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PDF anzeigen[X.]:[X.]:[X.]:2017:191017BIXZB100.16.0
BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 100/16
vom
19.
Oktober
2017
in dem
Verbraucherinsolvenzverfahren
über das Vermögen
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 850f Abs. 1 Buchst. a, c, § 850c Abs. 1 Satz 2, § 765a; [X.] § 9 Abs. 2 Satz
1
Der [X.] ist nicht deshalb zu erhöhen, weil der Schuldner mit einer nicht unterhaltsberechtigten Person in einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft zusammenlebt und diese wegen Zurechnung seines Einkommens nicht hilfebedürftig ist.
[X.], Beschluss vom 19. Oktober 2017 -
IX ZB 100/16 -
LG [X.]
[X.]
-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.] Prof. [X.],
die
[X.]in [X.], den [X.] Prof. Dr. Pape, die Richte-rin [X.] und den [X.] Meyberg
am
19.
Oktober
2017
beschlossen:
Auf die Rechtsmittel
des weiteren Beteiligten zu
1 werden die [X.] 6.
Zivilkammer des [X.] vom 14.
Dezember 2016
und des [X.] vom 20.
Oktober 2016 aufgehoben.
Der Antrag des Schuldners vom 19.
September 2016, seine Le-bensgefährtin nach §
850c Abs.
1 Satz
2 ZPO als unterhaltsbe-rechtigte Person festzustellen
und ihm insoweit Vollstreckungs-schutz zu gewähren,
wird abgelehnt.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat der Schuldner zu tragen.
Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 5.000
-
3
-
Gründe:
I.
Am 9.
Juli 2014 wurde auf Antrag des Schuldners das Verbraucherinsol-venzverfahren über sein Vermögen eröffnet und der weitere Beteiligte zu
1 zum Treuhänder
bestellt. Der Schuldner ist einem minderjährigen Kind aus erster Ehe (geboren am 12.
Juni 2000) zum Unterhalt verpflichtet; eine Unterhalts-pflicht gegenüber seiner ersten Ehefrau besteht nicht. Von seiner zweiten Ehe-frau hat sich der Schuldner getrennt und zahlt ihr keinen Unterhalt. Das Insol-venzgericht beschloss am 12.
Juli 2016 auf Antrag des Treuhänders, die zweite Ehefrau deswegen bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrages unbe-rücksichtigt zu lassen. Seit September 2016 bildet
der Schuldner mit seiner Le-bensgefährtin und deren zwei Kindern eine Bedarfsgemeinschaft nach §
7 Abs.
2 und 3 Zweites Buch
Sozialgesetzbuch
(SGB
II). Mit Bescheid vom 15.
September 2016 lehnte das Jobcenter den Antrag der Lebensgefährtin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB
II ab.
Zur Be-gründung führte es aus, sie sei nicht hilfsbedürftig, weil die Einkünfte ihrer Kin-der (Unterhalt und Kindergeld) und das Einkommen ihres Lebenspartners und Schuldners (unter Berücksichtigung beider
Pfändungen) die maßgeblichen Be-träge überstiegen.
Der Schuldner hat am 19.
September 2016 beantragt, seine Lebensge-fährtin bei der Bestimmung des unpfändbaren Betrages zu berücksichtigen. Das Insolvenzgericht hat antragsgemäß festgestellt, dass die Lebensgefährtin des Schuldners als Unterhaltsberechtigte im Sinne von §
850[X.] ab dem 21.
September 2017 zu berücksichtigen sei, wobei der sich für die Lebensge-fährtin gemäß der Tabelle zu §
850[X.] ergebende Betrag die Höhe von 1
2
-
4
-
364
e-schwerde des Treuhänders zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte der Treuhänder die Aufhebung der Entscheidungen des Insolvenz-
und des [X.] und die Ableh-nung des schuldnerischen Antrags erreichen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, §
575 Abs.
1, §§
765a, 850c, 850f, 793 ZPO) und hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse.
1.
Auf das Verfahren sind die Vorschriften der [X.] in der bis zum 30.
Juni 2014 geltenden Fassung anzuwenden (Art.
103h EG[X.]). Der Insolvenzantrag ist vor dem 1.
Juli 2014, nämlich am 26.
Juni 2014, beim Insolvenzgericht eingegangen.
2.
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt
(Z[X.]
2017, 1034):
In den Fällen, in welchen dem Lebensgefährten des Schuldners Sozialleistungen im Hinblick auf eine bestehende Bedarfsgemeinschaft abgelehnt worden seien, bestehe eine
faktische Unterhaltspflicht, weswegen nach §
850c Abs.
