Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.03.2011, Az. AnwZ (B) 37/10

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2011, 8475

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft: Vermögensverfall bei Insolvenz


Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des [X.] [X.] vom 24. März 2010 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist seit 1991 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit [X.]escheid vom 8. Juli 2009 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers wegen [X.] widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der [X.] zurückgewiesen. Gegen dessen [X.]eschluss hat der Antragsteller sofortige [X.]eschwerde eingelegt.

II.

2

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 [X.] a.F., § 215 Abs. 3 [X.]), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

3

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.

4

Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 21. November 1994 - [X.] ([X.]) 40/94, [X.]RAK-Mitt. 1995, 126; [X.]eschuss vom 26. November 2002 - [X.] ([X.]) 28/01, [X.], 577).

5

2. Diese Voraussetzungen waren zum Zeitpunkt des [X.] erfüllt. Der Antragsteller war nicht in der Lage, seine Verbindlichkeiten ordnungsgemäß zu tilgen. So war es ihm nach eigenem [X.]ekunden nicht möglich, mit der [X.].     ([X.]: 6.887,83 €) und der D.     ([X.]: 843 €) getroffene [X.] einzuhalten. Das Finanzamt [X.]     hatte wegen Steuerrückständen in Höhe von 15.479,03 € per 14. April 2009 Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen, die Justizkasse [X.]e.     wegen Forderungen in Höhe von 460,07 € und 150 € Vollstreckungsaufträge erteilt.

6

3. Die Vermögensverhältnisse des Antragstellers haben sich nicht so konsolidiert, dass von einem Widerruf abgesehen werden könnte (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 12. November 1979 - [X.] ([X.]) 16/79, [X.]Z 75, 356 und vom 17. Mai 1982 - [X.] ([X.]) 5/82, [X.]Z 84, 149). Der Vermögensverfall wird vielmehr jetzt nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 2. Halbsatz [X.] vermutet, weil der Antragsteller mit vier Haftbefehlen - der letzte erging am 30. September 2009 auf Antrag der Antragsgegnerin - in das Zentrale Schuldnerverzeichnis beim [X.]     (§ 915 ZPO) eingetragen ist und das [X.]     mit [X.]eschluss vom 2. Juni 2010 das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet hat (§ 26 Abs. 2 [X.]).

7

Solange das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers läuft, ist die Grundlage der gesetzlichen Vermutung nicht entfallen. Die Vermögensverhältnisse eines Schuldners können grundsätzlich erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens, mit welcher der Schuldner das Recht zurückerhält, über die vormalige Insolvenzmasse frei zu verfügen (§ 259 Abs. 1 Satz 2 [X.]), und mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung durch [X.]eschluss des Insolvenzgerichts (§ 291 Abs. 1 [X.]) wieder als geordnet angesehen werden ([X.], [X.]eschluss vom 26. November 2007 - [X.] ([X.]) 96/06 Rn. 9 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben. Auch der Umstand, dass der Insolvenzverwalter die Anwaltskanzlei des Antragstellers im noch laufenden Insolvenzverfahren freigegeben hat (vgl. nunmehr § 35 Abs. 2 [X.]), beseitigt die Insolvenz und damit den Vermögensverfall des Antragstellers nicht ([X.] aaO).

8

4. Für einen Ausnahmefall, in dem die Interessen der Rechtsuchenden ungeachtet des [X.] nicht gefährdet wären, ist nichts ersichtlich. Diese Gefährdung entfällt nicht bereits durch die Insolvenzeröffnung und die damit verbundene Verfügungsbeschränkung des Insolvenzschuldners ([X.] aaO Rn. 10). Auch die Freigabe der Kanzlei des Antragstellers durch den Insolvenzverwalter ändert daran nichts.

9

5. Der Senat konnte in Abwesenheit des Antragstellers verhandeln und entscheiden, da dieser auf seine Teilnahme am Termin verzichtet hat.

[X.][X.]

                        Wüllrich                                  Hauger

Meta

AnwZ (B) 37/10

21.03.2011

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof Berlin, 24. März 2010, Az: II AGH 11/09, Beschluss

§ 14 Abs 2 Nr 7 BRAO, § 35 Abs 2 InsO, § 259 Abs 1 S 2 InsO, § 291 Abs 1 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.03.2011, Az. AnwZ (B) 37/10 (REWIS RS 2011, 8475)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8475

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

AnwZ (B) 37/10 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (B) 28/10 (Bundesgerichtshof)

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft: Vermutung des Vermögensverfalls bei Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung


AnwZ (B) 28/10 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (B) 13/05 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (B) 21/10 (Bundesgerichtshof)

Anwaltliches Berufsrecht: Verzicht auf Widerruf der Zulassung wegen Vermögensverfalls nur im Ausnahmefall


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.