass gegeben, die Einschätzung des [X.]eklagten von sich aus sachverständig überprüfen zu lassen. Im Übrigen bestätigen die Feststellungen des [X.], das darauf hinweist, dass nach den Stellungnahmen der [X.] bereits auf Grund der nach dem Wegfall des abgebrannten Stalles verbliebenen [X.]elastung eine Überschreitung der nach der [X.] zulässigen Geruchsimmissionswerte im Außenbereich für die umliegende Wohnbebauung vorhanden gewesen sei, die Würdigung des [X.], dass insgesamt betrachtet die Grenze der Zumutbarkeit ohne die kapazitätsbeschränkende Nebenbestimmung überschritten würde.

Meta

4 C 12/10

21.12.2011

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend OVG Lüneburg, 20. Mai 2010, Az: 1 LC 338/07, Urteil

§ 6 Abs 1 Nr 2 BImSchG, § 13 BImSchG, § 16 Abs 5 BImSchG, § 67 Abs 2 BImSchG, § 35 Abs 3 S 1 Nr 3 BauGB, § 36 Abs 1 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21.12.2011, Az. 4 C 12/10 (REWIS RS 2011, 117)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 117

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

3 K 37/17.MZ

Zitiert

1 BvR 1627/09

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