1
Satz
2, §
850f
Abs.
1 Buchst.
a
und c, §
765a ZPO die in der Bedarfsgemeinschaft [X.] Personen bei der Ermittlung des pfändungsfreien Betrags zu berück-sichtigen seien und das Arbeitseinkommen des Schuldners dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen sei, wenn der notwendige Bedarf des Schuldners und der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ansonsten tatsächlich nicht gedeckt sei.
3
4
5
-
5
-
3.
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Die Lebensgefährtin des Schuldners ist weder gemäß §
850c Abs.
1 Satz
2 ZPO noch nach §
850f Abs.
1 Buchst.
a oder [X.] noch nach §
765a ZPO, auch nicht in analoger Anwendung dieser Regelungen, bei der Berechnung des pfändbaren Einkom-mens des Schuldners zu berücksichtigen.
a)
Nach §
36 Abs.
1 [X.], §
850f Abs.
1 Buchst.
a ZPO in der seit dem 26.
November 2016 geltenden Fassung kann das Insolvenzgericht als [X.] dem Schuldner zwar auf Antrag von dem nach §§
850c, 850d ZPO pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens einen Teil belassen, wenn dieser nachweist, dass bei Anwendung der Pfändungsfreigrenzen der [X.] Lebensunterhalt im Sinne des dritten, vierten und elften Kapitels des
[X.] (SGB
XII; Sozialhilfe) oder nach Kapitel
3 Abschnitt
2 des [X.] (SGB
II; Grundsicherung für Arbeitsuchende) für sich und für die Personen, denen er Unterhalt zu gewähren hat, nicht gedeckt ist. Die Vorschrift soll im Interesse des Schuldners sicherstel-len, dass diesem nach Durchführung der Pfändungsmaßnahme das [X.] verbleibt, und im Interesse der Allgemeinheit, welche
die Mittel für ergänzende Sozialhilfeleistungen aufzubringen hat, verhindern, dass der Gläu-biger zu ihren Lasten befriedigt wird. Reicht der aus §
850[X.] in Verbindung mit der dazu gehörigen Tabelle zu ermittelnde pfändungsfreie Teil des Arbeits-einkommens nicht aus, um den individuellen Lebensbedarf des Schuldners zu decken, und sind seine Bedürfnisse bei Bemessung des notwendigen Unter-halts nach §
850d Abs.
1 Satz
2 ZPO nicht hinreichend berücksichtigt worden, kann dies über §
850f Abs.
1 ZPO ausgeglichen werden. Es ist dann der Schuldner, der -
etwa durch eine Bescheinigung des für ihn zuständigen Sozi-alhilfeträgers
-
den Beweis zu erbringen hat, dass die ihm belassenen Mittel das 6
7
-
6
-
Existenzminimum unterschreiten ([X.], Beschluss vom 12.
Dezember 2003 -
IXa
ZB 225/03, FamRZ
2004, 620 zur alten Fassung der Regelung, die auf das [X.] verwies).
Bei der Entscheidung ist die Differenz zu bilden zwischen dem fiktiv zu bestimmenden Arbeitslosengeld
II oder der fiktiven Sozialhilfe und dem Ein-kommensteil, welcher dem Schuldner nach der Pfändung verbleibt. Der sich ergebende Betrag ist dem Schuldner zusätzlich zu belassen, soweit
keine überwiegenden Belange der Gläubiger
entgegenstehen (vgl. BeckOK-ZPO/[X.], 2017, §
850f Rn.
13). Wie der notwendige
Lebensunterhalt
des [X.] nach §
850f Abs.
1 Buchst.
a ZPO zu berechnen ist und ob in die Berechnung nur Personen einzustellen sind, denen der Schuldner entsprechend §
850c Abs.
1 Satz
2 ZPO aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift Unterhalt gewährt (LG
Heilbronn, Beschluss vom 28.
November 2011 -
1
T 327/11 Hn
nv; [X.], Z[X.] 2012, 799; [X.]/Stöber, ZPO, 31.
Aufl., §
850f Rn.
2a aE; BeckOK-ZPO/[X.], 2017, §
850f Rn.
19.1; MünchKomm-ZPO/[X.], 5.
Aufl., §
850f Rn.
7; [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
850f Rn.
3; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 4.
Aufl., §
850f Rn.
8; Musielak/
[X.]/[X.], ZPO, 14.
Aufl., §
850f Rn.
