Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.07.2019, Az. 9 AZR 475/18

9. Senat | REWIS RS 2019, 5169

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Gegenstand

Reduzierung der Arbeitszeit - Teilzeitanspruch in Haustarifverträgen


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 19. Juli 2018 - 13 [X.]/18 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Verringerung der Arbeitszeit des [X.] auf 10/12 der Vollarbeitszeit.

2

Der Kläger war seit 1983 bei der [X.] beschäftigt, zuletzt in deren Brauerei als Brauer und Mälzer in der Abteilung [X.] mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden. Er ist Mitglied der [X.] ([X.]). Die Beklagte, die dem [X.] angehört, schloss mit der Muttergesellschaft und zehn Schwestergesellschaften sowie der [X.] am 3. Juli 2009 einen „Sozialtarifvertrag“ ([X.]) sowie den „Tarifvertrag zur Regelung von Teilzeitarbeit“ ([X.]).

3

In dem [X.] heißt es auszugsweise:

               

Präambel          

        

... Durch den Abschluss dieses [X.] soll sichergestellt werden, dass vor dem Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen die Anwendungsmöglichkeiten des [X.] in ausreichender Form ausgeschöpft worden sind.

        

…       

        
        

§ 3     

Teilzeit            

                 

(1)     

Teilzeitarbeit gem. ‚Bremer Modell (10/12 Modell)‘

                 

…       

                          
                          

Für Mitarbeiter, die

                          

•       

aus den Abteilungen [X.], Abfüllung, Qualitätswesen, Instandhaltung, Energieversorgung, Logistik und die gewerblichen Mitarbeiter in den Technischen Diensten,

                          

•       

die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen und

                          

•       

mindestens seit zwei Jahren bei [X.] beschäftigt sind

                          

besteht ein Rechtsanspruch zur Teilzeitarbeit nach den Regelungen des [X.].

                 

(2)     

Unbefristete Teilzeitarbeit

                          

…“    

4

Im [X.] ist ua. geregelt:

               

§ 2 Präambel

        

Dieser Tarifvertrag regelt in Präzisierung der Bestimmungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes den Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung für Arbeitnehmer bei freien Teilzeitarbeitsplätzen sowie Verfahrensweisen, wenn Arbeitnehmer Teilzeitarbeit in Anspruch nehmen wollen.

        

Ausdrückliches Ziel der [X.] ist es, mit diesem Tarifvertrag zur Sicherung und dem Erhalt von Arbeitsplätzen im Geltungsbereich beizutragen. Die [X.] stimmen überein, dass Teilzeitbeschäftigung gegenüber befristeter Beschäftigung zu bevorzugen ist.

        

§ 3 Mögliche Formen der Teilzeitarbeit

        

Folgende Formen von Teilzeitarbeit sind möglich:

                 

1.    

Reduzierung der jährlichen Arbeitszeit im Blockmodell - ausgehend von einer [X.] - nach folgenden Möglichkeiten:

                                  

        Modell       

        Tägliche       

      wöchentliche     

        jährliche       

Sollarbeitszeit

11

6,78

33,92 

1.763,67

10

6,17

30,83 

1.606,33

9

5,55

27,75 

1.443,00

8

4,93

24,67

1.282,67

7

4,32

21,58

1.122,33

6

3,70

18,50

962,00

                          

Bei hiervon abweichenden tariflichen Arbeitszeiten ist die obige Berechnung entsprechend der jeweils anwendbaren tariflichen Arbeitszeit anzupassen.

                 

2.    

Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit nach folgenden Möglichkeiten:

                                   

•       

Ganze freie Tage pro Woche

                                   

•       

Reduzierung der täglichen Arbeitszeit, die tägliche Mindestarbeitszeit beträgt jedoch 3 Stunden

        

…       

        

§ 4 Rechtsanspruch

        

Für Arbeitnehmer,

                 

•       

die in den Abteilungen [X.], Abfüllung, Qualitätswesen, Instandhaltung, Energieversorgung und Logistik beschäftigt sind und für die gewerblichen Arbeitnehmer der Technischen Dienste,

                 

•       

die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen und

                 

•       

mindestens seit zwei Jahren bei [X.] beschäftigt sind,

        

besteht ein Rechtsanspruch zur Teilzeitarbeit nach den Regelungen dieses Tarifvertrages.

        

§ 5 Verteilung der Arbeitszeit

        

Arbeitnehmer, die eine in § 3 beschriebene Reduzierung ihrer Arbeitszeit wünschen, können sich bis spätestens 2 Monate vor dem gewünschten Wirksamwerden der Arbeitszeitreduzierung bei der Personalabteilung mit ihren Vorschlägen melden. Dem Betriebsrat ist eine Kopie des Antrags zu übermitteln.

