Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2016, Az. AnwZ (Brfg) 31/14

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2016, 1409

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:051216UANWZ.BRFG.31.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
AnwZ ([X.]) 31/14

Verkündet am:

5. Dezember 2016

Boppel

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Bezeichnung "Spezialist für Erbrecht"
-
2
-
Der Bundesgerichtshof, [X.],
hat auf die mündliche [X.] vom 7. November
2016
durch die Präsidentin des [X.] [X.], die Richterin [X.], [X.] Remmert, die Rechtsanwältin
Schäfer und den Rechtsanwalt
Dr. Lauer

für Recht erkannt:

Die Berufung des [X.] gegen
das Urteil des 2. Senats des An-waltsgerichtshofs des Landes [X.]
vom 7. März 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens
werden dem
Kläger
aufer-legt.

Der Wert des
Berufungsverfahrens wird auf 10.0

Tatbestand:

Der Kläger ist Rechtsanwalt und im Bezirk der Beklagten zur [X.] zugelassen. Seit 2005 darf er die Bezeichnung "Fachanwalt für Erb-recht"
führen.
Er ist außerdem Fachanwalt für Steuerrecht.
Auf seinem Briefkopf bezeichnet er sich als "Notar Rechtsanwalt Spezialist für Erbrecht und Erb-schaftsteuer Fachanwalt für Erbrecht Fachanwalt für Steuerrecht zert. [X.] ([X.]V) Fachanwalt für Arbeitsrecht". In
einem so bezeichne-ten und
mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen "[X.]"
vom 15.
August 2012
wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die [X.] "Spezialist für Erbrecht"
unzulässig sei. Aufgrund der Weite der [X.]
-
3
-
felder, für die Fachanwaltschaften eingerichtet seien, sei ein Spezialistentum auf dem gesamten Gebiet einer Fachanwaltschaft in der Regel nicht möglich und daher irreführend (§
7 Abs.
2 [X.]). Die Bezeichnung "Spezialist für Erb-schaftsteuer"
sei dagegen zulässig, weil der Kläger dargelegt habe, dass er in-soweit über zusätzliche theoretische Kenntnisse verfüge und auf diesem Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen sei.

Der Kläger hält die Bezeichnung "Spezialist für Erbrecht"
nicht für irrefüh-rend. In seinen etwa 33 Berufsjahren sei er fast ausschließlich auf dem Gebiet des Erbrechts tätig gewesen. Im Verfahren zur Erlangung der Fachanwaltsbe-zeichnung "Fachanwalt für Erbrecht"
habe er eine Fallliste mit mehr als
600
einschlägigen
Fällen aus den drei Jahren vor Antragstellung
vorgelegt. Er sei Mitglied der [X.], der [X.], des [X.] und [X.] sowie der [X.] [X.]. [X.] hinaus habe er zahlreiche erbrechtliche Fortbildungs-
und [X.] besucht, an [X.] [X.] teilgenommen, eine Vielzahl von populärwissenschaftlichen Aufsätzen zum Thema Erbrecht, Vermögensnachfolge und Erbschaftsteuer verfasst
und mehr als einhundert Vorträge vor [X.] gehalten.
Als Rechtsanwalt sei er ganz überwie-gend, als Notar in beträchtlichem Umfang auf dem Gebiet des Erbrechts tätig. So habe er im [X.] als Anwalt 60 neue erbrechtliche Mandate übernom-men, dazu 233 neue notarielle Angelegenheiten mit erbrechtlichem Schwer-punkt. [X.] habe er als Anwalt 55 neue rein erbrechtliche Mandate übernommen sowie 333 neue notarielle Angelegenheiten mit erbrechtlichem Schwerpunkt. [X.] habe er als Anwalt 53 neue erbrechtliche Mandate 2
-
4
-
bearbeitet, dazu 359 notarielle Angelegenheiten mit erbrechtlichem Schwer-punkt.

Der Kläger hat beantragt,

den
[X.] der Beklagten vom 15. August 2012 aufzuhe-ben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihren Bescheid verteidigt.

Der [X.] hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht über
die herausragenden Kenntnisse und Erfahrungen eines "Spezialisten"
auf
dem Gebiet des Erbrechts verfüge.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung des [X.]. Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbrin-gen und verweist ergänzend auf das nach der Entscheidung des [X.] ergangene Urteil des [X.] Zivilsenats des [X.] vom 24.
Juli 2014 (I
ZR 53/13, NJW 2015, 704). Er beantragt,

das Urteil des [X.]s des Landes [X.] vom 7.
März 2014, Aktenzeichen: 2
[X.] 20/12, und den [X.] der Rechtsanwaltskammer H.

vom 15.
August 2012 aufzuheben.