2a; [X.]/Mock, Zwangsvollstre-ckung, 7.
Aufl., §
850f Rn.
8; Stöber, Forderungspfändung, 16.
Aufl., Rn.
1176m; [X.], ZVI
2008, 513) oder ob jede Person bei der [X.] zu berücksichtigen ist, "denen er Unterhalt zu gewähren hat", also auch aufgrund einer vertraglichen (Prütting/Gehrlein/[X.], ZPO, 9.
Aufl., §
850f Rn.
21; vgl. auch
LG
Limburg, NJW-RR
2003, 365)
oder einer anderen als in §
850c Abs.
1 Satz
2 ZPO genannten gesetzlichen Verpflichtung (vgl. Prütting/Gehrlein/[X.], aaO), ist streitig. Insbesondere ist streitig, ob in den Fällen, in denen Einkommen des [X.] bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB
II einem Mitglied 8
-
7
-
einer Bedarfsgemeinschaft nach §
9 Abs.
2 Satz
1 SGB
II zugerechnet wird, in der Vergleichsberechnung diese Person zu berücksichtigen ist (dafür OLG
Frankfurt, ZVI
2008, 384; LG
Essen, ZVI
2015, 155; Prütting/
Gehrlein/[X.], aaO;
Kothe, VuR
2008, 397; [X.]/[X.], ZVI
2008, 378; dagegen
LG Heilbronn, Beschluss vom 28.
November 2011 -
1
T 327/11 Hn
nv; LG
Münster, Beschluss vom 31.
Januar 2017 -
5
[X.]/17
nv; VG
Hannover, Beschluss vom 15.
Juni 2009 -
2
B 1717/09
nv; BeckOK-ZPO/[X.], aaO; Musielak/[X.]/[X.], aaO; [X.], aaO; [X.], ZVI
2010, 291; offen gelassen OLG
Köln, [X.], 1697, 1698). Die hier zu §
850f Abs. 1 Buchst. a ZPO aufgeworfenen Fragen müssen nicht entschie-den werden. Denn auch wenn zugunsten des Schuldners unterstellt wird, dass seine Lebensgefährtin als Mitglied der
Bedarfsgemeinschaft in die Vergleichs-berechnung einzustellen ist, kommt eine Erhöhung des unpfändbaren Betrages nach dieser Regelung nicht in Betracht, weil der Schuldner schon nicht nach-gewiesen hat, dass bei Berücksichtigung der Pfändungsfreigrenzen nach §
850[X.] der notwendige Lebensunterhalt für sich und für die Lebenspartne-rin nicht gedeckt ist
(vgl. OLG
Köln, aaO).
Der Schuldner hat schon nicht hinreichend vorgetragen, dass bei An-wendung der Pfändungsfreigrenzen nach §
850[X.] der notwendige Lebens-unterhalt gemäß §§
19
ff SGB
II -
auch unter Berücksichtigung seiner Lebens-gefährtin und deren beiden minderjährigen Kinder
-
nicht gedeckt ist. Sein pfän-dungsfreier
Betrag betrug für die maßgebliche Zeit bis zum 30.
Juni 2017 bei einer unterhaltsberechtigten Person und einem angenommenen Nettoeinkom-men von 2.252,03
-
so die vom Schuldner vorgelegten Auskünfte des Jobcen-ters
-
1.866,05
ihm
mithin 1.488
Die vier Personen der Bedarfsgemeinschaft hatten ausweislich der Berechnungen des Jobcenters einen Gesamtbedarf von maximal 1.901,32
9
-
8
-
Einen höheren Bedarf hat der Schuldner nicht dargetan. Dieser Bedarf aber war und ist -
ebenfalls ausweislich der Berechnungen des Jobcenters
-
gedeckt, weil die aus vier
Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft Einnahmen (Kin-dergeld, Kindesunterhalt, Nettoeinkommen des Schuldners nach Abzug der Unterhaltszahlungen an seine Tochter und die an den Treuhänder abgeführten Beträge; vgl. zu Letzterem [X.], 76 Rn.
44 iVm LSG
Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.
April 2008 -
L
28
B 1452/07 AS ER
nv) in Höhe von abge-rundet mindestens 2.100
hatte und hat.
Auch wenn der Bedarf des [X.] nach den Berechnungen des Jobcenters ohne Einbeziehung
der Lebens-gefährtin und deren Kinder
berücksichtigt wird und ihm die Wohnungskosten vollständig zugerechnet werden, lag sein
Bedarf weit unter dem ihm nach §
850[X.] verbliebenen Betrag.
b)
Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen der §
36 Abs.
1 [X.], §
850f Abs.