        

Der Betriebsrat und die Personalabteilung können gemeinsam auf einzelne Arbeitnehmer zugehen und mit ihnen die Möglichkeiten einer Reduzierung der Arbeitszeit beraten.

                 
                 
        

Die Verteilung der reduzierten Arbeitszeit auf Woche, Monat bzw. Jahr wird zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber festgelegt und bedarf zu ihrem Wirksamwerden der Zustimmung des Betriebsrates.

        

Die Produktions- und Personalbedarfsplanung für das Folgejahr hat bis spätestens zum 31. Oktober des Jahres zu erfolgen. Es werden einvernehmlich mit dem Betriebsrat Arbeits- und Nichtarbeitszeiträume definiert. Der Abbau von Zeitguthaben erfolgt in den definierten Nichtarbeitszeiträumen.

        

Höchstanzahl der Teilzeitarbeitsplätze und das Gesamtverhältnis von Teilzeitarbeit zu Vollzeitarbeit werden im Rahmen dieses Verfahrens einvernehmlich zwischen den [X.] bestätigt, bzw. neu festgelegt. Die [X.] können dies den Betriebsparteien übertragen.

        

Zur Arbeit außerhalb der vereinbarten Teilzeitmodelle (§ 3) besteht keine Verpflichtung. Davon kann unter Mitbestimmung des Betriebsrates und unter Zahlung eines [X.] von 50% abgewichen werden.

        

Kommt es zwischen den Parteien zu keiner Verständigung, entscheidet eine Einigungsstelle gemäß § 76 [X.].

        

Die Parteien vereinbaren eine quartalsweise Überprüfung der Jahresplanung im Hinblick auf die Teilzeitarbeitsplätze und Arbeitszeitmodelle. Die Bewertung des 30.09. fließt in die Jahresplanung des Folgejahres ein. Der 31.12. des Jahres dient als Stichtag für die Feststellung des [X.].“

5

In den ersten Jahren nach dem Inkrafttreten des [X.] entsprach die Beklagte allen Teilzeitbegehren. Seit dem [X.] begrenzten die Tarifvertragsparteien die Ansprüche auf Teilzeit nach § 5 Unterabs. 5 [X.] jährlich durch Protokollnotizen. Ab dem [X.] kam eine solche Regelung nicht zustande. Unter dem 13. Juli 2016 beantragte der Kläger auf dem Formular „Antrag Teilzeit“ eine Reduzierung der Arbeitszeit mit folgenden Maßgaben:

                  

„Ich habe einen Rechtsanspruch auf Teilzeit nach § 3 Abs. 1 [X.]

        

[ja]   

nein   

        

Modell

gewünschter Start Teilzeit: 2018

                 

☐       

11/12 

                 

☒       

10/12 

                 

☐       

09/12 

                 

☐       

08/12 

                 

☐       

07/12 

                 

☐       

06/12 

                          

ODER   

                 

☒       

freie Tage

                 

☐       

Reduzierung auf x Stunden

        

Ich bestätige, dass ich den Tarifvertrag zur Einführung der Teilzeit zur Kenntnis genommen habe und [X.] über deren Inhalte informiert habe.“

6

Nach Ablehnung des Antrags durch die Beklagte verfolgt der Kläger sein Teilzeitbegehren mit der vorliegenden Klage weiter. Er hat die Auffassung vertreten, er habe gemäß § 3 Abs. 1 [X.] iVm. § 4 [X.] einen Rechtsanspruch auf die von ihm gewünschte Verringerung der Arbeitszeit.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, seinem Antrag vom 15. Juli 2016 zuzustimmen, seine Arbeitszeit ab dem 1. Januar 2018 auf 10/12 der Jahresarbeitszeit - im Blockmodell gemäß § 3 Ziff. 1 des Tarifvertrags zur Regelung von Teilzeitarbeit vom 3. Juli 2009 - zu reduzieren.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat den Standpunkt eingenommen, § 3 Abs. 1 [X.] iVm. § 4 [X.] sehe einen Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit nur im Rahmen einer durch die Tarifvertragsparteien gemäß § 5 Unterabs. 5 [X.] getroffenen Festlegung vor. Für das [X.] hätten sich die Tarifvertragsparteien aber nicht auf eine Höchstanzahl der [X.] und das Gesamtverhältnis von Teilzeitarbeit zu Vollzeitarbeit verständigt. Deshalb könne der Kläger eine Reduzierung seiner Arbeitszeit nicht beanspruchen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Recht abgeändert und die Klage abgewiesen.