3
4
-
5
-

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die [X.] Zulassung durch den Senat statthafte (vgl. §
112e Satz 2 [X.], §
124 Abs. 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässige (§
112e Satz 2 [X.], §
124a Abs.
6 VwGO) Berufung
bleibt ohne Erfolg.

1.
Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft (§
112a Abs. 1, §
112c Abs. 1 Satz 1 [X.], §
42 VwGO). Nach §
73 Abs.
2 Nr. 1 [X.] obliegt es dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer, die Kammermitglieder in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren.
Gemäß §
73 Abs.
2 Nr. 4 [X.] hat er die Erfüllung der den Kammermitgliedern obliegenden Pflichten zu über-wachen und das Recht der Rüge zu handhaben. Stellt der Vorstand einer Rechtsanwaltskammer in Wahrnehmung seiner Aufgaben fest, dass sich ein Rechtsanwalt berufswidrig verhalten hat, so kann er diesen auf die Rechtsauf-fassung der Kammer hinweisen und über den Inhalt seiner Berufspflichten be-lehren. Erteilt der Vorstand der Rechtsanwaltskammer einem Kammermitglied eine derartige missbilligende Belehrung, so stellt diese eine hoheitliche Maß-nahme dar, die das betroffene Mitglied in seinen Rechten beeinträchtigen kann. 5
6
7
-
6
-
Als solche ist sie anfechtbar ([X.], Urteil
vom 18.
Juli 2016 -
AnwZ ([X.]) 22/15, juris Rn. 10
mwN; vgl. auch [X.], Urteil vom 27.
Oktober 2014 -
AnwZ ([X.]) 67/13, NJW 2015, 72 Rn.
7).

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat
gegen [X.] Pflichten verstoßen, indem er sich die Bezeichnung "Spezialist für Erbrecht"
beigelegt hat.

a) Die Beklagte hat ihren [X.] auf §
7
Abs. 2
[X.] ge-stützt. Diese Vorschrift nimmt auf §
7 Abs. 1 [X.] Bezug. Nach §
7 Abs. 1 [X.]
darf -
unabhängig von Fachanwaltsbezeichnungen
-
derjenige Rechts-anwalt Teilbereiche der Berufstätigkeit benennen, der seinen Angaben entspre-chende Kenntnisse nachweisen kann, die in der Ausbildung, durch Berufstätig-keit, Veröffentlichungen oder in sonstiger Weise erworben wurden. Wer qualifi-zierende Zusätze verwendet, muss zusätzlich über entsprechende theoretische Kenntnisse verfügen und auf dem benannten Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen sein.
Die Vorschrift des
§
7 Abs. 2 [X.]
verbietet
Benennun-gen, die nach §
7 Abs.
1 [X.] zulässig sein könnten,
die
aber die
Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründen oder sonst irreführend sind. Sie
entspricht den unionsrechtlichen Vorgaben in Art.
24 der Richtlinie 2006/123/[X.] vom 12.
Dezember 2006 ([X.], Urteil vom 24.
Juli 2014 -
I
ZR 53/13, NJW 2015, 704 Rn. 11
f.) und steht mit der in Art.
12 Abs. 1 GG garan-tierten Berufsausübungsfreiheit in Einklang ([X.], Urteil vom 24.
Juli 2014, aaO Rn.
13).

b) Die tatsächlichen Voraussetzungen einer Qualifikation, welche einem Rechtsanwalt erlauben würde, neben den Bezeichnungen "Spezialist für Erb-schaftsteuer"
und "Fachanwalt für Erbrecht"
noch diejenige eines "Spezialisten 8
9
10
-
7
-
für Erbrecht"
zu führen, hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht hinrei-chend dargelegt .