1 Buchst.
[X.] vor. Nach dieser Regelung kann dem Schuldner aus dem gepfändeten Arbeitseinkommen oder den Lohnersatzleistungen ein über die [X.] des §
850[X.] hinausgehender Betrag pfandfrei belassen werden, wenn der besondere Umfang der gesetzlichen Unterhalts-pflichten dies erfordert. Hierzu zählen insbesondere die Fälle, in denen der Schuldner mehr
als fünf Personen zum Unterhalt verpflichtet ist, weil solche Unterhaltspflichten nach §
850[X.] nicht mehr berücksichtigt werden. [X.] Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten können ebenso Berücksichtigung finden (BeckOK-ZPO/[X.], 2017, §
850f Rn.
24
f). Freiwillig übernommene Unterhaltsverpflichtungen,
aber auch die sogenannten faktischen [X.] im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft fallen nicht unter diese [X.]; denn es muss sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut um gesetzliche Unterhaltspflichten handeln (vgl. LG
Schweinfurt, Rpfleger
1984, 69; BeckOK-ZPO/[X.], aaO Rn.
25; MünchKomm-ZPO/[X.], 5.
Aufl., §
850f Rn.
7; [X.]
-
9
-
ler-Hannich in [X.]/[X.], Gesamtes Recht der Zwangsvollstre-ckung, 3.
Aufl., §
850f Rn.
8; Prütting/Gehrlein/[X.], ZPO, 9.
Aufl., §
850f Rn.
25).
c)
Eine Erhöhung des [X.]s kann auch nicht unter [X.] auf §
765a ZPO begründet werden. Diese Vorschrift kann im Insolvenzver-fahren über §
4 [X.] gegebenenfalls entsprechend anwendbar
sein
([X.], [X.] vom 13.
Februar 2014 -
IX
ZB 91/12, NZI
2014, 414 Rn.
11
mwN). §
765a ZPO ermöglicht den Schutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen, die we-gen ganz besonderer Umstände eine Härte für den Schuldner bedeuten, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Diese Vorschrift ist als Ausnahmevor-schrift eng auszulegen. Anzuwenden ist §
765a ZPO nur dann, wenn im Einzel-fall das Vorgehen des Gläubigers nach Abwägung der beiderseitigen Belange zu einem untragbaren Ergebnis führen würde. Der Gesetzgeber hat mit der restriktiven Fassung der Vorschrift klarstellen wollen, dass nicht jede Vollstre-ckungsmaßnahme, die für den Schuldner eine unbillige Härte bedeutet, die An-wendung der [X.] rechtfertigt. Die Vollstreckung soll erst an der Grenze der Sittenwidrigkeit haltmachen. Die Notwendigkeit, zur Sicherung des [X.] in Anspruch nehmen zu müssen, begründet als solche keine sittenwidrige Härte ([X.], Beschluss vom 21.
Dezember 2004 -
IXa
ZB 228/03, [X.]Z
161, 371, 374
f
mwN; vom
2.
Dezember 2010 -
IX
ZB 120/10, ZVI
2011, 96 Rn.
9). Die Anwendung des §
765a ZPO ermöglicht es nicht, der Masse kraft Gesetzes (§§ 35, 36 [X.]) ausdrücklich zugewiesene [X.] wieder zu entziehen ([X.], Beschluss vom 15.
November 2007 -
IX
ZB 34/06, NZI
2008, 93
Rn.
21; vom 2.
Dezember 2010, aaO Rn.
5, 7).
Die Pfän-dung von Einkünften, die nicht nach den Bestimmungen der §§
850ff ZPO un-pfändbar sind, begründet deshalb grundsätzlich keine sittenwidrige Härte im Sinne von §
765a ZPO
([X.], Beschluss vom 15.
November 2007,
aaO).
Im 11
-
10
-
Streitfall
hat der Schuldner nicht dargelegt,
dass der ihm nach SGB
II zu-stehende notwendige Lebensunterhalt -
sei es mit, sei es ohne Berücksichti-gung der Lebensgefährtin
-
gefährdet sei.
d)
Ebenso wenig durfte das Insolvenzgericht
im Wege einer
Gesamtana-logie zu §
765a Abs.
1 Satz
1, §
850c Abs.
1 Satz
2, §
850f Abs.
1 Buchst.
b [X.] den [X.] des Schuldners erhöhen, weil der Schuldner [X.] im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft faktisch Unterhalt leiste.
aa)
Gemäß §
850c Abs.