I. Die auf Änderung des Arbeitsvertrags gerichtete Klage ist zulässig.

1. Der Kläger begehrt die Zustimmung der [X.], seine Arbeitszeit ab dem 1. Januar 2018 auf 10/12 der Arbeitszeit im Blockmodell gemäß § 3 Abs. 1 [X.] iVm. § 4 [X.] zu reduzieren. Ein gesetzlicher Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit nach § 8 [X.], der anderen Voraussetzungen unterliegt, ist nach dem Antrag und der Begründung der Klage nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

2. Der nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmte Leistungsantrag zielt zulässig darauf ab, dass die Beklagte zur Annahme des von ihr abgelehnten Angebots des [X.] vom 15. Juli 2016 auf Herabsetzung seiner Arbeitszeit (§ 145 BGB) verurteilt wird und damit die Zustimmung der [X.] als nach § 894 Satz 1 ZPO abgegeben gilt, sobald das der Klage stattgebende Urteil Rechtskraft erlangt ([X.] 4. Mai 2010 - 9 [X.] - Rn. 17, [X.]E 134, 223).

3. Die Klage ist nicht infolge Zeitablaufs - teilweise - unzulässig geworden. Für den auf die Annahme eines Änderungsangebots gerichteten Leistungsantrag ergibt sich das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig schon daraus, dass der erhobene Anspruch nicht erfüllt ist (vgl. [X.] 16. Dezember 2014 - 9 [X.] - Rn. 14 ).

II. Das [X.] hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

1. Die Klage ist nicht schon deshalb unbegründet, weil der Kläger die rückwirkende Änderung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. Januar 2018 verlangt. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des [X.] vom 26. November 2001 kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, mit der ein Vertragsangebot angenommen werden soll, das rückwirkend auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Die erstrebte Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO soll zum Abschluss eines Vertrags führen, der rückwirkend Rechte und Pflichten begründet (st. Rspr. vgl. [X.] 11. Dezember 2018 - 9 [X.] - Rn. 24 mwN, [X.]E 164, 307).

2. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass die Beklagte nicht nach § 3 Abs. 1 [X.] iVm. § 4 [X.] verpflichtet ist, der von dem Kläger begehrten Änderung des Arbeitsvertrags zuzustimmen. Der [X.] kann zugunsten des [X.], der seit mehr als zwei Jahren bei der [X.] in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht und als Mitarbeiter der Abteilung [X.] die persönlichen Voraussetzungen des § 4 [X.] erfüllt, unterstellen, dass er den Teilzeitantrag rechtzeitig in der Zweimonatsfrist des § 5 Unterabs. 1 [X.] gestellt hat. Denn der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit besteht deshalb nicht, weil die Tarifvertragsparteien keine Vereinbarung nach § 5 Unterabs. 5 [X.] getroffen haben.

a) Der [X.] geht mit den Parteien davon aus, dass die Tarifvertragsparteien mit den Regelungen des [X.] und des [X.] in zulässiger Weise von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, zusätzlich zu den gesetzlich begründeten Verringerungsansprüchen nach § 8 [X.] einen eigenständigen tariflichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit bei Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen zu begründen (vgl. [X.] 10. Dezember 2014 - 7 [X.] - Rn. 40 mwN).

b) Ein Anspruch auf Verringerung seiner Arbeitszeit besteht deshalb nicht, weil die Tarifvertragsparteien für das [X.] keine einvernehmliche Regelung nach § 5 Unterabs. 5 [X.] über die Höchstzahl der [X.] und das Gesamtverhältnis von Teilzeitarbeit zu Vollzeitarbeit getroffen haben. Eine Festlegung der nach § 5 Unterabs. 5 [X.] verfügbaren Kapazitäten ist Voraussetzung für das Bestehen des Anspruchs. Dies ergibt die vom [X.] zutreffend vorgenommene Auslegung der tariflichen Bestimmungen.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom [X.] auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt ([X.] 19. Juni 2018 - 9 [X.] - Rn. 17; 27. Februar 2018 - 9 [X.] - Rn. 14; 15. November 2016 - 9 [X.] - Rn. 18).

bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das [X.] zutreffend erkannt, dass ein Anspruch auf ein [X.] gemäß § 3 Abs. 1 [X.] iVm. § 4 [X.] nur unter der Voraussetzung einer Regelung nach § 5 Unterabs. 5 [X.] begründet ist.