aa) Das Erbrecht ist ein Spezialgebiet, auf welches ein Rechtsanwalt grundsätzlich hinweisen darf. Die Vorschrift des §
7 Abs.
1
Satz
1
[X.] in der seit dem 1.
März 2006 geltenden Fassung stellt es dem Rechtsanwalt frei, auf Teilbereiche seiner Berufstätigkeit und auf die den entsprechenden Angaben zu Grunde liegende Qualifizierung -
etwa
Lehrgänge, [X.], lang-jährige Fachpraxis
-
hinzuweisen. Dadurch soll dem Verbraucher das Auffinden eines geeigneten Rechtsanwalts und damit der Zugang zum Recht erleichtert werden
(vgl. die Begründung für die Änderungen der §§
7, 6 Abs. 2 und 3 [X.], [X.]. 2006, 212 zu
§
7 [X.]).
Eine zahlenmäßige oder termino-logische Beschränkung ist seit dem In[X.]treten der Vorschrift am 1.
März 2006 nicht mehr vorgesehen. Durch den Verzicht auf terminologische Vorgaben so-wie eine zahlenmäßige Beschränkung soll ein größtmöglicher Freiraum für die Gestaltung der Werbung des Anwalts ermöglicht werden ([X.]. 2006, 212 zu §
7 [X.]).

[X.]) Die Bezeichnung "Spezialist"
ist ein qualifizierender Zusatz gemäß §
7 Abs.
1 Satz 2 [X.]. Als "Spezialist"
wird im allgemeinen Sprachgebrauch
jemand bezeichnet, der auf einem bestimmten (Fach-) Gebiet über besondere Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Ein "Spezialist für Erbrecht"
ist danach [X.], der besondere Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet des [X.] aufweist. Wer qualifizierende Zusätze wie etwa "Spezialist"
oder "[X.]"
verwendet, muss nach Vorstellung der Satzungsversammlung über [X.] verfügen, die das Führen der betreffenden Bezeichnung rechtfertigt. Die Art des Erwerbs solcher Kenntnisse wird nicht vorgegeben. Die Kenntnisse
müssen aber nachweisbar vorhanden sein. Der Anwalt muss zudem auf dem 11
12
-
8
-
betreffenden Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen sein ([X.]. 2006, 212 zu §
7 Abs.
1 [X.]). Auf terminologische Vorgaben
hat die Sat-zungsversammlung
bewusst verzichtet. Den
geforderten
"erheblichen
Umfang"
der praktischen Erfahrung hat sie
ebenfalls nicht näher bestimmt. Entscheidend soll sein, dass
die
in der Werbung herausgestellten Angaben des Anwalts zu-treffen. Je intensiver der Anwalt Teilbereiche seiner Berufstätigkeit werbend herausstellt, desto fundierter müssen seine Kenntnisse und praktischen Erfah-rungen sein
([X.]. 2006, 212 zu §
7 Abs. 1 [X.]).

cc) Unter welchen Voraussetzungen sich ein Rechtsanwalt als "Spezia-list"
für ein bestimmtes Rechtsgebiet bezeichnen darf, wird
in der bisherigen Rechtsprechung und Literatur
unterschiedlich beurteilt. Weil §
7 Abs. 2 [X.] Bezeichnungen verbietet, welche die Gefahr einer Verwechselung mit Fachan-waltschaften begründen, werden vielfach beson[X.] hohe, vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichende Anforderungen an den Begriff des "Spezialisten"
gestellt, um einer solchen Verwechselung
vorzubeugen (vgl. etwa [X.]/[X.]/Träger, [X.], 9.
Aufl., §
7 [X.] Rn. 28).
Ein "Spezialist"
sei
nur
ein Anwalt, welcher
bevorzugt, wenn nicht sogar ausschließlich einen engen Bereich aus dem weiten Feld der Rechtsberatung bearbeite.
In diesem eng be-schränkten Bereich verfüge er über besondere Kenntnisse und Erfahrungen sowohl rechtstheoretischer als auch
praktischer Art. Er kenne
die Feinheiten und Besonderheiten
des materiellen Rechts und wisse, wie dieses
prozessual durchgesetzt werden könne.
Dieser Ansicht hat sich der [X.] angeschlossen.
Teilweise wird sogar vertreten, dass es "Spezialisten"
auf ei-nem Rechtsgebiet, für das eine Fachanwaltsbezeichnung besteht, nicht geben kann (so etwa [X.] in [X.]/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2.
Aufl., §
7 [X.]/§
43b [X.] Rn.
30; [X.]., [X.], 343). In eine ähnliche Richtung deutet die Forderung, der sich als "Spezialist"
auf einem Gebiet, für welches es 13
-
9
-
eine Fachanwaltsbezeichnung gebe, bezeichnende Anwalt müsse die vertieften Kenntnisse und Erfahrungen eines Spezialisten, die diejenigen eines Fachan-walts überragen, auf [X.] Teilbereichen des Rechtsgebiets nachweisen
([X.],
NJW 2007, 1984, 1985
f.).