1 Satz
2 ZPO erhöht sich der [X.] nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung nur, wenn der Schuldner aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung seinem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, seinem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner oder einem Verwandten oder einem Elternteil Unterhalt gewährt. Nur gesetzliche, nicht auch vertragliche Unterhaltspflichten oder freiwillige Unterhaltsleistungen sind zu berücksichtigen. Ebenso wenig fallen Unterhaltsrenten, welche der Schuld-ner als Schadensersatz bezahlen muss, unter diese Regelung. Auch freiwillige Zahlungen an Stiefkinder oder Pflegekinder oder den Partner einer nichteheli-chen Lebensgemeinschaft führen zu keiner Erhöhung des [X.]s, auch
wenn diese Personen im Haushalt des Schuldners wohnen (Zöl-ler/Stöber, ZPO, 31.
Aufl., §
850c Rn.
5; Musielak/[X.]/[X.], ZPO, 14.
Aufl., §
850c Rn.
4
f; MünchKomm-ZPO/[X.], 5.
Aufl., §
850c Rn.
10; BeckOK-ZPO/[X.], 2017, §
850c Rn.
6).
bb)
Eine analoge Anwendung des §
850c Abs.
1 Satz
2 ZPO kommt nicht in Betracht, wenn der Schuldner freiwillig
im Rahmen einer Bedarfsge-12
13
14
-
11
-
meinschaft (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB
II) seiner
Lebensgefährtin Unterhalt ge-währt.
(1)
Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden [X.] zu beurteilen. Die vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Lücke muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte ([X.], Beschluss vom 8.
September 2016 -
IX
ZB 72/15, NJW
2016, 3726 Rn.
12; vom 4.
Mai 2017 -
IX
ZB 92/16, WM
2017, 1218 Rn.
14). Diese Voraussetzungen sind nicht ge-geben.
Der Gesetzgeber hat sich erst Ende des Jahres 2007 mit dem [X.] von Unterhaltsansprüchen in der Zwangsvollstreckung beschäftigt und §
850d ZPO mit Gesetz vom 21.
Dezember 2007 mit Wirkung zum 1.
Januar 2008 geändert. Obwohl zu diesem Zeitpunkt die sozialhilferechtlichen Vorschrif-ten im SGB
II und XII schon rund drei Jahre in [X.] waren, hat er keinen Anlass gesehen, Leistungen im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft in den §§
850d, 850f ZPO zu berücksichtigen
([X.], ZVI
2008, 513, 515). Mit Gesetz vom 21.
November 2016 hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 26.
November 2016 §
850f Abs.
1 Buchst.
a ZPO geändert und die Regelung an die geänderte Glie-derung des in Bezug genommenen SGB
XII angepasst (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 17.
Februar 2016, BT-Drucks. 18/7560 S.
39), die sozial-rechtliche Bedarfsgemeinschaft wird nicht erwähnt. Nachdem der Gesetzgeber ausdrücklich in §
850c Abs.
1 Satz
2, §
850d, §
850f Abs.
1 Buchst.
[X.] von gesetzlichen Unterhaltsansprüchen spricht und diese damit von sonstigen [X.] abgrenzt, kann nicht angenommen
werden, dass er die [X.]
-
12
-
terscheidung nicht erkannt hat (vgl. [X.], ZVI
2008, 513, 515; Musielak/
[X.]/[X.], ZPO, 14.
Aufl., §
850f Rn.
2a).
(2) Es besteht auch kein Bedürfnis für die Gerichte, den Pfändungs-schutz
zugunsten von in Bedarfsgemeinschaft mit dem Schuldner zusammen-lebenden Personen zu
erweitern, auch wenn diese
infolge der Zurechnung des Einkommens des Schuldners nicht mehr hilfsbedürftig im Sinne des SGB
II sind. Durch die Erweiterung des Pfändungsschutzes würden die Gläubiger oh-ne Rechtfertigung unter Eingriff in ihre grundrechtlich geschützten Positionen benachteiligt, weil ihre Vollstreckungsaussichten geschmälert würden. Zu den Eigentumsrechten im Sinne von Art.
14 Abs.
1 [X.] gehören auch schuldrechtli-che Forderungen. Der verfassungsrechtlich gewährleistete Schutz erstreckt sich insbesondere auf das Befriedigungsrecht des Gläubigers. [X.] sind nur aus Gründen des Sozialstaatsprinzips (Art.
20 Abs.
1, Art.