(1) Dafür sprechen bereits der Wortlaut und die Systematik der Bestimmungen des [X.] iVm. denen des [X.]. § 3 Abs. 1 [X.] sieht vor, dass der dort bezeichnete Kreis der anspruchsberechtigten Mitarbeiter „nach den Regelungen des [X.]“ einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit „gemäß [X.] Modell (10/12)“ hat. Die in Bezug genommene Bestimmung des § 4 [X.] regelt wiederum einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit „nach den Regelungen dieses [X.]“. § 5 Unterabs. 5 [X.] bestimmt, dass Festlegungen der Höchstzahl der [X.] und des Gesamtverhältnisses von Teilzeitarbeit zu Vollzeitarbeit im Rahmen des Verfahrens nach § 5 [X.] jährlich „bestätigt, bzw. neu festgelegt“ werden. Der Tarifvertrag sieht dazu kein Verfahren für den Fall vor, dass sich die Tarifvertragsparteien nicht über die Höchstzahl der [X.] und des Gesamtverhältnisses von Teilzeitarbeit zu Vollzeitarbeit nach § 5 Unterabs. 5 [X.] verständigen. Die Möglichkeit der Anrufung einer Einigungsstelle nach § 76 BetrVG, die zur Lösung von Konflikten zwischen Tarifvertragsparteien ohnehin nicht berufen wäre, bezieht sich auf § 5 Unterabs. 7 [X.], der Abweichungsmöglichkeiten der Betriebsparteien außerhalb vereinbarter Teilzeitmodelle regelt.

(2) Die Auslegung, dass das Zustandekommen einer Regelung nach § 5 Unterabs. 5 [X.] Voraussetzung für den Anspruch auf Begründung eines [X.]ses gemäß § 3 Abs. 1 [X.] iVm. § 4 [X.] ist, entspricht auch dem Sinn und Zweck der tariflichen Bestimmungen. Der tarifliche Teilzeitanspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit ist ein Instrument des [X.]. Dessen Präambel sieht vor, dass die Anwendungsmöglichkeiten des [X.] vor einem Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen in ausreichender Form auszuschöpfen sind. Im Unterschied zu dem gesetzlichen Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung nach § 8 [X.] stehen damit für die Bewilligung von Teilzeitarbeit nicht die persönlichen Interessen des einzelnen Arbeitnehmers im Vordergrund. Die Herabsetzung der Arbeitszeit nach dem [X.] setzt „freie [X.]“ iSd. § 2 Unterabs. 1 [X.] voraus und dient in erster Linie der Beschäftigungssicherung und der Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen. Demgemäß bestimmt die Präambel des § 2 Unterabs. 2 [X.], dass die Regelungen dieses Tarifvertrags zur Sicherung und zum Erhalt von Arbeitsplätzen beitragen sollen. Auch die Verfahrensregelungen des § 5 [X.] dienen dem Zweck, [X.]se nach dem [X.] Modell (10/12) im Rahmen der betrieblichen Kapazitäten zu ermöglichen. In § 5 Unterabs. 8 [X.] haben die Tarifvertragsparteien dazu eine quartalsweise Überprüfung der Jahresplanung im Hinblick auf die [X.] und Arbeitszeitmodelle vereinbart. Die danach erfolgte Bewertung des 30. September fließt in die Jahresplanung des Folgejahres ein, die nach Maßgabe des § 5 Unterabs. 4 [X.] spätestens zum 31. Oktober des Jahres zu erfolgen hat. Im Rahmen der Produktions- und Personalplanung wird daraufhin nach § 5 Unterabs. 5 [X.] die Höchstanzahl der [X.] und das Gesamtverhältnis von Teilzeitarbeit zu Vollzeitarbeit festgelegt. Diese Bestimmungen dienen erkennbar allein dem Ziel, Überkapazitäten abzubauen. Solange sich die Tarifvertragsparteien bzw. die Betriebsparteien nach einer - im vorliegenden Fall nicht erfolgten - Übertragung gemäß § 5 Unterabs. 5 Satz 2 [X.] nicht auf eine Festlegung der [X.] einigen, kann der Arbeitnehmer daher nur den gesetzlichen Teilzeitanspruch nach § 8 [X.] geltend machen. Müsste der Arbeitgeber demgegenüber auch ohne Einigung sämtliche Teilzeitwünsche bei Vorliegen der allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen nach § 4 und § 5 Unterabs. 1 [X.] erfüllen, könnte er gezwungen sein, im Umfang eines dadurch reduzierten [X.]s [X.] einzustellen, um das [X.] weiter erledigen zu können, weil keine Überkapazitäten abzubauen wären. Das widerspräche der Zielsetzung des Tarifvertrags.

III. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Kiel    

        

    Weber    

        

    Heinkel    

        

        

        

    Ropertz    

        

    Lipphaus    

                 

Meta

9 AZR 475/18

23.07.2019

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Wesel, 2. Februar 2018, Az: 5 Ca 2226/17, Urteil

§ 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.07.2019, Az. 9 AZR 475/18 (REWIS RS 2019, 5169)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 5169

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