Demgegenüber hat der
[X.] Zivilsenat des [X.]
in einem
Urteil vom 24.
Juli 2014 ([X.], NJW 2015, 704)
entschieden, dass einem Rechtsanwalt die Führung der Bezeichnung "Spezialist"
für ein
Rechtsgebiet, für welches eine Fachanwaltschaft besteht, dann nicht untersagt werden kann, wenn er über Fähigkeiten verfügt, die denjenigen eines Fachanwalts entspre-chen. Der Entscheidung liegt eine vom damaligen Berufungsgericht getroffene und revisionsrechtlich gebilligte Feststellung dahingehend zugrunde, dass ein
durchschnittlich informierter, aufmerksamer
und verständiger
Rechtsuchender
die nach Art eines Titels verwendeten Begriffe "Spezialist"
und "Fachanwalt"
als Synonyme versteht
([X.], Urteil vom 24.
Juli 2014, aaO Rn.
14 ff.). In der Be-gründung heißt es
weiter, die Rechtsuchenden wüssten
regelmäßig nicht, unter welchen
Voraussetzungen
eine Fachanwaltsbezeichnung verliehen werde. Sie könnten deshalb nicht zwischen einem "Fachanwalt"
und einem "Spezialisten"
unterscheiden. Dann aber könne
von einem selbst ernannten "Spezialisten"
nicht mehr als die Expertise eines Fachanwalts verlangt werden, der seine be-sonderen theoretischen Kenntnisse und besonderen praktischen Erfahrungen nach Maßgabe der Fachanwaltsordnung der zuständigen [X.] nachgewiesen habe. Wer sich als "Spezialist"
bezeichne
und dabei über die gleichen Kenntnisse und Erfahrungen wie ein Fachanwalt verfüge, wecke
damit keine unrichtigen Erwartungen. Dieses Urteil hat Zustimmung (Kleine-Cosack, [X.], 7. Aufl., Vor §
43b Rn. 37), aber auch Kritik erfahren ([X.], NJW 2015, 707; Kleinemenke, [X.] 2015, 68; [X.], [X.], 343; Omsels, [X.] 2/2015 [X.]). Der Kläger versteht dieses Urteil 14
-
10
-
dahingehend, dass er
sich schon deshalb, weil er Fachanwalt
für Erbrecht
sei, auch als "Spezialist"
für Erbrecht bezeichnen
dürfe.

dd) Einer näheren Auseinan[X.]etzung mit dem genannten Urteil des [X.]
Zivilsenats des [X.] vom 24.
Juli 2014 und der hieran geübten
Kritik bedarf es nicht. Der vorliegende Fall liegt deshalb beson[X.], weil der Kläger sich nicht nur
als "Spezialist für Erbrecht"
bezeichnet, sondern zusätzlich den Titel "Fachanwalt für Erbrecht"
führt. Die Bezeichnung "Spezialist"
kann unter diesen Umständen
nicht
nur
bedeuten, dass der Kläger Kenntnisse und praktische Erfahrungen aufweist, die denjenigen eines Fachanwalts entspre-chen. Ein solcher Hinweis wäre überflüssig. Wer den Titel "Fachanwalt für Erb-recht"
führt und sich zusätzlich als "Spezialist
für Erbrecht"
bezeichnet, verwen-det die
genannten
Begriffe nicht synonym, sondern bringt zum Ausdruck, dass seine Kenntnisse und praktischen Erfahrungen diejenigen eines "Nur-Fachanwalts"
nicht nur unerheblich überschreiten. Hinzu kommt, dass der Klä-ger sich außerdem als "Spezialist für Erbschaftsteuer"
bezeichnet. Der Aus-druck "Spezialist für Erbrecht und Erbschaftsteuer"
unterscheidet, was die Tiefe der Kenntnisse und den Umfang der praktischen Erfahrungen angeht, nicht zwischen dem Oberbegriff des Erbrechts und dem Teilgebiet des Erbschaft-steuerrechts. Der Kläger berühmt sich besonderer, diejenigen eines Fachan-walts nicht nur unerheblich übersteigender Kenntnisse und Erfahrungen auf dem gesamten Gebiet des Erbrechts, wobei das Erbschaftsteuerrecht nur bei-spielshaft herausgestellt wird.

ee) Kenntnisse und Erfahrungen auf dem gesamten Gebiet des [X.], welche diejenigen eines Fachanwalts nicht nur unerheblich
übersteigen, hat der Kläger nicht dargelegt.