28 Abs.
1 [X.]) gerechtfertigt. [X.] sind in Abwägung mit dem durch Art.
14 Abs.
1 [X.] geschützten Befriedigungsrecht der Gläubiger allenfalls wirk-sam, soweit sonstige, überwiegende Gründe das zwingend erfordern ([X.], Beschluss vom 25.
August 2004 -
IXa
ZB 271/03, [X.]Z
160, 197, 200
f; vom 18.
September 2014 -
IX
ZB 68/13, NZI
2014, 957 Rn.
22; vom 20.
Oktober 2016 -
IX
ZB 66/15, NJW
2017, 959 Rn.
20).
Aus der Garantie der Menschenwürde gemäß Art.
1 Abs.
1 [X.] in [X.] mit dem Sozialstaatsgrundsatz des Art.
20 Abs.
1 [X.] ergibt sich nicht nur die Verpflichtung des Staates, dem Einzelnen notfalls auch die zur [X.] für ein menschenwürdiges Dasein benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen, sondern auch das Gebot, dem Einzelnen das selbst erzielte Einkommen bis zu einem bestimmten Betrag nicht zu entziehen. Dieser für die Durchsetzung fiskalischer Interessen des Staates ausgesproche-16
17
-
13
-
ne Grundsatz gilt auch im Rahmen der Zwangsvollstreckung nach der Zivilpro-zessordnung, wobei allerdings auch die Belange des Gläubigers zu [X.] sind. Denn auch für das [X.] muss gelten, dass der Staat
grundsätzlich nicht Zwangsmaßnahmen zur Verfügung stellen darf, um einem Einzelnen den Teil des Einkommens zu entziehen, der zur Si-cherung des Existenzminimums erforderlich ist. Über das Existenzminimum hinaus ist für den erwerbstätigen Schuldner zudem anerkannt, dass ihm in der Vollstreckung mehr als das Existenzminimum verbleiben muss, damit er sich weiter um Arbeit bemüht (Lohnabstandsgebot; [X.], Beschluss vom 26.
Juni 2014 -
IX
ZB 88/13, NZI
2014, 772 Rn.
13
mwN). Neben dem Existenzminimum des Schuldners schützt
§
850[X.] das erweiterte Existenzminimum derjeni-gen, welchen der Schuldner gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist, vor dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger.
Dies beruht auf dem verfassungsrechtli-chen Schutz von Ehe und Familie. Von diesem
Schutz wird jedoch die
Bedarfs-gemeinschaft
nicht erfasst
(vgl. [X.], ZVI
2008, 513, 514).
Es ist nicht Aufgabe der [X.], sondern des Staates, das Existenzminimum der mit dem Schuldner zusammenlebenden
Personen, welchen er nicht unterhaltspflichtig ist, zu sichern (vgl. [X.], aaO). Jedenfalls enthält das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes infolge seiner Weite und Unbestimmtheit keine unmittelbaren Handlungsanweisungen, die durch die Ge-richte ohne gesetzliche Grundlage in einfaches Recht umgesetzt werden könn-ten ([X.], Urteil vom 10.
Juli 2014 -
IX
ZR 192/13, [X.]Z
202, 59 Rn.
29).
Mit-hin durfte der [X.] für den Schuldner nicht allein deswegen er-höht werden, weil er mit einer Lebensgefährtin in einer sozialrechtlichen [X.] zusammenlebt, die wegen
der Zurechnung
seines Einkom-mens nicht hilfsbedürftig ist.
18
-
14
-
III.
Der Antrag des Schuldners, die Lebensgefährtin zu berücksichtigen und den [X.] zu erhöhen, war deswegen abzulehnen. Der Senat konnte nach §
577 Abs.
5 Satz
1 ZPO in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
Kayser
[X.]
Pape
[X.]
Meyberg
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.10.2016 -
272 [X.] -
LG [X.], Entscheidung vom 14.12.2016 -
6 [X.] -
19
Meta
19.10.2017
Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.10.2017, Az. IX ZB 100/16 (REWIS RS 2017, 3632)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 3632
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
IX ZB 100/16 (Bundesgerichtshof)
Verbraucherinsolvenzverfahren: Erhöhung des Pfändungsfreibetrags bei Zusammenleben des Schuldners mit einer nicht unterhaltsberechtigten Person in einer …
VII ZB 31/12 (Bundesgerichtshof)
IX ZB 2/18 (Bundesgerichtshof)
VII ZB 12/10 (Bundesgerichtshof)
VII ZB 5/19 (Bundesgerichtshof)