15
16
-
11
-

(1) Es kommt auf die Kenntnisse, Fähigkeiten
und Erfahrungen
des Klä-gers
im Zeitpunkt des [X.]es vom 15.
August 2012 an. [X.] darf ein Rechtsanwalt nur dann verwenden, wenn er nicht nur in der Vergangenheit
-
etwa im Zeitpunkt der Verleihung der Befugnis, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen
-
über besondere Kenntnisse und Fähigkei-ten verfügte und in erheblichem Umfang tätig war, sondern auch im Zeitpunkt der Verwendung (vgl. [X.], [X.], 687, 690). Das folgt hinreichend deut-lich aus dem Wortlaut des §
7 Abs.
1 Satz 1 und 2 [X.] und entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch.

(2) Der Kläger darf seit 2005 die Bezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht"
führen. Da die ihm erteilte Erlaubnis nicht widerrufen worden ist, hat er
die
in §
15 [X.] vorgeschriebenen Fortbildungen Jahr für Jahr nachgewiesen, sich also
seither
theoretisch fortgebildet (vgl. §
43c Abs.
4 Satz 2 [X.]). Der Kläger war
und ist
zudem in erheblichem Umfang auf dem Gebiet des Erbrechts tätig. Die mitgeteilten Fallzahlen in den Jahren
2010 bis 2012
im Bereich der anwalt-lichen Tätigkeit liegen über den 80 Fällen, welche §
5 Abs.
1 lit. m [X.] für den Erwerb der Fachanwaltsbezeichnung vorsieht. Insoweit übertrifft der Kläger durchaus
die Anforderungen, die an einen Fachanwalt gestellt werden. Der Fachanwalt braucht
nämlich
keinerlei praktische Tätigkeit mehr nachzuweisen, wenn er einmal die Berechtigung erlangt hat, den Fachanwaltstitel zu führen (vgl. hierzu [X.], NJW 2015, 394 Rn.
21). Hinzu kommt die umfangreiche Notartätigkeit des [X.] auf dem Gebiet des Erbrechts. Aus dem Vortrag des [X.] folgt schließlich
eine erbrechtliche "Spezialisierung"
in dem Sinne, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitraum mehr erbrechtliche
Fälle
als Fälle
aus anderen Rechtsgebieten bearbeitet hat.
17
18
-
12
-

(3) Der Kläger hat jedoch nicht dargelegt, dass seine Fälle [X.] oder jedenfalls mehreren der in §
14f [X.] (in der hier maßgeblichen Fassung vom 1.
Juli 2011, die bis zum 1.
Dezember 2012 in [X.] war) genannten Bereiche entstammten.

Ein Fachanwalt für das Erbrecht musste im Jahre 2012 besondere Kenntnisse nachweisen in den Bereichen des materiellen Erbrechts unter [X.] erbrechtlicher Bezüge zum Schuld-, Familien-, Gesellschafts-, Stif-tungs-
und Sozialrecht,
im Bereich des
Internationalen
Privatrechts
im Erbrecht, im Bereich der vorweggenommenen Erbfolge sowie der
Vertrags-
und Testa-mentsgestaltung,
im Bereich der
Testamentsvollstreckung, Nachlassverwal-tung, Nachlassinsolvenz und [X.],
im Bereich der steuerlichen
Bezüge zum Erbrecht sowie im Bereich der Besonderheiten der Verfahrens-
und Prozessführung.
An praktischer Erfahrung verlangte
§
5 Abs. 1 lit. m [X.] in der Fassung vom 1.
Juli 2011 insgesamt
80 Fälle
aus dem Erbrecht, davon mindestens 20 rechtsförmliche Verfahren, davon höchstens 10 Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Die Fälle mussten sich auf alle in §
14f Nr.
1 bis 5 [X.] bestimmten Bereiche beziehen, dabei aus drei Bereichen mindestens [X.] 5 Fälle. Der Senat ist nicht der Ansicht, dass diese Vorschrift im Rahmen des §
7 [X.] entsprechend anzuwenden ist. Er entnimmt ihr jedoch den Rechtsgedanken, dass die Kenntnisse und praktischen Erfahrungen eines Fachanwaltes
alle Teilbereiche des §
14f Nr.
1 bis 5 [X.] abdecken müssen.
Für einen Anwalt, der sich zusätzlich als "Spezialist"
für Erbrecht bezeichnen will, kann nichts anderes gelten. Seine vertieften, diejenigen eines Fachanwalts nicht nur unerheblich übersteigenden Kenntnisse und Erfahrungen müssen sich auf alle Teilgebiete des Erbrechts beziehen.
Ist dies nicht der
Fall, darf der An-19
20
-
13
-
walt
nur das Teilgebiet benennen, auf welches sich seine Kenntnisse und prak-tischen Erfahrungen beziehen.

Dazu, aus
welchen Teilbereichen
die von ihm
in den Jahren
2010 bis 2012
bearbeiteten erbrechtlichen Fälle stammten, hat der Kläger auch im Beru-fungsverfahren keine Angaben gemacht. Er hat -
zuletzt in der mündlichen [X.] vor dem Senat
-
die Ansicht vertreten, es sei Sache der beklagten Kammer, ihm nachzuweisen, dass seine Angaben unrichtig seien. Dies trifft
nicht zu. Ein Rechtsanwalt, der Benennungen nach §
7 Abs.
1 Satz 1 [X.] führt, muss die seinen Angaben entsprechenden Kenntnisse nachweisen. Das folgt (hinreichend deutlich)
aus dem Wortlaut der Norm. Nichts anderes gilt hin-sichtlich der qualifizierenden Zusätze gemäß §
7 Abs. 1 Satz 2 [X.], der an §
7 Abs.
1 Satz 1 [X.] anschließt und auf diese Vorschrift Bezug nimmt. Im Übrigen ist der Anwalt schon im Verwaltungsverfahren vor der Kammer nach §§
32 [X.], 26 Abs. 2 VwVfG gehalten, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere die ihm bekannten Tatsachen und Beweismittel an-zugeben. Im anwaltsgerichtlichen Verfahren und im Verfahren vor dem An-waltssenat setzt sich diese Mitwirkungslast
fort
([X.], Beschluss vom 6.
Februar 2012 -
AnwZ
([X.]) 42/11, juris Rn. 20). Der
Kläger hat nur Fallzah-len mitgeteilt. Es
kann nicht ausgeschlossen werden, dass er nicht auf [X.] Teilgebieten des Erbrechts gearbeitet hat. Die Fälle könnten sogar
ganz oder überwiegend
aus nur einem einzigen Teilgebiet -
etwa demjenigen der Erb-schaftsteuer
-
stammen, wenn dies auch nicht wahrscheinlich ist. Dann aber gäbe es gar keine Grundlage für die Bezeichnung "Spezialist für Erbrecht"
ne-ben derjenigen
etwa
eines "Spezialisten für Erbschaftsteuer".

(4)
Nachdem der Kläger schon nicht die erforderliche Breite seiner erb-rechtlichen Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet des Erbrechts darge-21
22
-
14
-
tan hat, kommt es auf die Frage, wie vertieft seine Kenntnisse
und Erfahrungen
sind und hätten sein müssen, um sich als Fachanwalt und als Spezialist be-zeichnen zu dürfen, nicht an.
Vorträge vor [X.] und populärwissen-schaftliche Veröffentlichungen dürften insoweit aber nicht ausreichen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz 1 [X.], §
154 Abs.
1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf §
194 Abs.
1 [X.], §
52 Abs.
1 GKG.

[X.]
[X.]
Remmert

Schäfer
Lauer
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 07.03.2014 -
2 [X.] 20/12 -

23

Meta

AnwZ (Brfg) 31/14

05.12.2016

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2016, Az. AnwZ (Brfg) 31/14 (REWIS RS 2016, 1409)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1409

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

AnwZ (Brfg) 31/14 (Bundesgerichtshof)

Berufsrechtswidrige Werbung eines Fachanwalts für Erbrecht: Voraussetzungen und Grenzen der zulässigen Verwendung von qualifizierenden Zusätzen


AnwZ (Brfg) 31/14 (Bundesgerichtshof)

(Verwaltungsrechtliche Anwaltssache: Bezeichnung eines Rechtsanwalts als "Spezialist für Erbrecht"


AnwZ (Brfg) 31/14 (Bundesgerichtshof)


I ZR 53/13 (Bundesgerichtshof)


I ZR 53/13 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbsverstoß: Werbung eines Rechtsanwalts mit Spezialkenntnissen entsprechend einer Fachanwaltschaft - Spezialist für Familienrecht


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

I ZR 53/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.